Linkspartei: Ohne Abbittepapier keine Koalition

Bei den heutigen Sondierungsgesprächen zwischen SPD, Grünen undLinkspartei geht es nicht nur um die Programme. SPD und Grüne wollen auch die Demokratiefähigkeit der Linkspartei testen. Helfen soll dabei ein Papier aus Thüringen.

Wenn Parteien über ein Koalition beraten geht es in der Regel um Inhalte und Vertrauen: Passen die Programme, kann man mit den anderen mehrere Jahre zusammenarbeiten oder ist Streit vom ersten Tag an vorprogrammiert. Bei den Gesprächen zwischen der SPD, den Grünen und der Linkspartei geht es aber auch noch um andere Fragen: Ist die Linkspartei demokratisch? Wie hält sie es mit der DDR Diktatur und der Verfassung? Das Lob von Ulla Jelpke,einer NRW-Bundestagsabgeordneten der Linkspartei für die Stasi hat die Fragezeichen erst einmal vergrößert. Hannelore Kraft hat angekündigt, dass die Linkspartei Demokratiefähigkeit beweisen müsse. Dazu soll auch eine Stasi-PÜberprüfung gehören.

Nach Informationen der Ruhrbarone werden SPD und Grüne der Linkspartei zudem im Laufe der Verhandlungen ein Papier vorlegen, dass sich an einer von der SPD und den Grünen in Thüringen entwickelten Resolution orientiert und grundsätzliche Fragen zum Thema Demokratie und DDR-Vergangenheit zum Thema hat.  Die Linkspartei in Thüringen hatte damit kein Problem und begrüßte die inhaltliche Ausrichtung des Papiers weitgehend:

“Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Zwanzig Jahre nach der friedlichen Revolution ist die Notwenigkeit einer Aufarbeitung der Vergangenheit der SED-Diktatur in all ihren Facetten weder überflüssig noch rückwärtsgewandt. Sie ist die Voraussetzung für gelingende Demokratie. Wer nicht erkennt, dass Unrecht und Diktatur nicht einfach durch Zeit überwunden werden, wird Zukunft in der Demokratie nicht gestalten können. Wer die DDR für einen im Grunde gerechten Staat erklärt, in dem alle ihre Chance hatten und der nur ein paar hässliche Auswüchse hatte wie das MfS, wird dem heutigen Anspruch an historische und gesellschaftliche Aufarbeitung nicht gerecht. Jedes Recht und jede Gerechtigkeit konnte in der DDR ein Ende haben, wenn es einer der kleinen oder großen Mächtigen so wollte. Jedes Recht und Gerechtigkeit waren für denjenigen verloren, der sich nicht systemkonform verhielt.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist aus dem Zusammenschluss von großen Teilen der DDR-Bürgerrechtsbewegung hervorgegangen und hat entscheidenden Anteil an der Beendigung des Unrechtsstaates DDR. Die Linkspartei steht in der Nachfolge der SED, der Partei, welche die Diktatur in der DDR ausübte. Die so genannte „führende Rolle der SED“ relativiert nicht den Anteil der Blockparteien, aber sie macht dennoch den Unterschied aus, zwischen ihr und den anderen, den in der DDR gewollten Unterschied…
Die SPD konnte erst – nach der Zwangsvereinigung 1946 – wieder in der Freiheit ihre politische Arbeit aufnehmen.
Wenn heute im Jahr 2009 Politik gestaltet werden soll, müssen einfache Muster der Aufarbeitung erweitert werden. Zunächst einmal geht es um die Anerkennung dessen, was tatsächlich war.
Das ist nicht gleichbedeutend mit der Herabwürdigung von Biographien, allerdings hat sich jedes Leben in der DDR eben dort abgespielt und nicht im luftleeren Raum. Wir müssen die enge Sichtweise, hier Täter – immer gleichbedeutend mit einer Zusammen- oder Mitarbeit im Ministerium für Staatssicherheit – und dort Opfer – die nur Opfer sind, wenn sie z.B. inhaftiert waren – erweitern. Vielmehr geht es um eine konsequente und schonungslose Aufarbeitung der Alltagsdiktatur. Nur so kann Aufarbeitung im gesellschaftlichen Rahmen gelingen, nur so lässt sich für heute daraus lernen. Nicht nur die heute gut dokumentierte Einflussnahme der Staatssicherheit, die Schwert und Schild der SED war, auf den Lebensweg und die Freiheit eines einzelnen Menschen, sondern die unerträgliche Einflussname in alle Bereiche des Lebens in der DDR durch den von der SED geführten Staat wollen wir aufarbeiten.
Dabei geht es um die demokratische Kultur von morgen. Wer die Vergangenheit verharmlost, wird nur eine Demokratie der Formen, nicht aber der Herzen erhalten. Vor einer Aufarbeitung in die Gesellschaft hinein muss das Bekenntnis zur DDR als einem Staat stehen, der eine Diktatur war, der nicht nur kein Rechtsstaat war, sondern ein Willkürstaat, der in der Konsequenz Unrechtsstaat genannt werden muss.
Darüber hinaus vereinbaren wir ein engagiertes, auf lange Sicht angelegtes Projekt der politischen Bildung in dem die Vergangenheit der DDR vielfältig und beispielhaft für die gesamte Bundesrepublik aufgearbeitet wird. Dabei geht es um eine politische Bildung insbesondere mit dem Ziel der Bildung zur Demokratie.
Wir verständigen uns darauf, nicht mit Organisationen, die das DDR Unrecht relativieren wollen, zusammenzuarbeiten. Ebenso sollen Menschen, die leugnen, dass die DDR kein Rechtsstaat war, keine Verantwortung in der gemeinsamen politischen Arbeit für Thüringen wahrnehmen. Mit allen, die in der DDR Schuld auf sich geladen haben, diese Schuld aber eingestehen, bekennen und ihren Beitrag zur Aufarbeitung leisten wollen, werden wir zusammenarbeiten.

