Kein Grund zur Aufregung: Die Gauck-Debatte in den sozialen Netzwerken

Joachim Gauck Foto: J. Patrick Fischer Lizenz: CC 3.0 via Wikipedia

Nach dem Shitstorm kommt der Gegensturm: Was wird der „Netzgemeinde“ nicht alles vorgeworfen, nachdem sie auf die große Gauck-Koalition damit reagierte, die Kritik an dem Bundespräsidenten in spe erneut pointiert vorzutragen. Von unserem Gastautor Rolf van Raden.

Ganz unvermittelt und „plötzlich“ sei im Netz eine „Mär vom bösen Gauck“ erfunden worden, beschwert sich etwa Christian Jakubetz bei Cicero online. Ober-Blogger Sascha Lobo rümpft dagegen auf Spiegel Online die Nase: „Die deutschsprachige, digitale Öffentlichkeit – Netzgemeinde wie Online-Medien – muss sich in Teilen einen Vorwurf machen lassen, den sie mit Vorliebe Dritten vorhält: mangelnde Online-Kompetenz.“ Dabei verweist Lobo auf die Recherchen von Patrick Breitenbach im Blog der Karlshochschule Karlsruhe, die angebliche Unwahrheiten und Verkürzungen von Gauck-Zitaten belegen sollen. Viel Aufregung um ein kurzweiliges Netz-Phänomen, die aus zwei Gründen problematisch ist: Erstens weil sie zugespitzte und zuweilen polemische Meinungsäußerungen in den sozialen Medien unbotmäßig überhöht, und zweitens, weil sie dazu geeignet ist, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

Klar, es klingt dramatisch: Erst wollten ihn alle haben. Und jetzt, wo Merkel und Co. dem Volke endlich Gauck geben, kommen diese Internet-Miesepeter aus ihren Löchern und machen uns alles madig. Wie soll da noch eine Demokratie funktionieren, wenn selbst ein Publikumsliebling wie Gauck unmittelbar nach seiner Nominierung aus heiterem

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Auf Wiedersehen, Katholizismus…

Männer, die Frauenkleider in der Kirche tragen, Ferkel, die in der Fastenzeit auf den Namen „Fisch“ getauft werden und dieses süßliche, bayerische Starkbier – nicht alles war schlecht an der alten Bundesrepublik, nicht alles schlecht am Katholizismus. So richtig ernst nahmen die Katholen das Christentum nie, alte Götter lebten als Heilige weiter – alles, das war meistens klar, war nicht so ernst gemeint. Beim Katholizismus ging es immer um Sex, Geld und Macht. Er war eine menschliche Religion. Die Evangelen hingegen nehmen alles so furchtbar ernst und treten sogar zurück, wenn sie mal schicker hinterm Lenkrad erwischt werden. Der Katholik hätte gebeichtet und wäre weitergefahren. Die Zeit der rheinischen Spaßrepublik ist endgültig vorbei. Ja, wir hier im Westen haben den kalten Krieg gewonnen, aber die Wiedervereinigung verloren. Deutschland einig Mecklenburg!

 

„An Euros wird es nie mangeln!“ (Aristophanes)

Ich persönlich hab‘ ja nix gegen Griechenland. Ich geh‘ sogar dauernd ab und zu beim Griechen essen und Freunde von Freunden von uns fahren jedes Jahr mit dem Wohnwagen dahin, für zum Urlaub machen. Aber machen wir uns nix vor: in Athen spielen sich richtige Drachmen ab, die Griechen sind pleite – und datt schon vor zwei Jahren.

Jetzt haben sich schon damals weise Finanzleute, wo jahrelang studiert haben und alles, zusammen gesetzt, die Sache erforscht und geprüft und sind zu der sensationellen Erkenntnis gekommen, datt die Einnahmen zu wenig und die Ausgaben zu viel sind. Datt hätte jede schwäbische Hausfrau mit ’nem Säckchen Rechenstäbchen auch raus gekriegt, hömma.

