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Oper Dortmund: Noch einmal Nozze

Figaros Hochzeit – Le Nozze Di Figaro (Foto: Thomas Jauk / stagepictures)
Figaros Hochzeit – Le Nozze Di Figaro
(Foto: Thomas Jauk / stagepictures)

„Wenn diese ‚Nozze‘ nicht ankommt, dann fresse ich einen Hut – oder wie sagt man auf Deutsch?“ „Nozze“ nennt Jac van Steen „Le nozze di figaro“ von Mozart. Es klingt bei ihm wie der Spitzname eines guten Freundes, den er schon aus der Sandkiste kennt.Es ist die erste Mozart-Oper des Niederländers in Dortmund – und  seine letzte. Die Stadt wollte den Vertrag des General-musikdirektors der Dortmunder Philharmoniker nicht verlängern. Vor der Premiere am 23.2. traf Honke Rambow ihn in seinem Büro.

 

Sein Büro in der Dortmunder Oper sieht aus wie man es sich bei einem GMD vorstellt. Von der Tür aus muss man zunächst um den Flügel herum, die Kommode mit barockem Geschnörkel und der ausladende Schreibtisch in dunklem Holz – alles etwas vollgestopft, überall liegen Noten herum, ein Raum, der voll ist mit klassischer Musik. Jac van Steen ist dann allerdings nicht der typische feinnervige Musiker, sondern ganz Genussmensch. Hühnenhaft steckt er eine Hand zum Gruß entgegen, die gut und gerne auch einem Tischler gehören könnte. Seit 2008 ist van Steen GMD der Dortmunder Philharmoniker. Vorher war er am Het National Ballet, den Nürnberger Symphonikern und am Weimarer Nationaltheater und der Staatskapelle Weimar. Die Spielzeit 2012/13 ist seine letzte in Dortmund.

 

„Die Chefstücke werden als erstes festgelegt“, erzählt van Steen, „zur Eröffnung der Spielzeit ein Russe mit ‚Boris Godunow‘ von Mussorgsky und am Ende etwas Modernes – ‚Anna Nicole‘ von Mark-Anthony Turnage“. Wenn dann aber noch der Figaro von Mozart kommt, dann sei das ganz selbstverständlich ebenfalls Chefsache. Es ginge dabei nicht einfach um Mozart, sondern um „diesen Mozart“. „‘Nozze‘ ist ungefähr das Beste, was je geschrieben wurde“, ist van Steen überzeugt. Und das bezieht er nicht nur auf die Musik, sondern genauso auf die Handlung: „Da ist alles drin: Liebe, Intrige, Politik, Verführung, Sex – und der sogar in der schwulen und lesbischen Variante.“ Er sei ein glücklicher Mensch, bekennt van Steen, weil er das in seiner letzten Spielzeit in Dortmund noch machen könne. Und weil die junge Hausregisseurin der Oper – Mariame Clément – allen Facetten der „Nozze“ in ihrer Inzenierung Raum gebe. „Zuerst dachte ich: Das wird eine wirklich langwierige Angelegenheit“, bekennt der Dirigent, „weil Clément unglaublich genau und detailverliebt arbeitet und wir überhaupt nicht voran kamen. Aber als ich erste Ergebnisse gesehen habe, wusste ich, dass der Aufwand sich absolut lohnt, und ich war glücklich, dass ich an dieser Arbeit teilhaben darf.“ Dieser Mozart sei ein Gewinn für die Stadt, glaubt van Steen.

 

Unter der erfolglosen Opern-Intendantin Christine Mielitz war van Steen nach Dortmund gekommen. 2011 entschloss sich die Stadt, seinen Vertrag nicht zu verlängern. Einer der Gründe, die Kulturdezernent Jörg Stüdemann damals für die Entscheidung angab, war, dass ablesbar sei, dass der neue Intendant Jens-Daniel Herzog das Repertoire ändere und sich einen neuen musikalischen Chef wünsche. Im Spannungsfeld zwischen Mussorgsky, Turnage und Mozart bewährt sich van Steen – da ist äußerst fraglich, an welches Repertoire Stüdemann sonst noch dachte. Noch etwas abstruser klingt das Argument, dass es üblich sei, dass GMDs in Dortmund nur für fünf Jahre blieben. Die Erfahrung zeigt aber, dass es mehr als fünf Jahre braucht, um einen Klangkörper zu entwickeln. In der Nachbarstadt Essen kann man das gut am Beispiel Stefan Solteszs sehen, der seit 1997 im Amt ist und nach sechs Jahren den Titel „Orchester des Jahres“ und erst im elften Jahr den Titel „Opernhaus des Jahres“ verliehen bekam. In die erste Liga steigt man eben auch in der Kunst nicht von heute auf morgen auf.

Jac van Steen verliert dazu nicht mehr viele Worte, wenn ihm auch eine Enttäuschung anzumerken ist: „Ich hatte gedacht, dass nachdem die Entscheidung gefällt worden ist, wieder Ruhe einkehren würde, aber die Stadt macht uns die Arbeit weiter schwer“. Und nach einer Pause fügt er lächelnd hinzu: „Eigentlich tun mir diese Leute ein bisschen leid. Ich habe meine Musik, die haben aber nichts.“

 

 

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