Netter Versuch, PRINZ.

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Vor ziemlich genau einem Jahr verabschiedete sich das Magazin PRINZ aus der bundesdeutschen Zeitungslandschaft. Das Nutzungsverhalten der Leser habe sich einfach ins Internet verlagert, war die damalige Begründung für die Einstellung des Printtitels, von der auch ich nach zehnjähriger freier Mitarbeit betroffen war. Ganz ehrlich: Ich hielt das damals für eine vorgeschobene Argumentation, um nicht zugeben zu müssen, dass der letzte Relaunch des Magazins als Pocketformat mit inhaltlosen Minitexten ein kompletter Schuss ins Knie war. Doch jetzt kommt PRINZ.de tatsächlich mit einem groß angelegten Relaunch um die Ecke gebogen.

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NOW! startet

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Mit „NOW! – Sound Surround“ startet heute Abend in der Jahrhunderthalle Bochum ein einzigartiges Festival. Es geht auf das Konto der Philharmonie Essen und deren neuen Leiters Hein Mulders, der es sich zum Ziel gesetzt hat, die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts wieder mehr in den Focus zu rücken. Sehr geschickt ist, dass für das Festival ein Thema gewählt wurde, das den Zugang deutlich erleichtert. Der Raumklang ist nicht nur eine wesentliche Strömung in der Neuen Musik der vergangenen 50 Jahre, sondern auch schlichtweg ein Erlebnisfaktor für die Zuhörer. Deshalb sollte sich auch niemand fürchten, wenn es heute Abend gleich mit einem Schlüsselwerk los geht: Karlheinz Stockhausens „Gruppen für drei Orchester“. So schwierig das weltanschauliche und kompositorische Konstrukt, das hinter Stockhausens gesamtem Schaffen steht, auch anmuten mag, ist „Gruppen“ durch seinen einzigartigen Raumklangkonzept vor allem ein großartiges akustisches Erlebnis. Und eines, das nur selten live geboten wird, da der Aufwand enorm ist. Der Plan, die Stockhausenkomposition in der Jahrhunderthalle aufzuführen, besteht freilich schon lange. Schon zu Zeiten des legendären Leiters der Bochumer Symphoniker Eberhard Kloke, der letztlich die Industriehalle für klassische Musik erschloss, träumte sein Dramaturg Bojan Budisavljevic von einer Aufführung an diesem Ort. Auch die weiteren Konzerte am Wochenende im Rahmen des NOW!-Festivals bringen einige der wichtigsten Stücke der Neuen Musik zu Gehör. Allen voran Pierre Boulez‘ beinahe schon eingängiges „Rituel“ am Samstag und am Sonntag „Gesang der Jünglinge im Feuerofen“ wiederum von Stockhausen. Plus: Ein Konzert, das sich der Musikmaschine widmet.

Filmfest homochrom

Filmfest-2013Heute Abend startet das viertägige Filmfest homochrom in Dortmund mit der Deutschlandpremiere von „Kill Your Darlings„. Der unaufgeregte Film zeigt in erstklassiger Ausstattung und Besetzung die Anfänge der Beat-Literaten William S. Burroughs, Allen Ginsberg und Jack Kerouac und ist damit nicht nur für Schwule und Lesben überaus sehenswert. Zweiter Film des Abends ist „Ian Harvie Superhero“. Die Show des einzigen Transgender-Comedian ist vielleicht kein filmisches Meisterwerk, aber für Standup-Comedy-Fans mehr als empfehlenswert, zumal Ian Harvie heute Abend in Dortmund anwesend ist.

Ab 19 Uhr, Dortmund, Schauburg

Schwul, lesbisch und in Farbe

Trash, wie John Waters ihn lieben würde – First Period.
Trash, wie John Waters ihn lieben würde – First Period.

Zum dritten Mal findet das Filmfest homochrom ab Mittwoch 16.10 in Köln statt. Es ist das jüngste Schwul-Lesbisch-Transgender-Filmfestival in Deutschland, das einzige regional ausgerichtete – ab dem 24.10. ist das Programm in Dortmund zu sehen – und erstaunlicherweise auch das einzige in der Schwulen-Metropole Köln. Darüber hinaus zeichnet sich das Filmfest homochrom durch zahlreiche Deutschland- und Europa-Premieren aus. Gleich der Eröffnungsfilm „Kill Your Darlings“ setzt hier einen wichtigen Akzent. Nicht nur, weil Harry-Potter-Darsteller Daniel Radcliffe hier in der Rolle des Beat-Autoren Allen Ginsberg sein Kinderstar-Image ablegt, sondern auch, weil der Film zeigt, dass schwule Themen auch im Mainstream-Kino eine Chance haben, wenn sie in eine gute Story verpackt sind. Mit Michael C. Hall, Dane DeHaan, Jennifer Jason Leigh und Jack Huston ist der Film, der in Köln als Deutschlandpremiere läuft, insgesamt prominent besetzt.

