Gemetzel in Libyen – Plädoyer gegen ein militärisches Eingreifen

Karte: Wikipedia

Als am Donnerstag Abend der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Europäischen Parlament, Daniel Cohn-Bendit, in einem ZDF-Spezial zu Libyen offen für ein militärisches Eingreifen plädierte, war der Moderator der Sendung, Theo Koll, offensichtlich überrascht. Seinen Zuschauern dürfte es nicht viel anders gegangen sein. Dabei präsentieren sich die Grünen – nicht nur Cohn-Bendit – seit Beginn der Unruhen in Tunesien als die entschlossensten Sympathisanten der arabischen Volksaufstände. Und es ist keineswegs eine denunziatorische Spitze, sondern eine nüchterne Anmerkung, dass seit einigen Jahren kurioserweise die Grünen die ersten und die lautesten gewesen sind, manchmal auch die einzigen, die militärische Optionen als Antwort auf lokale Konflikte ins Gespräch bringen.

Am Freitag ging das Gemetzel in Libyen weiter. Umfangreiche Berichterstattung in den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten, eine Reihe von Live-Tickern im Internet, und doch ist kein genaues Bild davon zu bekommen gewesen, was in dem mit Abstand wohlhabendsten Land Afrikas vor sich geht. Arabische Quellen sprechen von Tausenden Toten – mal werden zweitausend genannt, mal zehntausend. Der aus Tunesien und Ägypten bekannte Ablauf, wo nach gut einer Woche und – zynisch formuliert – „nur“ einigen Hundert Toten mit der Flucht von Ben Ali bzw. Mubarak relative Ruhe zurückkehrte, scheint sich in Libyen nicht zu wiederholen. Dass sich Gaddafi an der Macht halten könnte, gilt zwar als ausgeschlossen. Doch der Überlebenskampf des Despoten könne sich nach Ansicht von Politologen noch Wochen hinziehen. Jochen Hippler, Islamexperte an der Universität Duisburg-Essen, hält sogar auch Monate für möglich.

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Der Ruhrpilot

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Wenn Paetzel geht, kann Herten endlich abgeschafft werden

Herten Bürgermeister Uli Paetzel könnte Regierungspräsident in Münster werden. Klappt das, könnte man eine überflüssige Stadt im Ruhrgebiet abschaffen: Herten.

Peter Paziorek (CDU), Regierungspräsident, hört auf. Nun wird nach einem Nachfolger gesucht. Die Recklinghäuser Zeitung nennt Uli Paetzel (SPD, Bürgermeister-Herten) und Wolfgang Pantförder (CDU, Bürgermeister-Recklinghausen) als mögliche Nachfolger. Die besseren Chancen hat wohl Paetzel, weil Ministerpräsidentin Hannelore Kraft keinen Christdemokraten als Chef der Bezirksregierung Münster will.

Also Uli Paetzel. Wie bei Frank Baranowski fragt man sich auch bei ihm, welches gemeine Schicksal ihn zu Bürgermeister seiner Stadt gemacht hat. Bürgermeister von Herten – mein Gott. mit dem Posten kann man noch nicht einmal die Mädels im Prater beeindrucken, dem großen  Tanzpalast der Arbeiterklasse an der Grenze zwischen Bochum und Herne.

Beide können mehr, sind Führungsreserve ihrer Partei und wissen das auch. Paetzel hat nun die Chance zum Aufstieg. Geht es für ihn nach Münster, kann man eine der vielen überflüssigen Städte des Ruhrgebiets aufteilen: Herten. Der Ort gehört wie Waltrop, Oer-Erkenschwick, Marl und viele andere in die Rubrik „Städte, die die Welt nicht braucht.“ Ihre Verwaltung kostet Geld, dass im Ruhrgebiet für andere Dinge wie Schulen oder Nahverkehr dringender gebraucht wird. Mit 53 Städten auf 5 Millionen Einwohner haben wir hier allemal 52 Städte zu viel. Man sollte also jede Gelegenheit nutzen, eine abzuschaffen. Der demografische Wandel, die schlechten Nahverkehrsanbindungen und die geringen wirtschaftlichen Perspektiven eröffnen Herten ohnehin nur geringe Zukunftschancen.

