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Sandro Wagner und die ‚armen Profi-Kicker‘

Berufsfußballer Sandro Wagner wünscht sich mehr Geld. Quelle: Wikipedia, Foto: Icetea 99, Lizenz: CC-BY-SA 4.0
Berufsfußballer Sandro Wagner wünscht sich mehr Geld. Quelle: Wikipedia, Foto: Icetea 99, Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Fußballfans wünschen sich ja häufig Spieler mit mehr Profil, mit eigener Persönlichkeit, mit einer klaren eigenen Meinung. Interviews mit etablierten Profis sind in den letzten Jahren aus der Sicht vieler Beobachter häufig zu ‚glattgeschliffen‘. Wirkliche Meinungen und spannende Aussagen liest man darin eher selten. Dass es aber auch noch immer anders geht, das bewies nun jüngst ein ‚Bild‘-Interview mit Darmstadts Stürmer Sandro Wagner. Der zuvor bei diversen Vereinen im Profibereich lediglich ein Schattendasein fristende Berufsfußballer, der erst in dieser Saison so richtig seinen Durchbruch geschafft zu haben scheint,  ließ nun mit wahrlich ungewöhnlich diskussionswürdigen Aussagen aufhorchen.

Denn der Stürmer empfindet die Gehälter der Bundesligaprofis aktuell für ihre Dienste hierzulande einstreichen können nämlich nicht als tendenziell zu hoch, sondern sogar eher als zu gering. Eine Meinung, welche ihm nun von vielen Seiten heftig vorgehalten wird. Über die ‚Bild‘-Zeitung ließ Wagner die Öffentlichkeit nämlich ganz konkret wissen, die Spieler in der deutschen Eliteliga verdienten „eher zu wenig“. Nun, eine zumindest wohl ziemlich unpopuläre Meinung, wie man an vielen Reaktionen darauf im Lande aktuell sehen kann.

Der enorme öffentliche Druck rechtfertige das viele Geld, sagte der 28-Jährige. „Gemessen an all dem, was man aufgibt, finde ich, dass auch die bei Bayern zu wenig verdienen – selbst 12 Millionen oder so. Die Profis in den amerikanischen Ligen bekommen auch deutlich mehr.“

Spätestens hier wird die Meinung jedoch nicht nur etwas skurril, sondern auch sachlich falsch.

Wer hierzulande als Fußballer erfolgreich werden wolle, der müsse schließlich seine „komplette Jugend“ herschenken. „Du hast kaum Freunde in der Jugend, kannst nicht einfach in die Disco abends. Da musst du fit sein, da hast du Spiele.“, so Sandro Wagner.

Äußerungen, welche einen wirklich wütend machen können. Und zwar nicht weil man etwa neidisch auf sein Geld wäre, oder es den Profisportlern grundsätzlich nicht gönnen würde, sondern weil es einem zeigt, wie weltfremd manche Leute die aktuelle Gehaltsentwicklung in diesem Lande inzwischen offenbar wahrnehmen.

Das ‚Problem‘ sind nämlich wahrlich nicht die Gagen von Profisportlern oder sonstigen ‚Künstlern‘. Denen sei herzlich gegönnt was sie jeweils verdienen können. Jeder von uns würde wohl gerne die Gage für seine ‚Künste‘ kassieren, die er auf dem Markt dafür maximal erzielen kann.

Auch ich persönlich habe keinerlei Problem damit, dass Spitzenfußballer häufig sogar Millionengagen kassieren. So skurril sie aus Fan- und Zuschauersicht ja auch sein mögen. Neid auf große Autos, schöne Häuser? Darüber kann man sicherlich grundsätzlich mal diskutieren. Ich habe, wie viele andere hierzulande wohl auch, aber so gar kein Problem damit.

Der Knackpunkt an Wagners Aussagen ist aus meiner Sicht daher auch ein ganz anderer.

