Zum 65. Jahrestag der Bombardierung Nazi-Dresdens ist die Situation vor Ort heute grob in dreieinhalb Lager einzuteilen: Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland samt Verbündeten ruft „Gegen Bombenkrieg, Terror und Vertreibung“ auf die Straße. Dagegen protestiert das Bündnis „Dresden Nazifrei“ und will diesen „Trauermarsch“ unterbinden und in Teilen auch die Aktionen der Stadt Dresden kritisieren, daher das Motto „Keine Versöhnung mit Deutschland. Gegen jeden Geschichtsrevisionismus. Deutsche Täter/innen sind keine Opfer. Naziaufmarsch verhindern“. „Erinnern und Handeln für Dresden“ heißt es von Seiten der Kommune plus Anhang, Aktionsform ist hier vor allem die beliebte Menschenkette mit Lichtern. Im Folgenden hier ständige Updates vom Tage. Außerdem der Hinweis auf den taz-Liveticker und auf den Livestream des Dresdner uhunabhängigen Radios ColoRado. Sowie den Dresden-Twitter.
04.00 Uhr: Die Busse erreichen wieder die Heimatorte. Ein kurzer Kommentar: Gegen 17 Uhr spielte sich die Situation noch ein wenig fast künstlich hoch, als die Polizei die Blockierer (s. Foto) rund um den Bahnhof Neustadt wiederholt zum Räumen aufforderte, dies aber nur peu á peu geschah. Da die Erlaubnis für den Marsch der Rechten nur bis zu genau dieser Zeit galt, aber diese Gruppe ja auch wieder irgendwie vom Bahnhof weg musste, ohne auf die Linken zu treffen, war die Polizei schwer gefragt, nun erst recht keine Übergriffe zuzulassen. Kurze Zeit später erklärten sich die Gegendemonstanten dann zu den Siegern des Tages: Der Marsch sei verhindert worden. Und wenn das Geleiten einiger rechter Gruppen durch die Polizei zum Bahnhof Neustadt, direkt neben den Gegendemonstrationen auf einer Parallelstraße, nicht als Marsch gilt, dann stimmt das wohl auch einfach. Es gab sehr wenig Gewalt, fast erstaunlich wenige Festnahmen, zum Großteil eher bunte Proteste als eine Dominanz der schwarzen Blöcke. In den Abendstunden wurde es noch einmal sehr unübersichtlich, weil viele, viele Gruppen gleichzeitig die Heimreise antraten – aber es passierte wieder nur wenig, rechts und links gingen sich eher aus dem Weg. Dass dieser Tag die Dresdner Polizei „viel Kraft gekostet hat“, wie sie sagen, das darf geglaubt werden. Es wird sicher Lob von Seiten der Stadt geben – im Grunde hatten alle Seiten sicherlich mehr Eskalation erwartet gehabt. Ein-Satz-Resümee: Eine gute Arbeitsteilung von Recht & Ordnung und linken Interventionisten in diesem Jahr, aber im Laufe des Tages auch eine sehr anstrengende Sache. Das letzte Wort hat ausnahmsweise die Tagesschau.

23.30 Uhr: Die Polizei erklärt sich zum Tage. Die Nazis erklären ihr Scheitern.
17.00 Uhr: Die Polizei erklärt die Nazikundgebung für beendet, die Nazis hatten nur bis 17.00 Uhr eine richterliche Genehmigung.
16.00 Uhr: Laut Rechts-Propaganda beginnt nun doch noch ein „Marsch“, und zwar, wie es aus linken Kreisen heißt, in Richtung eines Industriegebietes nahe dem Bahnhof Neustadt. Da in der Nähe sind durchaus auch noch eine Menge derjenigen Linken, die nicht am Albertplatz hängengeblieben sind. Es ist auch von „Auflösungen von Blockaden“ die Rede, aber dies nur, weil es längst nicht mehr um die alten Routen geht. Nachdem die Polizei einige rechte Gruppen zunächst gen Bahnhof geleitet zu haben schien, um sie abreisen zu lassen, wird’s nun doch nichts mit dem Feierabend für die meisten Beteiligten. Wirft die Exekutive den Rechten doch noch ein größeres Stöckchen hin als die „Veranstaltung“ am Bahnhof und den „Geleitschutz“? Im Moment ist die Initiative anscheinend nach rechts gerutscht, während die Menschenkette im anderen Teil der Stadt weiter einfach ein ungesehenes Mahnmal bleibt – wenn auch eines mit äußerst hoher Beteiligung.
14.50 Uhr: Laut taz-Ticker wäre beim Sammelplatz der Nazis „durchgesagt worden, daß die Demo nicht stattfinden kann, weil die Sicherheit der Demonstranten nicht gewährleistet werden kann“. Der Nazi-Twitter dresdengedenken vermeldet ebenso: „Es wird wohl keinen Trauermarsch geben, Polizei kann nicht die Sicherheit der Teilnehmer gewährleisten“. Der Naziticker spricht von „5000+ Teilnehmern“.
14.40 Uhr: 15 000 Einheimische und Auswärtige beteiligten sich an einer Menschenkette, die gerade in Auflösung begriffen ist. Laut Sächsischer Zeitung. Dresden Nazifrei sprach außerdem vor rund zwei Stunden von rund 10 000 Blockadebeteiligten in der Dresdner Neustadt.
13.30 Uhr: Nazitwitter dresdengedenken gibt bekannt, es wäre „fast amtlich, daß der Gedenkmarsch wegen Notstands untersagt“ würde. Mit tweet von 13.10 Uhr rufen die Nazis zu „Spontanversammlungen und Aktionen“ auf. Und das sieht dann – laut Dresden-Twitter – so aus: „ca 1000 Nazis auf Hechtstr, 2000 Grossenhainer Str, ca. 1000 Nazis am Neustaedter Bhf“. Jetzt muss die Polizei eigentlich „durchziehen“.

