Der Phoenix-See in Dortmund ist nichts für Lokalpatrioten und Ruhrgebietsliebhaber

Am Phoenix-See in Dortmund im Juni 2024. Foto(s): Robin Patzwaldt

Was zeigt man als gebürtiger Dortmunder jemandem, der vielleicht zum ersten Mal in der Stadt ist? Als jemand, der inzwischen schon über 50 Jahre in der Region lebt, kommen mir da als erstes das Westfalenstadion, der Westfalenpark oder auch der Zoo in den Sinn. Das alles sind Orte, die ich persönlich direkt und voller positiver Emotionen mit Dortmund verbinde, an denen ich im Laufe meines Lebens viele schöne Stunden verbracht habe.

Wenn jemand länger bleibt, dann zeige ich ihm vielleicht auch noch den Rombergpark, die Nordstadt, oder auch das Fußballmuseum. Alles ebenfalls irgendwie typisch für meine Geburtsstadt, wenn auch nicht unumstritten und etwas, worauf man als Lokalpatriot zumindest im erweiterten Sinne stolz sein kann. Aber den Phoenix-See? Den würde ich wohl so schnell keinem Besucher des Ruhrgebiets zeigen wollen. Und das hat Gründe.

Stacheldraht schützt vor ungebetenen Gästen.

Ich habe mich von Anfang an mit den Plänen in Bezug auf die damals noch angedachte radikale Neugestaltung des ehemaligen Stahlwerksgeländes in Dortmund-Hörde schwer getan. So sehr ich die Idee einer Aufwertung des klassischen Arbeitervororts auch grundsätzlich begrüßt habe, so sehr zweifelte ich an der Idee eines völlig künstlich in die Gegend implementierten Sees, samt hipper und neureicher Anwohnerschaft.

Trotz meiner Vorbehalte statte ich der Gegend aber jetzt schon seit ein paar Jahren regelmäßige Besuche ab. Es gilt sich mit dem See irgendwie anzufreunden, ihn in mein Bild von Dortmund mit aufzunehmen. Man darf ja nicht stur in der Vergangenheit verhaftet bleiben. Eine Stadt verändert sich halt. Immer. Also versuche ich mich auch mit dem mir eher unsympathischen Phoenix-See irgendwie nach und nach zu arrangieren.

Auf einer Ebene gelingt mir das inzwischen auch. Die Natur erobert sich von Jahr zu Jahr ein paar Prozentpunkte mehr von der künstlichen Oase im Dortmunder Westen. Die Uferbepflanzung wächst und gedeiht, die Artenvielfalt wird offensichtlich größer. Konzentriere ich mich bei meinen Besuchen darauf, kann ich mich inzwischen auch ein Stück weit darüber freuen, was dort geschaffen wurde.

Was mir aber auch nach all den Jahren seit der Fertigstellung des künstlichen Geländes noch immer nicht gelingen will, das ist der total phantasielosen Bebauung in Ufernähe etwas Positives abzugewinnen. Diese langweiligen ‚Würfelhäuser‘, die man in den vergangenen Jahren immer häufiger auch anderswo entdecken konnte bzw. musste, die empfinde ich auch nach einer mehrjährigen Eingewöhnungsphase noch nicht als schöner. Die sind schlicht hässlich, in dieser Anhäufung und in ihrer Gleichförmlichkeit. Wer sich auf diesen Bebauungsplan eingelassen hat, der hatte alles, aber sicherlich keinen Geschmack. 😉

Das Ergebnis ist ein Areal, das ich auch nach all den Jahren noch immer nicht als Dortmund erkenne, das austauschbar und beliebig erscheint. In welcher Stadt man sich hier befindet, ist wirklich nur am in der Ferne gut sichtbaren Dortmunder Fernseh-Turm, dem Florianturm, zu erkennen.

Muss ich die Gegend rund um den Phoenix-See als Besucher Dortmunds gesehen haben? Eindeutig nein. Und die scharfkantige Abtrennung von den alten, traditionsreichen Hörder Gebäuden, von der Geschichte des Stadtteils, sie wirkt auch gut zehn Jahre nach Eröffnung des Sees noch immer wie eine unverheilte Operationswunde.

Gründe auf diese Stadtentwicklung der Extreme stolz zu sein? Ich erkenne (noch immer) keine. Der Phönix-See wird daher wohl auch diesmal wieder bis zum nächsten Sommer warten müssen, bis ich meinen nächsten Annäherungsversuch an die Gegend dort unternehmen werde. Will ich demnächst wieder einmal in meine Geburtsstadt Dortmund reisen, fahre ich bis dahin lieber wieder anderswo hin. Dahin, wo es nicht so kalt wirkt und fremd in Richtung der Besucher ausstrahlt, wo das typische Herz des Ruhrgebiets halt wesentlich leidenschaftlicher und liebenswerter schlägt als dort…

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Es staunt der Bauklotz
Es staunt der Bauklotz
4 Monate zuvor

Hallo Herr Patzwaldt,
was für Sie als gebürtigen Dortmunder der Phoenixsee ist, das ist für mich als gebürtiger Essener die Zeche Zollverein.
Was würde ich einem Gast in Essen zeigen? Den Grugapark, den Baldeneysee, die Schurenbachhalde, das Folkwangmuesum, die Margarethenhöhe, die vielen Jugendstilfassaden, besonders in Frohnhausen und in Kray, oder als leider unterbewertetes Kleinod das Mineraleinmuseum in Kupferdreh. Der Eintritt ist dort sogar frei. Ein weiteres Kleinod wäre das Glockenspiel am Deiter Geschäftshaus. Wenn es dann terminlich glücklich passen würde, für mich ein besonderer Höhepunkt, die monatliche Führung der Grugabadfreunde durch das Grugabad. (morgen 16.6.2024 – 60 Jahre Grugabad – Führung um 11.00 Uhr – 4 Euro ).
Und was is‘ jetzt mit der Zeche Zollverein? Ach ja, kann man auch mal hingehen, wenn mal zu viel Zeit ist.
Bei der Selbstdarstellung des Essener Marketing könnte ein Einwohner eines fremden Landes den Eindruck bekommen, Essen, das ist das Betriebsgelände der Zeche Zollverein.
Wo die Lokalpolitik so viel Geld reingesteckt hat, da muss die Zeche Zollverein doch besonders präsentiert werden.
P.S. wenn jetzt mein Gast auch etwas von Dortmund sehen möchte. Was würde ich ihm zeigen? Das Südbad, ein wunderbares Bad mit einer sehr interessanten 50er Jahre Architektur und den Rhombergpark. Und wenn dann die Füße im weitläufigen Rhombergpark noch nicht plattgelaufen sind, dann grenzt der Zoo direkt an den Park.

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