Mal schauen was die Basis der Linkspartei am Wochenende beim Sonderparteitag in Bottrop zu dem besonderen Umgang von Grünen und SPD mit der eigenen Partei sagt..

Bei Rot-Rot-Grün würden die Grünen ihre Wurzeln verraten

Heute reden die Grünen in NRW mit der Linkspartei. Rot-Rot-Grün wäre nicht einfach eine Koalition dreier „linker“ Parteien. Für die Grünen wäre es ein zweifacher Verrat ihrer eigenen Wurzeln.

Für die Grünen ist Rot-Rot-Grün nicht einfach eine Koalitionsoption unter mehreren. Die Grünen haben sich auch gegen große Teile der heutigen Linkspartei gegründet und das gleich zwei Mal in ihrer Geschichte.

Das erste Mal 1980: Die Gründung der Grünen war damals auch ein Signal gegen all die K-Gruppen, die damals innerhalb der Linken eine wichtige Rolle spielten. KBW, KPD/ML, KPD, KABD, GIM – es gab damals hunderte kleiner und kleinster autoritärer linker Gruppen. Allen gemein war, dass sie sich für die wirklichen Probleme der Menschen nicht interessierten, feuchten Revolutionsträumen hinterherhingen und toten politischen Führern huldigten: Lenin, Trotzki, Stalin, Mao – je wahnsinniger die Theorie, je blutiger die Praxis umso größer die Anbetung.

Klar, viele der damaligen Gründer der Grünen waren selbst irgendwann einmal in diesen Gruppen, aber mit der Gründung der Grünen und dem, umstrittenen, Verbot, von Partei-Doppelmitgliedschaften , hatten sie einen Bruch vollzogen: Weg von autoritären Sektenspinnereien hin zu einer Politik der Emanzipation des Einzelnen, der Ökologie und der Demokratisierung der Gesellschaft.  Die Grünen waren postmaterialistisch, pluralistisch und antiautoritär. Das sind sie in weiten Teilen bis heute geblieben. Den hirnlosen Parteisoldaten ohne eigene Meinung findet man in ihren Reihen selten.