Mal davon ab, datt die Griechen sich durch – ich will mal so sagen – kreative Darstellungsformen von der ihre volkswirtschaftliche Bilanzen inne EU rein gemogelt haben, wollten die weise Finanzleute noch wissen, wie datt dazu kommen konnte. Also wie datt dazu kommen konnte, datt die nun pleite sind und nich‘, wie die am EU-Türsteher vorbei gekommen sind, weil, datt is‘ klar, da haben die andere EU-Länder sich mit beide Hände ganz feste sämtliche Hühneraugen zugehalten, ne.

An den zu geringen Einnahmen is‘ eindeutig datt Steuersystem von den in Schuld. Jetzt werden Sie fragen, hö, welches Steuersystem von denen denn – und Sie haben Recht. Im Prinzip können die Griechen selber bestimmen, wie viel Steuern sie berappen möchten. Und bevor wir alle mit dem nackten Finger auf die zeigen, fassen wir uns selber an datt eigene Herz und fragen uns, wie viel Steuern würden wir zahlen, wenn wir nich‘ müssten und datt Finanzamt uns jeden Quatsch glauben würde? Genau: Null komma nix.

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Gauck-Wahl: Unterschätze nie Angela Merkel!

Angela Merkel Foto: CDU/ Andreas Herzau by Katinka Krieger Repräsentanz

Klar. Bundeskanzlerin Angela Merkel musste gestern gegen ihren Willen Joachim Gauck als künftigen Bundespräsidenten präsentieren. Ist sie deswegen die Verliererin? Natürlich nicht. Mittelfristig wird Merkel von Gauck profitieren. Und nur sie.

Sie strahlten gestern von einem Ohr zum anderen: Die Sieger über Angela Merkel. Siegmar Gabriel und Claudia Roth, die stolz verkündeten, dass die Koalition  ja nun ihren Kandidatenvorschlag aus dem Jahr 2010 übernommen hätte. Philipp Rösler über seinen ersten Sieg über Merkel. Er hatte Merkel seinen Kandidaten aufgezwungen. Spätestens an dieser Stelle sollten alle Kommentatoren skeptisch werden: Rösler besiegt Merkel? Bezwingt sie? Mit Verlaub, noch dreht sich die Erde um die Sonne. Gabriel, Roth und Rösler werden bis zur Gauck-Wahl strahlen wie ein japanischer Reaktor nach einem Tsunami. Aber danach wird sich nur noch eine über die Wahl Gaucks freuen und das ist natürlich Angela Merkel.

Von Gauck ist kaum eine Rede zu erwarten, die der rot-grünen Anhängerschaft gefallen wird. Gauck ist ein liberal-konservativer mit einem starken patriotischen, wenn nicht nationalen Einschlag. Gabriel und vor allem Roth können

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Der Ruhrpilot

ACTA: EU-Kommission sieht antidemokratische Motive hinter ACTA-Protesten…Netzpolitik

ACTA II: Vorauseilende Selbstverstümmelung…Publikative

Loveparade: Wurde die Polizei bei ihrer Arbeit gestört?…Bild

Ruhrgebiet: „Herne near Düsseldorf“…Der Westen

NRW: Wohnviertel sollen seniorenfreundlich werden…Welt

Bottrop: Satan und die Beatles auf der Bühne der Halde Haniel…Der Westen

Dortmund:  Streit um künftige Energiepolitik mit RWE…Der Westen

Moers: Moerser wollen Bürgermeister stürzen…WZ

Umland: SPD will Kultur für alle Arnsberger ermöglichen…Zoom

Debatte: Die Nominierung von Joachim Gauck als Bundespräsident – eine stilististische Nachlese…Xtranews

 

 

Karneval – oder die Vertreibung der Bitch aus ihrem letzten Domizil

Genau vor einem Jahr,  am Rosenmontag 2011,  habe ich Chantal und Jasmin allein unter Vielen auf dem Vorsprung eines Karnevalsbrunnens hocken sehen. Von unserer Gastautorin  Anne Winterhager.

