Hier ist der dritte Teil unserer Online-Ausstellung mit Werken von Stephan Tasch.
Das Bild trägt den Titel “Son of God”, 2000, Aquarell, Pastellkreide, Tusche auf Leinwand.
“Son of God“ groß…Klack
Tasch 1…Köpfe
Tasch 2…Gladbeck nach Mitternach
Hier ist der dritte Teil unserer Online-Ausstellung mit Werken von Stephan Tasch.
Das Bild trägt den Titel “Son of God”, 2000, Aquarell, Pastellkreide, Tusche auf Leinwand.
“Son of God“ groß…Klack
Tasch 1…Köpfe
Tasch 2…Gladbeck nach Mitternach
Bochum kann sich das Konzerthaus nicht leisten und wahrscheinlich werden nicht alle Theater im Ruhrgebiet die nächsten Jahre überleben. Na und? Wir haben andere Sorgen.
Dass die Städte im Ruhrgebiet pleite sind ist keine Neuigkeit und zum Teil auch selbstverschuldet. Wer meint, sich in einer Region mit gerade einmal fünf Millionen Einwohnern 53 Stadtverwaltungen, vier Kreisverwaltungen und mehr als ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen leisten zu müssen hat nun einmal kein Geld. Auch wenn Bund und Länder künftig weniger dreist Politik auf Kosten der Städte machen werden, wird das Geld für einen solchen Öffentlichen-Dienst de Luxe nicht ausreichen.
Wer am Wasserkopf nicht sparen will, muss sich nach Alternativen umschauen. Auch auf Druck der Aufsichtsbehörden geht es jetzt an die Kultur. Das Ruhrgebiet rühmt sich die dichteste Kulturlandschaft der Republik, was sag ich, Europas, der Welt, ja wahrscheinlich der gesamten Galaxis zu haben. OK, das meiste ist Mittelmaß und wir noch nicht einmal regional wahrgenommen. Auch die Auslastung ist häufig schlecht. Das ist nun einmal so, wenn Quantität vor Qualität geht: 50 Kreisligisten genießen zusammen weniger Aufmerksamkeit als ein Bundesligist. Und wenn von diesen vielen Spielstätten ein paar in den nächsten Monaten oder Jahren über den Jordan gehen sollten, ist mir das egal. Die Städte könnten immer noch gemeinsam für ein attraktives Angebot in diesem Kultursegment sorgen, wenn sie beginnen würden, ihre Mittel zusammen zu legen. Von da an ist das Gejammer über die sterbende Theaterlandschaft vor allem einer gut vernetzten Klientel zu verdanken. Andere Bereiche mit viel größeren Problemen werden hingegen kaum wahrgenommen und haben keine so wirksame Lobby.
Die Schulen zum Beispiel. Viele sind verrottet, miserabel ausgestattet. Schulen, die so aussehen, wie sie es in den meisten Ruhrgebietsstädten tun, sind ein Statement der Gesellschaft. Es lautet: „Was hier passiert interessiert uns nicht.“ Fast jede Sparkassenfiliale macht einen repräsentativeren Eindruck.
Es gibt gute Konzepte für Schulen und in einer Region wie dem Ruhrgebiet müssten sie dringend umgesetzt werden. Mülheim macht so etwas: Im Stadtteil Eppinghofen plant die Stadt eine „Zukunftsschule“: Einrichtungen der Jugendarbeit, Elternberatung, VHS-Kurse, Vereine, Kindertageseinrichtungen, eine Grundschule, – alles unter einem Dach in einem attraktiven, gut ausgestatteten Gebäude. Solche Konzepte braucht das Ruhrgebiet dringend. Es müsste hunderte dieser Schulen geben. Ich würde mir einen so breiten und lauten Protest für bessere Schulen und Kindergärten wünschen, wie es ihn für den Erhalt der hochsubventionierten Theater und Konzerthäuser gibt. Dort, nicht in den Theatern und Konzerthäusern, entscheidet sich die Zukunft des Ruhrgebiets. Um ein Theaterstück zu sehen, kann man auch mal eine halbe oder eine Stunde fahren. Das ist kein Problem. Aber die „Zukunftsschulen“ müssen schnell und flächendeckend errichtet werden. Und sie müssen vor allem in den Stadtteilen gebaut werden, in denen die bildungsfernen Schichten leben, sie müssen vor der Haustür zu finden sein.