Wagner hält ein noch höheres Gehalt für Profisportler offenbar für gerechtfertigt, weil diese über Jahre hinweg eine große Opferbereitschaft für ihre Karriere gezeigt haben bzw. auch während der aktiven Zeit zeigen müssen. Einschränkungen in Sachen Freizeit, Freunde, Party? Nun, da scheint Herr Wagner seit Jahren schon so gar nicht mitzubekommen, wie es großen Teilen seiner Fan-Schar im Alltag ergeht. Hier zeigt sich auf spektakuläre Weise eine Art riesige ‚Blase‘ in der diese privilegierten Herrschaften offenbar teilweise leben.

Denn was soll ein ‚kleiner‘ Krankenpfleger, ein Lagerarbeiter im Schichtdienst, eine Altenpflegerin, ein Leiharbeiter usw. dazu sagen?

Diese Berufsgruppen, die aktuell häufig mit einem Gehalt am Existenzminimum auskommen müssen, die verdienen unzweifelhaft zu wenig, gemessen an ihrem Aufwand, an ihrem tagtäglichen Einsatz, an ihren Einschränkungen die sie in ihrer Lebensrealität hinnehmen müssen. Und maximaler tagtäglicher Einsatz, Engagement und Konzentration wird auch von ihnen verlangt. Vermutlich sogar noch deutlich mehr als von einem Berufssportler. Und weniger Druck bekommen sie häufig auch nicht.

Dessen scheint sich Sandro Wagner aber in keiner Weise bewusst zu sein, denn ansonsten hätte er solche Aussagen niemals öffentlich getätigt. Das macht dann so schon irgendwie ‚stutzig‘.

Und das hat dann eben auch überhaupt nichts damit zu tun, dass er selber nach einem höheren Gehalt strebt. Das sei ihm völlig unbenommen.

Doch wirklich problematisch sind in diesem Lande aktuell eben längst nicht die Einkommenssituationen  von Berufssportlern, sondern das sich seit Jahren schon deutlich verschlechternde Gehaltsgefüge am anderen Ende der Gesellschaft.

Sandro Wagner hätte daher zu diesem Thema besser schlicht geschwiegen. So dürfte er viele Fans, welche einen nicht unerheblichen Teil ihres wirklich schwer verdienten Geldes dafür zusammenkratzen müssen, nur um am Wochenende seine Künste auf dem grünen Rasen beobachten zu können, völlig unnötig etwas ‚irritiert‘, wenn nicht sogar schwer verärgert haben.

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Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

Sandro Wagner scheint der erste deutsche Fußballer werden zu wollen, der es direkt, ohne Pokale, Verdienste und Lebensleistung in die nordamerikanische MLS schafft. Tüss, Sandro – und sei nicht böse, wenn Dich die US-Medien auch noch zuhause beim K.cken filmen möchten, Du verdienst dann ja genug.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Robin,
es ist unsinnig, es ist sogar blödsinning mit Blick auf das eigene Image, wenn irgend jemand sein Gehalt, seine Vergütung bzw. das "Seinesgleichen" , die um das tausendfache das monatliche Durchschnittseinkommen überschreitet, nicht nur zu rechtfertigen versucht , in dem er auf die dafür zu erbringenden Leistung und auf die dafür zu erbringen "Opfer" verweist, sondern es zudem für angebracht hält, öffentlich die Kritik an Gehältern, an Vergütungen dieses Ausmaßes entrüstet zurückweisen zu müssen.

Die "Höhe der Gehälter im Sport" -hier im Profi-Fußball- ist wie die für die Managern in den Großbanken, in Großunternehmen usw.- das Ergebnis dessen, was der "Markt hergibt", was die "Finanzkraft" des Unternehmens, z.B. des Profi-Clubs, zuläßt , was Angebot und Nachfrage ermöglichen.

Ich nehme das zur Kenntnis.

Für "moralisierende" Betrachtungen -so oder so- oder für eine Debatte über die Vertretbarkeit und/ober über die Vergleichbarkeit der " Leistungsbemessung" -hier beim Banker, dort beim Profi-
Fußballer- läßt dieses System keinen Raum ;"hier und jetzt" auch nicht für Betrachtungen darüber, ob das System als solches krank sein könnte.

