Der namenlose Tote von Hagen – eine Enthüllung

Den Fall, den Annika Joeres für die Frankfurter Rundschau in Hagen aufklärt, ist wie ein geheimes Puzzle. Zuerst ist ein Mann tot. Ein Türke, offensichtlich total bekokst. Er starb auf der Polizeiwache. Er war gefesselt. Wehrlos. Und dann leblos. Annika hat sich gefragt, wie konnte das passieren? Die Antwort war: Das Kinn des Mannes wurde auf dessen Brust gedrückt. Daran ist er erstickt.

Ich habe einen Selbstversuch gemacht. Ich habe meinen Kopf auf die Brust runtergedrückt. Und versucht zu atmen. Aufgeregt. Hektisch. Ich habe keine Luft gekriegt. Je aufgeregter ich wurde. Umso weniger Luft habe ich bekommen. Mir wurde schlecht.

Wer das bei einem Menschen macht und weiter zudrückt, weiß, dass dieser Mensch sterben wird. Nein, das ist nicht das richtige Wort. So stirbt man nicht. Man verreckt elendig – hingerichtet, wie mit einer Garrotte.

Die Polizei in Hagen hat das getan. Sie hat den Kopf des Türken auf dessen Brust gedrückt. Und dann fixiert. Mir einer Kordel? Mit einem Band, mit Klebestreifen? Was weiß ich?

Ich weiß: Adem Özdamar ist verreckt.

Aber das ist nicht alles. Es geht weiter. Immer weiter. Der unglaubliche Fall führt Annika bis in die dreckigen Details. Es ist eine Geschichte, die man nicht in NRW erwartet.

Annika bekommt einen Anruf. Ein Mann will anonym bleiben. Er berichtet von einer weiteren Leiche. Wieder war die Polizei im Spiel. Wieder mit der gleichen Tötungstechnik. Diesmal ist ein Franzose verreckt. Er wurde vor einem Jahr umgebracht. In irgendeiner Klinik, gefesselt, erstickt. Drei Polizisten standen um ihn herum. Niemand hat über diesen Toten berichtet. Es war ein Schwarzer. Im Obduktionsbericht heißt es, der Franzose sei an einem Hirntod in Folge einer Reanimation zu Grunde gegangen. Wie zynisch ist das? Nur einer der tot ist, kann wiederbelebt werden. Die Mediziner verschieben das Ende des Menschen mit ihrer verquasten Formulierung auf einen Zeitpunkt, an dem die drei Polizisten ihre Hände schon wieder waschen konnten. Aber das ändert nichts daran. Die drei Männer haben diesen Tod auf dem Gewissen. Und dabei hilft ihnen kein Gutachten. Das müssen sie mit sich selbst ausmachen. Sie haben getötet.

Der Todesfall wurde verschwiegen. In Hagen, NRW, Deutschland. Die Staatsanwaltschaft sah keinen Grund weitere Einzelheiten zu dem Tötungsdelikt zu veröffentlichen. Ermittlungen? Hier ein paar Fragen, da ein Gutachten. Und den Mann verscharren, ohne das die Öffentlichkeit etwas davon erfährt. Das war es. Ein Menschenleben wurde eine Notiz in den Akten.

Wie gesagt, wir reden nicht von Simbabwe. Wir reden von Hagen, wo der Mann verschwand. Die Lokalpresse hat nicht von dem Toten berichtet. Und das obwohl die Hagener Polizei etwa sechs Pressemitteilungen am Tag raushaut. Vom Fahrradklau bis zum abgebrochenen Autospiegel.

Annika schreibt, die Umstände des Vorfalls erinnern bis ins Detail an den Tod von Adem Özdamar. Auch der 26-jährige Türke fiel im Februar auf einer Hagener Polizeiwache während der Fesselung ins Koma und verstarb wenige Wochen später. Sein Todesfall wird inzwischen von der türkischen Justiz untersucht, die Ermittlungen der deutschen Behörden dauern an.

Bei dem toten vergessenen Schwarzen bestätigt die Staatsanwaltschaft jetzt nur, dass der Mann sich in einer Hagener Klinik befand, als die Polizeibeamten ihn fixierten. Laut Oberstaatsanwalt Reinhard Rolfes litt er unter einer Psychose und weigerte sich, Medikamente einzunehmen. Drei Polizeibeamte sollen ihn daraufhin an Händen und Füssen gefesselt haben. Zur "Verhinderung von Beiss- und Spuckversuchen" wurde außerdem sein Kinn fixiert. Wie lange und wie sein Kinn fest gebunden und damit seine Atmung möglicherweise behindert wurde, will die Staatsanwaltschaft nicht Annika gegenüber beantworten.

