Bald ist wieder Januar. Und das bedeutet: Bald ist wieder großer Sowjet-Karneval in Berlin. Die traditionsreiche Luxemburg-Liebknecht-Gedenkdemonstration („LL-Demo“, inoffiziell auch „LLL-Demo“ genannt) wird wieder zum Friedhof der Sozialisten ziehen und rote Nelken an den Gräbern der ermordeten KPD-Gründer niederlegen. Dabei kommt ein beeindruckendes Konglomerat an längst tot geglaubten Fossilien aus allen erdenklichen Ecken linksautoritäter Bewegungen der letzten 100 Jahre zusammen. Dass dabei auch die Porträts sämtlicher „linker“ Massenmörder mitgeführt werden, die die Bewegung zu bieten hat, ist im Berliner Januar eine Selbstverständlichkeit. Eine Sache jedoch wird anders sein in diesem Jahr. Zum ersten Mal in der Geschichte der LL-Demo ruft ein linkes Bündnis zum Bildersturm auf – und organisiert eine Gegenveranstaltung.
Es sind jedes Jahr die gleichen Bilder. Tausende Menschen strömen in einem Fluss roter Fahnen nach Friedrichsfelde, Ostberlin. Sie kommen zum Großteil von der dazu gehörigen Rosa-Luxemburg-Konferenz, die ebenfalls jährlich stattfindet. Bewaffnet sind sie, neben den Fahnen der gefühlten 200 kommunistischen Politsekten, vor allem mit einem: Bildern und Transparenten von Lenin, Stalin, Mao. Es herrscht ein ungeheurer Kult um
diese längst im Giftschrank der Geschichte geglaubten Ikonen des Pseudokommunismus. Eingehegt in die Stoßtruppen von SPD, DKP, MLDP, KPD, MLKP, RSB, SOL und weiß der Henker wem noch, glaubt man sich zurück in die DDR versetzt. Da laufen einem schon mal der Erich Honecker-Nachfolger Egon Krenz oder die Sechziger-Jahre Terroristin Inge Viett über den Weg. Kritiker traten nie auf und wenn doch, wurden sie vom Mob zusammengeschlagen. Dafür gibt’s immer reichlich junge Welt-Ausgaben für umsonst.
In der letzten Zeit scheint bei einigen ehemaligen Teilnehmern allerdings ein Umdenken eingesetzt zu haben. Im „Rosa & Karl“-Bündnis haben sich für 2013 Gruppen zusammengeschlossen, die keine Lust mehr auf Rezepte von vor 100 Jahren und Diktatoren-Verherrlichung haben. Sah man etwa Die Falken, Die Linksjugend solid und die SPD bisher zuverlässig auf dem blutroten Wanderzirkus, stehen diese plötzlich