Ein oder zwei gute Theater, ein oder zwei gute Konzerthäuser – damit hätte das Ruhrgebiet nicht mehr die dichteste Kulturlandschaft Deutschlands, aber es wäre ok. Wie schön wäre es hingegen, wenn wir die beste Bildungslandschaft hätten!
An der Bedford gab es mit der Ausnahme von zwei kleinen öden Bierkaschemmen keine Kneipe weit und breit. Vom christlich-polnischen Greepoint bis zum jüdisch orthodoxen Viertel südlich der Williamsburg Bridge gab es außer Peter Lugers nur eine einzige ernst zu nehmende Bar: das Teddys.
Aber nicht an der Bedford Avenue sondern an der in gleicher Richtung laufenden Berry Street. An der Bedford gab es einen polnischen Metzger und einen italienischen Bäcker nahe der North 7th. Nicht weit davon eine noch heute von einheimischen Latinos betrieben Pizzeria und insgesamt zwei sogenannte Stehchinesen bei denen man auf ein paar abgewetzten Stühlen vor uralten resopalbeschichteten Tischen auch sitzen konnte.
Das eigentliche „Einkaufszentrum“ von Williamsburg lag damals entlang des Broadways unterhalb der darüber aufgeständerten und schon erwähnte JMZ –Linie, genau auf der Grenze zwischen dem jüdischen und lateinamerikanischen Williamsburg. Eine kulturelle Demarkationslinie die drastischer nicht ausfallen konnte, denn es gibt nichts Widersprüchlicheres als der Unterschied zwischen dem Outfit einer lebenslustigen Latina und einer strenggläubigen Jüdin.
Die immer schwarz und mit Käppi und/oder Hut gekleideten jüdischen Männer mit ihre langen gekräuselten Schläfenlocken vielen ebenfalls schon auf 100 Meter Entfernung zwischen den meistens wesentlich kleineren in der Regel mit Baseballkappen behüteten männlichen Latinos auf. Die damals wie ein Fort bewachte und gesicherte örtliche Poststelle lag und liegt heute noch, wenn auch nicht weit vom Broadway entfernt, auf Latinogebiet.
Ansonsten gab es fast an jeder Straßenecke die üblichen kleinen voll gepackten überteuerten und durch jede Menge Stahl gesicherten „Marcetas/Markets“ für die Nahversorgung. Sie wurden in der Regel von Latinos betrieben, die zwischen dem polnischen und dem jüdisch-orthodoxen Williamsburg entlang der Bedford Ave die Mehrheit der Bewohner stellten. Dazwischen haben sich in den letzten 2 Jahrzehnten kontinuierlich die mehrheitlich weißen Neubewohner geschoben und dabei vor allem die Polen und die Latinos verdrängt, bzw. deren angestammten Wohngebiete dezimiert.
Zu Anfang die Künstler und Studenten, später immer mehr gutverdienende Yuppies und junge wohlhabende Familien. Bevor jedoch die Letzteren in Williamsburg das Straßenbild bestimmten, musste erst der berühmt berüchtigte Sicherheitsfaktor erhöht werden. Auch als aus den ersten Pionieren eine kleine Community geworden war, waren Straßenüberfälle und andere gewalttätige Auseinandersetzungen in L-City nämlich nichts Ungewöhnliches. Sie hatten sogar manchmal eine geradezu absurde Note, wenn man nicht selbst betroffen war.
