Funny van Dannen, Samstag, 9. Oktober, 19.30 Uhr, Kulturfabrik, Krefeld
Der Ruhrpilot
Ruhr2010: Kunst im Brauereiturm…Welt
Ruhr2010 II: Museum Ostwall eröffnet heute…Ruhr Nachrichten
NRW: Kraft zieht aus Stuttgart 21 Lehren für NRW…Der Westen
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Loveparade: Kein Image-Schaden für Duisburg…Der Westen
Loveparade II: Antworten stehen aus – FDP und CDU treten auf der Stelle…WN
Ruhrtriennale: Willy Decker zieht erfolgreiche Bilanz…Ruhr Nachrichten
Essen: 20 zu 10 Paukenschlag zur Blauen Stunde…Hometown Glory
Essen II: Pannen im Cinemaxx bei Facebook-Film…Pottblog
Bochum: Vorwürfe gegen OB und Kämmerer…Der Westen
Bochum II: Warum Ansgar Schwenken auf keinen Fall Nachfolger von Werner Altegoer im Aufsichtsrat des VfL Bochum werden darf…Pottblog
Dortmund: Thilo Sarrazin und das „Hassthema Steuern“…Der Westen
Umland: “Steck den Finger rein …”…Zoom
TV-Kritik: „Tatort Internet – Schützt endlich unsere Kinder“ startete auf RTL 2…heise
Computer: Mein aktueller Desktop…Querblog
Kommunikation: Das Werkzeug ist nicht das Medium…Kontextschmiede
Rudolf Steiner im Kunstmuseum Wolfsburg und im Kunstmuseum Stuttgart

Das Kunstmuseum Wolfsburg zeigt die Doppelausstellung: „Rudolf Steiner und die Kunst der Gegenwart“ und „Rudolf Steiner – Die Alchemie des Alltags“.
Vom 5. Februar 2011 – 22. Mai 2011 werden beide Ausstellungen nochmals gemeinsam unter dem Titel „Kosmos Rudolf Steiner“ im Kunstmuseum Stuttgart präsentiert.
Wie ist es möglich, dass der künstlerisch völlig untalentierte Rudolf Steiner, Begründer der esoterischen Heilslehre „Anthroposophie“, gleich in zwei renommierten deutschen Kunstmuseen gezeigt wird?
Haben hier anthroposophische „Beziehungskünstler“ den größten PR-Coup in der Geschichte der Anthroposophie gelandet? Wurde dem Rassisten und selbsternannten Hellseher Rudolf Steiner in den Mantel der Seriosität geholfen?
Die „Nachrichten aus der Welt der Anthroposophie“ haben das anthroposophische Beziehungsgeflecht unter die Lupe genommen, die Entstehungsgeschichte der Ausstellungen dokumentiert, hier der Lesetipp der Ruhrbarone:
„Mission im Museum – Rudolf Steiner in Wolfsburg und Stuttgart“
Envio: PCB und PR
Vergiftete Mitarbeiter, verseuchtes Werksgelände, Razzien – das Dortmunder Unternehmen Envio hat eine Menge Probleme. Darauf reagiert es mit einer PR Offensive. Der einseitige Pakt

Siemens hat mit seiner kürzlich versprochenen Beschäftigungsgarantie für alle Mitarbeiter viel Lob geerntet – doch nicht für jeden gilt der Pakt. Die Bochumer Siemens-Tochter Ruhrtal wird im kommenden Jahr geschlossen
Gregor Malten kann die Lobeshymnen auf seinen Arbeitgeber nicht fassen. „Ich wurde fallen gelassen wie eine heiße Kartoffel“, sagt der Bochumer. Er ist bei der Ruhrtal AG beschäftigt, einer hundertprozentigen Tochter von Siemens. Der deutsche Elektro-Riese hatte erst Ende September einen unbefristeten Beschäftigungspakt für seine 128.000 in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter geschlossen. Die Firma verpflichtet sich darin, künftig bundesweit auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten und erhielt dafür viel öffentliches Lob. „Bei uns im Betrieb sieht die Realität aber anders aus“, sagt Malten.
