Excrementory Grindfuckers, Konzert im Turock, Essen, fällt aus. (Dank an Fränk)
Der Ruhrpilot

NRW: Land fordert Reinvestition der Bahn-Gewinne…Spiegel
NRW II: Land will Opfern von Genitalverstümmelung helfen…RP Online
NRW III: Einige Gymnasien wollen Turbo-Abi kippen…Spiegel
NRW IV: WestLB muss weiter schrumpfen…RP Online
NRW V: Hauptschulen verlieren landesweit…Zoom
NRW VI: EU prüft Gas-Bohrungen…Ruhr Nachrichten
Bochum: Spender zeigen sich bei Musikzentrum spendabel…Ruhr Nachrichten
Bochum II: Rückschau auf die ersten Premieren unter Weber…Der Westen
Dortmund: Hoffnungen und Probleme in der Brückstraße…Der Westen
Medien: WAZ-Chef Hombach wirft Europarat fehlendes Interesse an Pressefreiheit vor…Spiegel
Medien II: Kommt die WP nun doch an den Desk?…Medienmoral NRW
Westropolis ist dann mal weg…
Im Dezember wurde bekannt, dass die WAZ ihr Kulturblog Westropolis zum Jahreswechsel einstellen will. Nun ist er ganz weg.
Das war es dann wohl: Die WAZ hat ihr im Februar 2007 gestartetes Kulturblog Westropolis nicht nur eingestellt, sondern komplett aus dem Netz genommen. Der Link führt auf die Kulturseite VON Der Westen. Selbst die ungefähr 5000 Beiträge, die in den vier Jahren zusammengekommen sind, sind nun offline.
Westropolis war 2007 als Teil der Online-Offensive der WAZ-Gruppe gestartet und galt als Vorläufer für Der Westen.
In einer Pressemitteilung hieß es damals voller Elan:
Die WAZ Mediengruppe hat heute den ersten Baustein Ihrer Online-Offensive vorgestellt.Unter der Internetadresse westropolis.de entsteht ein neues Kulturblog für NordrheinWestfalen. Westropolis bietet Kulturempfehlungen für alle und Kulturkritik von allen. Als Autoren schreiben die Redakteure der beteiligten Tageszeitungen WAZ, NRZ, WR, WP und dem Online-Portal WestEins Seite an Seite mit bekannten Gastautoren und engagierten Lesern – über das, was sie persönlich kulturell bewegt, vom Opernbesuch bis zum Rockkonzert, vom Ruhrpottkrimi bis zur Industriearchitektur. Westropolis ist Teil der Aktivitäten der WAZ Mediengruppe im Hinblick auf die Kulturhauptstadt 2010 in Essen und im Ruhrgebiet.Der wesentliche Aspekt von Westropolis ist die Öffnung der klassischen, von Redakteurenerstellten Kritik hin zu einer aktiven Einbindung der Nutzer. Dem Kulturinteressierten wird eine Plattform geboten, die er für seine eigene Meinungsäußerung, seine Kritik, seine Empfehlungen und Tipps im Bereich der Kultur verwenden kann. Westropolis integriert die Rubriken Film, Literatur, Design, Musik und Bühne.Die Westropolis-Idee richtet sich an Menschen im Raum Rhein-Ruhr, die sich aktiv fürKulturangebote ihrer Region interessieren. Sie gehen ins Kino, sie beobachten Entwicklungen im Bereich Design, haben ein Lieblingsbuch, eine Lieblings-DVD oder -CD. Sie besuchen Lesungen und Konzerte, haben eine Meinung zur Architektur eines Gebäudes ihrer Stadt und möchten diese Meinungen anderen kulturinteressierten Bewohnern ihrer Region mitteilen und öffentlich zur Diskussion stellen. Westropolis wird die Anlaufstelle, um ihre ganz persönliche Kulturkritik zu veröffentlichen. Im Umkehrschluss kann sich der Nutzer der Seite informieren, wie Dritten ein Bühnenstück, ein Film, eine DVD oder ein Buch gefallen hat.Jeder kann für Westropolis über ein Eingabeformular einen Beitrag senden, dazu ist keineRegistrierung erforderlich. Der Text wird von der WestEins-Redaktion geprüft und freigeschaltet. Kommentare sind direkt und ohne Registrierung möglich.Die Westropolis-Gastautoren der ersten Stunde sind Menschen mit Meinung. Zu ihnen zählen Hatice Akyün, eine deutsch-türkische Journalistin und Autorin, die als Gerichtsreporterin für die WAZ Duisburg schrieb und heute in Berlin lebt, Else Buschheuer, Autorin und Moderatorin eines neuen Kinomagazins beim MDR, Johannes Groschupf, Journalist und Romanautor, der uns an der Entstehung seines neuen Buches teilhaben lässt, sowie der in Witten geborene Dramaturg des Westfälischen Landestheaters Christian Scholze.
