Konzertbesuche zukünftig nur noch für Covid-Geimpfte? Eine kontraproduktive Diskussion!

Ohne Konzerte fehlt was. Foto: Peter Hesse

Soll der Besuch von Konzerten und Sportveranstaltungen für Covid-Geimpfte in Zukunft wieder eher möglich sein als für noch nicht geimpfte Zeitgenossen? Diese Frage beschäftigt gerade viele Menschen im Lande.

Tickethändler CTS Eventim hatte kürzlich mächtig Öl in das Feuer der zuvor bereits laufenden Grundsatzdebatten geschüttet, indem dessen Chef, Klaus-Peter Schulenberg, in einem Interview mit der ‚Wirtschaftswoche‘ sagte, dass er den Besuch von Konzerten und vergleichbaren Veranstaltungen zukünftig an eine vorherige Corona-Impfung koppeln will.

Das warf und wirft weitere Fragen auf.

Zunächst einmal wundert man sich, dass ein solcher Veranstaltungsriese seinen zukünftigen Kundenkreis offenbar freiwillig stark einschränken will. Zwar wird in dem Interview betont, dass diese Handlungsweise erst greifen soll, wenn genügend Impfstoffe bereitstehen, doch wäre selbst dann, wenn wir mal von eine Impfquote von am Ende 70 oder 80 Prozent ausgehen, eine gravierende Einschränkung des potentiellen Kreises von Veranstaltungsbesuchern damit verbunden.

Der Deutsche Ethikrat hat am heutigen Donnerstag in einer Pressekonferenz in Berlin passend dazu noch einmal betont, dass eine solche Entscheidung in der Privatwirtschaft theoretisch durchaus möglich ist. Ein Veranstalter könne zum Schutz seiner Mitarbeiter und Kunden in Zukunft durchaus so vorgehen, sobald Veranstaltungen dieser Art von der Politik grundsätzlich wieder erlaubt würden.

Nur, welchen Sinn würde das machen?

Noch ist ja bekanntlich völlig ungeklärt ob geimpfte Personen das Virus trotzdem an andere in ihrem Umfeld weiterreichen können. Das Ganze scheint somit eine eher theoretische Diskussion zu sein, die diese Debatten rund um die individuelle Freiheit der Menschen nur unnötig verschärft.

Es wurde zudem von der Politik in den vergangenen Monaten immer betont, dass Covid-Impfungen in Deutschland freiwillig sein sollen. Solche Sonderregelungen für Impfwillige verstärken jedoch eher die schon vorhandene Skepsis bei Zweiflern und verleiten die Menschen dazu negativ auf solche eigentlich nicht angedachten Ausgrenzungen für Nichtgeimpfte zu reagieren.

Hier wird mit viel Schwung ein breiter Keil tiefer in die Gesellschaft hineingetrieben, wo doch dringend Zusammenhalt angesagt wäre.

Statt mit eine Impfpflicht durch die Hintertür weiter zu spalten wäre es wesentlich sinnvoller mit Argumenten pro Impfung auf die in Bezug auf eine Impfung zweifelnden Menschen zuzugehen, sie von den vielen Vorteilen einer Impfung zu überzeugen, statt kritische Geister vom gesellschaftlichen Leben in diversen Bereichen gänzlich auszusperren.

Zumal solche Regelungen ja ohnehin erst recht spät, sprich in vielen Monaten, greifen könnten.

Dadurch, dass aktuell erst einmal überwiegend alte und kranke Menschen geimpft werden, die potentiell ohnehin nicht die primäre Zielgruppe von CTS Eventim sind, wird hier durch solche Interviewaussagen einiger nur unnötig Politik gemacht.

Junge Erwachsene und Teenager, gesunde Menschen mittleren Alters, das ist doch erfahrungsgemäß die große Mehrheit der Veranstaltungsbesucher. Und das sind wohl die Letzten, die gegen Covid-19 geimpft werden sollen und können. Unter 18-Jährige, ebenfalls in der Vergangenheit eine große Gruppe von Besuchern solcher Veranstaltungen, werden aktuell laut der Planung zudem noch gar nicht für eine Impfung infrage kommen, da die passenden Impfstoffe derzeit noch gar nicht auf dem Markt sind.

Und das Angebot mit einer Impfung an Konzerten teilnehmen zu dürfen, bis vermutlich in den Herbst hinein wohl weitestgehend auf die 70- und 80-Jährigen und Kranken zu beschränken, was soll das?

Hier wird duch solche Aussagen gerade also wohl nur unnötig polarisiert und in der Theorie über denkbare Erleichterungen beim Besuch von Veranstaltungen diskutiert, die es so in der Praxis höchstwahrscheinlich nie geben wird.

Entweder es gibt irgendwann wieder Eintrittskarten für alle, oder aber für keinen. Alles andere ist aus den beschriebenen Gründen völliger Quatsch und dazu ziemlich unpraktikabel.