Im Mai haben die rund 140 Mitarbeiter erfahren, dass ihr Werk geschlossen werden soll. Bislang wurden dort Geräte für Umspannwerke hergestellt, so genannte Trennschalter für die Oberleitungen von Stromnetzen. Vor knapp zehn Jahren hatte Siemens die Ruhrtal-Firma aus der Insolvenz aufgekauft. „Damals wurde uns garantiert, dass wir unsere Jobs alle behalten“, sagt Malten. Dann hieß es plötzlich , das Werk in der Revierstadt sei nicht mehr konkurrenzfähig. „Es gibt einen enormen Druck auf dem Weltmarkt“, sagte Siemens damals. Das liege vor allem an den ausbleibenden Investitionen der Energiekonzerne, hieß es. Deshalb sollte ein Teil der Produktion in das Siemens-Starkstromkompetenzzentrum in Berlin verlagert werden, ein anderer in das Niedriglohnland Türkei.
Damals galt der Beschäftigungspakt noch nicht, sagt Georg Lohmann, Sprecher der Siemens AG in Nordrhein-Westfalen. „Wir haben den Mitarbeitern einen bunten Strauß an Möglichkeiten angeboten.“ Das Unternehmen habe beispielsweise eine Beschäftigungsgesellschaft gegründet, in der die Mitarbeiter noch bis Ende des Jahres eintreten können. Unabhängig davon würden „nicht wenige Mitarbeiter“ nach Berlin oder Istanbul wechseln oder sich auf andere Stellen bei Siemens bewerben. „Wir haben in Deutschland etwa 3000 offene Stellen“, so Lohmann. Allerdings werden vor allem Ingenieure gesucht, um die die Firma auch mit der Beschäftigungsgarantie gebuhlt hat. Die Ruhrtaler hingegen sind weniger nachgefragt – meist sind es einfache Handwerker, die es schwer haben auf dem Arbeitsmarkt.
„Auch ein Umzug nach Berlin ist für die meisten keine Alternative“, sagt Malten. Die Kollegen erwarteten Nachwuchs oder hätten sich ein Häuschen gebaut. Auch Ulrike Kleinebrahm bedauert, dass „wieder ein Werk in Bochum schließt“. Die Bevollmächtigte der IG Metall in Bochum hat schon viele menschliche Katastrophen im Ruhrpott miterlebt – das Aus für Nokia, die dauernde Bedrohung des Opelwerkes. „Siemens kümmert sich besser um seine Angestellten als viele andere Firmen“, sagt Kleinebrahm. Aber der Beschäftigungspakt sei dennoch als absolute Job-Garantie überbewertet worden. „Der Pakt hat seine Grenzen.“ Wenn ein ganzer Standort wie jetzt in Wattenscheid geschlossen würde, käme nicht jeder unter. „Die Ingenieure und Facharbeiter können sich die Stellen im Unternehmen aussuchen“, so Kleinebrahm. Aber die Sekretäre, Bürokräfte und Elektriker könnten leer ausgehen.
Malten ist untröstlich. „Vor drei Jahren haben wir Siemens aus der Patsche geholfen“, sagt er. Damals hätten er und sein Team viele Stunden umsonst gearbeitet, um das Werk zu retten. Jetzt stünden sie vor dem Nichts. „Der Pakt war in Bochum immer nur einseitig – die Mitarbeiter haben garantiert, unter allen Bedingungen weiterzuarbeiten.“
The Hotknives
The Hotknives, Freitag, 8. Oktober, Stone im Ratinger Hof, Düsseldorf
Der Ruhrpilot
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Sozial: Brauche wir Tafeln?…DC
Wo warst du am 3.Oktober? Geburtstagsnachlese
Vor zwei Tagen war wieder Montagsdemo. Da denkt man nostalgisch an die großen Leipziger Montagskundgebungen von 1989, steht aber inmitten acht erregter Menschen vorm Karstadt in Recklinghausen.