Zwei „ganz besondere junge Frauen“, die sich dagegen entschieden haben ihr eigenes Gemüse anzupflanzen und immer vernünftig zu sein, – die sich vielleicht sogar aktiv dagegen entschieden haben sauber zu sein, an diesem Tag.

Zwei Hasen, die alles andere als niedlich sind: Rosa Ohren, Feinstrumpfhose glatt wie eine Schlittschuhbahn, garantiert ohne besondere Bildung und ultra betrunken – Objekte der Begierde für tausende Jungen und Männer – in den 90gern und frühen 2000ern zumindest.

Aber was ist heute?

Heute guckt die männliche Teenagerwelt in ihrem Prinzessinnenkleidern an den zwei Bitches  vorbei, arrogant und herablassend, durch eine geföhnte Haarsträhne und ein riesiges Brillengestell hindurch,  mit einem verschwörerischen Augenzwinkern zu den Mädchen mit den hellbrauen, glatten Haaren aus ihrer Klasse am Humboldt-Gymnasium.

Ihre ewigen Retterinnen und besten Freundinnen, die so vernünftig sind, dass sie immer bereit stehen einen besoffenen Jungen mit Spucke im Haar in ihrem Fiat Punto nach Hause zu fahren..

Und Jasmin und Chantal, diese aufregenden Personen, verlieren an diesem Tag jeden Mann der ihnen gefällt an diese schlimmen, schlimmen Frauen mit den idiotischen Bienchenfühlern und dem kreisrunden, gelben Fleck auf der Nase.

Traurig und ungerecht. In diesem Sinne: Helau und Alaaf.

Ruhrbarone lesen in Duisburg am 1. März

Ruhrbarone und Friends lesen wieder und diesmal zum ersten Mal in Duisburg. Im Djäzz.

Mitmachen werden dieses Mal:

Juleska Vonhagen kommt aus Hagen, wurde Literatur-Popstar und lebt jetzt in Berlin oder München oder sonstwo. Ihre beiden Bücher Herzmist und Groß.Stadt.Fieber schafften es in die Bestsellerlisten. Wenn Juleska liest, ist das wie eine eigene Performance.

Die Wattenscheider Schule (Bastian Schlange und Patrick Joswig) werden eine Geschichte von Sex, Drugs und Mettwurst vorlesen.


Janina Kraack
erzählt eine erschütternde Geschichte der Gewalt.

Stefan Laurin bringt Pottpoetisches auf den Punkt

David Schraven liest was vor, was die Stimmung ruiniert. Wahrscheinlich was enthüllendes über die Loveparade.

Und wie im Blog wird Sabine Michalak (Foto) wieder ihre Bilderrätsel präsentieren.

Eingeladen sind alle. Es wird wieder Eintritt kosten: Ich sag mal 5 Euro.

Ruhrbarone Lesung
Donnerstag, 1. März, 20.00 Uhr
Djäzz
Börsenstraße 11 47051 Duisburg

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Babyboomer-Debatte: Gingen nur die Versager in die Politik?

FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher beklagte in der FAZ das Versagen der Babyboomer in der Politik. Stimmt schon, Lichtgestalten  hat diese Generation in diesem Bereich nicht hervorgebracht. Aber wen von uns zog es schon in die Politik? Eine Replik.

Lang ist nach Frank Schirrmacher die Lister der Gescheiterten Babyboomer und bewegt haben sie, ausser der eigenen Absicherung, auch kaum etwas. Schirrmacher in der FAZ:

„Es geht aber um den Roman einer politischen Generation, deren vielleicht relevantester politischer Kampf am Ende der Kampf um die eigene Rente gewesen sein wird.“

„Roland Koch (*1958), Ole von Beust (*1955), Peter Müller (*1955), Stefan Mappus (*1966), Dieter Althaus (*1958), Friedrich Merz (*1955); als
gescheitert gilt vielen Guido Westerwelle (*1961), und von Frank-Walter Steinmeier (*1956) und Sigmar Gabriel (*1959)“

Zu den Babyboomern gehöre ich ja auch. 1964, mein Jahrgang, war der geburtenstärkste Nachkriegsjahrgang.  Und ja, Schirrmacher hat Recht: Die Babyboomer haben in der Politik versagt. Das sagt allerdings weniger über meine Generation aus, sondern mehr über diejenigen von uns, die in die Politik gingen.

