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Großes Rede-Resultat: Weitere Gespräche

Rüttgers und Kraft, beide "sehr ernsthaft" an Gesprächen interessiert

Gesprochen um zu sprechen, geredet um weiterzureden: Der Sondierungs-Marathon für die künftige Regierung in Nordrhein-Westfalen wird weitergehen: CDU und SPD haben sich heute nur auf einen minimalen Konsens verständigt – auf weitere Gespräche. „Wir haben sehr ernsthaft und intensiv gesprochen“, sagte die SPD-Verhandlungsführerin Hannelore Kraft mit unbeweglicher Miene. Und der amtierende CDU-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers sekundierte mit ebenso gestrengem Gesichtsausdruck. „Wir werden ernsthaft versuchen, uns zu einigen. Das wird ein erhebliches Stück Arbeit werden“, prophezeit der Rheinländer und Wahlverlierer.

Rüttgers hatte laut Teilnehmern ordentlich Kreide gefressen. Der Mann will an der Macht bleiben und scheint bereit zu sein, einige CDU-Überzeugungen kurzerhand zu opfern. Denn heftig waren die Auseinandersetzungen noch bis vor wenigen Tagen. Nach dem Scheitern der rot-rot-grünen Gespräche vor genau einer Woche saßen sich nun beide Seiten unvermittelt bei Schnitzel und Mousse au Chocolat in einem Düsseldorfer Flughafen-Hotel gegenüber. Und haben in einer Art „Generaldebatte“ alte Wunden geleckt. „Wir konnten in sehr großer Offenheit diskutieren“, sagte Kraft. Statt über Inhalte und die große Politik zu verhandeln mussten erst einmal menschliche Animositäten ausgebügelt werden. Zunächst haben sich wohl beide Fraktionen die Verletzungen des Wahlkampfes vorgeworfen. Die CDU nahm der SPD übel, Jürgen Rüttgers nach seiner Sponsoring-Affäre als „käuflich“ bezeichnet zu haben. Und die SPD hat die „Kraftlanti“-Kampagne der CDU nicht vergessen, bei der Hannelore Kraft vorgeworfen wurde sie täusche die Wähler über die Absicht eines Rot-Rot-Grünen Bündnisses hinweg.

Auch über Ökologie und Wirtschaft haben die Delegationen gesprochen – dies sind allerdings die Themen mit den größten Überschneidungen. So kam es zu der Verständigung auf Selbstverständlichkeiten: Regenerative Energien sollen gefördert und Arbeitsplätze dort geschaffen werden. Erst am kommenden Dienstag wird es dann um die harten Themen gehen wie Bildung, bei denen beide Parteien schroff konträre Ansichten vertreten. Die SPD fordert ein gemeinsames Lernen bis zur zehnten Klasse – ein Vorschlag, den Rüttgers immer als „unverantwortlich“ und „chaotisch“ zurückgewiesen hat. Er ist aber in einer Koalition mit der SPD zu Korrekturen an seiner bisherigen Politik bereit. Aber auch die CDU wird ihre Bilanz in der neuen Regierung nicht komplett umkehren können. Sie will aber die bei einem Platzen der Gespräche wahrscheinlichen Neuwahlen verhindern. Schließlich verliert sie gerade nach neuen Umfragen noch mehr als die zehn Prozent an Stimmen, die sie vor zweieinhalb Wochen eingebüßt hat.

Es war die inzwischen dritte Zusammenkunft der gefühlten Wahlsiegerin SPD mit möglichen Verbündeten in einem Düsseldorfer Hotel seit der Landtagswahl am 9. Mai. Zuerst trafen sich die „Wunschpartner“ SPD und Grüne, um sich auf Sondierungen mit FDP und Linke zu verständigen. Die Liberalen sagten nach widersprüchlichen Reaktionen aus der offenbar zerstrittenen Landtagsfraktion mögliche Gespräche ab. Und das erste Rendez-Vous mit der Linken wurde zu einem stundenlangen zähen Ringen um die richtige Interpretation der deutsch-deutschen Geschichte und endete mit einem Zerwürfnis.

Wie viele Gespräche es zwischen SPD und CDU werden und ob daraus tatsächlich eine Regierung geschmiedet werden kann ist völlig offen. „Ich habe keine hellseherischen Fähigkeiten“, sagte Hannelore Kraft. Und nach den Sondierungen hat bei der SPD auch die Basis ein Wort mitzureden: Sie soll auf Regionalkonferenzen in die dann mögliche Große Koalition mit einbezogen werden. Erster Stimmungstest folgt an diesem Samstag auf einer Regionalkonferenz der SPD in Bochum. Und so stehen auch die nächsten Düsseldorfer Sondierungen am kommenden Dienstag wieder Spitz auf Knopf.

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Maria Heidelberg
Maria Heidelberg
13 Jahre zuvor

Unglaublich, was sich hier für Abgründe abtun…

niki
niki
13 Jahre zuvor

Die SPD kann nicht mit der CDU zusammenarbeiten. Die Unionsparteien haben Mitte der 80er Jahre den „Unrechtsstaat DDR“ mit mehreren Milliarden DM unterstützt und künstlich am Leben erhalten. Maßgeblich beteiligt war der Schalk, der heute am Tegernsee residiert. Wer mit einem Unrechtsstaat Geschäfte macht, der setzt sich selbst ins unrecht.

crusius
crusius
13 Jahre zuvor

@Maria: Nein, nein – Studiengebühren werden im Jahr 2014 zu 37,6 Prozent abgeschafft worden sein und gemeinsames Lernen gibt es immerhin bis zum Ende des ersten Halbjahres der sechsten Klasse – mehr war halt nicht durchsetzbar… Du mußt das schon „realistisch“ sehen, woll? Und ein komplett fertig gebautes Kraftwerk (Datteln) darf doch nicht mehr abgerissen werden, wo uns doch „die Krise“ immer noch fest im Griff haben wird – wenigstens darauf wird übrigens zumindest auch im Jahr 2014 Verlaß sein können. Ansonsten gilt: Das alles ist nichts gegen den Wahnsinn, der uns geblüht hätte, wenn Schwarz-Gelb bestätigt worden wäre. Es ist Aufgabe des Wählers, mit wenig zufrieden zu sein… Und das jedenfalls meine ich tatsächlich nicht ironisch.

Lars
13 Jahre zuvor

Niki, mit dem soll die SPD denn deiner Meinung nach zusammenarbeiten? Jede deutsche Partei (inklusive der SPD) hat sich schon mal eine Aktion geleistet nach der man denkt „mit denen nie wieder“. Aber da muss man auch mal über seinen Schatten springen und Kompromisse eingehen, sonst gibt es keinerlei politische Entscheidungen.

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