Nicht dem ‚Sommermärchen‘ droht nun großer Schaden, sondern dem Ruf vieler DFB-Funktionäre

DFB-Chef Wolfgang Niersbach musste zuletzt häufiger schwer schlucken. Foto: Robin Patzwaldt
DFB-Chef Wolfgang Niersbach musste zuletzt häufiger schwer schlucken. Foto(s): Robin Patzwaldt

Wenn wir auch an diesem Wochenende hier im Blog wieder einmal auf das aktuelle Fußballgeschehen zurückblicken wollen, dann steht der rollende Ball aktuell dabei diesmal eindeutig hintenan. Und das eben längst nicht nur weil die beiden großen Revierclubs aus Dortmund und Gelsenkirchen ihre Spiele erst noch am heutigen Sonntagnachmittag bestreiten werden.

Das Sport-Thema der Woche war und ist natürlich diesmal unzweifelhaft die ‚DFB-Affäre‘ rund um die WM-Vergabe des Jahres 2006, welche am vergangenen Wochenende durch die vielbeachtete Geschichte im ‚Spiegel‘ losgetreten wurde, und welche seither nicht nur die aktuellen Spiele hierzulande, sondern auch die Presse-Vorstellung des DFB-Museums am Montag, die feierliche Gala mit den Promis am Freitag, und auch die offizielle Eröffnung für das Publikum durch DFB-Vizepräsident Dr. Reinhard Rauball und Generalsekretär Helmut Sandrock heute Vormittag so deutlich und überaus negativ überschattet.

Kaum ein paar Stunden vergingen in dieser Woche, in denen es dazu keine neuen Nachrichten und Meldungen gab, so dass ein Thema massiv in die Öffentlichkeit gelangte, dessen tatsächliche Auswirkungen und dessen Ausmaß aktuell wohl noch gar nicht wirklich abgeschätzt werden können. Sehr, sehr unappetitlich die ganze Geschichte, unabhängig vom letztendlichen Wahrheitsgehalt und den möglichen persönlichen Verfehlungen der einzelnen Funktionäre.
Denn was am Ende wohl mindestens ebenso schlecht für den deutschen Fußball und sein Ansehen in der Welt ist wie die eigentlichen Vorwürfe, das ist das offenkundig völlig unwürdige Krisenmanagement des DFB.

Da glaubt man es hier mit einem der größten und mächtigsten und somit wohl auch professionellsten Sportverbänden der Welt zu tun zu haben, wo man es entsprechend mit Profi-Krisenmanagern zu tun haben müsste, und dann offenbaren sich hier Strukturen und Verhaltensmuster, wie man sie ungeschickter und amateurhafter wohl nicht hätte vorgeführt bekommen können. Und ein Ende des PR-Dramas scheint längst noch nicht in Sicht.

Als die ersten Meldungen des ‚Spiegel‘ vor inzwischen gut einer Woche in die Öffentlichkeit kamen, da neigte sich die Waage der öffentlichen wahrnehmung zunächst rasch zu Gunsten des DFB. Die Vorwürfe, welche ich mir hier noch einmal aufzudröseln ersparen möchte, da sie jeder Fußballfan in diesem Lande inzwischen wohl eh schon x-mal gelesen hat, schienen nicht wirklich stichhaltig belegt zu sein. Gekaufte Stimmen und ‚schwarze Kassen‘, so wie zunächst vielfach vermeldet, waren offenbar bei näherem Hinsehen so doch (noch) nicht nachzuweisen. Schnell geriet das Nachrichtenmagazin scheinbar deutlich in die Defensive, wurde es mit Klageandrohungen seitens des DFB konfrontiert. Trotzdem war die Präsentation des Fußballmuseums in Dortmund am Montag dann noch deutlich von em Thema überschattet. Sehr zur Enttäuschung der anwesenden Journalisten blieb der DFB in Person von Wolfgang Niersbach dort aber nähere Infos komplett schuldig.

DSC05221 (600x450)Diese sollte es erst in einer dann überaus eilig einberufenen Pressekonferenz in Frankfurt am Donnerstag geben. Doch diese Veranstaltung geriet dann zu einem wahren PR-Desaster für den DFB. Ein offensichtlich nur schlecht vorbereiteter DFB-Präsident warf dabei unfreiwillig mehr Fragen auf als er vollumfänglich wirklich beantworten konnte. Warum und wieso man sich trotzdem zu einer solchen Aktion entschloss, obwohl man mit einem solchen Ausgang eigentlich hätte rechnen können, ja sogar müssen? Das fragen sich viele bis heute. Medienprofis, so wie auch Wolfgang Niersbach persönlich, der früher selber jahrelang Journalist war, hätten doch mit diesen bzw. ähnlichen Nachfragen rechnen müssen. Warum also tat man sich das beim DFB an, wenn man so viele Fragen nicht beantworten kann?

Seither hat sich der Schwelbrand jedenfalls zu einem wahren Flächenbrand entwickelt. Inzwischen haben diverse Beteiligte der letzten Jahre angefangen sich gegenseitig öffentlich in Misskredit zu bringen, Verdächtigungen und Vorwürfe auszutauschen, so dass inzwischen fast schon gar nicht mehr so sehr über die eigentliche Sache diskutiert wird, sondern scheinbar nur noch eine Art großer ‚Sündenbock‘ auserkoren zu werden scheint.