Dabei ist unter Medizinern und auch Polizeibeamten die Gefährlichkeit dieser Maßnahme bekannt. Die Fixierung kann die Atmung behindern, auch die Zunge kann in den Rachen fallen und diesen gänzlich verschließen. Bei erregten Personen, wie es psychiotische Menschen sind, kann eine reduzierte Sauerstoffaufnahme schon nach einer Minute zu einem Herzstillstand führen.

Zahlreiche Fragen lässt die Staatsanwaltschaft Annika gegenüber offen. Wieso haben Polizeibeamte den Mann fixiert? Für Ärzte und Pflegepersonal auf psychiatrischen Stationen ist es Routine, dass sich Menschen mit Psychosen gegen ihre Medikamenteneinnahme wehren. Warum wurde sein Kinn fixiert? Schließlich war er an Füßen und Händen schon mit Fixierbändern gefesselt und nicht in der Lage, Beamte oder Pflegepersonal zu beißen.

Nicht einmal die Dauer der Ermittlungen will die Staatsanwaltschaft Annika gegenüber mitteilen. Sie beruft sich bei ihrer Verweigerung auf das "im allgemeinen Persönlichkeitsrecht wurzelnde Geheimhaltungsinteresse der beteiligten Personen". Staatsanwalt Rolfes sieht sich "außer Stande, weitere Angaben zum Tatort und zu den Beteiligten zu machen." Abgesehen davon, dass sich Polizeibeamte nicht auf das Persönlichkeitsrecht berufen können und auch die Person des Verstorbenen nicht durch Angaben seiner Todesumstände verletzt wird, hat die Hagener Polizei im Falle von Adem Özdamar sehr persönliche Umstände preisgegeben. Mehrfach gab sie an, er solle Kokain konsumiert haben.

Beauftragt mit der rechtsmedizinischen Begutachtung, die bei jedem Todesfall in Anwesenheit von Polizeibeamten obligatorisch ist, wurde wie im Fall Özdamar das Dortmunder Institut für Rechtsmedizin unter der Leitung Ralf Zweihoff beauftragt. Sie kamen in ihrem Gutachten über den verstorbene Franzosen und im vorläufigen Gutachten zu Adem Özdamar zu der gleichlautenden und entschuldigenden Formulierung: "Hirntod durch Herz-Kreislauf-Stillstand als Folge eines Zustandes nach Reanimation."

Auch hier reagierte die Staatsanwaltschaft erst auf den Druck der Öffentlichkeit. Schon einen Tag nach der Obduktion des Leichnahms von Adem Özdamar verlautbarte sie, es gebe keinerlei Anhaltspunkte für eine Schuld der elf beteiligten Polzisten am Tode des Deutsch-Türken. Nach kritischen Medienberichten vor allem durch Annika in der Frankfurter Rundschau und in türkischen Zeitungen wurde die Verkündung der endgültigen Ergebnisse immer weiter verschoben. Inzwischen sind zwei Monate vergangen. Weder die deutschen noch die türkischen Gerichtsmediziner wollen bislang ihre Ergebnisse veröffentlichen.

Es ist zu vermuten, dass der verstorbene Franzose keine Familie hinterlassen hat, die die Vorgänge um seinen Tod ans Tageslicht zerrt wie die Angehörigen von Özdamar. Sein Sterben war bislang nur eine interne Aktennotiz.

Und sein Name ist unbekannt. Die Staatsanwaltschaft will nicht sagen, wie der Mann heißt.

Annika bleibt am Ball. Sie sucht Zeugen. Sie will wissen, wie der Tote Franzose heißt. Sie will wissen, wer hat ihn getötet. Welche Polizisten sind an der Tat beteiligt? Sind es die gleichen, die auch Adem Özdamar auf dem Gewissen haben?

Und vor allem, warum wird soviel vertuscht?