Bei der Auswahl des Festival-Programms setzt Leiter Martin Wolkner klar auf die Qualität der Filme und stellt einen deutlichen Trend fest: „Die Themen werden allgemeingültiger, schwules, lesbisches und transidentes Leben ist im Film sehr viel mehr in der Normalität angekommen. Früher ging es vor allem um Coming-Out-Probleme und HIV, heute stehen Geschichten im Vordergrund, die auch für ein heterosexuelles Publikum funktionieren.“ So zeigt „Meth Head“, der als Europa-Premiere läuft, wie die Trenddroge Crystal Meth sich in das Leben eines Menschen und seine Umwelt hineinfrisst. Die High-School-Komödie „First Period“ setzt auf Trashhumor, der auch eines John Waters‘ würdig wäre. Und „Truth“, auch als internationale Premiere bei homochrom, ist ein schwuler Erotik-Thriller. Der Exot im Programm dürfte „Soongava“ aus Nepal sein, der als offizieller Beitrag des Landes zu den Oscars 2014 eingereicht wurde.

Das Filmfest homochrom zeichnet sich auch dadurch aus, dass nahezu alle Filme mit deutschen Untertiteln gezeigt werden, wenn sie nicht schon in Synchronisation vorliegen –  ein Angebot, das auch für Gehörgeschädigte interessant ist. Unterstützt wird das Filmfest unter anderem von der Filmstiftung NRW, Schirmherrin ist Hannelore Kraft. Und natürlich gibt es auch Preise, die „Chromies“, die bei homochrom das Publikum wählt und die zum Abschluss des Filmfestes in Dortmund vergeben werden.

Das jährliche Filmfest ist jedoch nur ein Teil der Arbeit von homochrom. Den Rest des Jahres zeigt die gleichnamige Filmreihe monatlich jeweils einen schwule und lesbischen Film in Kinos in der gesamten Rhein-Ruhr-Region von Köln, über Düsseldorf, Bochum, Essen, Dortmund bis nach Oberhausen.

16.-20.10., Köln, Filmforum

24.-27.10., Dortmund, Schauburg

 

 

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Scharf Auf Carl

Scharf Auf CarlAm Samstag startet in Essen ein neues Partyformat für Schwule. Titel: Scharf auf Carl. Über viele Jahre hinweg hatte die Stadt mit der Mandanzz in der Zeche Carl eine Schwulenparty mit Ausstrahlung weit über die Stadtgrenzen hinaus. Als die jedoch nach Düsseldorf abwanderte, wurde Essen auch auf diesem Gebiet zur Provinz. Wirklich modern und metropolitan war nur noch die BANG! in Oberhausen. In der Essener Zeche Carl hieß der Nachfolger „Glamourdome“ und wirkte wie ein musikalisches Relikt aus den 80er Jahren. Im Frühjahr 2013 verdümpelte das überholte Konzept endgültig. Mit der 30er-Jahre-Retro-Optik ist „Scharf auf Carl“ zumindest schon mal optisch voll im aktuellen Grafik-Trend. Jetzt muss nur noch die Party beweisen, dass sie auch inhaltlich auf dem Stand der Zeit ist. Electro und Indie auf zwei Floors klingt nach einem guten Anfang.

28.9., 22 Uhr, Zeche Carl, Wilhelm-Nieswandt-Allee 100, Essen, 6 Euro

Wenn Journalistinnen nicht zuhören (wollen)

Nur durch Zufall bin ich in diesen Artikel der NRZ geraten. Für das Foto wurde noch ein weiterer Bewohner des Mehrgenerationenhauses, in dem ich lebe, gesucht, der den Generationenmix repräsentiert. Und weil der Concierge mich kennt und wusste, dass ich überwiegend zuhause arbeite, sprach er mich kurzfristig an. Weil ich gerne in diesem Haus lebe, sah ich darüber hinweg, dass ich mich angesichts ausgiebiger Putzarbeiten und völliger Ungeduschtheit gerade wenig fotogen fand. Immerhin erhielt ich so einen Einblick, wie Kolleginnen gelegentlich arbeiten. Von Honke Rambow

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Im Gestrüpp verfangen

Foto: Rottstr5Theater
Foto: Rottstr5Theater

Mit seinem Regiedebut „Fight Club“ nach dem gleichnamigen „Kult“-Film bescherte Oliver Paolo Thomas dem Rottstr5Theater in Bochum einen Dauerbrenner, der auch nach Jahren nur selten nicht ausverkauft und selbst schon wieder Kult ist. Als zweite Inszenierung versuchte der Jungregisseur sich an Jean Paul Sartres „Geschlossene Gesellschaft“. Eine eher uninspirierte Arbeit, die aber dank hervorragender Schauspieler und Dauerpräsenz des Stückes auf den Abiturplänen ebenfalls immer noch läuft. Dann kam „Hagens Klage“ im Rahmen des vielbeachteten Nibelungen-Zyklus. Eine Wagner-Metal-Paraphrase, die jedoch nur auf den ersten Blick einen gewissen Sensationsgehalt hatte, bei näherem Hinsehen arg oberflächlich und effekthascherisch war. Nun hatte am 23.5. „Das Bildnis des Dorian Gray“ nach zweijähriger Planungsphase im Rottstr5Theater Premiere. Von Honke Rambow

