Nicht nur zur Weihnachtszeit

Radikale Prediger nutzen Feiertage für Groß-Events

Plätzchen backen ist nicht überall angesagt. An manchem Ort wird auch an einer anderen Gesellschaft, einer Gegengesellschaft, gearbeitet oder mindestens mentale Unterstützung für jihadistische oder extremistische Gruppen organisiert. Islamistische Events haben besonders an allgemeinen Feiertagen Hochkonjunktur. Wenn die anderen also feiern oder sich auf die Feiertage vorbereiten, kommen z.B. in Duisburg-Marxloh und Berlin-Neukölln Hassprediger und ihre Anhängerschar zusammen.

أنشروها بارك الله فيكم

Posted by Tarik Ibn Ali on Donnerstag, 10. Dezember 2015

 

Die Namen derer, die das Event gestalten, sind nicht so geläufig wie der von Pierre Vogel, der sich in Duisburg vor zwei Monaten am gleichen Ort angekündigt hatte, aber dann doch nicht kam (die ruhrbarone berichteten). Tarik Chadlioui oder Muhamed Ciftci sind allenfalls wenigen Szenekennern ein Begriff, auch die Alias-Namen Tarik ibn Ali und Abu Anas helfen wenig weiter. Die anderen sind noch weniger in der Mehrheitsgesellschaft bekannt. Beide Moscheen haben wiederholt problematische Prediger eingeladen. Insofern sind sowohl Personen wie auch Einrichtungen typisch für die salafistische Szene und das Vorgehen. Ibn Ali und Abu Anas lohnen jedoch auch persönlich der näheren Betrachtung.

Die Belgien-Connection

Tarik ibn Ali oder Tarik Chadlioui ist ein belgischer Prediger mit marokkanischen Wurzeln. Er ist einer von sechs Predigern, die als Vortragende in der Ar-Rahman-Moschee in Duisburg-Marxloh zu dem Seminar geladen sind. Ibn Ali bereist seit Jahren nahezu unbehelligt und unbemerkt mehrere Länder in Europa und sammelt u.a. Gelder für den bewaffneten Kampf in Syrien. Er hat nach dem niederländischen Telegraaf Verbindungen zu shariah4belgium und Dawaffm und soll auch graue Eminenz hinter der mittlerweile verbotenen Organisation Millatu Ibrahim gewesen sein. Die Akteure von shariah4belgium wurden im Frühjahr zu deutlichen Haftstrafen unter anderem wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung verurteilt, der Haupttäter zu 12 Jahren Gefängnis. Dawaffm und Millatu Ibrahim wurden in Deutschland als verfassungsfeindliche Strukturen verboten. Nach den jüngsten Pariser Attentaten fand die Daily Mail heraus, dass ibn Ali auch in einer Moschee predigte, in die einer der Bataclan-Täter ging. Die Zeitung vermutete – da Hassbotschaften von ihm und aus dieser Moschee bekannt wurden – einen Zusammenhang zwischen seinen Botschaften und der Radikalisierung dieses Täters. In der internationalen Jihadismusliteratur ist er als Person verzeichnet, die erhebliche Geldmittel eintreibt (alleine in einer Moschee in Dietzenbach bei Frankfurt an einem Tag 91.000 €). Ibn Ali ist also weder der freundliche Parfümverkäufer, für den er sich üblicherweise ausgibt, noch ein harmloser Handlungsreisender in Sachen marokkanische Diaspora, für den ihn mancher halten könnte. Die Moscheen, in denen er regelmäßig gastiert, sind allermeist als Einrichtungen bekannt, die auch sonst all zu viel Transparenz zur Gesellschaft hin nicht gerne herstellen wollen. Es sind Moscheen, in denen oftmals auch Männer aktiv waren, die dann später nach Syrien gingen oder sich anderen Kämpfen anschlossen.

++++++ 9. Jahresseminar Al-Nur Moschee Berlin ++++++Bitte unbedingt anmelden !!! Email: 9.Seminar.alnur@gmail.com…

Posted by Al-Nur Moschee Berlin on Samstag, 14. November 2015

 