Skywalk über dem Ruhrtal

Eine schöne Idee hatten sie da bei den Architekten an der FH Dortmund – ein Skywalk über dem Ruhrtal. Der Grand Canyon hat auch schon einen. Eine Ausstellung zu dem Thema gibt es auch noch: „Skywalk“ Fachhochschule Dortmund, Fachbereich Architektur, Mo. – Fr.  8 -20 Uhr, Emil-Figge-Str. 40, 44227 Dortmund

Kreis Wesel legt sich mit Regionalverband, Bezirksregierung und AGR an

Manchmal muss man sich eben auch mit einer Meute anlegen, wenn man seine Ansprüche durchsetzen will. Im aktuellen Fall will der Kreis Wesel durchsetzen, dass die AGR, wie versprochen, die Deponie Winterswick in Rheinberg zehn Jahre nach deren Stillegung endlich abdichtet. Die AGR hatte sich dagegen mit einem Gutachten gewehrt, dass der Kreisausschuss für Bauen ud Abfall als haltlos ablehnte. Das Gutachten hat festgestellt, dass wegen einem Schnapsglas voll Pupsgas am Tag auf der Fläche eines großen Badezimmers die Deponie nicht saniert werden soll.

Die AGR wird in ihren Plänen zur Nichtsanierung der Rheinberger Müllkippe von der Bezirksregierng Düsseldorf und dem Regionalverband Ruhr (RVR) unterstützt. Der Kreis Wesel steht alleine da. Doch das hält die Kommune nicht davon ab, auf ihrem Recht zu pochen.  Trotz des Gutachtens von Prof. Widmann will der Kreis, dass die Deponie Winterswick abgedichtet wird und damit irgendwann in Zukunft wieer für die Menschen nutzbar ist – und sei es als Waldlehrpfad.

Aus diesem grund hat der Kreisauschuss einstimmig beschlossen, dass die Kreisverwaltung neben einem Schreiben an die Bezirksregierung Düsseldorf, die für die Genehmigung zuständig ist, bereits im Vorfeld vor Beschluss im Kreistag Verhandlungen aufnehmen soll, dass die Sanierung der Deponie auch gesichert wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Diskussion war nach Aussage eines Teilnehmers die finanzielle Schieflage der AGR. Den Männern in Wesel ist der Spatz in der Hand wichtiger als die Taube auf dem Dach. Sollte die AGR Pleite gehen, wäre zumindest die Deponie in Wesel abgedichtet.

Kurz und gut: Der Kreisausschuss fordert die Bezirksregierung auf, die Verschiebung der Abdichtungsmaßnahmen durch den AGR nicht zu genehmigen, und statt dessen den Beginn der Maßnahme noch in diesem Jahr anzusetzen.

Medienkompetenz in NRW/Staatskanzlei bzw. Marl (Europa)

Wissen Sie, was Mashups sind? Oder APIs?
Das sollten Sie aber, wenn Sie in NRWs neuem Medienkompetenz-Quiz mal gut abschneiden wollen. Denn schließlich werden Sie dort nach solchen Dingen / Schlüsselqualifikationen gefragt. Wer jetzt nicht auf Kosten der Staatskanzlei rätseln will, nur kurz: Mashups sind Websites, die Inhalte anderer Sites nutzen und zusammenmixen. APIs sind Programmierschnittstellen, die beispielsweise das Upmashen erst ermöglichen. Das weiß auch das Quiz, das wahrlich nicht uninteressant ist – und schließlich fehlt es in NRW ja an allen Ecken und Enden an Medienkompetenz, da sollte man sich mal überprüfen:

Und andere vielleicht. Die mit europäischer Medienkompetenz (Marl) ihr Geld verdienen. Da müsste sich mal jemand an die Firma der Leute von ecmc „Europäisches Zentrum für Medienkompetenz“ (in jedem Fall mit „ECMC“) wenden. Damit das mit der Kompetenz / den Schlüsseln für die APIs von googlemaps innerhalb der Upgematchten Site der Staatskanzlei auch mal klappt. Herr Dr. Gernot Gehrke aus Marl von ecmc, dem Europäischen Zentrum (Marl) für Medienkomptenz, übernehmen Sie!
Ansonsten nettes Quiz, wirklich.

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Die Nahverkehrsnieten

Eine im Auftrag der Wirtschaftsförderung Metropole Ruhr GmbH vorgelegte Studie belegt: Der Nahverkehr im Ruhrgebiet ist miserabel organisiert. Wirtschaftsförderungschef Brauser setzt auf Argumente und Gespräche. Doch die Nahverkehrsbetriebe im Revier sind in der Hand von Kommunalpolitikern und die benötigen die Bus- und Bahnbetreiber vor allem zur Versorgung von Parteifreunden.