OK, Ruhr2010 ist vorbei. Vielleicht hat sich damit so ein Projekt auch überlebt. Warum die alten Texte allerdings nicht mehr da sind, verstehe ich trotzdem nicht.
Ruhrgebiets-Tatort: Mut zur Fiktion
Nachdem WDR-Chefin Monika Piel einen Ruhrgebiets-Tatort angekündigt hat, wird darüber diskutiert, in welcher Pottstadt er spielen soll. Die Antwort ist ganz einfach: In keiner.
Für Dortmunds OB Ullrich Sierau ist klar, wo der Ruhrgebiets-Tatort spielen soll: In Dortmund. Und als Hauptdarsteller wünscht er sich Dietmar Bär, der jetzt den Kommissar im Sozialarbeiter-Tatort aus Köln gibt. Bochum wünscht ihn sich natürlich in Bochum – mit Armin Rohde als Kommissar. Bochum geht gar nicht. Rohde schon. Der hat sich in den ZDF-Serie Nachtschicht als Fahnder empfohlen.
Bleibt die Frage nach der Stadt: Dortmund? Bochum? Wieder Essen? Bottrop? Duisburg? Eine mit einem lustigen Namen? Castrop-Rauxel? Wanne-Eickel?
Alles Unsinn. Wie früher beim Fahnder sollte keine Stadt genannt werden. Ich schlage vor: Der Tatort spielt im Ruhrgebiet, die ganze Region ist eine einzige Stadt und das Autokennzeichen ist RU. Damit würde der Tatort in einer fiktiven Stadt spielen, einem zusammengewachsenen Ruhrgebiet. Die Auswahl an Locations wäre gewaltig. Die Möglichkeiten für Geschichten auch: Von bräsigen Bauern über lüsterne Luden bis zu peinlichen Politiker würde alles gehen. Für jede Story gäbe es einen glaubhaften Hintergrund. Und ich will Action und Humor. Härte. Und bitte kein Sozialgesülze und keine Currywurstromantik.
Freddy Fischer
Freddy Fischer, Samstag, 8. Januar, 21.30 Uhr, Sonic Ballroom, Köln
Der Ruhrpilot
Lötzsch: Große deutsche Denker der Gegenwart…Achse des Guten
NRW: Tiefe Löcher und klamme Kommunen…Ruhr Nachrichten
NRW II: Datteln IV – Der Schwarze Peter liegt bei Hannelore Kraft – schon wieder…Schmidts Katze
NRW III: Grüne verzeichnen neuen Mitgliederrekord…Bild
Ruhr2010: U-Boot für den privaten See…WZ
Ruhrgebiet: Pfarrer fordert Triennale kirchlicher Kultur…RP Online
Essen: Abfindungen für Hochtief-Chefs „absolut überzogen“…Der Westen
Dortmund: DSW meldet weniger Fahrgäste…Der Westen
Duisburg: SPD will im Rat in Duisburg ein festes rot-rot-grünes Bündnis…Der Westen
Duisburg: „Bürgermuseum“ als Ziel…RP Online
Wesel: Porno-E-Mail „traumatisiert“ Polizisten…Spiegel
Umland: Tauwetter, aber ungemütlich mit Sturmböen und ergiebigem Regen…Zoom
Kunst: Dioramadramaturgie…Kueperpunk
Medien: Die Medien gehen den Weg allen MTVs…Mediaclinique
Internet: Sieben Monate Flattr im Einsatz…Netzpolitik
K-Wort benutzt: Gesine Lötzsch löst Kommunismusalarm aus
