Der Schwerter Wuckenhof zeigt „Die hässlichsten Trinkhallen des Ruhrgebiets“

Hässliche Trinkhallen kommen im Dezember in den Wuckenhof nach Schwerte | Foto: Peter Hesse

Eine windschiefe Kemenate in Gelsenkirchen Ückendorf, ein tristes Eckhaus in Herten Westerholt oder ein abbruchreifer Hinterhof-Schuppen in Bochum Hamme – seit etwa drei Jahren sammelt Ruhrbarone-Autor Peter Hesse Bilder zwischen Duisburg und Unna – und postet diese täglich unter dem Hashtag #diehässlichstentrinkhallenimpott bei Instagram. Mittlerweile hat er über 300 Kiosk-Impressionen gesammelt und stellt davon ab dem 8. Dezember eine Auswahl im Wuckenhof in Schwerte aus.

Die Welt aus Bier, Brauner Bär und Brause-Ufos hat nicht mehr den Glamour, wie vielleicht noch vor zehn Jahren. „Fast jede Ruhrgebietsstadt hat Tankstellen, die rund um die Uhr geöffnet sind – und selbst Discounter-Supermärkte haben an Samstagen bis 22 Uhr auf. Das Konzept Trinkhalle ist nicht mehr konkurrenzfähig“, sagt Peter Hesse. Die Idee, Trinkhallen zu fotografieren, kam ihn während der Corona-Pandemie. „Ich bin als Autor und Journalist oft in anderen Städten unterwegs – und das Ruhrgebiet hat ja viele Trinkhallen. Die findest du in Marl oder Bottrop genauso wie in Dortmund und Oberhausen. Und viele davon sind einfach nicht gut in Schuss.“ Oft sind es baufällige Betonquader – verziert mit Graffitis und vergilbten Reklametafeln.

Das Hamburger Nachrichtenmagazin ›Der Spiegel‹ schätzte im Februar 2019, dass es im Ruhrgebiet etwa 5.000 Kioske gibt. „Ich glaube, viele davon haben die Corona-Pandemie nicht überstanden, es würde mich nicht wundern, wenn es aktuell nur noch 3.000 gibt – aber genaue Zahlen weiß ich leider auch nicht“, sagt Hesse – und ergänzt: „Der Wohnraum ist ja überall knapp. In Wohngebieten, die jetzt nicht die letzten Asi-Ecken sind, werden Trinkhallen schon mal zu Wohnungen umgebaut – oder sind so baufällig, dass sie abgerissen werden. Und wenn es eine begehrte Fläche ist, kommt direkt ein Makler um die Ecke.“

Peter Hesse bei einer Trinkhallen-Recherche in Duisburg | Foto: Klaus Homann

Viele Trinkhallen sind in erster Linie Anlaufstellen für Paketdienste geworden: „Ohne Verträge mit DHL oder Hermes wären Miete, Strom und Gehalt nicht zu erwirtschaften“, sagt der Ruhrgebiets-Autor. Denn mit den 1,30 Euro für eine Flasche Bier und einem Tütchen gemischtes Lakritz kann ein Budenmann kaum noch überleben. Am Eröffnungsabend zeigt Peter Hesse etwa 40 großformatige Buden-Bilder – und zusammen mit dem Lyriker Christoph Wenzel aus Hamm wird er mit pointierten Gedichten, Kurzgeschichten und Musik aus der Konserve einen heiteren Abend gestalten. Willkommen zu einer Wort-Bild-Attacke namens „Lyric & Mukke“ zwischen Veränderung, Situationskomik und offenem Ende.

„Lyric & Mukke“ plus #diehässlichstentrinkhallenimpott
Eröffnung am 08.12.2023 um 19:00 Uhr (freier Eintritt!) – die Ausstellung endet am 31. Januar 2024.

Wuckenhof
Kötterbachstraße 2
58239 Schwerte

 

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Es staunt der Bauklotz
Es staunt der Bauklotz
7 Monate zuvor

Vor ungefähr dreißig Jahren war ich mal in Trier zu Besuch. Ich hatte Durst und machte mich auf die Suche nach der nächsten Bude. So fragte ich den nächsten Einheimischen im besten Ruhrpottdeutsch, wo denn die nächste Bude wäre.
Der guckte mich nur hilflos an. Auch mein Versuch der Übersetzung ins Hochdeutsche mit Kiosk brachte mich nicht weiter, denn in Tier gibt/gab es keine Kioske.
Zumindenst bei der Frage, wo man was zu Trinken kaufen könnte, half mir der Einheimische weiter – im Eingangsbereich eines nahegelegen Krankenhauses gab es einen Getränkeautomaten.
Später wurde mir dann auch berichtet, dass es in Trier ebenfalls keine Pommesbuden gäbe.
Ein Hoch auf den Ruhrpott – ein Hoch auf seine Buden, und seien sie noch so hässlich!
P.S Gibt es irgendwo im Ruhrpott noch so ne richtig klassische Pommes Bude, oder gibt es nur noch Dönnerläden?
P.S Die Berliner haben die Currywurst erfunden. Aber die einzig wahre Liebe zur Currywurst gibt es nur im Ruhrpott!
P.S. die leckerste Pizza meines Lebens habe ich im hässlichsten Stadtteil des Ruhrgebiets gegessen.

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