Zuerst die gute Nachricht: Die Verkehrssituation im Ruhrgebiet ist, so das Ergebnis der Studie, längst nicht in allen Bereichen schlecht : Das Kanal- und Güterbahnnetz ist gut ausgebaut, bei den Autobahnen besteht Handlunsgbedarf und  die nächsten wirklich internationalen Flughäfen sind weit weg: Frankfurt und Amsterdam sind die wichtigen internationale Hubs, Düsseldorf hingegen, wie im Fußball, eher drittklassig.

Das Hauptproblem sieht die Studie im Nahverkehr. Keine Überraschung, denn der Nahverkehr im Ruhrgebiet ist so beschaffen, als ob ein böser Troll ihn organisiert hätte, um die Fahrgäste zu quälen: Über ein Dutzend Nahverkehrsunternehmen bekommen noch nicht einmal einen abgestimmten Fahrplan hin, Fahrkartenautomatensysteme gibt es ungefähr so viele, wie deutsche Kleinstaaten Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Nahverkehr im Revier ist eher ein Pöstchensicherungssystem, denn ein Nahverkehrssystem. Hinzu kommen die horrenden Preise: Innerhalb der viel gepriesenen Metropole Ruhr kostet ein Ticket von Duisburg nach Dortmund stolze 9,10 Euro. In Berlin kostet eine vergleichbare Karte schlappe 2,40 Euro. Kauft man eine Karte für das Berliner Umland mit, kommt man gerade mal auf 2,70 Euro. DAS sind die Preise einer Metropole, und nicht die VRR-Höchstpreise für Provinzleistungen: An einem Sonntag dauert eine Fahrt von Bochum nach Gladbeck gerne mal über zwei Stunden. Von Bochum nach Frankfurt geht es genau so schnell.

Schuld sind Strukturen, von den alle profitieren, nur nicht die Fahrgäste: Kommunalpolitiker legen Strecken fest, die ignorieren, dass das Ruhrgebiet ein Verkehrsraum ist und sorgen in aufgepumpten Verwaltungen dafür, dass nicht wenige ihrer Parteifreunde vor den Unbilden regelmäßiger Erwerbsarbeit verschont werden. Wird gespart, dann bei den Fahrern und Fahrgästen. Ein VRR Mitarbeiter, der für seinen Job ins Ruhrgebiet zog erklärte mir einmal, dass er die Strukturen, die er hier vorfand, am Anfang seiner Tätigkeit kaum glauben konnte. Ein Pressesprecher eine Nahverkehrsunternehmens sagte mir vorhin, dass es natürlich besser sei, wenn es ein Nahverkehrsunternehmen im Ruhrgebiet gäbe, aber die vorhandenen Strukturen so in Beton gegossen wären und so viele Pöstchenbesitzer von ihnen profitieren würden, dass "Sie und ich nicht mehr erleben werden, dass sich das ändert." Für eine Region, die von sich behauptet eine Metropole zu sein ist der Nahverkehr unwürdig, eine Katastrophe, eine dilletantisch organisierte Filzokratie. Und ein wirklich herber Standortnachteil. Brauser braucht keine guten Argumente sondern eine Brechstange.

Zöpel: Ruhrgebiet braucht eine große Koalition

Christoph Zöpel gehört zu den profiliertesten Sozialdemokraten des Reviers – und ist ein Linker. Doch für das Ruhrgebiet fordert er eine große Koalition.