Die reden engagiert über Atomkraft, Stuttgart, „Bahnvorstand Gruber“, ein Dattelner Kohlekraftwerk, Afghanistan, Vorstände und Filz, schlimme Fernsehanstalten und Busfahrten, die um 4.30 Uhr nach Berlin gehen. Mit wechselnden Rollen und einem Ansager in Radlerhosen, die man nicht sehen möchte, jedenfalls nicht an diesem Mann. Die Veranstaltung ist großartig. Christoph Schlingensief würde weinen vor Freude.
Aber Recklinghausen ist nicht Leipzig, sondern eine zwar hübsche, aber völlig unbedeutende Stadt im Westen, im Norden des Ruhrgebiets, eine Stadt, deren Süden so aussieht wie man sich den Osten der Republik vorstellt, wenn man noch nie da war. In dem man Ostalgiefilme drehen könnte, was in manch aufgehübschter Gegend des realen Ostens heute kaum mehr möglich ist. Was ist geblieben von der DDR außer grauer Montagsdemo, grünem Ampelpfeil und Rotkäppchensekt? Die Erinnerung.
Da wäre ich bei der Frage: Wo warst du am 3.Oktober? Ich meine nicht vorgestern. Ich meine jenen Tag 1990, den wir heute noch feiern, in Recklinghausen mit einer Kranzniederlegung für die Maueropfer, man beschränkt sich hier auf das Wesentliche, der Rest der DDR und was danach kam, kommt später dran. Noch ehe Antworten eingehen, behaupte ich mal: Zum 9.November im Jahr davor fällt einem mehr ein. Ich erlebte den Beginn des Vereinigungstages auf dem Busbahnhof von Bursa/Türkei, ein Uhr Ortszeit, auf einem kleinen Fernseher sah man das Feuerwerk am Brandenburger Tor, die Leute interessierte das kaum weniger als mich. Am Abend landete ich im feiertagsverwaisten Düsseldorfer Flughafen, wartete unten im alten Bahnhof auf die S-Bahn, vielleicht vier, fünf Fahrgäste, etwas Personal. Man hört, hallig, aus dem Fußgängertunnel das harte Schnarren von Kofferrollen. Es wird lauter. Die Rheinbahner klettern aus ihren Kabinen, wenden sich rückwärts, im Tunnel erscheint: Heinz Kluncker. Sie fallen innerlich auf die Knie und lesen Messen. Ich sage: „Hallo, Heinz!“ (Für Jüngere: Heinz Kluncker, prominenter ÖTV (für noch Jüngere: was heute verdi ist)-Vorsitzender von immenser Statur (wieder für Jüngere: So wie Helmut Kohl, nur mit Power), 11 Prozent Lohnabschluss 1974.) Willkommen in der alten Bundesrepublik!
Mein plump vertraulicher Gruß war gestattet, ich hatte Kluncker kurz zuvor in der ÖTV-Bundesschule am Wannsee getroffen, an dem Festtag, der am 3.Oktober als Kirmes wiederholt wurde, am 1.Juli 1990 also. D-Day. Die D-Mark kam, die DDR war im Arsch. Da sind meine Erinnerungen vielfältiger. Vorabend, Treffen in einer Penthousewohnung in Ost-Berlin, Sonderobjekt, Eigentümerin C.B., Schriftstellerin, partei- und krenznah. Spanisch sprechend, wendefähig. Vermietete sich in selbiger Nacht an ein spanisches TV-Team, doppeltes Honorar, Angebot und Nachfrage… Auftritt eines Mannes mit Alukoffer, erkundigt sich nach Bankschaltern, die um 22 Uhr noch geöffnet sind, letzte Gelegenheit, 15 000 DDR-Mark günstig in künftiges Westgeld zu investieren. Alle außer mir sind in der SED. Ich, der Tochter der Wohnungseignerin nicht abgeneigt, unterschreibe die rückdatierte Gründungsurkunde eines Sozialvereins, als siebtes Mitglied. Solcher Vereine waren plötzlich viele in Berlin, Hauptstadt. Sie kümmerten sich nebenbei um arme Kinder und Witwen, hauptsächlich versorgten sie ungelernte Kinder der Kader mit lukrativen ABM-Stellen. BAT 2 (Ost), dafür mussten Facharbeiterinnen in den Treuhandbetrieben, die ab morgen arbeitslos sein sollten, schon lange das Arbeitsamt bescheißen. Willkommen in der neuen Bundesrepublik! Für die Unterschrift schäme ich mich heute noch.
