
Vor nunmehr fast fünf Wochen habe ich im Kulturteil der Dortmunder Ruhr Nachrichten eine Kolumne veröffentlicht, in der ich – augenzwinkernd, aber doch bestimmt – auf eine Verflechtung von Marktinteressen und öffentlicher Hand hingewiesen habe. Die Protagonisten dieser Verflechtung waren eine Biene namens Emma, der Chemiekonzern Evonik und das Familienbüro der Stadt Dortmund – obwohl sie genauso gut Bobby Bolzer, Netto und Stadt Bochum oder Erwin, Gazprom und Stadt Gelsenkirchen hätten heißen können. Von unserem Gastautor Alexander Kerlin.
Emma, Bobby Bolzer und Erwin sind die KidsClub-Maskottchen der örtlichen Fußballvereine. In allen drei Städten (und sicherlich auch in anderen Fußballstädten der Republik) bekommen Säuglinge in einem Begrüßungsbrief von der Stadt ein kleines Gastgeschenk angeboten, das sie auf Erden willkommen heißt: Schnuller, Lätzchen und Rasselball – in den jeweiligen Vereinsfarben, flankiert von einem „persönlichen“ Brief des Maskottchens samt dickem Logo des Hauptsponsors. Meine schlichte Diagnose in der Kolumne: Ein Brief von der Stadt, in dem es um bürokratische Vorgänge, ein paar nette Worte und Hilfsangebote für frischgebackene Eltern geht, hat werbefrei zu sein – und die Stadt hat den Namen meiner Tochter nicht an Dritte weiterzugeben. Wie um Himmels Willen kommen die Verantwortlichen darauf, dass das eine gute Idee sei?
Auf die Glosse folgte ein kleiner aber unangenehmer Shitstorm im Netz. Die Ruhr Nachrichten legten mit einem kurzen Interview nach, in dem ich mich noch einmal positionieren durfte. Anfragen von WDR 3 Mosaik und WAZ, weiter öffentlich über das Thema zu sprechen lehnte ich dann aber ab – in erster Linie mit Rücksicht auf meine Familie, da es im Zuge des Shitstorms Gewaltandrohungen nicht nur gegen mich, sondern auch gegen meine Kinder gegeben hatte.


Am morgigen Samstag findet in Bochum eine antirassistische Demonstration unter dem Motto „Rassismus tötet“ statt. Anlass ist die Einführung des neuen EU-Programms „Eurosur“ am 1. Dezember. Die Organisatoren der Demonstration wollen die Einführung von Eurosur nutzen, darauf hinzuweisen, dass die Europäische Union ihre Abschottungspolitik weiterhin ausbaut. Das neue Programm Eurosur soll mit Hilfe verschiedener Hightech-Systeme das Mittelmeer noch lückenloser überwachen. Pia Müller, Pressesprecherin des Bündnisses, erklärt: „Seit dem Schiffsunglück vor der italienischen Insel Lampedusa am 3. Oktober ist die europäische Abschottungspolitik gegenüber Geflüchteten im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen. Wir wollen daher die Demonstration am 30. November nutzen, um ein deutliches Zeichen gegen verschiedene Formen von Rassismus zu setzen.“
Heute erscheint die Dezemberausgabe des Straßenmagazins „bodo“ in neuer Aufmachung: umfangreicher, handlicher, auf besserem Papier und mit einer von „Trainspotting“-Autor Irvine Welsh exklusiv für die sozialen Straßenmagazine verfassten Weihnachtsgeschichte.