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Muskelspiel nach Programm

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Es ist wieder soweit: Die Stahlarbeiter im Ruhrgebiet lassen die Muskeln spielen. Zur öffentlichen Betriebsversammlung in Duisburg kamen mehre tausend Beschäftigte. Die Gewerkschaft IG Metall sprach sogar von 10.000 Teilnehmern. Unterdessen ging in Rüsselsheim die Opel-Demo zuende. Aus Bochum waren rund 500 Mann mit Bussen angereist. Ihr Ziel jetzt: Weiter kämpfen für den Erhalt ihres Werkes.

Mit der Thyssen-Krupp-Betriebsversammlung machten IG Metall und Betriebsrat vor einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung Druck auf die Konzernführung. Alleine Thema ist das geplante Sparprogramm mit einem Volumen von über einer Milliarde Euro. Mit rund 400 Millionen Euro entfällt der Großteil der Summe auf die Stahlsparte mit ihren 40.000 Beschäftigten. Dabei war der Thyssen-Arm der renditestärkste in den vergangenen Jahren.

Aber damit ist es vorbei; Stahl ist in der Wirtschaftskrise nicht mehr gefragt. Die Nachfrage hat sich mehr als halbiert. Die Arbeiter müssen kurzarbeiten und nun sogar um ihre Jobs fürchten. Denn Thyssen will Arbeitsplätze abbauen. Nach Angaben der IG Metall sollen es in Duisburg 1.500 sein, im Konzern hört man sogar die Zahl von 2.000. Wahrscheinlich werden es deutlich mehr. Denn rund 20 Prozent des Sparziels sollen beim Personal gehoben werden, wie es im Beraterjargon so gerne heißt. Das sind mindestens 200 Millionen Euro.

Auch Opel spürt die Lage. Seit Wochen gibt es Kurzarbeit und Freischichten. Hier stehen die Zeichen auf Sturm. Morgen soll ein Rettungskonzept im Aufsichtsrat vorgelegt werden. Die Bundesregierung macht ein tragfähiges Papier zur Vorraussetzung für Staatshilfen. Doch die EU hatte dagegen einer europaweiten Initiative zur Unterstützung der krisengeplagten Autoindustrie eine Absage erteilt. "Ich glaube nicht eine Sekunde daran, dass eine Regierung ein besserer Autohersteller ist als diejenigen, die wir in Europa bereits haben", sagte EU-Industriekommissar Günter Verheugen (SPD). Unterdessen versprach SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier den Opelanern in Rüsselsheim, er sei mit Herz und Verstand bei ihnen.

Wie dem auch sei. In Duisburg bei ThyssenKrupp sehen die Arbeitnehmer einen Grund, bald auf die Barrikaden zu gehen. Denn fällt Thyssen, dann folgen bald auch die anderen Stahlkonzern mit Stellenstreichungen. Mitarbeiter von Arcelor und Salzgitter kamen daher zu dem Treffen in Duisburg, um ihre Solidarität zu bekunden. Auch aus Bochum sollen sich Gewerkschaftsvertreter von Opel mit den Stahljungs verständigt haben.

Es geht um viel, es geht um Politik und richtiges Wirtschaften. Ab März stehen die Tarifgespräche für die Stahlarbeiter an. Auch wenn sich die IG Metall mit einer Aussage über den geforderten Zuschlag zurückhält, sie werden sich wohl an den Forderungen anderer Gewerkschaften orientieren. Es könnten also auch acht Prozent und mehr gefordert werden. Gewerkschaftler bereiten dafür schon den Boden. Die Binnennachfrage müsse gestärkt werden, sagen sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit.

Bei Karl-Ulrich Köhler, Chef der Thyssen-Stahlsparte, kommen diese Töne nicht an. Er hat andere Sorgen. Ihm laufen die Kunden davon. Um über 50 Prozent fiel die Nachfrage im vergangenen Quartal. Eine Erholung gab es bislang nicht; schlimmer noch. Die Entwicklung habe sich noch verschärft, sagte er auf der Betriebsversammlung. Keine gute Nachricht für die Stahlarbeiter. Aber immerhin hat er sich gestellt und auch mit den Arbeitern geredet. Der Dialog klappt immerhin noch.

Den Stellenabbau wird es aber dennoch geben, über Frühverrentung oder Abfindungen. Die Betriebsräte werden sich auf die Fahnen schreiben können, zumindest betriebsbedingte Kündigungen vermieden zu haben. Dazu dient das Muskelspiel. Es ist nur Teil eines fest stehenden Rituals zwischen Vorstand und Gewerkschaft. Ich weiß, am Ende werden beide Seiten vor der Kamera stehen und ein Siegerlächeln zeigen.

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