Sie hat es gesagt, genauer: sie wird es noch sagen. Aber geschrieben hat sie es schon, das K-Wort. Und sie ist immerhin die Vorsitzende der Partei Die Linke, die Gesine Lötzsch. Genauer: eine der beiden Vorsitzenden. Der andere ist Klaus Ernst und – aus einer ganzen Reihe von Gründen – irgendwie ein Problem. Aber die Gesine Lötzsch – nach Parteilogik das passende Gegenstück: weiblich, ostdeutsch, Reala – galt eigentlich immer als enorm vernünftig. Der Parteilogik folgend: irgendwie kein Problem. Und jetzt das! Lötzsch verwendet in einem Beitrag, den sie am Samstag auf der Konferenz „Wo bitte geht’s zum Kommunismus?“ das K-Wort, ohne gleichzeitig direkt darauf hinzuweisen, dass im Namen dieses K-Wortes schwerste Verbrechen begangen wurden – Massenmorde, der Archipel Gulag, die Berliner Mauer, eine chronische Unterversorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs, und im Tal der Ahnungslosen gab es nicht einmal Westfernsehen.
Kein Wunder also, dass dieses K-Wort „Emotionen auslöst“, wie Bodo Ramelow das ausdrückt. Im Westen, versteht sich; und offenbar weiß die – wie gesagt: Ostdeutsche – Frau Lötzsch aus Berlin nicht, „welche Emotionen sie im Westen mit diesem Schlüsselbegriff auslöst“. Das vermutet jedenfalls der Vorsitzende der Linksfraktion Thüringens, der aus dem Westen stammt, obschon dieses neue Bundesland wie alle anderen neuen Bundesländer im Osten liegt. Kurzum: er weiß um der doch eher etwas negativ besetzten Emotionen, die mit dem schlimmen K-Wort insbesondere dort verbunden werden, wo schon seit der Ermordung Rosa Luxemburgs die Leute reflexartig Angst vor der Verstaatlichung ihres Kühlschranks bekamen. Zwar konnten damals nur ein paar reiche Leute in den USA einen Kühlschrank ihr eigen nennen, aber es gibt ja auch arme Leute, die gegen die Reichensteuer sind. Man weiß ja nie, vielleicht könnte sie einen doch irgendwann einmal stören, die Reichensteuer. Sicher ist sicher, und deshalb hätte Bodo Ramelow „das Wort Kommunismus nicht benutzt“.
„Der Weg zum Kommunismus“ sei, so gab es der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Vorsitzende der Berliner Linkspartei Stefan Liebich verbindlich durch, „nicht Teil der Programmdebatte“. Sie wird die Linken in diesem Jahr nämlich verfolgen, und deshalb war es Liebich wichtig, einmal ganz klarzustellen, worüber geredet werden darf und worüber nicht. Zwar gab sein Kumpel, der jetzige Berliner Vorsitzende Klaus Lederer zu Protokoll, „Gesine Lötzsch bislang nicht als eine Vorsitzende erlebt (zu haben), die die Linke in eine kommunistische Partei umwandeln will“; doch Liebich hatte das jetzt gelesen. Und zwar auf Spiegel Online: „Programmdebatte: Linke-Chefin erklärt Kommunismus zum Ziel der Partei“. Da haben wir es! Das sind schon Profis. Nein, nicht die Vereinigung der Vorsitzenden aller möglichen Linken, sondern die Jungs von Spiegel Online. So macht man das.