Ich hatte mittlerweile zusammen mit der Universität Aachen und der Columbia-Universität ein großes Studentenprojekt vorbereitet, dessen Kern ein 3monatiger Entwurfsworkshop im Loft von S. war. Mit insgesamt 120 Studenten. Die waren jedoch nicht alle gleichzeitig da, sondern reisten jeweils in 10-20ger Gruppen an um dann 2 Wochen intensiv vor Ort zu arbeiten und zu recherchieren. Eine der anstrengendsten und zugleich spannendsten Zeiten meines ganzen Lebens, denn ich war der einzige fachliche und soziale Betreuer dieser jungintellektuellen Rasselbande.
Insgesamt hatten wir in den Monaten drei Überfälle, zwei Diebstähle und die völlige Zerstörung eines Leihwagens zu verzeichnen. Die Überfälle fanden in den drei damals klassischen Formaten statt: Messer, Baseballschläger und Pistolen. Alle glücklicherweise ohne jeden Personenschaden, denn alle StudentInnen waren von mir und S. direkt nach ihrer Ankunft ausführlich in „Streetsmartness“ unterrichtet worden. Keiner der Täter wurde trotz Anzeige je von der Polizei gestellt wurde.
Eines Abends schlugen wir uns mal wieder zu Teddys durch. Wir waren guter Laune bis von Hinten jemand „Attention“ brüllte. Wir sprangen sofort auseinander und zwischen uns durch raste ein junger Schwarzer mit Irgendetwas, um das er fest seine rechte Hand klammerte. 10 Meter vor uns drehte er im vollen Lauf noch mal kurz den Kopf und rief laut und deutlich „Sorry“. Ehe wir aus dem Staunen heraus kamen wetzte schwer atmend ein älterer Latino zwischen uns durch. In einer Hand ein längeres Messer und offensichtlich der Verfolger des flinkeren Afroamerikaners. Und auch er drehte nach einigen Metern noch mal kurz seinen fast kahlen Schädel zu uns und brachte, wenn auch nicht so glasklar wie sein Vorläufer, ein deutlich hörbares „Sorry“ heraus.
Das war genau das, was Prince viel später in seinem wundervollen Song „Style“ präziser besungen hat. „ I got no job, but I got style“. Man könnte die beiden Protagonisten dieser Geschichte aber auch im wahrsten Sinne des Wortes als Vorläufer der Street Art bezeichnen, von der die spätere Künstler-Community Williamsburgs behauptet, dass sie sie erfunden habe. Mit Sicherheit kann ich jedoch sagen, dass sie im Straßenraum Williamsburgs mindestens 10 Jahre eher ästhetisch präsent war, als in Berlin. Zu der Zeit allerdings gab es noch keinen der in den üblichen Gazetten über Williamsburg schreiben wollte. Das etablierte Feuilleton hat es halt auch gerne etwas sicherer, ehe es auf Entdeckungsreise geht.
Für eben diese Sicherheit sorgte dann die Künstler- und Studenten-Community von Williamsburg selbst. Zusammen mit den angestammten Bewohnern, die die Zuzügler erst einmal sehr skeptisch beobachteten. Über die Jahre stellten sie jedoch fest, dass die Neuen auch Vorteile brachten. Der wichtigste war ihre Anwesenheit selbst, und zwar auf den Straßen und das auch am Abend. Denn Künstler und Studenten gehen weltweit gerne aus, und wenn es nichts in der Nähe auszugehen gibt und die „Restos“ in Manhattan viel zu teuer sind, dann machen die sich schon mal selbst ihre Kneipen auf. Mit der Folge, dass dann auch im Dunkeln mehr Menschen auf der Straße sind und das macht diese sicherer und die Überfälle auf ihnen weniger.
Erst recht wenn man dabei mit der Polizei zusammenarbeitet, bzw. diese sofort informiert, wenn was passiert oder aber sie immer wieder drängt, endlich was zu unternehmen. Oder aber wenn man sich einen bedrohlich aussehenden Hund kauft, der einen Nachts begleitet, wie es vor allem viele der weiblichen heute so genannten Kreativen in Williamsburg zu dieser Zeit getan haben. Wenn man dann das preiswert gemietete und selbst renovierte Fabrikloft noch preiswerter an die etwas Mutigeren unter den Touristen untervermietet, kommen noch mehr Leute ins Viertel, füllen die selbst eröffneten Kneipen und die Straßen die zu ihnen führen weiter auf.