In Herten würde das die wohl kaum jemand merken. Sagt ein Hertener „Ich gehe in die Stadt“ meint er aus guten Gründen Recklinghausen. Der Ortsteil Westerholt mit seiner schönen Altstadt wäre eine Zierde für Gelsenkirchen. Der Rest kommt zu Recklinghausen. Fertig.

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Charlie Sheen und die neue Sauberkeit

Es gab mal eine Zeit, da wurden Künstler beneidet, weil sie eine unkonventionelle Lebensweise führen konnten – wenn sie wollten. Sie lebten mit ihren Exzessen die Bedürfnisse aus, die sich der Normalbürger nicht leisten konnte. Das ist vorbei.

Eines vorweg: Ich mochte Two and a half Men nicht besonders. Ich schaue nicht viel Fernsehen und meine beiden Lieblingsserien sind 24 und die Simpsons. Bei den Simpsons kann ich mittlerweile die meisten Folgen auswendig und die weichgespülten letzten beiden 24 Staffeln waren vor allem eins: Langweilig. Und so ist Jack weg und hat keine große Lücke hinterlassen. Das Ende von  Two and a half Men werde ich also auch kaum bemerken. Aber mich stört die Begründung, warum die Serie  eingestellt worden ist:

„Based on the totality of Charlie Sheen’s statements, conduct and condition, CBS and Warner Bros. Television have decided to discontinue production of ‚Two and a Half Men‘ for the remainder of the season.“

Hat er die die Serie geschmissen, sich auf dem Set geprügelt? Nein. Das, was das Fass zum Überlaufen brachte, waren wohl, glaubt man der Washington Post, abfällige Bemerkungen über die Anonymen Alkoholiker und die gesellschaftliche Forderung ein braves, sittsames Leben ohne Exzesse zu führen:

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Der Ruhrpilot

Stefan Aigner, Regensburger Journalist und Blogger verteidigt seine Meinungsfreiheit gegen die Katholische Kirche. Bild: rheinneckarblog.de

Umland: Kirche klagt gegen Blogger Stefan Aigner…Kaffee bei mir

NRW: Auslaufmodell Studiengebühren…Welt

NRW II: NRW ohne Studiengebühren…Pottblog

NRW III: NRW will sich bei Hartz-IV-Abstimmung im Bundesrat enthalten…RP Online

NRW IV: Pantförder oder Paetzel für Paziorek?…Recklinhäuser Zeitung

Dortmund: Sierau will ohne Tabus über die Nordstadt nachdenken…Ruhr Nachrichten

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Dortmund III: Stadtteile geben Ordnungskräfte an Nordstadt ab…Ruhr Nachrichten

Bochum: Kreative Banane in Bochum entdeckt…Ruhr Nachrichten

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Umland II: Offizier wird Schulleiter am Berufskolleg...Zoom

Guttenberg: Schwarze Löcher…Post von Horn

Internet: Adhocracy für die Enquête geht online…Netzpolitik

Internet II: Zukunftsfähigen Jugendmedienschutz gemeinsam gestalten…Unkreativ

Nordrhein-Westfalen will Vorreiter beim Klimaschutz werden – und die SPD vielleicht ein wenig moderner

Das größte Bundesland plant eines der ambitioniertesten Klimaschutz-Gesetze der Republik. Doch abseits der Debatte um Treibhausgase, Windräder und die Umstellung der Wirtschaft geht es auch um

Kraftwerk Datteln Foto: Eon

Parteipolitik: Die SPD an Rhein und Ruhr will sich vom Image der alten, grauen Kohle- und Stahlpartei lösen. Statt dessen soll die Partei künftig als „Fortschrittspartei“ wahrgenommen werden und den Grünen Wähler abwerben. Parteichef Gabriel dürfte dies freuen, einigen Ruhr-SPDler allerdings weniger. Es droht ein Richtungsstreit.

