Erinnerung an die Kampfpiloten von Kabul

Sowjetische MiG21 Foto: Photo courtesy of Soviet Military Power Magazine Photo Lizenz: Gemeinfrei

Es war Anfang der 90er Jahre als in dem Magazin Tempo eine Reportage über afghanische Piloten erschien. Fast das ganze Land war damals bereits von den Mudschahedin erobert worden, aber Kabul kämpfte weiter. Mehrmals am Tag stiegen die Kampfflieger in ihren MiGs auf, um die Stellungen der Islamisten anzugreifen. Sie wussten, dass sie verlieren werden und eigentlich keine Chance mehr hatten. Warum sie trotzdem kämpften? Einer von ihnen erklärte es: Es gehe um die Zukunft seiner Tochter. Würden die Mudschahedin den endgültigen Sieg davontragen, könnte sie nicht mehr in die Schule gehen oder studieren. Sie wäre eingesperrt und hätte keine Freiheit mehr.

Kabul fiel wenige Monate später. Die Mudschahedin eroberten die Stadt und kämpften  fortan gegeneinander. Das Land versank in islamistischer Barbarei, die später von den Taliban noch gesteigert wurde.

Nun lese ich Berichte von Frauen, die sich in Kampfeinheiten zusammengeschlossen haben und sich den Taliban in den Weg stellen. Sie tun es wie die MiG-Piloten vor 30 Jahren mit einem unvorstellbaren Mut aber auch mit der Verzweiflung derjenigen, die wissen, dass sie den Kampf verlieren werden. Die Taliban werden bald ganz Afghanistan erobert haben. China wird sie stützen, egal wie sie mit den Menschen in diesem Land umgehen.

Afghanistan wird für sehr lange Zeit in die Barbarei zurückfallen. Der Westen hat seinen Krieg, der nie mit letzter Ernsthaftigkeit gekämpft wurde, verloren. Der Preis den die Menschen in Afghanistan für diese Niederlage zahlen, wird hoch sein. Und auch wir werden die Rechnung noch präsentiert bekommen.

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sneaking_beauty
sneaking_beauty
2 Jahre zuvor

Sie können sich ruhig trauen, auf die politische Orientierung jener Kampfpiloten hinzuweisen (die Regierung Nadjibullah war eher sozialistisch-kommunistisch orientiert). Bezüglich der Taliban (oder vergleichbarer Milizen im Irak oder in Syrien) muss ich hier auch mal erwähnen , dass ich schon Leute kennengelernt habe, die ohne Merkels Entscheidung 2015 heute vielleicht nicht mehr am Leben wären. Das nur mal an die Leute, die diese Entscheidung immer noch kritisieren.

Dass China die Taliban unterstützen wird, halte ich für eine gewagte These. China ist eng mit dem Iran verknüpft und dort wird man wohl eher auf eine schiitische Miliz setzen.

abraxasrgb
abraxasrgb
2 Jahre zuvor

#1 sneaking beauty, es gibt aber auch Menschen, die ohne Merkels Alleingang immer noch am Leben wären … auch schon einmal bedacht? Da ist kein vielleicht drin … Kausalität funktioniert symmetrisch.

OK, es gab auch ein systemisches und politisches Versagen der Sicherheitsbehörden, aber was funktioniert denn in Deutschland noch wirklich außer der GEZ und dem Finanzamt? 😉

Helmut Junge
Helmut Junge
2 Jahre zuvor

Stefan, Lehren aus verfehlter Politik zu ziehen, ist immer schwierig. Der Westen hatte sich sehr früh völlig überschätzt. Nur mit der Nordallianz des Generals Dostum konnten Taliban und al Kaida besiegt werden, aber während der Verhandlungen auf dem Petersberg hat man Dostum ausgebootet, weil man glaubte es alleine zu schaffen.https://www.spiegel.de/politik/ausland/afghanistan-aufbau-general-dostum-will-interimsregierung-anerkennen-a-171939.html
Jetzt fehlen im Norden vergleichbare Kräfte, und den Amerikanern wurde es wohl zu teuer. sie haben keine Lust mehr und sind einfach abgezogen. Man hat den einzigen Verbündeten einfach hängen lassen und sich vermeintlich angenehmere Typen ins Boot geholt. Das könnte den Kurden auch passieren

yohak
yohak
2 Jahre zuvor

"Und auch wir werden die Rechnung noch präsentiert bekommen."
Davon ist in der Tat auszugehen. Nachdem die Niederlage des "Islamischen Staat" in Irak und Syrien die islamistische Szene erst mal demoralisiert hat, wird der zu erwartende Triumph der Taliban-Terroristen in Afghanistan islamische Extremisten weltweit galvanisieren und euphorisieren. Wir können uns darauf einstellen, daß islamistische Terrorakte in Europa und weltweit in den kommenden Jahren drastisch zunehmen werden.

discipulussenecae
discipulussenecae
2 Jahre zuvor

Der einzige Staat, der weiß, wie er nach jahrelanger Erfahrung mit panarabischen, religiösen oder islamistischen Gegnern umzugehen hat, ist Israel.
Sowohl im Judentum und im Islam gilt das Talionsprinzip.
(https://de.wikipedia.org/wiki/Talion)
Und damit hat Israel bisher überlebt.

Berthold Grabe
Berthold Grabe
2 Jahre zuvor

Der Konflikt im Nahen Osten ging mit Bushs saudummen Angriff auf Irak entgültig verloren, der Rest sind nur noch Rückzugsgefechte gewesen.

Walter Stach
Walter Stach
2 Jahre zuvor

"Kein Ensatz hat die Bundeswehr in den vergangenen Jahren so geprägt wie der n Afghanistan. Doch diese Leistung wird von den Deutschen wenig wertgesckätzt und kaum verstanden".

So die Unterzeile zu einem Gastbeitrag in "DER SPIEGEL", Nr. 32/7.8.2021 mit der Überschrift
"Inch war in einem Krieg, den es nicht geben dürfte" von Marcel Bohnert, z.Zt. Oberstleutnant im Generalstabsdienst der Bundeswehr.

Lesenswert!!

Ein Beitrag, der mir neben Anderem vor allem nachdrücklich bewußt gemacht hat, daß idie Kriegsteilnahme deutscher Soldaten,, die 59 in diesem Krieg gefalllenen Soldaten , die mehrere Hundert Gefallene und die Tatsache tausend traumatisierte Kriegsteilnehmer mich bisher nicht sonderlich bewegt gehabt hat. jedenfalls nicht so wie es angemessen, wie es mir jetzt geboten erscheint. Leider!!!

PS
Da Bohnert auch in Kundus im Einsatz war, dürfte ihn die von mir soeben gelesene Nachricht besonders bewegen, nach der die Taliban Kundus erobert haben.

ke
ke
2 Jahre zuvor

Die große Frage ist doch, warum es nicht gelingt, genügend Kräfte in zu sammeln, um für Freiheit etc. zu kämpfen. Ich konnte nie nachvollziehen, wieso diese Aufgabe junge Soldaten aus dem Westen für so lange Zeit übernehmen sollten, während gleichzeitig junge Menschen aus Afghanistan fliehen, weil sie genau nicht bereit waren für Freiheit etc. im eigenen Land zu kämpfen.

Walter Stach
Walter Stach
2 Jahre zuvor

Korrektur zu -(-
"die 59 …..gefallenen Soldaten, die mehrere Hundert verwundeten…"

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