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Der Graf von Luxemburg

Am Samstag, 11.1. hat im Dortmunder Opernhaus Franz Lehárs Operette „Der Graf von Luxemburg“ Premiere. Nach der Csardasfürstin in der vergangenen Spielzeit die zweite Inszenierung einer Operette der zweiten Wiener Generation.

Bis in die 1980er Jahre hinein, war eine Operetten-Inszenierung pro Spielzeit an deutschen Opernhäusern normal. Allzuoft wurden die „kleinen Opern“ dabei jedoch nur als Auslastungsgaranten gesehen und eher stiefmütterlich behandelt. Humorvolle Storys und jede Menge Walzer- und Polkahits garantierten volles Haus. Da reichten für die Ausstattung ein paar hübsche Wiener Salons und jede Menge Tüllkleider. Das Dirigat überließ man dem zweiten Kapellmeister, auf der Bühne durften sich die Neuzugänge im Ensemble oder ein paar Gäste von den Musikhochschulen ausprobieren und die Inszenierung war eigentlich egal. Selbstverständlich war das in Österreich immer anders, wo eine große Operettentradition das Genre ernst nahm, eine hervorragende Soubrette oder ein genialer Spieltenor nicht weniger gilt als ein Heldentenor oder ein hochdramatischer Sopran, die sich im Wagner-Ring schlagen.

Die steifmütterliche Behandlung des Genres in Deutschland blieb nicht ohne Spuren. In den vergangenen zwanzig Jahren haben sich die Spielpläne unter wachsenden wirtschaftlichen Druck massiv verändert. Die Pflege des klassischen Musical-Repertoires wurde durch die Andrew-Lloyd-Webber-Konfektionsware zerstört, Uraufführungen wurden zu heikel und verschwanden fast völlig von den Spielplänen und die langweilig ausstaffierten Operetten konnten sich ebenfalls nicht halten. Sie wurden ersetzt durch ihr tragisches Pendant: Puccini. Die Opern des Italieners sind nicht weniger sentimental und bieten ebenfalls massenhaft Mitsinghits – zuletzt beschwerte sich selbst Dieter Bohlen in „Das Supertalent“, dass er ständig die zwei, drei gleichen Puccini-Hits hören muss. Puccini zieht beim – auch jüngeren und meist schwulen Publikum – mehr, weil er trotz seines aufgeblasenen Kitsch-Sentiments eben noch den Ruch der Kunst mitbringt. Die Operette ist dagegen doch nur billige Unterhaltung. Wirklich?

Mit der Wiener Operette ist es wie mit dem Wiener Walzer: Unter der leichten Unterhaltungsoberfläche schlummert immer die Katastrophe. Der Walzer dreht und taumelt in den Untergang. Die Operette spielt das im Großen durch. Sie liefert in ihren Komödienhandlungen oft ein konzises Bild von auseinanderbrechenden Gesellschaften. Adel und Bürgertum verharren in bestehenden Konventionen, die aber längst nicht mehr die Gesellschaft zusammenhalten können. In Franz Lehárs „Graf von Luxemburg“ wird von Fürst Basil Basilowitsch eine Scheinehe arrangiert, durch die sich einerseits der verarmte Rene von Luxemburg finanziell saniert, anderseits die Operndiva Angele einen Adelstitel erschleichen will, so dass sie standesgemäß den Fürsten heiraten kann. Selbstverständlich geht der Plan nicht auf und Rene und Angele verlieben sich. Dass zuletzt natürlich alles gut ausgeht, versteht sich von selbst. In dieser Story braucht es gar keine aktualisierende Inszenierung mit der Brechstange, um die Anknüpfungspunkte an die heutige Gesellschaft offenzulegen. Und gerade weil die Operette die Konflikte in so charmant-harmloser Form präsentiert, kann sie den Zuschauer schnell erreichen – wenn es gut gemacht ist. Das Dortmunder Opernhaus zeigt, dass es „Der Graf von Luxemburg“ nicht als billigen Kassenschlager auf den Spielplan gesetzt hat, indem es für die Inszenierung einen echten Operettenspezialisten verpflichtet hat. Der in Wien geborene Thomas Enzinger inszeniert nicht nur regelmäßig in seiner Heimatstadt, sondern leitet auch das größte und erfolgreichste Operettenfestival Deutschlands, den Schönebecker Operettensommer.

Premiere „Der Graf von Luxemburg“, 11.1.2014, 19.30 Uhr, Theater Dortmund, www.theaterdo.de

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