In der Linkspartei treffen die Grünen heute auf  all die Deppen, von denen sie sich damals lossagten, die heute noch in klandestinen Grüppchen agieren und für die die Linkspartei vor allem ein Vehikel zum Transport ihres Ideologiemülls ist. Die Grünen wissen das. Ich kennen keinen der  die Linkspartei nicht zutiefst verachtet. Selbst viele linke Grünen wollen  mit ihnen nichts zu tun haben.

Die zweite Gründung der Grünen war ein auch Zeichen gegen die autoritäre Linke: 1991 bildeten Bündnis 90 und die Grünen einen neue Partei. Als einzige Partei gaben die Grünen ihren Namen auf und schlossen sich neu mit Teilen der DDR-Bürgerrechtsbewegung zusammen. Das klappte gut, weil es schon vor dem Mauerfall  enge Kontakte zur DDR-Opposition gab: Petra Kelly protestierte in Ostberlin gegen die Politik der DDR. Grüne Ortsverbände unterstützten DDR-Oppositionsgruppen mit Geld, und Druckmaschinen, sorgten bei Verhaftungen ihrer Freunde hinter der Mauer für Öffentlichkeit.   Die Grünen im Osten wurden von Bürgerrechtlern gegründet, von Verfolgten, von Menschen die im Gefängnis saßen und von der Stasi verfolgt wurden. DDR-Jubler wie Ulla Jelpke oder Gunhild Böth, die in der Linkspartei in NRW den Ton angeben, Kommunistinnen wie Sarah Wagenknecht können für die Grünen mit ihrer stolzen Tradition keine Partner sein.

Bedeutet das, dass die Linkspartei nie ein Bündnispartner der Grünen sein kann? Nein. Es bedeutet, dass nur eine gewandelte Linkspartei ein Partner für die Grünen sein kann. Die Grünen können nur mit einer Linkspartei koalieren, für die die DDR ein Unrechtsstaat war, die keinen Platz in ihren Reihen für Trotzkisten und Stalinisten hat. Die sich nicht nur mit einem Lippenbekenntnis zu Demokratie bekennt.

Keine Partei im Landtag ist so weit  von allem entfernt wofür die Grünen stehen.

Der Ruhrpilot

Opel: Am Tiefpunkt…Der Westen

NRW: Interview mit Sylvia Löhrmann…FAZ

NRW II: Linken-Abgeordnete preist Stasi-Agenten…Spiegel

NRW III: Krafts Lehren aus Ypsilantis Scheitern…Zeit

NRW IV: Linke gibt es nicht umsonst…Der Westen

NRW V: Schwarz-Rot, reloaded…Frontmotor

Nahverkehr: Wettbewerb auf der Schiene bedroht…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Durchsuchung bei PCB-Entsorger Envio…Ruhr Nachrichten

Bochum: Auf der Suche nach finanziellem Spielraum…Der Westen

Ruhr2010: Musik und Häppchen vonne Ruhr…Hometown Glory

Piraten: Die Partei des unendlichen Reichtums…Julia Seeliger

Umland: Unzulänglichkeit des PFT-Sanierungsverfahrens war dem Landrat seit langem bekannt…Zoom

Internet: Pakistanisches Gericht lässt Facebook sperren…Welt

Internet II: 5+1 vor elf…Netzpolitik

Der Ruhrpilot

Ruhr2010: Pleitgen fordert neues Großprojekt für das Revier…Der Westen

NRW: Kraft testet die Linken…Welt

NRW II: …streitet über DDR…FTD

NRW III: Linke Planwirtschaft…Tagesspiegel

Dortmund: Wer schnappt sich welches Dezernat?…Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Stadt erwägt Konsequenzen gegen Envio…Der Westen

Ruhr2010 II: U-Turm – das größte Projekt der Kulturhauptstadt?…Osnabrücker Zeitung

Umland: Erfolg für Grundstückseigentümerin im Rechtsstreit um PFT-Belastung von Abwässern in Brilon-Scharfenberg…Zoom