Die New Yorker Polizei fühlte sich ab da in diesem Stadtteil wieder wohler, weil sie sich von der Bewohnerschaft beim Kampf gegen das Verbrechen unterstützt fühlt. Sie kam häufiger, was wiederum die Straßensicherheit erhöhte und das lockte wiederum neue Leute in den Stadtteil, die sich bislang nicht getraut hatten und das wiederum vermehrte das Straßenleben und die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum. So ging allmählich die Zeit der Szene-Pioniere in die Zeit der sogenannten Scene-Builder über. Hierzu mehr in der nächsten Folge.
Was bisher geschah:
Die Willamsburg Story I…Klack
Die Willamsburg Story II…Klack
Die Willamsburg Story II…Klack
Tocotronic, Freitag, 12. März, 20.00 Uhr, Dortmund, FZW. Ausverkauft – Keine Abendkasse!
Antisemitismus: Bedingungslos für Israel?…xtranews
NRW: Kraft will aus der Westerwelle-Ecke…Zeit
Bochum: Weiter pleite…Der Westen
Ruhrgebiet: „Die Revierstädte werden abgekoppelt“…Der Westen
Ruhr2010: Local Hero Herten…Hometown Glory
Ruhr2010 II: Schimanski und Supermann…Sächsische Zeitung
Ruhr2010 III: Hast Du mal ´ne Straße?…Zeit
Pro NRW: Sitzblockaden sind keine Straftat…Hometown Glory
Grimme Preis: „Inas Nacht“ beste Unterhaltung …Stern
Schwule: NRW-Wahl – Hoffen auf den Wechsel…Queer
Pop: Tom Liwa…Coffee & TV
Abmahner: Weiße Weste für Katja Günther…Lawblog
SPD: Sozialdemokratische Zeitenwende…FAZ
Debatte: Die heimliche schwarz-grüne Republik…Welt
Gerade eben sagte die Spitzenkandidatin der SPD im NRW-Landtagswahlkampf, Hannelore Kraft, in der Sendung „Hart aber Fair“, sie sei dagegen, dass der Staat Kindern von Hartz-IV-Empfängern die Nachhilfe in der Schule bezahlt – als einzige Teilnehmerin der Diskussion. Kraft sagte, sie sei stattdessen der Meinung, dass man ein Schulsystem bräuchte, in dem keine Nachhilfe mehr nötig sei. Dafür solle der Staat sorgen.
Warum ich diese Position dumm finde? Weil sie so unrealistisch ist, wie eine Gehaltserhöhung nach der Weltrevolution. Übersetzen wir Hannelore Krafts Forderung nach einem Wahlsieg der SPD in Realpolitik, heißt das: Zuerst wird das Geld für die Bildungschancen armer Kinder weggelassen. Und drauf verwiesen, dass irgendwann das Bildungssystem die Nachhilfe überflüssig macht. In der Zwischenzeit schauen halt die armen Kinder in die Röhre.
Da das Schulsystem seit Jahrzehnten nicht in einen Nachhilfefreien Zustand gebracht werden konnte, vermute ich, Hannelore Krafts Idealbildungsystem kommt auch erst in ein paar Jahrzehnten – wenn überhaupt. Sie benachteiligt in der Zwischenzeit die Kinder, die sowieso wenig Chancen haben, um ihre geringe Chance auf Chancengleichheit.
Reiche können sich nämlich auch heute und morgen Nachhilfe leisten, bis irgendwann einmal das Ideale Bildungssystem von Kraft Realität ist.
Die SPD-Spitzenkandidatin argumentiert wie ein politisches Greenhorn. Was würde Willi sagen?
