Einen Verteidiger zu verlieren, der schon 35 Jahre alt ist und seinen Leistungszenit in den Augen der meisten Beobachter auch längst überschritten hat, sollte einen Fußball-Bundesligisten eigentlich nicht allzu lange beschäftigen.
Demzufolge wäre auch die heute offiziell bekannt gewordene Trennung von Borussia Dortmund und Mats Hummels in diesem Sommer eigentlich keine große Sache. Beim BVB ist das in der aktuellen Lage jedoch anders, schließlich verlierend die Dortmunder mit Hummels eine der wenigen verbliebenen echten Persönlichkeiten im Kader.
Borussia Dortmund und Trainer Edin Terzic gehen ab sofort getrennte Wege. Das wurde heute Mittag offiziell bestätigt. Was für viele völlig überraschend kam, zeichnete sich bei näherer Betrachtung schon länger ab.
Nicht nur, dass der BVB spätestens seit der verpassten Meisterschaft im Vorjahr von einer Art Lähmung erfasst zu sein schien, von der er nur in den Spielen der UEFA Champions League zwischenzeitlich erwachen konnte, der selbsternannte Meisterschaftskandidat schloss in der Bundesliga auch nur auf einem indiskutablem Platz fünf ab.
Nachdem die Schwarzgelben sich in der Spielzeit 2017/18 nach Platz vier von Coach Peter Stöger trennten, weil ihnen das Ergebnis der Spielzeit nicht ausreichte, musste Terzic eigentlich damit rechnen, dass es auch für ihn spätestens bei der angekündigten Saisonanalyse 2023/24 ungemütlich werden könnte.
Das wurde es hinter den Kulissen dann wohl auch schon nach dem verlorenen Champions-League-Finale 2024 gegen Real Madrid (0:2). Nun hat man eine Darstellung für die Öffentlichkeit gefunden, die die Trennung für beide Seiten harmonisch, gesichtswahrend und einvernehmlich erscheinen lässt. Gut so.
An diesem Wochenende kann der BVB im Londoner Wembley-Stadion Sport-Geschichte schreiben. Im weltweit beachteten Finale der UEFA Champions League 2024 treffen die Dortmunder dort am Samstagabend auf Real Madrid. Bei einem Sieg winkt der zweite Titel im ehemaligen Europapokal der Landesmeister seit 1997, als die Schwarzgelben in München den haushohen Favoriten Juventus Turin mit 3:1 bezwangen. Dieser besondere Tag hat damals für hunderttausende strahlende Gesichter quer durch die Republik gesorgt, ist vielen speziell hier im Ruhrgebiet bis heute noch gut in Erinnerung.
Am Samstag kann sich ähnliches wiederholen. Im Falle eines Sieges gegen Real, so unwahrscheinlich er aus aktueller Sicht auch erscheinen mag, wäre eine riesige Fußball-Sause in Dortmund garantiert. Der so sehnlichst herbeigesehnte Auto-Corso ist auch schon geplant.
Und auch wenn die Enttäuschung nach einer drohenden Niederlage im Lager der Schwarzgelben natürlich groß wäre, wird die Saison in der Königsklasse allen Dortmundern mit ein paar Tagen Abstand in jedem Falle positiv in Erinnerung bleiben. Das ist wirklich schön. Wäre da nur nicht der enttäuschende Rest der Saison
Seit dem Abend ist klar, dass Borussia Dortmund im Finale der UEFA Champions League 2023/24 im Londoner Wembley Stadion am 1. Juni auf Real Madrid trifft. Die Spanier schalteten den FC Bayern München durch zwei späte Tore mit 2:1 aus, nachdem die Bayern im Hinspiel ein 2:2 erspielt hatten.
Der BVB hingegen bezwang Paris SG am Dienstag, wie schon in der Vorwoche, knapp und glücklich mit 1:0 und zog dadurch erstmals seit 2013 wieder in das Finale der Königsklasse ein. Für die Schwarzgelben war der Sieg der Madrilenen einen Tag später bei nähere Betrachtung ein wahrer Segen, auch wenn die Kollegen von Bild.de vor dem Spiel noch titelten ‚Heute sind wir alle Bayern Fans‘.
Aus diesem BVB wird man einfach nicht schlau. In der Bundesliga und im DFB-Pokal viel zu häufig pfui, in der UEFA Champions League dagegen bisher fast ausnahmslos hui. Diese Beobachtungen bestätigten sich auch in den vergangenen Tagen wieder. Der enttäuschenden 1:4-Pleite bei RB Leipzig am Samstag folgte am Mittwoch im Westfalenstadion in der Königsklasse ein vielumjubelter 1:0-Heimerfolg im Halbfinalhinspiel gegen Paris SG. Die Chancen auf eine Finalteilnahme der Dortmunder in der Champions League stehen damit unerwartet günstig.
Gegen eine Mannschaft, die mit einem laut Transfermarkt.de doppelt so wertvollen Kader unterwegs ist, haben sich die Dortmunder mit viel Kampf und Leidenschaft durchgesetzt und damit den Teamgeist bewiesen, den sie im Alltag zuletzt so häufig vermissen ließen.