Man knöpft sich Lötzschs Text vor, der in der Jungen Welt veröffentlicht wurde und dem bis dahin kein Mensch verständlicherweise auch nur die geringste Beachtung geschenkt hatte, sortiert ihn in freier Interpretation in die Programmdebatte der Linkspartei ein und stellt – noch freier interpretiert – fest: „Linke-Chefin erklärt Kommunismus zum Ziel der Partei.“ Immerhin hatte die Chefin bemerkt: „Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden, wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der Opposition oder in der Regierung.“ Damit steht die Überschrift: Linke will Kommunismus. Was wohl das Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED zu dem Vorschlag gesagt hätte, sich auf den Weg zu machen und auszuprobieren? Egal, das K-Wort ist gesprochen, und Kommunismus ist Kommunismus. Allerdings erfahren wir von Gesine Lötzsch nicht so ganz genau, was das eigentlich ist, dieser Kommunismus. Typisch: der Kommunist ist gerissen und verschleiert seine Ziele. Ein kleiner Hinweis findet sich allerdings doch in ihrem Text: „Wenn Kommunismus das Gemeinschaftliche betont und der Liberalismus den einzelnen, dann wollte Rosa Luxemburg beides zugleich.“ So wollte es Otto Schily eigentlich auch; doch dem war immerhin klar, dass das irgendwie nicht gehen kann.
Gesine Lötzsch feiert Rosa Luxemburg, was insofern clever ist, als dass die ultralinke Szene ihre Helden braucht und sich mit Rosa Luxemburg gewiss die richtige ausgesucht hat. Bei Lötzsch wird aus Luxemburg eine „radikale demokratische Sozialistin und konsequente sozialistische Demokratin“, was gewiss zwei verschiedene Aspekte dieser herausragenden Persönlichkeit markieren soll, mit der sich „der sowjetische Parteikommunismus“ nicht „versöhnen“ konnte. Wir können nur erahnen, dass sich bei Gesine Lötzsch alles ganz ähnlich verhalten dürfte wie bei Rosa Luxemburg. Doch bei Spiegel Online hat man Anderes im Sinn. Man ruft ganz einfach mal den Alexander Dobrindt an, also den Generalsekretär der CSU, und fragt ihn, was er davon hält, dass Frau Lötzsch jetzt den Kommunismus zum Parteiziel der Linken erklärt habe. Und dann sagt der: „Frau Lötzsch stellt sich außerhalb unserer Verfassung. Wer den Kommunismus zum Parteiziel erhebt, greift die freiheitlich demokratische Ordnung unseres Grundgesetzes an.“ Damit steht die Überschrift: „Kommunismus-Bekenntnis: CSU fordert Totalüberwachung der Linken“. Man füge den eigenen Recherche-Ergebnissen schnell noch eine profunde Analyse des Geschehenen hinzu: „Der Text war eine Steilvorlage für den politischen Gegner“, und fertig ist die Lauge.
Da inzwischen auch CDU-Generalsekretär Gröhe angefangen hat zu toben, ist auch Frank-Walter Steinmeier, der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, über das Stöckchen, das ihm die Abteilung Antikommunismus hingehalten hat, gesprungen. Das Hamburger Abendblatt ließ er wissen, dass er sich „an den Kopf“ fasse, dass Lötzsch „zurück zum Kommunismus“ wolle, also „dorthin, wo wir Unfreiheit und Misswirtschaft 70 Jahre regieren sahen“. Angeblich rief er die Führung der Linkspartei zu einer raschen Klärung auf. Wen bitte? Wörtlich sagte er dem Abendblatt, er sei „gespannt, wie sich die anderen Führungsfiguren der Linken dazu äußern würden“. Ja, das ist aufregend. Oder sagen wir: es wäre aufregend, wenn Spiegel Online nicht längst des Dramas dritten Akt aufgeführt hätte: die Reue. „Die Linke ist linkssozialistisch, wir sind und werden keine kommunistische Partei. Und ich werde auch kein Mitglied der kommunistischen Plattform“, erklärte die gescholtene Parteiführerin. Klare Abgrenzung vom Kommunismus, und überhaupt habe sie das K-Wort nur deshalb benutzt, weil es im Titel der Veranstaltung am 8. Mai auftaucht. Und wenn man sie fragt, warum es die Linkenvorsitzende überhaupt für nötig erachtet, mit der DKP-Chefin und einer Ex-RAF-Frau zu diskutieren, erklärt sie, sei es ihr „Ansporn, im Publikum auch diejenigen für die Linke zu gewinnen, die unsere Partei für zu angepasst halten„. Entsprechende Vorbehalte gegen die Linke gäbe es nämlich im „linksextremen Milieu“.