Ende März will Pro NRW in Duisburg einen „Moschee Kongress“ veranstalten und in zahlreichen Städten des Ruhrgebiets vor Moscheen „Mahnwachen“ halten. Rechtsradikal? Das will Pro NRW nicht sein. Man gibt sich demokratisch, bieder und engagiert. Der Monitor Beitrag aus der vergangenen Woche blickt hinter die Fassade der Partei des ehemaligen Funktionärs der rechtsradikalen Deutschen Liga für Volk und Heimat, Markus Beisicht. Er zeigt auf, wie eng die Partei mit Neonazis aus ganz Europa zusammen arbeitet und im Prinzip vor allem eine Waschanlage für angebliche Ex-Nazis ist: Die bekommen bei Pro NRW eine Krawatte um den Hals gehängt, mässigen ein wenig ihr Auftreten und werden als gute, demokratische Politiker präsentiert.
Auch wir haben hier bei den Ruhrbaronen schon häufiger über Pro NRW berichtet:
Pro NRWs zwielichtiger Gspusi aus Österreich…Klack
Ex-Pro NRW Boss im Ruhrgebiet konvertiert zum Islam…Klack
Pro NRW: Kevin braucht Kohle…Klack
Pro NRW: Hauer verliert vor Gericht…Klack
Protest gegen Pro NRW…Klack
Für Hermann Dierkes, den Fraktionsvorsitzenden der Linkspartei im Duisburger Rat, ist das Existenzrecht Israels „läppisch“. Am 16. April will Dierkes im Internationalen Zentrum in Duisburg aus seinen Buch:
Bedingungslos an der Seite Israels – nur bedingt auf der Seite des internationalen Rechts“ vorlesen.
Das Video zeigt Dierkes auf dem Trotzkistenkongress Marx is muss, der im vergangenen November in Berlin stattfand. Dort diskutierte er mit Gesinnungsgenossen über sein Buch. Gleiches könnte am kommenden Dienstag in Duisburg passieren: Israelhetze in städtischen Räumen – im Duisburger Internationalen Zentrum (IZ). Ein Gespräch mit dem Leiter des IZ: Hier, im Update unten.
Die metropolitane Immobilienwirtschaft, New York nennt sich nicht umsonst „ The World Capital of Real Estate“ , hatte zu dieser Zeit schon länger einen Blick in die „Outer Boroughs“ geworfen. Die Entdeckung der Urban-Waterfront war seit dem spektakulären städtebaulichen Projekt Battery-Park-City in vollem Gange, aber noch sehr stark auf die Wasserlinie um Manhattan fokussiert.
Die weitsichtigeren unter New Yorks Immobilienspekulanten, die örtlichen Banken eingeschlossen, hatten Williamsburg jedoch schon im Visier. Ebenso den heute so genannte DUMBO-Bezirk unterhalb der Manhattan-Bridge, der zu diesem Zeitpunkt ebenfalls hafenzugehöriges Gewerbegebiet mit riesigen Lagerhäusern war. Down Under the Manhattanbrige Overpath, wie DUMBO mit vollem Namen heute heißt, wurde jedoch aus einer (Immobilien)Hand entwickelt, während Williamsburg von mehreren Developern und lokalen Hauseigentümern/Spekulanten stufen- und straßenweise in den Griff genommen wurde.
Williamsburg war nämlich, im Gegensatz zum sehr sehr viel kleineren DUMBO-Bereich, außerhalb seiner Waterfront zum großen Teil bewohnt. DUMBO, was auch eine eigene Story wert wäre, war dagegen reines Gewerbegebiet das damals schon fast völlig leer Stand. Umgewandelt musste die arbeitsbezogene Waterfront jedoch in beiden Fällen werden ehe damit richtiges Geld verdient werden konnte und zwar in ein Wohngebiet mit eben dem spektakulärem Blick auf Manhattan, der mich bei meinem ersten Besuch so fasziniert hatte.