Medien: Westen-Relauch reloaded…Pottblog

Medien II: Wer im Madsack-Glashaus sitzt …Frontbumpersticker

Online: Bericht von der Klausur-Tagung der Enquete-Kommission…Netzpolitik

Prozess: Tauss gibt den Anti-Porno-Sheriff…Spiegel

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NRW-Neuwahlen: Letzte Chance für die Ampel

Verblühende rotgelbgrüne Tulpe
Die Ampel

Die Ampel ist tot? Die FDP will nicht mit Grünen und SPD? Das könnte sich in ein paar Monaten ändern. Wenn über Neuwahlen diskutiert wird.

Es reicht weder für Rot-Grün noch für Schwarz-Grün. Jamaica scheitert an den Grünen. Rot-Rot-Grün wird schwierig. Die FDP will die Ampel nicht – im Moment.

Denn wenn in ein paar Monaten keine neue Koalition zustande gekommen ist und die Rest-Regierung-Rüttgers mit dem Haushaltplanungen 2011 beginnt, wird von Neuwahlen gesprochen werden. SPD, Grüne und Linkspartei müssen die bislang nicht fürchten: Sie haben ihre Wähler nicht enttäuscht sondern die in sie geweckten Erwartungen weitgehend erfüllt. Bei der Union sieht das im Moment anders aus: Sie würde wahrscheinlich ein paar Prozent verlieren, könnte sich aber vielleicht noch immer in eine große Koalition flüchten. Die FDP würde auch ein paar Prozent verlieren – bei 6,7 kann das aber schnell gefährlich werden.

So toll sich Papke und Co auch dabei fühlen, das hohe Lied der Opposition zu singen – aus dem Landtags rauszufliegen ist sicher nicht ihr Wunsch. Regelmäßige Erwerbsarbeit, wohlmöglich noch in der freien Wirtschaft, das wollen die Papkes nicht. Gut möglich, dass sie dann noch einmal alles überdenken, ihre Verantwortung für das Land ins Feld führen, demokratietheoretische Defizite bei Neuwahlen entdecken und und und… . Wenn die SPD die Ampel will, sollte sie beginnen, über Neuwahlen zu diskutieren. In ein paar Wochen.

Und wer weiß – vielleicht fliegt ja auch die Linkspartei dann aus dem Landtag.

Der Ruhrpilot

Der Westen: Verschlimmbessert…Pottblog

CDU: Röttgen rangelt um Chefposten…Stern

NRW: Moron warnt SPD vor Linksbündnis…Spiegel

NRW II: Linke sondieren Bündnis in NRW…Bild

Ruhr2010: Hanna Schygulla gastiert erneut bei den Ruhrfestspielen…Der Westen

Ruhr2010 II: Wettbewerb zur Ruhrgebietsküche…Genussbereit

Ruhr2010 III: Festival Akzente verspricht magische Momente…Der Westen

Bochum: Europäische Bildungskongress Ende Mai…Bo Alternativ

Bochum II: Mobbing Vorwürfe gegen Ex-Polizeipräsident…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Mehrheit der Dortmunder für Airport-Ausbau…Ruhr Nachrichten

Gelsenkirchen: Sommerfest in der Künstlersiedlung Halfmannshof…Hometown Glory

Blogs: Das neue Sozialhilfeniveau für Profiblogger…Blogbar

Arbeitsagentur: Bescheide jetzt ganz easy…Law Blog

Rotterdam: Genosse Ahmed…Achse des Guten

Online: Six Things You Need to Know About Facebook Connections…Zoom

Tauss: Prozess beginnt heute…Welt

Der Ruhrpilot

Pleite: Karstadt vs. Duisburg – Duisburg vs. Karstadt?…Xtranews

NRW I: Linke „vorsichtig skeptisch“…Welt

NRW II: Versagen der klassischen Medien bei der Landtagswahl-Berichterstattung….Pottblog