Ach so ist das also. Wobei wir jetzt schon wieder nicht wissen, ob Gesine Lötzsch die Linkspartei dem linksextremen Milieu anpassen möchte oder aber das Milieu an die Partei. Vermutlich wird es ein offener Dialog; man wird es ja schon sehen. Immerhin kommt Lötzsch mit konkreten Ansätzen einer „revolutionären Realpolitik“ im Sinne Rosa Luxemburgs, selbstverständlich auf der Höhe der Zeit: energetische Gebäudesanierung, CO2-freie Städte, Verlagerung des Transports auf die Schiene. „Heißt das neuerdings Kommunismus?“ spottet die taz. Wenn das die ultralinken Straßenkämpfer vom Schwarzen Block auch lesen, hat Lötzsch am Samstag auf der Konferenz schon wieder ein Problem. Sie will dazu auffordern, „für einen Richtungswechsel der Bundespolitik zu kämpfen“ – so heißt es im Text. Vermutlich ahnt sie nicht, um noch einmal Ramelow zu zitieren, „welche Emotionen sie im Westen mit diesem Schlüsselbegriff auslöst“. Mit diesem R-Wort: Richtungswechsel. Da fährt die Szene aber voll überhaupt nicht drauf ab. Es müssen schon die K-Wörter sein: Kommunismus, Klassenkampf, Kackbratze. Mal sehen, ob sie das checken wird, die Gesine …
Sonny Vincent
Sonny Vincent, Freitag, 7. Januar, 20.00 Uhr, Panic Room, Essen
Der Ruhrpilot
Ruhrgebiet: …wird zu Megacity…Schweizer Fernsehen
Ruhr2010: Der große Rock’n’Roll-Schwindel…Welt
NRW: Zehn-Punkte-Plan im Dioxin-Skandal…Der Westen
Duisburg: Loveparade-Opfer erschrocken über sich selbst…Der Westen
Dortmund: Pfusch am U-Turm ist unübersehbar…Der Westen
Dortmund II: Feiern feiern unter Polizeischutz…Ruhr Nachrichten
Bochum: Nazis werden dreister…Bo Alternativ
Online: Pirat wirbt Holocaustleugner…Isis
Blogs: Gestiegenes Interesse an der Bloggerin des Jahres…Kaffee bei mir?
Blogs II: Erst mal abwarten…Blogbar
Recht: Ablaufdatum für Musik und Filme…Law Blog
Weiter Wahnsinn wagen

Wer noch immer glaubt, in Bochum gebe es keine Künstler, wird im Falle des Bochumer Rottstr5-Theaters eines Besseren belehrt. Das hat kürzlich auch die Sparkasse Bochum eingesehen. Die Sparkassenstiftung gewährt dem Off-Theater erst- und einmalig eine Projektförderungssumme in Höhe von 25.000 Euro. Die neue Spielzeit steht unter dem Motto Kulturhauptstraße Rott 2011 und widmet sich im kommenden Jahr den Nibelungen. Nach 16 Monaten Wagnis zieht Arne Nobel, Intendant des Rottstr5-Theaters, im Interview Bilanz.
