Leider habe ich zuwenig Zeit, mich richtig mit dem Fall des Dortmunder Oberbürgermeisters Gerhard Langemeyer (SPD) zu beschäftigen. Doch auch am Rand kann man mitkriegen, wie die Einschläge langsam näher kommen. Zur Erinnerung: eine Kokserin hatte immer wieder Geld aus dem Oberbürgermeisterbüro veruntreut. Sie ist jetzt angeklagt, insgesamt über eine Mio Euro geklaut zu haben. Sie selbst gibt 600.000 Euro zu.
Foto. blog.nrwspd.de
Erstes Trommelfeuer: Die Kokserin Heike P. versucht gerade ihre Rathaus-Story zu Geld zu machen. Dazu bedient sie sich ihres Anwaltes. Oder vielleicht bedient sich auch ihr Anwalt bei Ihr. Das ist schwer zu sagen. Jedenfalls hat der Anwalt einen Deal gemacht mit einem der dubiosesten Nachrichten-Händler, den man in der Republik kennt. Und zwar mit Jörg Hoffmeister. Für 9000 Euro will die Dame angeblich öffentlichkeitswirksam auspacken, verbreitet Hoffmeister. Wie mir ein Gewährsmann berichtete, sollen die Erträge gedrittelt werden. 3000 für Hoffmeister, 3000 für den Anwalt, 3000 für Heike P. Die Verhandlungen stocken aber. Deswegen werden heute schon aus diesem Umfeld Gerüchte gestreut, dass Heike P. auch ein Buch schreiben könnte, über ihre Jahre im OB Büro. Ansonsten könne auch jede Zeitung die Story haben – wenn sie bereit ist, die 9000 auf den Tisch zu legen.
Wer ist dieser PR-Berater von Heike P. eigentlich? Scheinbar ein Niemand. Jörg Hoffmeister sitzt im Pressebüro des Dortmunder Tennisklub Rot-Weiss 98. Doch das ist nicht alles. Der ehemalige NDR-Mitarbeiter hat eine Geschichte. Hoffmeister war mal richtig wer. Er hat seine Spuren sogar bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hinterlassen. Hier war er mal Chefredakteur der Tele-FAZ. Unter seiner Verantwortung entstand in der langen seriösen Geschichte der FAZ das bislang wildeste Kapitel.
Hoffmeister ließ mit versteckter Kamera in einem Weilburger Dessous-Geschäft eine Verkäuferin dabei filmen, wie sie vor einer Umkleidekabine Reizwäsche vorführte. Er ließ filmen, wie sich bei einem Gesellschaftsspiel drei Frauen und zwei Herren entblößten. Der Spiegel recherchierte damals, dass der damalige FAZ-Telemann bei einer Bochumer Filmfirma vier Stunden brisantes Originalmaterial akquirierte, das angehende Sex-Schauspielerinnen ("Sylvie will zum Pornofilm") hautnah bei Bewerbungsinterviews zeigt. Weiter berichtete das Nachrichtenmagazin, wie Hoffmeister aus den besten Szenen sieben Episoden für 28 Minuten Altherrensex fabrizieren ließ. Das Titti-Machwerk sollte als Pilotfilm für eine Serie auf RTL herhalten. Inzwischen ist der peinliche FAZ-Schweinkram unter Verschluß. Eine Cutterin hatte die Geschäftsleitung über das Zeug auf ihrem Schneidetisch informiert. Hoffmeister sollte der FAZ Schadensersatz zahlen. Doch trotz Sexkapade war von einer Kündigung da noch nicht die Rede.
Die Kündigung für den FAZ-TV-Chefredakteur kam erst, als auch noch bekannt wurde, dass Hoffmeister bei einem Monatsgehalt von rund 14 600 Mark von Produktionsfirmen Bestechungsprovisionen für Aufträge kassiert haben soll.
Seither muss sich Hoffmeister mit andere Sachen durchschlagen. Etwa mit dem Verhökern von Heike P.s Koksgeschichte aus dem Rathaus. Gab es da vielleicht Sexszenen? Die Besetzung des Skandals reicht jedenfalls schon für eine echte Magazin-Geschichte. Hat die WAZ das Geld locker? Mir ist das noch zu teuer.. 🙂
Zweites Trommelfeuer: Im Rat der Stadt Dortmund hat Langemeyer vor ein paar Tagen gesagt, dass er die beiden Beschäftigten aus der Stadtkasse rauswerfen musste, da sie über 200 Mal ohne richtige Belege Geld an sein Büro ausgezahlt hätten. Dies sei keine "Lappalie" hieß es.
Nun gut, aber über 30 Leute aus der Stadtkasse sagen, es hätte eine Anweisung gegeben, das Geld so auszuzahlen. Langemeyer und seine Kämmerin wollen nun, dass die Beschäftigten petzen, wer die Anweisung gegeben hat. Dann würden sie auch über die Kündigungen neu nachdenken.
Ich nenne das Erpressung. Warum suchen Langemeyer und seine Kämmerin nicht selbst nach dem Anweisungsgeber?
Das könnte folgenden Grund haben. Mir haben mittlerweile zwei Leute aus der Dortmunder Stadtverwaltung erzählt, dass die Anweisung – mündlich oder schriftlich – wahrscheinlich von Peter Spaenhoff kam. Der Mann ist der Sohn von Willi Spaenhoff, dem allseits beliebten vor zwei Jahren verschiedenen Dortmunder Ex-Bürgermeister von der SPD. Es hieß, Peter S. habe die Stadtkasse geleitet, sei dann aber nach Schwierigkeiten auf einen anderen Posten, versetzt worden. Konkret war Peter Spaenhoff bis Juni 2006 Leiter des Amt 21 – Stadtkasse und Stadtsteueramt. Er gilt als Gefolgsmann von Rainer Klüh. Als dieser an die Spitze des Systemhauses (früher: Hauptamt) rückte, nahm Spaenhoff Klühs Platz als Chef der Bürgerdienste ein. Zudem gilt Peter Spaenhoff als enger Gefährte von Langemeyer. Warum also befragt der Oberbürgermeister nicht seinen Spannmann Spaenhoff? Dann müsste er doch die Wahrheit über die Dienstanweisung zum lockeren Umgang mit dem Bargeld erfahren. Und dann müsste Langemeyer auch nicht seine kleinen Untergebenen erpressen. Vielleicht tut Langemeyer dies nicht, weil er Angst vor den Folgen hat? Vielleicht hat Spaenhoff etwas zu verbergen, was für Langemeyer so wertvoll ist, dass er lieber seinen politischen Untergang riskiert, als dass Spaenhoff seine Geheimnisse offenbart. Es ist jedenfalls unwahrscheinlich, dass Spaenhoffs Nachfolger bei der Stadtkasse, Alfred Leist, die Chance hatte, "die alten Strukturen aufzubrechen", wie der Kenner der Materie, Rogge, sagt. "Leist mußte nur die Suppe auslöffeln", als im April vergangenen Jahres die Sache mit der Kokserin aufflog.
Nur damit das klar ist: Ich habe keine Belege dafür, dass Spaenhoff die Anweisung zum Geldausgeben gab. Ich habe nur die Aussagen von zwei Beamten aus der Stadtverwaltung, die sagen, dies sei wahrscheinlich. Und ich finde das plausibel.