Sowas dauert auch im schnellen aber doch sehr demokratisch organisierten New York sehr lange. In Williamsburg wuchs, im Gegensatz zum DUMBO-Bezirk, obendrein in der kommenden Zeit etwas heran was die Developer zwar nicht geplant, was ihn aber letztlich die beabsichtigte Aufwertung erheblich erleichtert hat. S. und seine Freunde waren nur die erste Vorhut von etwas, das in nur wenigen Jahren zur regelrechten Invasion werden sollte. Die Übernahme der reichlich vorhandenen gewerblichen und wohnungsmäßigen Leerstände durch die heute so genannten „Kreativen“.
Williamsburg g a l t in der Stadt nicht nur als arm und gefährlich. Es w a r es auch wirklich. Wenn auch weniger als das nicht weit davon gelegenen Bushwick oder das sogenannten und gänzlich schwarze BedStuy, ausgeschrieben Bedford Stuyvesant. Diese No-Go-Arrea wurde durch die späteren Filme bzw. „Joints“ von Spike Lee, dem ersten in Amerika und später auch in Europa berühmten afroamerikanischen Regisseur, auch über Brooklyn hinaus bekannt. Er war zu der Zeit als ich Brooklyn zum ersten Mal aufsuchte knapp über 20 Jahre alt und hatte seinen ersten Independent Film gedreht: She´s gotta have it. Eine wundervolle Komödie über eine Afroamerkanerin, aus Brooklyn natürlich, die gleichzeitig mit 4, natürlich afroamerikanischen, Männern flirtete. Natürlich in schwarz weiß gedreht und Spike Lee war, wie in independent Filmen mit Minibudget nicht unüblich, nicht nur Regisseur sondern auch einer der 4 schwarzen (Proto)Typen. Alle wurden im Plot witzig und selbstironisch persiflierte.
Nicht nur das schwarze New York lachte sich einen Ast, aber alle weißen New Yorker wussten natürlich, dass keiner von ihnen diesen Film hätte genauso drehen dürfen. Und Spike Lee wusste das natürlich auch. Am meisten schmunzeln mussten jedoch alle darüber, dass einer der Liebhaber aus Manhattan kam. Er war affektiert, selbstverliebt und obendrein kein guter Liebhaber, und diese Anspielung verstand natürlich auch ganz New York City. Der ewige Zwist zwischen den eingebildeten und hochnäsigen „Manhattanies“ und den ehrlich-offenen und bodenständigen „Brooklynites“, den ich erst später so richtig durchschaute, war hier ganz in schwarzer Haut gespiegelt.
Jahre später lernte ich nämlich beim argentinischen Tango im Central Park ein eingefleischtes Manhattan-Girl kennen. Auch sie ist mir bis heute eine sehr gute Freundin geworden, während ich S. später wieder aus den Augen verloren habe. J. war aber erst vor einem Jahr bereit, mit mir nicht in Manhattan sondern in Brooklyn essen zu gehen, weil man das ihrer Meinung nach, außer bei Peter Lugers, genauso wenig könnte, wie wohnen.
Peter Lugers galt und gilt bis heute als das beste Steakhouse von ganz New York. Man muss sich mindestens eine Woche vorher dort einen Tisch buchen. Die Limousinen standen damals in Reihe vor der Tür und die Security. Denn das wunderschöne alte Brownston-Gebäude, in dem der deutsche Einwanderer Peter Luger Ende des 18. Jahrhunderts sein Restaurant eröffnete, stand zwar nicht weit von Manhattan, genauer gesagt am Brooklynfuß der Williamsburg Bridge. Aber eben der Williamsburg- und nicht der gar nicht weit davon entfernt gelegenen Brooklyn Bridge.
Da stand und steht heute das weltberühmte River-Cafe direkt am Wasser und man konnte dort, und kann natürlich auch heute noch, an warmen Sommerabenden unbeschwert draußen herumlaufen, um die Skyline von Downtown Manhattan in der Abendsonne erglühen zu sehen. Wenn man aus Peter Lugers raus kam, wollte man dagegen ganz schnell in die mitgebrachte Limo mit Fahrer oder in das nächste Taxi. Da es aber in der Gegend aus verständlichen Gründen nicht viele gab, hatten die Manager von Peter Lugers selber welche angeheuert, die immer abfahrbereit zur Verfügung standen.