Stand das letzte Jahr noch im Zeichen Trojas, knüpft sich die Rottstraße mit den Nibelungen in den kommenden Monaten die ganz großen Themen vor. Die WG-Probleme von Lieschen Müller überlassen sie lieber dem Stadttheater. Zu den Nibelungen ist monatlich eine Premiere geplant. Den Auftakt beginnt das Theater mit Superheld Siegfried. Brauchen wir heute noch Helden? Eine Antwort sollte bis März gefunden werden, denn dann widmet sich Regisseur Hans Dreher auch schon Siegfrieds Tod. Außerdem wird ein Trauerspiel von Hebbel zu sehen sein. Fürs Frühjahr ist darüber hinaus unter dem Titel Die Nibelungen lesen eine 24-Stunden-Non-Stop-Lesung geplant. Dazu ruft das Rottstr5-Theater Bochumer Autoren, Journalisten und Schulklassen auf, kurze Texte oder Gedichte zu verfassen und diese bei der Lesung selbst vorzutragen. Interessierte hauen in die Tasten und schicken ihre Texte per E-Mail an: ma**@**************er.de
6 Schuss, 6 Monologe
Wer nicht so lange warten möchte, kann sich bei der Premiere von Sartres „Geschlossene Gesellschaft“ (Regie: Oliver Paolo Thomas) am 22. Januar davon überzeugen, ob die Hölle wirklich die Anderen sind. Unter der Moderation der Heiligen Drei Könige (Arne Nobel, Hans Dreher und Felix Lampert) findet zudem am Donnerstag um 19.30 Uhr eine visuell unterstützte „innerdeutsche Aufarbeitung“ der Vergangenheit des ehemaligen „Elitesoldaten“ Dreher statt. Zu Beginn der Woche wurde der vorläufig letzte Jahrgang für die Bundeswehr eingezogen, vielleicht auch deshalb überträgt Einslive Plan B am 6. Januar die Aufarbeitung der Militärgeschichte des Regisseurs Hans Dreher beim Three-Kings-Jukebox-Bingo im Bochumer Rottstr5-Theater.
Vom 7. bis zum 9. Januar findet das Revolver-Wochenende unter dem Motto „6 Schuss. 6 Monologe.“ statt. Am ersten Abend sind Richard III. und Nach Troja (Heimkehr) zu sehen: Zwei Kriegshelden, die gleichzeitig auch Opfer sind. Am Samstag folgt das Duett aus S.-Requiem für Sylvia Plath und Werther, zwei traurige Briefe- und Gedichteschreiber. Diese werden am Sonntag von den Utopisten abgelöst. Der eine träumt den Traum eines lächerlichen Menschen und der andere genießt Wodka in Dublin. Mit der neuen Spielzeit kehrt auch Cosmic Baseball zurück in die Rottstraße.
Es folgen 15 Fragen zur Finanzspritze, Kulturhauptstraße Rott 2011 und dem Traum vom freien Theater:

Wie fällt euer Fazit für das Jahr 2010 aus? Kann man sagen, dass es ein erfolgreiches Jahr für euch war?
Unfassbar erfolgreich. Wir haben es geschafft, jeden Monat mindestens eine Premiere zu veranstalten. Wir sind unglaublich gewachsen was das Personal angeht. Die Crew hat sich vergrößert. Bei der Weihnachtsfeier zum Beispiel, die wir in diesem Jahr veranstaltet haben, sagte die Hälfte ab und wir saßen trotzdem mit mehr als 20 Personen da, die man alle sehr lieb gewonnen hat. Es gibt Geschichten und Verbindungen zu mehr als 20 Menschen, was auch ein persönlicher Erfolg ist. Der Laden trägt sich selbst, von den Zuschauerzahlen her. Alle Kritiken zu allen Stücken, die man gemacht hat zeigen, es ist nichts gefloppt, was unfassbar ist. Natürlich sind wir auch stolz auf die Nennung zum Theater des Jahres in verschiedenen Zeitungen. Wenn man bedenkt, dass wir vor einem Jahr noch ein Geheimtipp waren und jetzt überregional solch eine Resonanz erhalten, wird es schwer, die Erfolge noch zu toppen. Wir bekommen viele Anfragen von außerhalb, was toll ist. Der große Erfolg ist, dass anscheinend alles klappt. Wir haben unsere Ideen verwirklicht. Zum Beispiel Carsten Marc Pfeffer für vier Tage zu uns einzuladen, damit er über den Probenprozess bloggt. Und herausgekommen ist ein unglaublich toller Text. Auch, dass wir nach über 13 Jahren wieder mit Björn Geske zusammen arbeiten. Und das Tollste ist, der Laden macht auch noch Spaß! Vor allem unser Kinder- und Jugendtheater. Es klappt alles, das ist der größte Erfolg.
Welche besonderen Momente gab es für euch im letzten Jahr?