Christoph Zöpel. Foto: Ruhrbarone

Christoph Zöpel gehört zu den wenigen Intellektuellen innerhalb der Ruhrgebiets-SPD und war einer der erfolgreichsten Politiker, die die Region je hervorgebracht hat: Chef der Bochumer SPD, Landesminister unter Kühn und Rau und Staatsminister in Joschka Fischers  Auswärtigen Amt. Und beinahe wäre er statt Heinz-Dieter Klink Regionaldirektor des RVR geworden, aber die SPD wollte dann wohl doch lieber einen haben, der macht, was man ihm sagt  anstatt jemanden, der  tut, was er denkt. Keine schlaue Wahl, denn Zöpel gehört zu den Vordenkern seiner Partei, auch was das Ruhrgebiet betrifft: Er ist für eine gemeinsame Regionalplanung und für eine Direktwahl des Ruhrparlaments. In dem herrscht im Augenblick eine Koalition aus SPD und Grünen – eigentlich eine Konstellation, die Zöpel zusagt – aber nicht im Augenblick und nicht im Ruhrgebiet, dass er im Gespräch nur noch Ruhr nennt. Denn seine Partei, so Zöpels Analyse, hat im Moment nicht in erster Linie das Interesse des Ruhrgebiets im Auge: "Vieles, was die SPD in NRW derzeit zu Ruhr sagt, ist von ihrer  Rolle als Oppositionspartei im Land geprägt. Wenn die CDU dem RVR die Regionalplanung übertragen will, ist die SPD dagegen. Das ist parteitaktisch verständlich, bringt Ruhr aber nicht weiter. Ich bin ja kein Freund von großen Koalitionen, aber die Lage wäre wohl einfacher, wenn es im Ruhrparlament des RVR keine rot-grüne, sondern eine große Koalition gäbe. Dann wäre der Kontakt zum Landtag  und zur Landesregierung leichter und SPD wie CDU  würden konstruktiver an die Stärkung von Ruhr  herangehen. "

Es ist fraglich, ob es für diese Konstellation bei CDU und SPD im Moment eine Mehrheit gibt. Vor ein paar Jahren sah es schon einmal danach aus, als ob SPD und CDU im Ruhrparlament zusammen kommen könnten – zu einer Einigung kam es damals aber nicht. Thematisch näher sind sich sowieso CDU, Grüne und FDP: In Ruhrgebietsfragen könnten die drei Parteien morgen durchstarten – aber bei allen bitteren Flüchen hinter den Kulissen halten die Grünen an der SPD als Koalitionspartner bislang fest – und das obwohl Schwarz-Grün ja im Ruhrgebiet  erfunden wurde…Klick

Fahnenflucht

Schon bemerkt? Mitten in der Spargelzeit hat die Autofahnenzeit eingesetzt. Fußball ist halt ein wunderbares Ereignis fürs Geschäft.

Alle zwei Jahre kommt ein Großturnier, das ist berechenbar und bietet viel Werbefläche für neue Fernseher, Zapfanlagen, Lavasteingrillgeräte, Fanschminke, Fanfahnen, Trikots oder Deodorants. Weniger schön für die Vermarkter: Die Stiftung Warentest hat unlängst festgestellt, dass sich Flachbildfernseher eher schlecht zum Fußballgucken eignen. klick  Und im Selbsttest habe ich festgestellt, dass Schalkes Kevin Kuranyi als Deo-Verkäufer eine komplette Fehlbesetzung ist. klack Oder? Aber wenigstens sagt er nissts.

Rolle RWE – Aus dem Wassergeschäft heißt ins Wassergeschäft.

Der Essener Energiekonzern RWE ist zu mancher Überraschung gut. Dass allerdings nach dem teuren Ausstieg aus dem Wassergeschäft in England und den USA nun ausgerechnet die Ausweitung des europäischen Wasserhandels auf dem Plan steht, überrascht gewaltig. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sich der Konzern den internationalen Aufgaben im Kerngeschäft stellt. Also sich zum einen von den Fesseln in Deutschland befreit – sprich, aus dem regulierten, engen Markt möglichst aussteigt. Und statt dessen so Sachen macht, wie British Energy kaufen oder Versorger in Russland.

Tja, so kann man sich irren. RWE sucht ausgerechnet nach dem Einstieg in möglichst komplizierte und teure Geschäftsfelder, die schon andere besser machen. So kündigte der Chef der RWE Vertriebstochter RWE Energy, Heinz-Werner Ufer, an, gerade in Deutschland und Osteuropa das Engagement im Wasserhandel auszubauen. „In Kommunen in Deutschland und Osteuropa, wo wir bereits Strom und Gas liefern, wollen wir auch mit Wasser einsteigen.“ Als Vehikel für die Wachstumsidee soll eine Fusion des Wassergeschäfts der Gelsenwasser AG mit den von RWE kontrollierten Rheinisch-Westfälisch Wasserwerksgesellschaft (RWW) dienen.