Heute würde einem das kaum einer mehr glauben, denn die Williamsburg Waterfront ist mittlerweile genauso so sicher wie die Wasserterasse des River Cafes. Und viel größer. Damals allerdings standen dort bedrohlich leere und herunter gekommene Lagerhäuser, die riesige, noch aktive Domino-Sugar-Raffinerie und einige der zentralen Müllverarbeitungs- und Weitertransportstationen der Stadt New York. Alles was die „Manhattanies“ halt nicht mehr so haben wollten. Und genau so sahen das auch die noch verbliebenen Einwohner von Williamsburg.
Anders die Künstler und Studenten in Manhattan. Sie waren, wie S. auf Grund ihres in der Regel knappen Budgets dort immer mehr unter Druck geraten. Soho war zu diesem Zeitpunkt schon komplett gentrifiziert. Die Lower Eastside und das East Village standen kurz davor bzw. war die Sache rund um den Tomskin Square schon im vollen Gange. Den ebenso herunter gekommenen und drogenverseuchten Union Square an der 14th Street versuchten die Stadtväter durch die Einrichtung einer Dependance der New York University zurück zu erobern und hatten damit in den kommenden Jahren auch zunehmend Erfolg.
In der Welthauptstadt der Immobilienspekulation hatte das jedoch eine unausweichliche Folge: kontinuierliche bis exponentielle Mietpreissteigerungen. In dieser Zeit schrieb eine Studentenzeitschrift, ich glaube sogar die der Columbia Universität, dass Williamsburg eigentlich gar nicht so unsicher sei wie behauptet würde und nur eine Station von Manhattan entfernt läge. Was eindeutig stimmte, vor allem aber insgesamt nur 4 U-bahnstationen vom Union Square, an dem genau die neue Filiale der NYU entstand. Mit einem mal war damit eine U-Bahnlinie ins Bewusstsein der Stadt gerückt, die bislang – mit Ausnahme der „Brooklynites“ die sie regelmäßig benutzen mussten – kaum jemand kannte: Die L.
Die L-Linie läuft im wahrsten Sinne des Wortes quer durch Manhattan um dann, im Gegensatz zur JMZ, unter dem Wasser nach Brooklyn vor zu stoßen. Über Williamsburg und Bushwick geht sie dann über die Broadway-Junction ebenfalls tief in dieses Stadtgebiet hinein. In dem kurzen Stück innerhalb Manhattans heißt die L auch die 14Th Street Line, weil sie dort von der 8Th Avenue komplett und genau unterhalb dieser Verkehrsader verläuft.
Dadurch hat sie verkehrstechnisch einen für ihre Nutzer uneinholbaren Vorteil: Sie quert nicht nur alle wichtigen Subwaylinien Manhattans sondern sie erlaubt dank ihrer Bahnhöfe auch den schnellen Umstieg in jede von ihnen. Selbst zur Columbia Universität in Harlem geht es dadurch, dank des Express-Local-Systems selbst von Brooklyn aus vergleichsweise schnell.
Aber nur, wenn man in Williamsburg, also genau auf der anderen Seite des Eastriver, eine Studentenbude hatte. Möglichst nah am ersten L-Haltepunkt hinter dem Fluss. Der hieß damals wie heute Bedford Avenue und um ihn herum ist das äußerst quirlige, hippe und teure Zentrum des neuen Williamsburg entstanden.
Als ich die Bedford Avenue zum ersten Mal in meinem Leben entlang lief, und sie ist verdammt lang, war sie das genau Gegenteil. Hierzu weiter in der nächsten Folge…
Die Williamsburg Story Teil 1…Klack
Die Williamsburg Story Teil 2…Klack
Die Aeronauten, Donnerstag, 11. März, 20.00 Uhr, Pretty Vacant, Düsseldorf