Die Buchstaben des Gesetzes

In der Berliner Al-Nur trifft man sich mit fünf Predigern ein ganzes Wochenende. Abu Anas ist einer von ihnen. Mit Sven Lau hat der Braunschweiger Muhmed Ciftci, so sein richtiger Name, jahrelang zusammengewirkt. Er war der Vorsitzende des vom Verfassungsschutz beobachteten Vereins „Einladung zum Paradies e.V.“ und hat immerhin einen eigenen Wikipedia-Artikel. Auch ihn unterschätzt man, wenn man in ihm vorrangig einen Herrn sieht, der abergläubischen Unfug, wie eine Sonnenfinsternis als Vorzeichen für den Germanwings-Absturz deuten, verbreitet. Öffentlich wird zwar die Abkehr von Gewaltaufrufen zelebriert; immer wieder werden jedoch Fälle von jungen radikalisierten Männern bekannt, die ihm zuhörten. Die Struktur möglicher Einwirkungen auf ein fundamentalistisch vorgeprägtes Publikum wird jedoch oft nicht erkannt. Wird vor einer solchen Zuhörerschaft, zu so vorstrukturierten Personen auf aktuelle Ereignisse eingegangen und danach aus Koran oder Hadithen zitiert, so ist das mehr als nur Religion. Für jemanden, dem beigebracht wurde, es handele sich um die letzte Wahrheit, um das letzte und einzige Gesetz, nachfolgend um die im Grunde einzig mögliche gottgefällige Handlung, hat das eine ganz andere Bindungswirkung als eine Fabel oder ein Gleichnis im Christentum auf selbst fundamentalistische Christen. Es ist strukturell mehr wie im juristischen Bereich Gesetz und Kommentar: Der Fall wird dargelegt. Das Gesetz ist bekannt oder wird zitiert. Und dann folgt die Ausführung, wie diese Vorschrift durch als Vorbild dargestellte Personen ausgelegt wurde bzw. ob ihre Handlung gott- bzw. prophetengefällig war oder nicht.

Bei beiden Predigern steht also nicht die direkte Botschaft, die konkret nach deutschem Strafrecht fassbare Handlungsaufforderung im Vordergrund, sondern die indirekte Belehrung über Gleichnisse. So kann der eine als Düfte-Händler durchkommen und der andere als Mann, der vielleicht martialische religiöse Geschichten erzählt, deren Aufforderungscharakter aber entweder verkannt wird oder schlecht rechtlich fassbar ist. Auch die Moschee-Vereine lavieren sich so durch. Der radikalisierende Einfluß wird schlicht in Abrede gestellt und als der jeweiligen Phantasie überlassen oder privater Entscheidung anheim gestellt. Natürlich steht die persönliche Entscheidung, der als persönlich empfundene Auftrag zwischen radikalen Ansichten und ihrer Umsetzung. Aber die Einladung der aufgeführten Prediger zeigt auf, welche Inhalte man in der eigenen Community befördert sehen möchte. Das passt leider in das von diesen Einrichtungen schon vorher bestehende Bild

Auf die Ankündigung weiterer Feiertags Events darf man gespannt warten. Welche Wirkungen all diese Botschaften haben, werden wir im Jahr 2016 sehen.

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Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Ich weiß zuwenig über diese Szene, um brauchbare Informationen beizutragen, aber ich denke mir, daß Deine Analyse richtig ist, wo Du schreibst: "Bei beiden Predigern steht also nicht die direkte Botschaft, die konkret nach deutschem Strafrecht fassbare Handlungsaufforderung im Vordergrund, sondern die indirekte Belehrung über Gleichnisse. So kann der eine als Düfte-Händler durchkommen und der andere als Mann, der vielleicht martialische religiöse Geschichten erzählt, deren Aufforderungscharakter aber entweder verkannt wird oder schlecht rechtlich fassbar ist."
Nun denke ich mir, daß es danach aber immer noch den Punkt geben wird, wo es konkreter in die Werbung für irgendeine der islamistischen Terrorgruppen geht. Denn vermutlich fahren nicht viele Hundert Männer, jeder auf sich allein gestellt, plötzlich nach Syrien. Da muß es doch logistische Unterstützung geben. Und das wiederum ist sicher nach dem derzeitigen Strafrecht ein justiziables Delikt. Und wenn NRW-Innenminister Jäger wiederholt öffentlich sagt, daß die Szene beobachtet wird, kann er damit doch nicht meinen, daß seine Profis sich jahrelang Märchen anhören. Das wird doch langweilig, selbst für den Minister. Vielleicht aber auch nicht.

Helmut Junge
8 Jahre zuvor

Weißt Du wie lange in NRW unter Jäger schon "beobachtet" wird? Ich weiß aus meiner Erfahrung bei meiner ehemaligen Partei, daß einige Versammlungen ausreichen, um herauszukriegen, wer mit wem gut kann,und wer mit wem nicht. Aus diesem Wissen läßt sich schnell der Kreis derjenigen ermitteln, der in zweiter Reihe die unangenehmen Arbeiten verrichtet. Das sind selten die Anführer. Deshalb bin ich gespannt, wie es bei Herrn Lau weiter geht. Sollte er wirklich selber solche Arbeiten verrichtet haben?

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