Die Idee ist überhaupt nicht neu, bereits im Zuge der Übernahme von Ruhrgas durch E.on sollte die Gelsenwasser AG auf RWE verschmolzen werden. Mehrfach wurde dabei über die Gründung eines internationalen Wasserkonzerns spekuliert. Allerdings scheiterten alle Pläne im Jahr 2003 mit dem Verkauf der E.on Tochter Gelsenwasser an die Stadtwerke Bochum und Dortmund. Auch die späteren Pläne aus Richtung der Stadtwerke, einen NRW.Wasser-Konzern zu errichten schlugen fehl. Zuletzt hatten die Stadtwerke Essen, mit einigen Partnern versucht, die RWW zu übernehmen.

Nun hat also RWE im Zuge der Verhandlungen mit den Stadtwerken über die Gründung eines neuen Stromversorgers das Wassergeschäft wieder auf den Tisch gebracht. Eigentlich wollen die Stadtwerke unter dem Dach der Gelsenwasser AG einen bundesweit agierenden Energieversorger schaffen – um so dem Wettbewerbsdruck begegnen zu können. Dabei müssen sich die Kommunalbetriebe allerdings mit RWE einigen. Denn der Essener Energieriese ist mit 47 Prozent an der Stromtochter der Dortmunder Stadtwerke beteiligt. Und diese Beteiligung müsste in den neuen Stromversorger eingebracht werden.

Ursprünglich hatten die Stadtwerke RWE eine 20 Prozent-Beteiligung an der neuen Gelsenwasser Holding angeboten. Doch dies wies RWE-Chef Jürgen Großmann in einem persönlichen Gespräch mit den Oberbürgermeistern von Dortmund und Bochum zurück, wie Teilnehmer der Runde berichteten. Stattdessen forderte Großmann die Wassersparte von Gelsenwasser als Gegenleistung für die Zustimmung zum neuen Energieversorger. Die Städte lehnten dies allerdings ab. Die Verhandlungen wurden abgebrochen.

RWE-Energy Vorstand Ufer schlug nun vor: „Die Städte könnten das Geschäft in der Region betreiben mit der Verantwortlichkeit für Strom, Gas und Wasser.“ Alle darüber hinaus bestehenden Wasseraktivitäten sollten unter dem RWE-Dach gebündelt werden.

Nach ersten Informationen aus den Gemeinden, lehnen alle Beteiligten auf kommunaler Seite diese Idee ab. "Das ist kalter Kaffee, den keiner trinken will."

Der Rückzug aus dem Wassergeschäft in Großbritannien und den USA hatte RWE Milliarden gekostet. Hohen Investitionen standen nur geringe Margen gegenüber. Erst im April musste der Konzern nach einer verpatzten Platzierung von gut einem Drittel der Anteile an American Water an der Börse einen Verlust von rund 600 Millionen Euro verbuchen.

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Et kütt – Noch ’ne neue Zeitung fürs Revier

Nach allen Experimenten mit taz ruhr, Marabo, Mag, Hotline und was sonst noch so lief – kommt jetzt ein neues Ruhrzeitungsprojekt. Diesmal soll es über die Unis laufen. Mehr dazu hier: Klack

Die Idee ist sehr spannend. Ausgehend von der Allianz der Potthochschulen sollen Studenten einen helle, moderne Schrift für die Revierstädte entwickeln. Das ganze läuft über den Lehrstuhl von Prof Günther Rager an der Journalistik-Uni in Dortmund.

Produziert wird über eine Zentralredaktion mit News-Desk in Dortmund. Zulieferungen kommen über Außenredaktionen in Bochum, Essen und Duisburg.

Geliefert wird eine Mischung aus Kultur, Politik und Soziales. Mit Sicherheit auch Forschungsergebnisse und Rock’n Roll.

Gedruckt werden soll wohl über eine Koop mit der WAZ.

Wenn das Ding gut wird, kann es die Ruhrgebietsdebatte nach vorne tragen. Die Junge Generation schafft die Integration des Reviers über die Lebenswirklichkeit. Cool.

Das geheime Tagebuch des Grey-Chefs Frank Dopheide…

Den Ruhrbaronen wurden Teile des Tagebuchs von Grey-Chef Frank Dopheide zugespielt. Die Entwicklung der Kampagne Ruhr hoch n stellt sich jetzt in einem anderen Licht dar.

Frank Dopheide. Foto: Ruhrbarone

18. Dezember 2007: Gerade einen Anruf von E.ON bekommen. Die wollen, dass wir schnell was für irgend so einen Initiativkreis im Ruhrgebiet machen. Der Chef von denen ist da irgendwie dabei. Habe da mal gewohnt und sofort drei Praktikanten rangesetzt. Die haben jetzt kein Weihnachten..he he.