17 Seiten, 11 Paragrafen: Das ist nicht viel für ein so bedeutendes Gesetz, wie es nun in Düsseldorf von den Ministerien der rot-grünen Landesregierung diskutieren wird. Doch dafür hat es sich in sich. Die 17 Seiten sollen das größte Bundesland der Republik zum Vorreiter beim Klimaschutz machen. Bis 2020, so sieht es der Gesetzesentwurf vor, sollen die Treibhausgabe in NRW um mindestens 25 Prozent gesenkt werden, bis 2050 sogar um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Vergleichjahr 1990  – und das alles rechtlich verbindlich. Es geht also nicht mehr nur um lose Versprechungen, die in der Politik oftmals aus Mangel an konkreten

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Stellen Sie sich das doch bloß einmal vor!

Stellen Sie sich das doch bloß einmal vor! Ich gebe zu: die ganze Sache ist etwas weit hergeholt. Aber es hätte doch sein können. Und dann? Unvorstellbar.

Stellen Sie sich doch bloß einmal vor, der Freiherr von und zu Guttenberg hätte als junger Familienvater seine Doktorarbeit selbst angefertigt, also neben seiner beruflichen Beanspruchung als Schlossherr und seiner politischen Karriere als Bundestagsabgeordneter auch noch in mühevollster Kleinarbeit Einleitung und Schlussteil seiner Dissertation ohne Rückgriff auf anderer Leute geistigem Eigentum selbst geschrieben und in den Kapiteln dazwischen sämtliche Zitate sowohl kenntlich gemacht als auch in sinnvoller Weise in den eigenen Gedankengang eingebettet.
Kurz: Guttenberg hätte in untadeliger Weise seinen Doktor gemacht. Oder, weil diese Vorstellung in der Tat äußerst abstrus ist, der ganze Schwindel wäre erst ein paar Monate später aufgeflogen. Oder schon ein paar Monate zuvor. Hätte doch sein können. Nur mal so als fixe Idee. Und dann stellen Sie sich bitte weiter noch vor, die Völker Arabiens hätten die ganzen Aufstände, Revolutionen oder, wie auch immer wir diese Dinge bezeichnen wollen, noch eine Weile zurückgestellt. Wenn sich die Araber einfach gesagt hätten: jetzt haben wir jahrzehntelang all diese Despoten ertragen, da kommt es auf ein paar Monate mehr oder weniger auch nicht an.

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Eine diskursive Demontage

Katja Uffelmann spielt mit vollem Einsatz. /Foto: Sascha Kreklau

Sie suchen „einen Hit, ohne -ler, einen Sta(r), ohne –lin“. Und veranstalten seit vier Wochen ein Casting nach dem anderen. Sie haben einen eingeladen, aber der lässt auf sich warten. Wagners Musikdrama „Der Ring“ ist in der Jetztzeit angekommen und wird von Ulf Goerke und Matthias Wulst folgerichtig zu einem diskursiven Musical dekonstruiert. Siegfried Superheld – ein diskursives Musical markiert den Start des Nibelungen-Zyklus im Bochumer Rottstr5-Theater.

Inklusive Bonus-Track: 13 Fragen an den Regisseur Ulf Goerke

„Subversiv wie Schlingensief, intellektuell wie Heiner Müller, erotisch wie Carla Bruni“ will diese Inszenierung sein. Drei Musicalmacher suchen für eine Neuproduktion einen Darsteller des Siegfried. Der neue Siegfried soll jedoch weder Held, noch Hitler, sondern überideologisch sein. Er soll als „eine Art Bedürfnisanstalt installiert werden“, die als Mannigfaltigkeit Raum für Utopie und Identifikation mit kalkulierter Halbwertszeit bietet. Geplante Obsoleszenz im Musentempel also. Die Musicalmacher wollen „eine Fresse, in die sie alles reinprojizieren können“. So umgeht das Stück die letztgültige und eindeutige Antwort auf die Frage, wie Siegfried sein müsste, verliert dabei aber die Nibelungenproblematik nicht aus dem Blick.