Die meisten die ich kenne, die aus meiner Generation in die Politik gingen, sahen darin einen Job. Sie hatten in anderen Bereichen schlechte Chancen, waren in eine Partei hineingerutscht, hatten sich dort festgesetzt. Das sie für irgendwelche Ziele brannten habe ich nur sehr selten beobachtet. Politik war eine Arbeit  – und zu keinem Zeitpunkt eine, der besonders hoch angesehen war.

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Bald besseres Trinkwasser im Ruhrgebiet?

Trinkwasserbrunnen an der Ruhr: Foto: Simplicius Lizenz: GNU/FDL

Landesumweltminister Johannes Remmel will die Wasserversorger im Ruhrgebiet dazu verpflichten, die Qualität des Trinkwassers zu verbessern. Das könnte für die Städte teuer werden. Ein Ausbruch von Noroviren in Dortmund zeigt den Handlungsbedarf. 

Deutschland ist berühmt für die gute Qualität seines Trinkwassers. Im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern der Welt kommt hier Trinkwasser aus der Leitung – ein hochwertiges, gut kontrolliertes Lebensmittel. Gewonnen wird es fast überall in Deutschland aus dem Grundwasser. Auf seinem Weg durch die Sand- und Gesteinsschichten wurde es über viele Jahre natürlich gefiltert. Oft ist das Wasser Jahrhunderte, ja manchmal tausende Jahre alt.

In Nordrhein-Westfalen ist das anders: 60 Prozent des Trinkwassers wird hier den Flüssen entnommen. Der Rhein und die Ruhr sind das Rückgrat der Trinkwasserversorgung. Doch bevor dieses Wasser in die Leitungen gelangt, muss es aufbereitet werden. Trotz aller Fortschritte der Gewässerqualität  in den vergangenen Jahrzehnten führen die Flüsse immer  noch zu viele Schadstoffe mit sich.

Die Wasserversorger in Nordrhein-Westfalen stehen vor der Aufgabe, das Flusswasser so aufzubereiten, dass es Trinkwasserqualität erreicht. Eine Aufgabe, die sie alle bewältigen. Allerdings unterschiedlich gut. Während im Rheinland und am Ober- und Unterlauf der Ruhr zum Teil seit Jahrzehnten das Wasser mit modernsten technischen und chemischen Verfahren aufbereitet wird und so eine Qualität weit oberhalb der gesetzlichen Vorschriften erreicht wird, ist die Situation in weiten Teilen des Ruhrgebiets von diesem Idealzustand weit entfernt. Der Wasserversorger Gelsenwasser und seine Partner, die vier Millionen Kunden versorgen, haben sich bislang gesträubt, die aufwendigen und kostspieligen Verfahren zur Wasseraufbereitung einzusetzen. Das Trinkwasser im mittleren und östlichen Ruhrgebiet wird oft nur der Ruhr entnommen und durch Sandfilter gepresst. Acht Stunden dauert dieses Verfahren und soll  den jahrzehnte- und jahrhundertelangen Prozess nachbilden, den das Grundwasser auf seinem Weg durch alle Schichten geht.

Das soll sich in Zukunft ändern. Landesumweltminister Johannes Remmel hat den Bericht „Reine Ruhr“ vorgestellt. Remmel will künftig dafür sorgen, dass auch im Bereich der mittleren Ruhr, im Tätigkeitsbereich von Gelsenwasser und seinen Partner- und Tochterunternehmen, das Wasser

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