13.00 Uhr: War es das schon im Groben? Wahrscheinlich haben einige Autonome aus Berlin + X erfolgreich ein paar Gleise blockiert, dafür spricht schon die erbärmliche Anzahl an versprengten Rechten, die auf dem Schlesischen Platz am Bahnhof Neustadt mittlerweile nur eine „Veranstaltung“ abhalten dürfen (s. Foto).

Dort war auch Bodo Ramelow kurz anwesend (s. Foto), kurze Zeit später durften Passanten auch endlich wieder ohne Polizeikontrolle vom Bahnhof Neustadt gen Innenstadt gehen. Am Albertplatz weiter Reden und bunter „Protest“ in Richtung Polizei (s. Foto).

Falls nicht gerade Unmengen von Rechten auf Umwegen gen Neustadt und Innenstadt randalieren kommen, wird bald Erfolgsmeldung von links kommen können: Aufmarsch nahezu verhindert, keine direkte Gewalt gegen Menschen, große zahlenmäßige Überlegenheit.
11.31 Uhr: Bislang 7000 Gegendemonstranten in Dresden. Vier Straßenblockaden sowie zwei Gleisblockaden, weitere Buskonvois von Nazigegnern würden erwartet. Laut Zusammenfassung von Dresden Nazifrei.
11.30 Uhr: Die Linke sammelt sich zum Teil am Hinterausgang des Bahnhofs Neustadt und wird von der Polizei dort festgehalten. Nicht weit entfernt, aber für viele der angereisten Demonstranten unerreichbar, findet am Albertplatz zur Zeit eine von der Polizei tolerierte Kundgebung statt. Noch sind wenig Nazis da. Die die da sind, werden von der Polizei auf einen abgesperrten Teil des Schlesischen Platzes gelotst, der für etwa 500 Personen Platz hätte. Ein simples Bild: Im Westen des Bahnhofs einige linke Gruppen, dazwischen der von der Polizei kontrollierte Bahnhof, dann auf dessen Vorplatz zur Hälfte Rechten-Terrain, dann wieder Polizeigebiet, nach 500 m etwa dann der Albertplatz mit der linken Kundgebung (s. Foto). Dann noch einmal einige hundert Meter weiter werden ab 13 Uhr die Aktionen der Kommune stattfinden. Das ist alles sehr ökonomisch geregelt und findet sehr, sehr friedlich statt.

11.15 Uhr: Es mehren sich die Scharmützel zwischen Gegendemonstranten und Polizei rund um den Bahnhof Neustadt: Aufforderungen, die nicht genehmigten Versammlungen aufzulösen, kaum körperliche Gewalt. Dies sind eher Nebenschauplätze. Der Bahnverkehr zwischen dort und Hauptbahnhof ist inzwischen zusammen gebrochen. Am Albertplatz redet Katja Knipping vor mittlerweile einer ganzen Menge an (offensichtlich von der Polizei bislang tolerierten) Gegendemonstranten.
10.00 Uhr:
Erstaunlich nahe an den mutmaßlichen Versammlungspunkt der Rechts-Touristen hat die Polizei die Busse der Gegendemonstrationen gelassen, nämlich auf die Westseite des Bahnhofs Neustadt. Aus den fünf ursprünglich geplanten Blockadepunkten ist mittlerweile ein einziger offizieller Treffpunkt für „Dresden Nazifrei!“ geworden, und zwar der Albertplatz, fußläufig fünf Minuten von ebenjenem Bahnhof entfernt.

Während also auf der einen Seite des Bahnhofs allzu offenkundige Gegendemonstranten, darunter auch einiges an DGB (s. Foto), nicht weiter vordringen können und Parolen rufen, präsentiert sich am Albertplatz ein entspannteres Bild: Persönlich motivierte Kleingruppen (s. Foto), ver.di-Kleingruppen, eine etwas größere JuSo-Gemeinde und einige andere versprengt bzw. locker organisiert wirkende Gruppen lassen es nicht auf eine größere Versammlung ankommen.