Danach ab ins Getümmel. Freund Ingo nur knapp einer polierten Fresse entgangen, sah wohl irgendwie punkig aus. Deutsche Bank am Alex, kurz nach Mitternacht. Kollabierte DDR-Bürger hinter Glas, den frischen Hunderter noch in der Hand. Irgendein Kellerinstitut der Humboldt-Uni. Kino Babylon an der Volksbühne. Geile Party, FDJ-Fahne geklaut, habe ich heute noch, und eine Trabi-Anrechtskarte. Das war der strukturelle Nachteil der DDR etwa gegenüber dem Christentum. Das Paradies kannst du dir bis an dein Lebensende ausmalen, der Trabi stand nach neun Jahren vor der Tür. Und im Westfernsehen holte derweilen Rainer Günzler den neuen BMW 318 aus der Kältekammer. Später ins Tacheles, zum letzten Mal eine Club-Cola mit DDR-Mark bezahlt. Abends auf dem Weg zur ÖTV-Schule (Heinz Kluncker…) vom Taxifahrer im Westen fast rausgeschmissen: „Alles Bonzen in der Gewerkschaft!“
Die DDR war mir immer wunderlich. Je näher ich sie kennen lernte, desto wunderlicher wurde sie mir.
Dienstag, 13 Uhr. Große Wachablösung, Alte Wache, Unter den Linden, Tschingderassassa und Stechschritt. Feixende und grölende Schülergruppe aus dem Ruhrgebiet. Energischer Anschiss eines Stiernackens im Publikum. Bautzen und Sibirien vor Augen, verstummt die Gruppe spontan. Bei der Ausreise später stellt sich heraus, der Stiernacken kam aus Bayern. Systemüberschreitender Militarismus.
Grenzübergang Marienborn. Ein abgerockter Renault 14. Insassen: Die Studenten Eichhorn (später „Pigor singt, Benedikt Eichhorn muss begleiten“) und Kaysh. Grenzsoldaten, mürrisch. Vorzeigen des „Visums zur mehrmaligen Ein- und Ausreise, gültig für alle Bezirke“. Mit Gruß der Leitung des Institutes für Allgemeine Geschichte des ZKs der SED. Grenzsoldaten, strammstehend.
Partykeller einer Jugendherberge, wochentags, abends. Null Stimmung. Planwirtschaft live. Das Thekenkollektiv hat jeden Abend zwei Kisten Bier zu verkaufen. Im Alltag heißt das: Läuft die Riesenparty, ist um halb neun nix mehr da und Feierabend. An öden Abenden wie heute hält man bis Mitternacht Stellung und schwätzt zur Not den Gästen den Alk auf. Meistens nimmt man hin.
Lustiger Abend in Eisenach. Kneipe. Mir geht die 150-prozentige FDJ-Jugendtourist-Betreuerin Simone auf die Nerven. Habe ihr gerade den Klaus-Lage-Song „Monopoly“ erklärt. „Monopoly,
und die an der Schlossallee verlangen viel zu viel.“ Erkläre das mal einer gelernten DDR-Bürgerin. Da checke ich sie. Gebe galant den Angetrunkenen, der kein Ostgeld mehr hat zum Weitertrinken. Tausche zwanzig D-Mark zum offiziellen Kurs, Quittung können wir morgen erledigen. Vergesse am Morgen die Quittung. Simone auch. Puh, niemand ist vollkommen, was auch immer.