NRW III: Grüner gegen Rot-Rot-Grün…Hometown Glory

NRW IV: Grüne für Rot-Rot-Grün…Freitag

Ruhrgebiet: Katholiken treten aus…Der Westen

Ruhr2010: Generalprobe für A 40-Sperrung geglückt…Zeit

Dortmund: Chance für das Roxy..Ruhr Nachrichten

Dortmund II: Geierabend flutet Phoenix-See…Der Westen

Mülheim: Mobbing-Vorwürfe bei der Linkspartei…Der Westen

Kultur: Soulcialism…Kochplattenteller

CDU: Lammert will Gesetz zur Finanzmarktregulierung…Spiegel

Piraten: Demnächst mehr reale Treffen…FAZ

Piraten II: Kentern oder Entern?….Stern

Recht: Angriff auf Karlsruhe…F!XMBR

Design: Hannover in der Klemme…Frontbumpersticker

Buch: Der Selbstbetrug der Mittelschicht….Frontmotor

Künstliche Intelligenz: Tragik ist nichts für Maschinen…Carta

Der Ruhrpilot

NRW: FDP-Zaudern stürzt NRW ins Chaos…FTD

NRW II: In NRW droht eine Koalition, die keiner will…Welt

NRW III: Scheitern soll es an den anderen…FAZ

NRW IV: Linke in NRW unter Bedingungen regierungsbereit…Der Westen

Ruhr2010: Local Heroes in Gelsenkirchen…Hometown Glory

Ruhr2010 II: …exportiert Cinecittá Aperta…Augsburger Allgemeine

Ruhr2010 III: Urbanatix beginnt bald…Der Westen

Ruhrgebiet: Computerspiele made in Mülheim…Welt

Ruhrgebiet II: Großer Andrang bei Innovation-City…Ruhr Nachrichten

Duisburg: Zweite Chance im Stadtrat für Karstadt?…Xtranews

Mülheim: Stärkerer Personalabbau…Der Westen

Piraten: Ein bösartiger Kindergarten ist nichts dagegen…F!XMBR

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Liberale Verantwortungslosigkeit

Andreas Pinkwart? Der  starke Mann der FDP heißt Papke und der ist ein guter Taktiker. Das Land ist ihm egal.

Eine rot-rot-grüne Koalition ist im Bereich des Möglichen und es war gut, als FDP-Chef Pinkwart in den vergangenen Tagen auf SPD und Grüne zugegangen ist. OK; so ganz  hat man ihm die neue Offenheit nicht angekauft, aber auch als SPD und Grüne erklärten, auch mit der Linkspartei sprechen zu wollen, wurde das Gesprächsangebot von den  Liberalen nicht gleich zurückgezogen. Pinkwart erklärte, die FDP sei zu Gesprächen bereit, wenn eine Koalition mit der Linkspartei ausgeschlossen werden würde – Gespräche allein waren auf einmal kein Verweigerungsgrund mehr.

Diesen Hauch von Vernunft hat Papke mit seiner Crash-Strategie zunichte gemacht. Papke, einer der vielen Musterliberalen in NRW, die Zeit seines Lebens von Staatsknete lebten,  ließ Pinkwart auflaufen: Keine Gespräche mit Grünen und SPD.

Papke exekutiert den Willen von Guido Westerwelle, dessen Verhältnis zu Pinkwart ohnehin nicht allzu gut ist. Westerwelle und Papke wollen rot-rot-grün in NRW. Sie hoffen, dass sich die FDP in der Opposition profilieren kann. Und sie wollen Grüne und SPD schwächen – denn das Rot-Rot-Grün in NRW zum Erfolgsmodell wird, nimmt kaum jemand an. Viele Grüne und Sozialdemokraten sind sich sicher, ein solches Bündnis würde eine Legislaturperiode nicht überstehen. Für das Land NRW wäre ein solche Phase mit kurzlebigen Koalitionen und einer Regierungsbeteiligung der Linkspartei verheerend. Aber das ist Papke egal. Ihm geht es um seine Partei, um sein Pöstchen. Papke – ein geschickter Stratege ohne jedes Verantwortungsgefühl.