Jede Premiere war richtig schön, so dass man merkte, dass man es wieder mal geschafft hat. Ganz besonders Räuber Hotzenplotz. Und das ist jetzt keine Koketterie. Niemand musste zum Dienst eingeteilt werden. Alle waren da und haben geguckt, was die wundervollen Truffaldinos (Anm.: Jugendclub des Rottstr5-Theaters) auf die Bühne gebracht haben. Traurig war, das Konzert von Bad Boy Boogiez verpasst zu haben, weil ich krank war.
Was hat es mit dem Slogan „Kulturhauptstraße Rott 2011“ auf sich?
Ich war enttäuscht von der Kulturhauptstadt.2010 und habe überlegt, was fand ich gut, was kann man besser machen, was sollte öfter stattfinden, was war schön? Das war der Gedanke, natürlich mit einem Augenzwinkern. Es war nur überraschend, dass sich daraus direkt Kooperationen entwickeln und jeder eine Idee hat, was man machen könnte, um den Mächtigen zu beweisen, dass man nicht Milliarden ausgeben muss. Wir schaffen was Eigenes, was Nachhaltiges. Dazu ist genug Potential in der Rottstraße und in Bochum vorhanden.

Was kannst du über die Subventionen seitens der Bochumer Sparkasse verraten?
Wir haben uns beworben und mit Herrn Townsend gesprochen, der einen Ausgabenstopp von der Stadt auferlegt bekommen hatte. Wir haben ihn nach Möglichkeiten der Förderung gefragt. Er hat uns dann auf die Sparkassen Stiftung hingewiesen. Dort haben wir dann ganz normal einen Förderungsantrag gestellt. Sie haben uns gewogen und für schwer genug befunden, wofür wir sehr dankbar sind. Wir haben viele angesprochen. Die Stadtwerke sind nun Werbepartner und der Intershop, der für mich die zweite große Kulturinstitution in Bochum ist. Lobo (Anm.: Friedhelm „Lobo“ Kerskis) vom Shop unterstützt uns also auch.
Euer Wunsch vom letzten Jahr nach finanzieller Förderung wurde erfüllt, was steht nun auf der Wishlist?
Der Wunsch ist teilweise erfüllt worden. Wir hatten die Befürchtung, eine Förderung könnte korrumpieren. Aber die Summe ist nicht so hoch, deswegen glaube ich nicht, dass es da eine Gefahr gibt. Wir werden uns unseren fröhlichen Anarchismus bewahren. Die Produktionsbedingungen werden im Grunde gleich bleiben. Die Summe ist eher eine Überlebensrettung. Ich wünsche mir, dass wir das Niveau halten und die Stücke für die Nibelungen so machen können, wie wir uns das vorstellen. Und, dass wir uns nicht untreu werden. Ein Zuschauer sagte zu mir, wir sollten weiterhin so demütig bleiben, aber den Kopf höher tragen.
Welche Erfahrungen nehmt ihr aus dem Jahr für 2011 mit?
Dass man Montage freimachen muss, was natürlich nicht immer klappt. Dass man genau diesen ganzen Wahnsinn weiterhin wagen muss. Dass wir unsere Ideen weiterhin verfolgen sollten. Wir nehmen auch unheimlich viel Selbstbewusstsein mit. Wir haben keine Angst mehr vorm Scheitern.
Welche Stücke sind am besten besucht?
Fight Club, das ist anscheinend irgendwie Kult. Da gehen die Leute auch mehrfach rein. Aber insgesamt pendelt es sich alles so zwischen 20 und 30 Leuten ein. Zum Beispiel bei der letzten Werther-Vorstellung, da wurden die Hälfte der Reservierungen wegen des Schneesturms abgesagt und plötzlich stehen um kurz nach 19 Uhr schon 15 Leute da.
Welche Inszenierung würdest du jemandem empfehlen, der noch nie im Rottstr5-Theater war?
Das kommt immer darauf an, wem ich das empfehlen soll. Jemandem, der nicht oft ins Theater geht würde ich Fight Club empfehlen. Wer gerne ins Theater geht, sollte sich Fräulein Julie ansehen.
Warum sollte man gerade euer Theater unterstützen?