9. Januar 2008: Wenig Schnee in der Schweiz, aber dafür ein herrliches Käsefondue zu Silvester. Die Praktikanten haben ihre Ruhrgebietskampagne fertig. Nicht schlecht: Das Logo von der Kulturdingsbums von CP/Compartner gemischt mit dem hoch 2 von unserer 02  Kampagne. Schöner ökologischer Ansatz – ich stehe auf Recycling. Nur die zwei ist blöd. Die sollen sich mal was einfallen lassen.

17. Januar 2008: Die Praktikanten haben 21 neue Vorschläge gemacht: Statt hoch zwei haben sie die Buchstaben aus dem Alphabet genommen. Mit den meisten Skripts war ich unzufrieden: Das b ist zu fett und zeigt undynamisch in die falsche Richtung, das m sieht aus wie von der Messe Düsseldorf – auch nix. Aber das n gefällt mir. Ich werde es international testen lassen.

19. Januar 2008: Test fertig: Unsere Praktikanten haben mit anderen Praktikanten in London, New York und Tokio gesprochen – an China kommt heute niemand mehr vorbei. Die fanden es auch gut. Muss jetzt nur noch eine Idee haben, was n bedeuten könnte.

2. Februar 2008: Das mit dem n war schwierig: nieten, nullen, nergleute – nix ging. Meine Frau sagte mir, n hätte auch was mit Mathe zu tun. Ich stehe ja auf dieses naturwissenschaftliche Zeug und das ist auch was für die alten Eisenbieger im Revier. Jetzt muss noch ein Slogan her.

7. Februar: Man bekommt heute kein vernünftiges Personal mehr. Die Praktikanten hatten nur eine Schwachsinnsidee: Ein schwarzes Stück Deutschland. Unsinn. Ich will was Englisches.

9. Februar: Die Praktikanten aus London waren schon besser als unsere Nieten: The Capital of Teamwork. Zu lang. Ich mach TeamworkCapital raus.

10. Februar: Nachgeschaut: Capital heißt Hauptstadt – ich weiß schon,  warum ich der Chef bin.

15. Februar: Habe den Praktikanten mein altes Powerpoint-Buch geliehen. Anfang März ist Präsentation.

7. März: Präsentation war lau – ein paar waren dafür, ein paar dagegen und so ein Dicker, der mal irgendeinen Schröder kannte, schaute ziemlich biestig. Hab sie aber rumbekommen. Heute Malefizabend bei Pascal und Michaela.

8. März. Der Dicke hatte wohl Kontakt zu einer Zeitung. Unsere Kampagne ist jetzt öffentlich. Egal. Was raus ist, ist raus.

10. März. Die Praktikanten sagen, dass im Interdings  jetzt über Ruhr hoch n diskutiert wird. Mir doch egal, solange es nicht auf youtube läuft, kriegt es eh keiner mit.

12. März: Anruf von E.on. Morgen muss ich die Kampagne der Presse im Ruhrgebiet vorstellen.

13. März: Vorstellung war klasse. Ich war gut drauf, sah klasse aus und war charmant  wie immer. Was so ein siegreicher Malefizabend doch alles bewirkt.

16. April: War auf einem Treffen mit Vertretern aus dem Ruhrgebiet. Die hatten alle weniger Praktikanten dabei als ich. OK. Das n ist weg, wir nehmen jetzt ein r. Wollten die haben – steht wohl für Ruhrkohle. Mir egal, des Menschen Wille ist sein Himmelreich. Statt TeamworkCapital wollten die MetropoleWir. Als ich das mit der Metropole in der Agentur erzählt habe, haben alle gelacht (Nicht nur die Praktikanten).

26. April: Jetzt ist doch tatsächlich ein Video auf Youtube.

15. Mai: Jetzt ist es schon wieder in der Zeitung. Habe die Praktikanten auf das Interdings angesetzt.. Die sollen schreiben, wie toll wir uns finden. Noch mal macht keiner blöde Witze über meine Arbeit.

16. Mai: Dumme Sache, die Praktikanten wurden im Interdings erwischt, ohne dass sie ihren Computer verlassen haben. Blöde Sache. Man ist im Internet nicht anonym. Werde mein Surfverhalten überarbeiten. Anrufe von diesem Initiativzeug. Die Praktikanten sollen sagen, dass ich in Lima bin. Da ist jetzt Sommer.