Politik, Fußball und Projektion

Wäre eine Ampel in NRW eine Perversion? Ist die Linkspartei eine moderne linke Partei? Der VfL Bochum das St. Pauli des Ruhrgebiets? Die FDP marktradikal? Vor allem wenn wir  Zuneigung erfinden sehen wir nur was wir wollen.

Frank Goosen hat vor ein paar Tagen einen schönen Text über den VfL Bochum geschrieben. Er beschrieb den VfL als einen piefigen Kleinstadtverein ohne Ambitionen, geführt von dicken, alten  Männern ohne Visionen, der eigentlich nur eines erfolgreich kann: Seine Fans enttäuschen.

Andere haben im vergangenen Jahr die FDP gewählt und gingen davon aus, ihre Stimme strammen Marktwirtschaftlern gegeben zu haben. Die Enttäuschung über die gewährten Steuersubventionen für Hotelbesitzer  war schnell ebenso groß wie über die Rücknahme der vorsichtigen Liberalisierungen auf dem Arzneimittelmarkt.

Und auch hier bei den Ruhrbaronen ist in den Kommentaren oft viel Wut zu spüren, wenn die Linkspartei in NRW nicht als Schutzmacht der kleinen Leute, als moderne, freche Alternative zur SPD geschildert wird, sondern als Versorgungsprojekt für in Bedeutungslosigkeit ergraute Trotzkisten wie Zimmermann oder Stalinisten wie Böth. Die soll nun auch noch Landtagsvizepräsidentin werden.

In der Vorstellung ihrer Anhänger sind die Jusos links, ja, zum Teil linksradikal, wie das Werbebild der Jusos aus Esslingen zeigt und nicht eine biedere Parteijugend. Wahrscheinlich glauben auch viele CDU-Anhänger die CDU wäre konservativ. Fußballfans wollen glauben, Schalke sei ein Arbeiterverein und der FC St. Pauli der  verlängerte Fuß der Hamburger Subkultur.

Gerade beim Fußball und der Politik fällt es vielen schwer, mit der Wirklichkeit zurecht zu kommen – vor allem wenn Leidenschaft im Spiel ist und machen wir uns nichts vor: Ohne Leidenschaft macht weder die Beschäftigung mit Fußball noch mit Politik Spaß.

Bei näherer Betrachtung ist alles so entsetzlich banal: Schalke ist ein mäßig geführter Verein, der seinen Zielen seit Jahrzehnten hinterherläuft. Die FDP ist vor allem eine Klientelpartei, die an Marktwirtschaft und Wettbewerb so viel Interesse hat wie RWE und E.ON. Gerade in der Energiewirtschaft sitzen ja bekanntermaßen die größten Feinde des Kapitalismus.

St. Pauli ist das Muster des gentrifizierten Fußballvereins.  In der ach so konservativen Union treffen notorische Fremdgeher auf Schwule und Lesbierinnen. Die größte Sammlung an Ferrari-Büchern habe ich in der Wohnung eines grünen Fundis gesehen.

Wähler wollen das alles nicht so genau wissen. Fußballfans auch nicht. Die meisten zumindest. Sie sind mit Leidenschaft ihrer Partei oder ihrem Verein verbunden. Diese Leidenschaft bezieht sich allerdings eher auf eine Projektion als auf die Wirklichkeit. Die eigenen Wünsche, das eigene, in der Regel ja schon arg konstruierte, Selbstbild wird mit Partei, Verein oder beidem verbunden. Die banale Wirklichkeit wird ausgeblendet. Dabei ist diese Banalität ein großer zivilisatorische Fortschritt: Alle wurschteln herum, versuchen irgendwie durchzukommen und machen komische Kompromisse. Das wird auch bei der Regierungsbildung in NRW passieren – oder bei der Wahl eines neuen Trainers für den Vfl Bochum. Die Wirklichkeit in Deutschland ist immer eher grau und langweilig. Das ist gut. In einem spannenden Land zu leben, in dem die Leidenschaft regiert ist  ziemlich anstrengend. Und manchmal auch gefährlich.