Weil wir ehrlich und authentisch sind. Weil wir es alleine auf die Beine gestellt haben. Weil jeder, der kommt sieht, dass wir versuchen, die Welt damit ein wenig besser und schöner zu machen. Und weil es funktioniert und wir die Kohle nicht für irgendeinen Technikscheiß ausgeben, sondern nur für das Nötigste und immer nur, um weiterzumachen.
Schlingensief sagte der Neuen Zürcher Zeitung im Juli 2010 im Interview: „Die meisten Intendanten heute sind so kleine, zarte Pflänzchen, die ihr Programm mixen – ein Stück für die Oma, ein anderes für den Opa, für die Jugend ein wenig Hip-Hop oder Punkrock und für die Kinder Trallala. Ich finde aber, dass man das Theater auf diese Weise einfach nicht ernst nimmt, auch wenn man damit Zuschauerzahlen erzielt.“ Macht man das Theater in seiner Grundexistenz auf diese Weise wirklich platt?
Ja, ich habe den Verdacht, dass sich da abgeschafft wird. Wenn du ein starker Intendant bist, wie Peymann (Anm.: Claus Peymann übernahm 1979 die Intendanz am Schauspielhaus Bochum) oder Steckel (Anm.: Frank-Patrick Steckel übernahm die Intendanz ab 1986), dann können sich Kulturdezernenten dich nicht mehr leisten. Jemanden wie Schlingensief zu engagieren, Gott hab ihn selig, jemanden, der immer Position bezieht, das ist auch für Kulturverantwortliche schwierig. Haußmann (Anm.: Leander Haußmann übernahm 1995) hat mal gesagt, ein Stadttheater darf sich für nichts zu schade sein.
Muss Theater kommunizierbar bleiben?
Auf jeden Fall. Theater ist Kommunikation. Das ehrlichste und direkteste Medium. Es kann jederzeit etwas passieren. Die Vorstellung kann unterbrochen werden. Es ist auch toll, wenn Schauspieler abends miteinander sprechen. Das ist ja meine Hoffnung. Statt, dass man ständig etwas vorgesetzt bekommt, wie im Fernsehen. Das Theater ist uralt als der Aufstand der Menschen gegen die Götter. Ich hoffe, dass es eine Rückbesinnung ist, dass Menschen mehr Lust haben darauf. Es ist große Kommunikation, da gibt es die großen Themen.
Ist freies Theater Utopie, stirbt es aus oder ist das nur sein Ruf?
Ich glaube nicht, dass es ausstirbt. Die Frage ist, was man als freies Theater bezeichnet. Weder freies, noch kleines Stadttheater stirbt aus. Die großen Stadttheater sind zu teuer mit ihrem Apparat und nicht schnell genug. Es wird immer mehr freie Truppen und Theater geben. Wir entwickeln uns wieder zu dem fahrenden Volk, das wir einst waren. Bei staatlich subventioniertem Theater besteht die Gefahr, dass es langweilig wird. Da passiert vorher einfach viel zu viel, anstatt einfach Theater zu machen und die Künstler was Tolles produzieren zu lassen. Das kann man eher in der freien Szene machen. Natürlich sind die Leute enttäuscht, die in den 80er und 90er Jahren angefangen haben, die wurden zunächst viel subventioniert. Aber es gibt noch genug Irre, die diese Sehnsucht, diesen Zwang empfinden, sich auszudrücken, vor allem in unserer überdigitalisierten Welt.
Was war deine beständigste Motivation, freies Theater zu machen?
Die Freiheit.
Was motiviert dich weiterzumachen, wenn du mal zweifelst?
Die Verantwortung, die ich für die anderen trage. Mitarbeiter, Schauspieler, Assistenten, die ohne Kohle ihre Freizeit opfern, um Theater zu machen. Ja, die Verantwortung, das gut hinzukriegen und natürlich der Zuspruch des Publikums, wie ich glaube jeder Künstler. Außerdem ist es wie eine Sucht.
Wem möchtest du an dieser Stelle unbedingt einmal Danke sagen?
Bochum. Und meiner Crew.
