Interviewarchiv: „Heimat hat keinen Plural“

Wie ist es, nach Deutschland einzuwandern? 13 Menschen berichten in einem Projekt der Berliner nezfilms von ihren Erfahrungen.

In der Einwanderungsdebatte ist Deutschland in den vergangenen Jahren ein paar gewaltige Schritte rückwärts gegangen. Wie in den frühen 90ern werden Einwanderer vor allem als Belastung wahrgenommen. Dabei haben Wanderungsbewegungen Deutschland in jeder Hinsicht geprägt: Millionen Menschen flohen aus Deutschland. Vor der Willkür der Fürsten nach der gescheiterten 1848er Revolution, vor der Armut und vor den Nazis. Ein Aderlass, dessen Folgen bis heute spürbar sind. Ein Blick auf Liste der Nobelpreisträger reicht aus – seit der Nazizeit sind Deutsche    dort selten geworden. Der Verlust großer Teile der intellektuellen Elite schlägt sich dort nieder.

Aber Deutschland war auch über viele Jahre ein Land, das von Einwanderern geprägt wurde. Stand 2006 lebten in Deutschland über 15 Millionen Menschen mit einem Migrationshintergrund. Das sind nach Definition des Statistischen Bundesamtes

„alle nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem nach 1949 zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“

Interviews von 13 Menschen, die nicht nur einen „Migrationshintergrund“ haben, sondern im Ausland geboren und nach Deutschland eingewandert sind kann man sich auf der Seite Heimat hat keinen Plural. Verantwortlich für das Projekt ist die Berliner Filmproduktionsfirma Nezfilms.

In einer Pressemappe  beschreiben sie ihre Gründe das Projekt gemacht zu haben:

Der Diskurs über Migration und Integration beschränkt sich größtenteils auf wenige Stereotype und wird, zumeist aus Unkenntnis, der Komplexität des Phänomens nicht gerecht. Das Interviewprojekt will dem durch die Vorstellung zahlreicher und vielfältiger migrantischer Lebensläufe, Erfahrungen und Ansichten Abhilfe schaffen und die Grundlage für eine differenziertere Betrachtung dieses für das Deutschland und Europa des 21.  Jahrhunderts eminent wichtigen Themenkomplexes bereiten.

Ähnlich wie die andauernde Auseinandersetzung über die nationalsozialistische Vergangenheit in der das  nationale Selbstverständnis mit hoher moralischer Verbindlichkeit rückschauend verhandelt wird, geht es in der Debatte um Einwanderung , Integration und die Ausformung des Pluralismus prospektiv um das Aushandeln von Entwicklungsperspektiven, Werten und Normen angesichts einer sich rasant verändernden Welt, in der auf Traditionen kein Verlass mehr ist.

 

Vom Multikulturalismus zur Parallelgesellschaft – Selbstvergewisserung in der  Einwanderungsgesellschaft Träumen kommen Menschen nach  Deutschland? Wie halten diese den Kontakt mit den Realitäten hierzulande stand? Welche Schwierigkeiten begegnen ihnen? Wie meistern  sie diese Schwierigkeiten oder warum können diese bis

heute nicht bewältigt werden? Wo erfahren sie Unterstützung? Wo

Ablehnung?

Ist Deutschland ihre Heimat geworden? Können sie sich vorstellen hier zu sterben? Wie definieren sie Heimat, wovon hängt das ab, ist es wichtig für sie sich heimisch zu fühlen? Kann man mehrere Heimaten haben? Wie wichtig ist das «Was bist du» in ihrem Alltag?

Wieviel Zeit und Gedanken verwenden sie auf die Beantwortung  dieser Frage?

Haben sie jemals bereut nach Deutschland gekommen zu sein?  Haben sie versucht in ihr Geburtsland zurückzukehren bzw. Pläne dies zu tun?

Die Interviews sind spannend und dabei sehr schön in Szene gesetzt. Schaut Sie Euch einfach mal an.

Heimat hat keinen Plural

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Mir
Mir
12 Jahre zuvor

Nettes und Kritisches Gespräch mit Claudia aus Kolumbien. Die anderen schaue ich mir ein anderes mal an.

Ein Beispiel für die Auswanderung aus Deutschland Das heilige Experiment
Die wohl ersten Amerika-Auswanderer waren 1683 Quäker-Familien aus Krefeld. Sie gingen in die neue Welt um ihr Glauben dort besser auszuüben. Dort gründeten sie Germantown, Pennsylvanien. Unter anderem waren sie es die Proklamation gegen die Sklaverei, 175 Jahre vor der Abschaffung durch Abraham Lincoln, in einem Dokument unterzeichneten.

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