
Es ist wieder soweit: Länderspielzeit. Und wie immer, wenn die deutsche Nationalmannschaft antritt, wird das mediale Scheinwerferlicht aufgedreht, als ginge es um alles. Schlagzeilen über Aufstellungen, Formkurven, vermeintliche Systembrüche und die große Frage, ob „dieses Team endlich wieder die Fans begeistern kann“ dominieren die Sportseiten.
Nun steht also die WM-Qualifikation für 2026 an – mit Partien in Luxemburg am Freitag und gegen die Slowakei am Montag in Leipzig. Man könnte fast meinen, hier ginge es um entscheidende Weichenstellungen auf dem Weg nach Nordamerika. Doch Hand aufs Herz: Tut es das wirklich?
Mehr Show als Substanz
Der sportliche Wert solcher Spiele ist – milde gesagt – überschaubar. Luxemburg und die Slowakei sind respektable Gegner, aber eben auch keine echten fußballerischen Maßstäbe für ein Land, das sich immer noch selbst als Fußball-Großmacht versteht. Zumindest sollten sie das nicht sein.
Die DFB-Elf sollte diese Aufgaben von ihrem Selbstverständnis her lösen, ohne ins Zittern zu geraten. Egal wer in der Startaufstellung steht Und doch wird schon im Vorfeld ein Erzählrahmen konstruiert, der jedes Spiel zur Schicksalsfrage hochstilisiert. Trainerentscheidungen werden seziert, jede Startelf-Diskussion mit Pathos aufgeladen – als hinge vom Einbau eines neuen Linksverteidigers das Wohl des deutschen Fußballs ab.
Das Relevanzproblem der Nationalmannschaft
Dabei ist das Grundproblem ein anderes: Die Nationalmannschaft hat seit Jahren ein Relevanzproblem, das sich mit PR-Kampagnen und medialer Dauerbeschallung kaum kaschieren lässt. Die Fanbasis ist distanzierter geworden, die emotionale Bindung verblasst. Qualifikationsspiele gegen Außenseiter wirken da für viele Fußballfans wie Pflichttermine in einer viel zu langen Saison – ein weiterer Eintrag im Kalender, zwischen Vereinsendspurt, Champions-League-Fieber und EM-Nachwehen.
Wenn Pflicht zur Pose wird
Natürlich, solche Partien sind notwendig, sie gehören zum sportlichen Alltag. Aber die aufgeblasene Inszenierung drumherum wirkt zunehmend deplatziert. Der Versuch, jedes dieser Spiele als Neubeginn, Standortbestimmung oder gar Identitätsprojekt zu verkaufen, hat sich abgenutzt. Was fehlt, ist Gelassenheit. Nicht jede Partie muss ein nationales Statement sein. Manchmal wäre es ehrlicher, einfach zu sagen: Es sind Qualifikationsspiele – wichtig, aber nicht weltbewegend.
Weniger Pathos, mehr Realitätssinn
Vielleicht wäre das der Anfang einer neuen, bodenständigeren Beziehung zwischen Mannschaft, Medien und Publikum: weniger Pathos, mehr Realitätssinn. Denn solange das Getöse lauter bleibt als die sportliche Substanz, wird die DFB-Elf zwar viel gesehen, aber wenig gespürt.