Die zunächst noch recht erfolgsversprechende Ausgangslage des Fußballverbandes in dieser Angelegenheit hat sich in den letzten Tagen jedenfalls deutlich verschlechtert. Die offensichtlich nicht mit der FIFA abgestimmten Aussagen von Wolfgang Niersbach vom Donnerstag wurden vom Weltverband zurückgewiesen. Aktueller und ehemaliger DFB- Präsident pflegen weiterhin ihre bekannten alten Vorbehalte gegeneinander, Franz Beckenbauer und Günther Netzer schweigen aktuell noch. Diverse Medien prockeln und bohren aktuell noch immer heftig in dieser Angelegenheit herum. Eine schlüssige Auflösung ist noch immer nicht abzusehen.

DSC05301 (600x450)Und ausgerechnet bei dieser Ausgangslage wird heute in Dortmund dann auch noch das DFB-Museum für die Öffentlichkeit eröffnet. Ein wahres PR-Desaster.

Viel schlechter hätte sich auch ein lokaler Taubenzüchterverein wohl nicht öffentlich präsentieren können. Und der beschäftigt dann längst nicht so viele hochbezahlte und von sich selbst so sehr überzeugte Funktionäre und vermeintliche Experten. Doch diese ‚Profis‘ verhalten sich aktuell überwiegend doch eher wie ein aufgeschreckter ‚Hühnerhaufen‘.

Man traut sich als staunender Beobachter der Szenerie ja schon gar nicht mehr irgendeine Vorhersage über die Entwicklungen der nächsten Tage oder gar Wochen abzugeben. Nach diesen Erlebnissen scheint hier zuletzt rund um den DFB und seine Promis inzwischen und aktuell wirklich alles grundsätzlich denkbar zu sein.

Und das ‚Sommermärchen‘, die WM 2006? Werfen die aktuellen Diskussionen wirklich noch einen Schatten auf das so beliebte Turnier von vor neun Jahren? Ich denke nicht. Die Sache ist ohnehin lange vorbei.

Viel negativer dürften sich hingegen die aktuellen Geschehnisse, die laufenden Schlammschlachten der Eitelkeiten, vermutlich auf das aktuelle und zukünftige Ansehen eines der größten Sportverbände der Welt, den Deutschen Fußball-Bund, auswirken. Das Sommermärchen hat seinen Platz in den Erinnerungen der Deutschen schon längst gefunden. Das Ansehen vieler berühmter Sportpersönlichkeiten steht allerdings aktuell bedrohlich auf der Kippe. Ausgang offen…

 

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

Ich kann Waldi Hartmann ja auf den Tod nicht leiden, aber mit seinem aktuellen Spruch über die totale Naivität der Leute, die immer noch glauben, Deutschland hätte die 06er WM bekommen, weil wir so ein geiles Land sind, hat er fett ins Schwarze getroffen;-)

Ansonsten werden wir vielleicht nur dann etwas Substantielles über die eigentlichen Vorgänge erfahren, wenn wie im Fall Hoeneß (wo die Protagonisten ja nicht weit voneinander weg sind/waren) die Steuerfahndung ihre Arbei aufnimmt, denn auch einem gemeinnützigen e.V. mit extrem hohen Umsätzen und Gewinnen aus einem Eventgeschäft kann man Steuerhinterziehung vorwerfen, wenn Schwarzgeld im Spiel war – was ja mittlerweile fast von jedem "Player" in dieser Story bestätigt wird.

Wir wissen zumindest jetzt, dass auch eine Abtrennung der UEFA oder der nationalen Fußballverbände von der FIFA wohl nichts an den mafiösen Strukturen dieser schmierigen, geldgeilen Opa-Clique ändern wird.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
8 Jahre zuvor

@Robin: Die stehen im Moment scheinbar *alle* irgendwie mit mind. einem Bein kurz vor oder mitten in Klagen wg. Verleumdung oder übler Nachrede; Zwanziger z.B. wird aktuell von Katar wg. seiner Bestechungsvorwürfe in *deren* Fall verklagt. Soweit wie bislang bekannt ist, haben der Spiegel und eben Zwanziger den DFB-Stein ins Rollen gebracht und das ist in diesem Schlammgeflecht in den Verbands-Führungsetagen der Stein, der die Dominokette peu a peu zu Umfallen bringt.

Ein Jeder wird sich jetzt – halt wie in den großen Mafia-Prozessen – mit Gegen-Beschuldigungen und neuen Vorwürfen aus der Schusslinie nehmen wollen und es ist doch mittlerweile eigentlich egal, wer da wie und was über wen ausplaudert. Fakt ist doch, dass der große DFB, der Hüter von Fairness und Sportlichkeit, der Verteidiger von Neutralität und Freude am Ball, nun zugeben muss, dass der heilige Vereinsmeier eine erfundene Figur ist, dass das teutsche Vereinswesen an höchster Stelle so korrupt ist wie albanische Regierungsmitglieder und die Strahlestars des Fußballs wie Platini, otelo-Netzer und der Kaiser uns alle über Jahrzehnte beschissen haben.

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