Jugendherberge in Weimar. Seit Stunden trägt der junge FDJler Zahlen vor. Planübererfüllung überall, selbst in der Schweinemast. Der Typ trägt ein fürchterliches Hemd. Wir, Jugendbetreuer aus dem Norden des Ruhrgebiets, kommen auf die Kernkraft. Die Atomkraftwerke im Warschauer Pakt seien sicher, sagt er, hundertprozentig. Aus ideologischen Gründen. Sie befinden sich in Händen der Arbeiterklasse. Arbeiter schaden Arbeitern nicht. Das Problem seien die kapitalistischen Reaktoren im Westen, das Kapital… Es ist Herbst 1986. Tschernobyl war am 26. April 1986. OK, lies weiter Erfolgszahlen vor.
Erfurt, am Fuße der Domtreppe. Ich sehe eine riesige Schrift über dem Eingang einer Kneipe. „Nichtrauchergaststätte“. Ich lache und fotografiere. Das glaubt mir im Westen keine Sau, sowas kann es nur in der DDR geben. Ich habe der DDR nie so Unrecht angetan.
Immer noch Erfurt. Unterwegs mit dem Stadtbilderklärer, einem alten Mann. „Führer“ sagt man im sozialistischen Deutschland nicht zu dieser Tätigkeit. Man sagt auch nicht „Fußgängerzone“ zur Gehstraße. Wir bitten den Erklärer uns den Kaisersaal zu zeigen. Dort hat die SPD 1891 ihr Erfurter Programm beschlossen. Der Saal ist geschlossen. Aus Frust kaufe ich im benachbarten Fachgeschäft für Agitation und Propaganda gleich zwei Honecker-Poster. Der Verkäufer versteht meine Begeisterung nicht ganz, teilt aber mein Bedauern über den Mangel an Fähnchen der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft. Seit Gorbatschow sind die Dinger beliebter als es das ZK der SED geplant hat. Der Erklärer wartet vor dem Laden, deutet traurig auf den Kaisersaal und sagt leise: Ich habe früher auch zu dem Laden gehört. Ich schlucke.
Weimar, nach dem Besuch des Konzentrationslagers Buchenwald. Irgendjemand hat Ellen aus Versehen „Else“ genannt. Ellen ist eine sehr nette alte Dame, die sich bei den Falken engagiert. Jetzt heult sie. Später erklärt sie mir, warum. Else sei ihr Tarnname gewesen in Amsterdam, als sie versteckt wurde von den Holländern, geflohen aus Deutschland als jüdisches Kind. Später bringen die Retter sie mit dem Boot nach England, wo sie gleich interniert wird als Angehörige einer verfeindeten Nation. Ellen erzählt ihre Geschichte zum ersten Mal seit 40 Jahren. Ich kann heute noch heulen, wenn ich daran denke.
Recklinghausen, Montagsdemo, vorgestern. Ich mache ein paar Fotos der öffentlichen Veranstaltung. Solche Aufmerksamkeit kennen die Demonstranten nicht. Sie werden barsch bis ausfallend. Später erklärt mir einer sein Problem: „Wir hatten in der letzten Zeit n bisschen Stress mit den Nazzis“. Ich frage empört zurück: „Sehe ich etwa aus wie ein Rechter?!“ Es gibt Sachen, die lasse ich mir von Menschen mit MLPD-Buttons nicht gerne sagen. Aber vielleicht verstehe ich manchmal den Westen einfach nicht.
Innovation-City: ein Gebot der Fairness
Fairness ist schwierig, wenn es um hohe Politik geht. Das erfahren gerade die Städte im Wettbewerb um den Titel Innovation City. Dieses Zukunftsprojekt wurde vom Initiativkreis Ruhr ausgelobt. Die Siegerstadt soll hier das Geld bekommen, um sich – oder besser gesagt einen großen Teil seines Stadtgebietes – komplett ökologisch umzubauen. Die Bedeutung des Vorhabens ist kaum zu überschätzen. Am Ende könnten rund zwei Milliarden Euro in eine Stadt fließen, die heute nicht mal weiß, wie sie die Schlaglöcher in ihrem Asphalt beseitigen soll.