Magdalena Helmig als Zwerg Mime und Andreas Bittl als Siegfried/ Foto: Sascha Kreklau

Alles, was bei der Beantwortung der Frage, was ein Held ist, je scheiterte und historisch festgehalten wurde, lässt Goerke hier Revue passieren. Sämtliche Heilsversprechen erfahren ihre Auferstehung, um kurz darauf niedergemetzelt zu werden. Es ist eine Ruinenschau gescheiterter Deutungsversuche, eine Aufarbeitung, aber auch eine Abnabelung von den Konventionen des Umgangs mit den Nibelungen.

Ruinenschau gescheiterter Deutungsversuche

Von Wagners Hauptwerk bleiben Szenen von Siegfrieds Geburt, Jugend und Adoleszenz – Intermezzi mit dem zwergenhaften Schmied Mime im Ur-Wald, und Brünhilde. Die ewige Weisheit der heiligen Ordnung erhält dank diskursiver Dekonstruktion einen provokativen Gegenpart und verdrängt so die Sprachlosigkeit vor dem Monumentalen. Die Sagengestalt des Drachentöters wird mit Blick auf den potentiellen Darsteller fortwährend transformiert. Mit temporeichen Rollen- und Szenenwechseln entsteht bei dieser Inszenierung Rhythmus statt Zyklus. Sätze mit Symbolcharakter deuten die verschiedenen Diskurse an und aktivieren lebhafte Bilder, die in einem Gedankenfeuerwerk kulminieren – mit reichlich Potential für spontane Lachanfälle im Schlepptau. Dennoch wissen sie: „Die Nibelungen – das ist Trauma – und da müssen wir durch“.

"Tarnkappe, Tarnkappe, Tarnkappe, Tarn...", heißt es beim Nibelungen-Reggae. /Foto: Sascha Kreklau

Die Schauspieler Magdalena Helmig, Katja Uffelmann und Andreas Bittl stehen auf drei hölzernen weißen Sockeln. Die Damen treten in prunkvollen Ballkleidern auf, während Bittl Anzug, lila Hemd und Clark-Gable-Bart trägt. Das Trio schaut sich in der Trümmerlandschaft der Gedankenfelder um und spannt unterschiedlichste assoziative Netze und Fluchtlinien. Dabei enttarnen sie die Illusion, dass das System unserer Weltbilder stabil sei. Ihr bombastisches Spiel, Betonung und Timing legen dem Stück ordentlich Gewicht bei. Ein Highlight: Alle drei können nicht nur spielen, sondern auch noch singen.

Tarnkappen-Trio

Uffelmann und Helmig wachsen als Zwerg Mime dank ihres inbrünstigen Spiels über sich hinaus. Beide sorgen bei dieser Inszenierung mit ihrem fulminanten Einsatz dafür, dass es einer der ganz großen Abende werden kann. Andreas Bittl ist bei all dem einfach nur supercool und lässig. Durch feine Nuancen einer gewissen Naivität gelingt es ihm, seiner Rolle eine unsagbare Komik zu verleihen. Nicht nur schauspielerisch kann er überzeugen, auch musikalisch punktet er vor allem mit der Tarnkappen-Reggae-Nummer.

Mit politisch inkorrekten, aber dreifach ironisch gebrochenen Flanken rollen Goerke und Wulst das Diskursfeld von hinten auf. Schonungslos wird das Mark der Inszenierungsproblematik freigelegt. Bisweilen thematisieren selbst goldene Glitzerschnipsel die Reflexion der Situation. Die Perspektiven wechseln fortlaufend. Denn diejenigen, die inszenieren, sind auch jene, die rezipieren. Die Musicalmacher markieren den selbstironischen Wechsel von Objekt- zu Metasprache höchst selbst, so dass Innen- und Außenperspektive gewissermaßen implodieren.

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