PS
1.
"Besten- oder schlechtestenfalls" könnten Gesellschaft und Staat darüber nachdenken, ob es nicht "dringend geboten sein könnte, alle direkten oder indirekten Subventionen, also den Einsatz von Steuermittel zu streichen, die z.B. den Profi-Fußballvereinen (sh.Sicherheitsdienste),gwährt werden. Das würde im übrigen die Finanzkraft dieser "Unternehmen" substantiell nicht gefährden, also wahrscheinlich auch nicht die Bezahlung solcher Spitzemgehälter.

2.
Wenn Herr Wagner meint, "moralisierend" 12 Mio Gehälter rechtfertigen und Kritik daran zurückweisen zu müssen, frage ich mich, ob er es wegen dieses seines moralisierenden Diktus nicht auch dazu hätte bringen müssen, über die "Rechtfertigung/ die moralische Vertretbarkeit" der riesigen Unterschiede zu lamentieren zwischen z.B. den sog . Spitzengehältern für die "Stars des FCB" eineseits und für die Profi-Fußballer in der II.Liga anderseits.
"Mein Bier ist das allerdings nicht " -sh. einleitend im zweiten Absatz-.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Robin,
meine Bemerkungen waren nicht als Kritik am Inhalt Deines Kommentares gemeint. Wenn Dich die Aussagen von Herrn Wagner "stören" , dann halte ich das für sehr naheliegend. Mir geht es ja nicht anders.
Ich wollte nur an "die Realitäten" in den Unternehmen "Fußball-Profi-Vereine" erinnern und an deren nach markwirtschaftlichen Regeln erfolgende Gestaltung und Bemessung der Gehälter ihres "Spitzenpersonals".

Robin,
"wir " sollten allerdings stets bedenken, daß "wir" entscheidend als Fans im Stadion, als Konsumenten diverser Spielübertragungen via Fernsehen, via Internet, als Konsumenten der Güter, für die ihre Produzenten den Fußball als Werbepalttform nutzen, entscheidend maßgeblich dafür sorgen, daß die Erträge dieser Unternehmen es ihnen gestatten, Spielergehälter zu zahlen (und Ablöse-summen), die "dem Normalbürger" anormal erscheinen müssen.-

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Robin,
ich kenne sehr, sehr viele Menschen, die nach meinen(!!) Maßstäben privilegiert sind, die sich aber a.)nicht für privilegiert halten, die sich b) -ähnlich wie Herr Wagner- stets als unterbezahlt, als zu gering, als nicht leistungsgerecht honoriert artikulieren und die c.) permanent, wiederum wie Herr Wagner, bittere Klage führen über mangelnde Anerkennung, über mangelnde Würdigung in der bzw, durch die Gesellschaft. Herr Wagner befindet sich insofern also in "guter Gesellschaft".
Dass dann und wann aufgrund dieses Verhaltens 'mal dem einen oder dem anderen "der Zorn packt", liegt nahe, so wie jetzt Dir und vielen Anderen aufgrund der Einlassungen des Herrn Wagner.
PS
Letztendlich finde ich es jedoch wieder einmal "Sch…….", daß und wie die BILD den Sandor Wagner zu diesen Aussagen geführt/verführt und iWagner letztendlich so "vorgeführt" hat.

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

Die ganz große Karriere hat der Herr Wagner bisher ja auch nicht gemacht, denn D.98 ist bei aller Wertschätzung von mir als Hesse, nun nicht die ganz große Nummer. Ist der Herr Wagner nicht mal zusammen mit heute im Vergleich mit ihm ungleich besser bezahlten Jungkickern Europameister geworden?

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Robin, Klaus, Thomas:,
wie Ihr bin ich dann und wann ja auch bereit und in der Lage, mich sehr kritisch gegenüber dem zu äußern, was der eine oder der andere Erstliga-Spieler verbal so "von sich gibt" oder mich kritisch mit dem Verhalten von von Bundesliag-Stars "außerhalb des Platzes" zu befassen -fahren ohne Führerschein, fahren mit X Promille . urinieren im Hotel-foyer u.ä. mehr.