Die Tatsache, dass über diese unausgereiften Ideen aktuell trotzdem so leidenschaftlich quer durch die Gesellschaft diskutiert wird, zeigt uns allen, wie viel Druck inzwischen auf dem Lockdown-Kessel ist…

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Robert Müser
Robert Müser
3 Jahre zuvor

Gegenthese:
Wenn ein Veranstalter dies so haben möchte und er Besucher finden, dass kann er dies tun, da es sich um Regelungen im privaten Vertragsrecht handelt. Es ist für mich auch keine Impfpflicht durch die Hintertür.

So nebenbei:
In dem üblen Schurken- und Unterdrückungsstaat Dänemark wird in den nächsten Wochen ein Nachweis herausgegeben, der dem geimpften Inhaber mehr Rechte als einen Nichtgeimpften ermöglicht.

Furchtbar, was die Dänen so pragmatisch machen. In Deutschland als Land der Bedenkenträger nicht vorstellbar.

Björn Wilmsmann
Björn Wilmsmann
3 Jahre zuvor

Wenn man sich das letzte Jahr anschaut und berücksichtigt, dass die Bundesregierung weiterhin stur einen mittelalterlichen Ansatz der Pandemiebekämpfung verfolgt ("Alles zu. In ein paar Monaten gucken wir dann mal, was noch übrig ist.") geht es CTS Eventim hier vermutlich nicht um die potentielle Größe des Kundenkreises, sondern darum, dass überhaupt noch einmal so etwas wie Live Veranstaltungen stattfinden können.

Aus den schon angesprochenen Gründen sind Impfungen dazu leider der bislang einzige Weg. Denn der Staat wird ja vermutlich nicht einfach in den nächsten Wochen sagen: "Na gut. Jetzt habt'er lang genug gewartet. Macht's halt wieder auf." Das wäre nicht nur inkonsequent, sondern in der jetzigen Lage auch ziemlich unvernünftig.

Aber natürlich steht es einem Veranstalter frei, seine Gäste danach auszusuchen, ob für diese ein potentiell nicht unerhebliches Gesundheitsrisiko durch den Besuch einer Veranstaltung entstünde.

Allerdings ist da in der Tat der Punkt mit der jüngeren Zielgruppe. Für Menschen unter 30 ohne einschlägige Vorerkrankungen besteht de facto nur ein sehr geringes Risiko, ernsthaft an COVID-19 zu erkranken. Für diese Bevölkerungsgruppe müssten daher Einschränkungen eigentlich auch zurück genommen werden, sobald zumindest diejenigen, die besonders gefährdet sind, die Möglichkeit haben, sich impfen zu lassen.

An der Stelle wird's dann unübersichtlich und für die politischen Akteure vermutlich ziemlich unangenehm. Aber das kann nicht das Problem der Bürger sein. Grundrechte sind eben keine "Privilegien" oder politische Verhandlungsmasse, die man für Erfolge bei den anstehenden Wahlen opfern kann. Die Einschränkung von Grundrechten muss gut begründet sein. Fällt die Begründung weg, fällt auch die Einschränkung weg.

Die in diesem Zusammenhang resultierende Polarisierung dürfen sich aber gerne Bundesregierung und EU ans Revers heften. Denn diese sind nunmal maßgeblich dafür verantwortlich, dass es in Sachen Impfungen in den EU-Ländern momentan so schleppend läuft.

Hans B.
Hans B.
3 Jahre zuvor

Der Artikel ist reichlich undifferenziert.

Sind die Kunden von Eventim tatsächlich die Käufer der Karten oder doch nicht eher die Veranstalter?

Und es sollte im Interesse der Veranstalter sein, dass deren Veranstaltungen nicht zu Superspreading-Events werden. Eine solche Maßnahme würde im übrige n vor allem die Ungeimpften selbst schützen..

In übrigen werden diejenigen -zum Teil militanten – ideologisch verbrämten Impfgegner und Maßnahmenboykotteure ohnehin nicht zu überzeugen sein -da sollte man die Energien doch lieber anders einsetzen.

Und warum sollen wir vor den Rechtsradikalen und dem Verschwörungsgesockse einknicken und auf -zum gegebenen Zeitpunkt- richtige Maßnahmen verzichten?

.Wegen der gerade von denen mit Wolllust betriebenen möglichen Spaltung der Gesellschaft?

So weit kommt's noch.

Nein- der Vorschlag von Eventim ist vor dem Hintergrund der nun hinlänglich bekannten Übertragungswege -auch durch Asymptomatische- richtig und mit Blick auf die Mitarbeiter und Besucher und auf die wirtschaftlich langfristigen Interessen nicht nur der Veranstaltungswirtschaft verantwortungsvoll..

Er trägt dazu bei, neue Maßstäbe bei der Beurteilung von Veranstaltungen, aber in der Folge auch anderer Begegnungsorte zu setzen.

Ich möchte kein Konzert und kein Restaurant besuchen, in dem sich Unhygienische, Impfgegner, Maßnahmenboykotteure und -saboteure und Rücksichtslose und Rwchtstadikale zum Stell-Dich-Ein versammeln.