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Oper Dortmund: Noch einmal Nozze

Figaros Hochzeit – Le Nozze Di Figaro (Foto: Thomas Jauk / stagepictures)
Figaros Hochzeit – Le Nozze Di Figaro
(Foto: Thomas Jauk / stagepictures)

„Wenn diese ‚Nozze‘ nicht ankommt, dann fresse ich einen Hut – oder wie sagt man auf Deutsch?“ „Nozze“ nennt Jac van Steen „Le nozze di figaro“ von Mozart. Es klingt bei ihm wie der Spitzname eines guten Freundes, den er schon aus der Sandkiste kennt.Es ist die erste Mozart-Oper des Niederländers in Dortmund – und  seine letzte. Die Stadt wollte den Vertrag des General-musikdirektors der Dortmunder Philharmoniker nicht verlängern. Vor der Premiere am 23.2. traf Honke Rambow ihn in seinem Büro.

 

Sein Büro in der Dortmunder Oper sieht aus wie man es sich bei einem GMD vorstellt. Von der Tür aus muss man zunächst um den Flügel herum, die Kommode mit barockem Geschnörkel und der ausladende Schreibtisch in dunklem Holz – alles etwas vollgestopft, überall liegen Noten herum, ein Raum, der voll ist mit klassischer Musik.

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Theater Dortmund: Das Live-Code-Experiment

Live Code (Foto: Birgit Hupfeld)
Live Code (Foto: Birgit Hupfeld)


Theaterkritiker haben es heutzutage schwer: Statt sich klassisch mit Bühnenbild, Schauspielern und Regie auseinanderzusetzen, müssen sie sich mit Videobildern, Computerprogrammierung und Sounddesign beschäftigen. Und im Fall der Uraufführung von „Der Live Code – Krieg und Frieden im globalen Dorf“ im Studio des Theater Dortmund am 20.2. auch noch an der Spiel-Konsole bewähren. Honke Rambow versucht es trotzdem.

Im Foyer des Schauspiels kracht es, dann ein Schrei – schon wieder endete der Gang durch das virtuelle Theater tödlich. An der Spielkonsole ist das Leben als Theaterzuschauer ziemlich gefährlich. Bleibt nur zu hoffen, dass es oben im realen Studio gleich etwas friedlicher zugeht.

Zunächst deutet nichts darauf hin: Düster dräuen die Sounds aus den Lautsprechern. Ein veritabler Horrorfilm-Soundtrack empfängt die Besucher. Auf den semitransparenten Leinwänden im Raum ist immer wieder „(_clear)“ zu lesen. Sitzplätze gibt es nicht, die Zuschauer sollen sich zwischen den Projektionen bewegen, wer aber nicht stehen will oder kann, bekommt dann doch einen Stuhl. Leicht aus dem Zentrum des Raumes gerückt stehen Daniel Hengst, Rolf Meinecke und Martin Juhls in Kapuzenoveralls mit digitalen Camouflage-Prints an einer Batterie leuchtender Computerbildschirme. Kampfbereit für die letzte digitale Schlacht.

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Szenische Algorithmen

Daniel Hengst, Rolf Meinecke und Martin Juhls gerendert (Foto: Theater Dortmund)
Daniel Hengst, Rolf Meinecke und Martin Juhls gerendert (Foto: Theater Dortmund)

Am 21.2. wird im Studio des Theater Dortmund „Live-Code: Krieg und Frieden im globalen Dorf“ uraufgeführt. Das Stück kommt nicht nur ohne Schauspieler aus, sondern macht auch sonst einiges anders als üblich. Die bisherigen Texte zum Stück lassen nur leider kaum Rückschlüsse darauf zu, was es dann überhaupt zu sehen gibt. Deshalb besuchte für ruhrbarone.de Honke Rambow die Proben.

„Die Idee zu der Produktion kam daher, dass Intendant Kay Voges ein Stück mit allen Schauspielern des Ensembles machen wollte (Das Fest, Premiere am 22.2.) und deshalb uns gefragt hat, ob wir nicht parallel etwas im Studio machen können“, erzählt Daniel Hengst. Der Kameramann, Videokünstler und Regisseur hatte schon öfter am Dortmunder Schauspiel gearbeitet und machte sich nun daran, ein Stück zu entwickeln, das ohne Schauspieler auskommt. Stattdessen stehen jene Menschen auf der Bühne, die sonst im Theater eher im Verborgenen arbeiten: Der Elektronikmusiker Martin Juhls, der Programmierer Rolf Meinecke und eben Daniel Hengst selbst. „Von Anfang an war uns klar, dass wir keine Videoinstallation machen wollen, bei der die Besucher auch mal raus- und reingehen können“, erklärt Hengst. „Es wird schon ein richtiges Stück mit einer Geschichte – die Hauptperson ist ein Fisch –, die wir erzählen.“

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