Doch die eindeutig beste Nachricht des Tages, die erreichte die Schwarzgelben erst kurz nach dem Spiel.
Borussia Dortmund überraschte am Montag mit einer wichtigen Personalentscheidung, die ausnahmsweise einmal nicht den Kader der Profimannschaft betraf: Der BVB hat ab dem 1. Mai 2024 eine neue Führungsstruktur. Ex-Profi Lars Ricken wird überraschend neuer Geschäftsführer Sport, der frühere Dortmunder Scout Sven Mislintat wird in Zukunft als Technischer Direktor bei den Schwarzgelben aktiv sein und Sebastian Kehl bleibt Sportdirektor. Was im ersten Moment sympathisch daherkommt, kann einen bei näherer Betrachtung aber auch ein Stück weit skeptisch machen.
Seit Sonntag steht nun auch offiziell fest, was seit vielen Wochen schon zu erahnen war: Bayer 04 Leverkusen heißt der neue deutsche Fußballmeister! Die Werkself aus dem Rheinland entthronte den Rekordmeister Bayern München am fünftletzten Spieltag der Saison 2023/24 durch ein souveränes 5:0 gegen den SV Werder Bremen. Vier Spieltage vor Saisonende sind die Leverkusenern bei 16 Punkten Vorsprung nicht mehr von der Spitze der Tabelle zu verdrängen. Nach zwölf Jahren geht die Meisterschale damit im Mai damit endlich einmal wieder nicht an die Isar. Zuletzt hatte Borussia Dortmund im Jahre 2012 unter Trainer Jürgen Klopp die Meisterschaft den Münchenern vorenthalten.
So schön der Triumph der Rheinländer für die große Mehrheit der Fußballfans in diesem Lande auch ist, so sehr man sich mit den Beteiligten aus Leverkusen am Sonntag auch mitfreuen kann und konnte, so sehr schmerzt es einen als BVB-Fan auf der anderen Seite bei dieser Gelegenheit aber leider auch. Der aktuelle Saisonverlauf zeigt noch einmal auf ganz schmerzhafte Art und Weise, welch historische Möglichkeit die Schwarzgelben im vergangenen Mai leichtfertig ‚verbaselt‘ haben, als sie den möglichen Titel im letzten Heimspiel quasi an die Bayern verschenkt haben.
Etwas schade war es nur, dass diese Durststrecke gegen die Bayern für die Dortmunder ausgerechnet in dem Jahr zu Ende ging, als es sowohl für den FC Bayern als auch für den BVB beim Duell in der Allianz Arena im Titelrennen quasi um nichts mehr ging. Das war in den Vorjahren häufig anders. Gut für die Seele aller Borussen war der Sieg gegen den Rekordmeister jedoch allemal.
Borussia Dortmund und Trainer Julian Nagelsmann, das könnte eine ideale Kombination sein. Schon seit Jahren wird deshalb ja auch über eine mögliche Zusammenarbeit des aufstrebenden Fußballehrers und der ambitionierten Erstligamannschaft des BVB spekuliert.
Bisher passte es vom Zeitpunkt her aber noch nicht, so dass Nagelsmann sein Glück bisher lieber bei RB Leipzig und dem FC Bayern München versuchte, nachdem er der TSG Hoffenheim rasch entwachsen zu sein schien. Als Nagelsmann im Herbst theoretisch (und wohl auch praktisch) für ein Engagement in Dortmund zur Verfügung gestanden hätte, als die Borussia nach dem schwachen Saisonstart 2023/24 einen Trainerwechsel hätte vornehmen können (ja vielleicht sollen), hielt man bei der Borussia lieber an Terzic fest. Nagelsmann entschied sich wenige Wochen später stattdessen für ein Engagement bei der DFB-Nationalmannschaft bis zu Heim-EM im kommenden Sommer. Die Chance, mit dem Team etwas für unmöglich gehaltenes zu schaffen, die wollte er sich nicht entgehen lassen, nachdem der DFB sich überraschend kurzfristig noch von Bundestrainer Hansi Flick trennte.
Jetzt hat Nagelsmann sich selber wieder in die Diskussion gebracht
Am Mittwoch hat Borussia Dortmund wieder einmal seine Unberechenbarkeit unter Beweis gestellt. Im Achtelfinalrückspiel der UEFA Champions League 2023/24 besiegte der BVB im heimischen Westfalenstadion den niederländischen Vertreter PSV Eindhoven mit 2:0 (1:0). Nach dem 1:1-Unentschieden im Hinspiel reichte das den Dortmundern zum Einzug ins Viertelfinale. Die Borussia einmal wieder unter den acht besten Fußballmannschaften in Europa? Das mag so gar nicht zu dieser in der Bundesliga und im DFB-Pokal bisher so enttäuschenden Spielzeit des Teams passen.
So schön die Tatsache ist, dass der BVB in dieser Champions-League-Saison im vergangenen Herbst nicht nur die sogenannte ‚Todesgruppe‘ überstanden hat, sondern jetzt auch noch die erste K.o.-Runde siegreich gestalten konnte, so sehr muss man sich als langjähriger Beobachter des Klubs darüber wundern, warum gute Leistungen wie diese denn noch immer nicht regelmäßiger abgerufen werden können.