Das geht aber im Regelfäll einher mit meiner Einsicht, daß die Betreffenden, besser wohl die Betroffenen, oftmals aufgrund ihrer Sozialisation, aufgrund ihrer Bildung "so sind wie sie sind" oder "nix dafür können", wie man früher zu sagen pflegte. Und weil das so ist und weil ihnen das " "Größe-Geld-Verdienen"" nur als Profi-fußballer möglich ist, wünsche ich jedem, auch dem Sandro Wagner, dem Kevin Goßkreuz u.a., daß der " Mist", den sie äußern ,oder daß der Mist in ihrem Verhalten ihnen als Profi-Fußballer "nicht auf die Füße fällt".

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

Robin, Walter Offenbar hat Dirk Schuster ein Händchen für anderswo aussortierte Kicker, das gilt ja auch u.a. für Stroh-Engel, der es in FFM nicht zum Stammspieler schaffte.
Was öffentliche Äußerungen und Verhalten ihr Bildungsniveau diverser Kicker angeht, so ist auf der anderen Seite festzustellen, dass es mittlerweile eine ganze Menge (Ex) Kicker gibt, denen man gerne mal zuhört. Manche lernen auch dazu wie bspw Siggi Held, dem man als Spieler am liebsten den Mund hätte verbieten wollen, als Trainer kam er dann m.E. ganz gut rüber, dito Lothar Emmerich.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Thomas,
ich kann Schuster nur Komplemente machen, zum einen dafür, daß er es in der Tat geschafft hat, sog. Aussortierte ,Abgeschriebene, Vergessene zu bundeligareifen Leistungen zu bringen, ua. Sandro Wagner, für den sich jetzt angeblich andere Liga-Vereine, auch aus dem Ausland interessieren -sh.Hinweis von Robin-, und daß er es geschafft hat, ein diszipliniert spielende, kampstarke Mannschaft zu formen und zu führen.
Ich gönne Schuster und seiner Truppe den Liga-Verbleib und dem Sandro Wagner eine erfolgreiche Laufbahn als Profi-Spieler in einer ersten Liga -wo auch immer-.

Was das soziale Verhalten von Profisportlern angeht, vor allem ihre "Sprachkultur" , auch da stimme ich zu, gibt es viele gute Beispiele, die zeigen, daß sportlicher Erfolg und daß die Sozialisation im sportlichen Umfeld einhergehen können mit der Herausbildung einer Persönlichkeit, deren soziales Verhalten und deren "Sprachkultur" von der Gesellschaft -auch außerhalb der Fußball-Welt- sehr positiv aufgenommen werden -vor allem dann, wenn man sich an ihre gesamtes kommunikatives Verhalten zu Beginn ihrer Profi-Laufbahn erinnert.
Held/Emmerich gehören zu diesen Persönlichkeiten, aber z.B. auch der Ex-Borusse Timo Konietzka ( richtig geschrieben?).

Thomas Weigel,
Deine Anmkerungen erinnern uns Fans daran, daß wir bei aller Meckerei über so manchen "Fußball-Star"die positiven Seiten der Persönlichkeitsprägung durch den Profi-Fußball nicht vergessen sollten, und das "ist gut so".

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

@Walter, ich gönne jedenfalls den Lilien den Klassenerhalt und hoffe, dass dieser nicht auf Kosten der SGE erreicht wird. Wie immer es auch ausgeht, so gut und so lange haben die Lilien sowohl 78/79 als auch 81/82 nicht mitgehalten.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Thomas,
da ich als Fußballfan im allgemeinen, als BVBer im besonderen zu keiner der abstiegsgefährdeten Mannschaft eine ausgeprägte Gegnerschaft pflege -die SGE einbezogen, " gönne" ich keiner Mannschaft den Abstieg, aber………

Wetten würde ich zur Zeit nicht darauf, wer auf den beiden Plätzen vor Hannover landen wird .

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[…] auftretende Kicker sich mit Äußerungen über das seiner Meinung nach noch nicht ausreichende Gehalt von Profifußballern öffentlich in die Nesseln setzte, fiel es ihm offensichtlich diesmal übermäßig schwer seine […]

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