Man sieht also, es geht um was. Und immer wenn es um was geht, machen die Oberbürgermeister im Ruhrgebiet das, was sie am Besten können. Sie kämpfen gegeneinander für den eigenen Kirchturm. Im Wettbewerb sind noch Gelsenkirchen, Bottrop, Essen, Mülheim und Bochum. Das erste sortieren fällt leicht: Essen und Bochum sind draußen, weil die einen schon die Kulturhauptstadt hatten und die anderen eine miese Bewerbung abgegeben haben. Mülheim dürfte aus dem Rennen sein, weil die Stadt nicht mal einen Haushalt hinbekommt.
Es läuft also auf einen Zweikampf zwischen Gelsenkirchen und Bottrop hinaus. Und jetzt beginnt das Hardcore-Lobbying von Frank Baranowski, SPD-OB von Gelsenkirchen. Die Bewerbung von Gelsenkirchen ist so Lala. Nur ein Highlight hat das Stück: Gelsenkirchen hat sich gemeinsam mit Herten beworben. Das ist wichtig, weil in Zukunft vor allem Projekte mit EU-Geld gefördert werden sollen, die Städteübergreifend angelegt sind. Für Innovation City ist das entscheidend, denn richtig Geld gibt es vom Innovationskreis Ruhr nur sehr wenig für den Sieger. Der Rest muss vor allem über Fördermittel von EU und Land eingeworben werden. Was macht jetzt Baranowski? Er telefoniert mit allen möglichen Leuten und weißt jeden darauf hin, dass diese Kooperation zwischen Herten und seiner Stadt das Entscheidende ist. Er lobbyiert eben rum. Dabei sollte man wissen, dass Frank Baranowski nicht irgendwer ist. Er ist Chef der Ruhr-SPD mit entscheidendem Einfluss in der aktuellen Landesregierung. Bei etlichen Mitgliedern der Jury kommt seine Botschaft deswegen an. Zum Beispiel beim unsäglichen Noch-RVR-Chef Heinz-Dieter Klink. Dieser SPD-Parteisoldat kommt aus dem Gelsenkirchener Stadtrat. Da er kein eigenes Rückgrat hat, ist davon auszugehen, dass er dem Drängen Baranowskis erliegt.
Schon laufen Gerüchte durch das Revier, dass das Rennen sowieso schon gelaufen sei. Dass die Jury-Entscheidung, wer den Titel Innovation-City kriegt, nur noch Formsache sei, weil Baranowski die Sache schon geschoben habe. Wenn da das Wörtchen wenn nicht wäre. Denn immer noch gibt es Leute, die auf eine faire Bewertung der Bewerbungen jenseits des Lobbyings setzen. Und hier liegt Bottrop nicht schlecht im Rennen.
Zwar hat die Gemeinde keine echte Kooperation mit einer Nachbarstadt vorzuweisen – aber immerhin eine Willensbekundung von Gladbeck, mit den einstigen Erzfeinden aus Bottrop zusammenzuarbeiten, wenn es um die Innovation City geht. Selbst Oberhausen hat unter der Hand erklärt, mit Bottrop zu kooperieren, sollte der ungeliebte Nachbar den Preis abräumen. Dazu hat Bottrop sich die meiste Mühe mit der Bewerbung gemacht. Es gibt etliche clevere Projekte und Firmen wie Rockwoll oder die RAG Immobilien haben sich als Unterstützer zusammengefunden. Dazu gibt es in der Stadt eine echte Bereitschaft in der Bevölkerung, das Vorhaben mitzutragen.
Sollte es fair zugehen, müsste die Bottroper Bewerbung wenigstens ordentlich im Vergleich mit der Gelsenkirchener bewertet werden. Sollte sie dann schlecht sein, kann sich keiner beschweren, sollte die Schalke-Gemeinde gewinnen.
Sollte aber Gelsenkirchen nur siegen, weil Baranowski besser Lobby kann, als der weithin unbekannte Bottroper Neu-Oberbürgermeister Bernd Tischler, SPD, dann wäre das eine Schande für den Innovationskreis Ruhr. Er wäre dann nur noch eine dieser Revier-Kungelrunden, von denen es sowieso viel zu viele gibt.