Die Frage wird uns aber noch sehr viel weiter beschäftigen und auch in anderen Bereichen des öffentlichen Lebens wie Schule, Kitas, Arbeit relevant werden.

Und hier sollte die Gesellschaft doch einig sein und eben nicht von denen spalten lassen. , deren Geschäfts-und Erfolgsmodell ausschließlich auf
Spaltung basiert.

Sonst werden wir das Bemühnen nicht nur im Kampf gegen diese Pandemie verlieren.

Helmut Junge
3 Jahre zuvor

Es gibt also Leute, die entscheiden für uns alle, was ethisch ist, und was nicht. Wer hat die dazu befähigt? Wer hat die gewählt, oder eingesetzt? Wollten diejenigen, die diesen Rat installiert haben, und selber über Wählerstimmen in ihr Amt gekommen sind, sich vor solchen Entscheidungen drücken? Ich mag solche Alibi- Kommissionen nicht.

ccarlton
ccarlton
3 Jahre zuvor

Nur, welchen Sinn würde das machen?

Der hofft damit so schnell wie möglich wieder Konzerte anbieten zu können? Dagegen spricht der erwähnte Mangel an Impfstoff für die Zielgruppe. Hat der keine Ahnung oder was?

Achtung Verschwörungstheorie: Versuchsballon zur Einführung einer de facto Impfpflicht, die aber auch sowas von garnichts mit der Politik* zu tun hat.

*Die würde der nur wohlwollend zusehen.

Thomas
Thomas
3 Jahre zuvor

"Zwar wird in dem Interview betont, dass diese Handlungsweise erst greifen soll, wenn genügend Impfstoffe bereitstehen, doch wäre selbst dann, wenn wir mal von eine Impfquote von am Ende 70 oder 80 Prozent ausgehen, eine gravierende Einschränkung des potentiellen Kreises von Veranstaltungsbesuchern damit verbunden"

Das verstehe ich nicht. Dann wäre es doch nur eine Einschränkung für 20-30%. Momentan ist doch eine Einschränkung für100%. Wenn nicht durchgeimpft werden in den nächsten Jahren keine Massenveranstaltungen stattfinden können.

Mich persönlich würde es nicht stören, bin nicht drauf angewiesen Konzerte, Clubs oder Fussballspiele zu besuchen. Hab ich noch nie wirklich gemacht. Aber ich denke es geht vielen anders als mir.

Psychologe
Psychologe
3 Jahre zuvor

"Nur: Solange nicht feststeht ob Geimpfte das Virus weiterhin an andere übertragen können, macht das wenig Sinn. Denn dann würden ggf. auch Events mit ‘nur Geimpften’ zum Superspreader taugen."

Naja, die Wirklichkeit wird ja wohl ein wenig komplexer sein und keine binäre 1-0-Angelegenheit.
Die Virenlast muss ja wohl grundsätzlich verringert sein, weswegen es auf jeden Fall auch einen Effekt auf die Verbreitung haben wird.

Dazu kommt: Es macht ganz sicherlich einen Unterschied für die Geimpften selber. Ob sich ein Erkrankter unter 100 Geimpften oder 100 Ungeimpften befindet, ist schon was anderes, oder?
Im Wesentlichen schließe ich mich auch Hans B. hier an.

Der Artikel ist mit diesen typischen theoretischen Spekulationen über die Volksseele und die Auswirkungen auf die Gesellschaft gespickt, wie sie gern verbreitet werden.
Ich behaupte: Wenn erst mal wirklichImpfstoff breit vergügbar ist, werden die Karten noch mal neu gemischt. Dann kommt es sicherlich noch mal zu einer Neubewertung der Sachlage und manch einer wünscht sich dann nur noch die guten alten Zeiten zurück.
Ich würde mich nicht wundern, wenn die Impfgegner dann doch rapide weniger werden.

DAVBUB
DAVBUB
3 Jahre zuvor

@6: M.W. wurde der "Ethikrat" von Schröder eingesetzt. Ich glaube, in Zusammenhang mit der Diskussion um Sterbehilfe. Ein schönes Instrument, um sich als MdB aus der Verantwortung zu stehlen.

DAVBUB
DAVBUB
3 Jahre zuvor

Interessant auch das Framing der Corona-Regierung: Da werden Grundrechte zu "Sonderrechten" und "…neuen Freiheiten." Und ein Großteil der Untertanen stimmt ein.
Wahrscheinlich haben wir demnächst Demos von vollvermummten Hysterikern, die "Keine Sonderechte" skandieren und strengste Auflagen für alle fordern…

Berthold Grabe
Berthold Grabe
3 Jahre zuvor

Grundsätzlich halte ich es für richtig die Teilnahme an Veranstaltungen von der Impfung abhängig zu machen!
Allerdings muss rechtlich geklärt werden ab wann eine solche Beschränkung illegal wird.
Mit dem Ende staatlicher Beschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie ist eine solche Auswahl dann allerdings illegal. Es würde ansonsten eine grundgesetzwidrige Diskriminierung darstellen.

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