Tatsächlich macht das Polizeiaufgebot um den Bahnhof Neustadt herum (s. Foto) und in Richtung Albertplatz schon Eindruck – es gibt aber bislang kaum Anlass zu direkter Konfrontation: Keine Spur von organisierten Rechten, keinerlei Ausschreitungen von links. Dennoch bewegen sich hin und wieder hektisch Mannschaftswagen von hier nach da. Es geht so sachte auf die angekündigten Kundgebungszeiten zu.

Eine kurze Einordnung der Inhalte: Vieles dreht sich darum, ob in Deutschland einfach so Faschistinnen und Faschisten gedacht werden darf. Die Oberbürgermeisterin der Stadt, Helma Orosz, hat den Ausdruck „nationalsozialistische Verbrecherclique“ gewählt, um die Verursacher des Bombardements zu benennen. Das geht „Dresden Nazifrei“ nicht weit genug, schließlich knüpft die Rechte genau an dem Punkt an, dass ja so viele unschuldige Opfer zu betrauern seien – wobei Dresden nun einmal eher ein Hort williger Nationalsozialist/innen war.
Insofern also eine klassische Ausgangssituation: Das Bürgertum und nahe stehende Freundinnen und Freunde der real existierenden sozialen Marktwirtschaft und Demokratie trauert, mahnt und hält sich von Rechts und Links möglichst fern. Eine Linke von Autonomen bis zu Gewerkschaft und SPD sucht die Konfrontation mit der obrigkeitsstaatlichen Interpretation des Gedenktages wie natürlich auch die mit den Rechten. Die Rechte wiederum kalkuliert mit der gemeinsamen Schnittmenge zu Staat und Bevölkerung, indem sie vor allem Opfer- und Trauerhaltung einnimmt.
Nach einigem gerichtlichen Vorgeplänkel wird – stärker als in Dortmund im letzten Jahr – mit viel Bewegung zu rechnen sein: Ausgerechnet im an Gedenkstätten reichen Neustadt-Viertel könnte es zu Zusammenstößen kommen. Zusätzliche Brisanz erhält das Wochenende durch die Tatsache, dass in Sachsen neuerdings erprobt wird, das Demonstrationsrecht für Rechts gegen Links auch dadurch durchzusetzen, dass im Vorfeld Plakate eingezogen wurden, die zu einer Blockade aufriefen (s. Foto oben). Weitere Informationen auch hier und hier.
Vielen Dank an das tolle Ruhrbüro, vor allem Stefan und Thomas, für wichtige Hinweise und Ergänzungen!
Skandal: Diesmal keine Skandale bei „3 FÜR 7“! Stattdessen ganz hochanständige Tipps, sogar ohne Zeitdruck á la „Da müssen Sie aber unbedingt am Mittwoch um 8 vor der Tür stehen!“. Und ohnehin ist es Museen ja meist eh inne: Das Unaufgeregte, zumindest großteils Kontemplative. Die Einordnung, das Mitdenken, das Abgleichen des Gesehenen mit eigenen Erfahrungen und Ideen macht den Gewinn aus, nicht oder weniger das „Berieseln lassen“. Obwohl: Da gibt es schon einiges, mit dem die Besucher sich zuerst einmal verwandt machen müssen, bei: „Damenwahl!“, „Das Große Spiel“, „Europäische Jugendkunstausstellung“.
Jürgen Rüttgers hat’s gut, Angela Merkel hat’s gut: Rechts und links nur willige Juniorpartner, und wer das nicht ist, also Die Linke, treibt ihnen ebenjene geradezu ins Himmelbettchen. Heute und morgen also Landesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90 / Die Grünen in Essen. Kann sich die Koma- sorry Klimakanzlerin auf gut aufgestellte und – im Gegensatz zur FDP – regierungsfähige Koalitionspartner freuen? Dazu die nächsten Stunden live und mit Updates aus der Messehalle West der Gruga.


Der Autor dieser Zeilen: ist betroffen. Denn er: hat vielleicht Übles bewirkt. Schrieb er nicht letztens 
Irgendjemand gerät immer in den Bann einer neuen Persönlichkeit im Umfeld der Jugendlichen. In Band eins gerät ein Norbert an Eisenheinrich und Magda. In Band zwei lernt Murat einen Harun kennen. In Band drei trifft Ben Nele und Randale wieder. Und: Hinter all jenen Jugendlichen stecken immer Erwachsene, die die (lokalen) Fäden ziehen: Kameradschaftsführer Müller, der Nazikram verkauft. Der fundamentalistische Prediger. Die linksradikale Studentin. Überhaupt, das Frauenbild: Ayshe ist die sorgsam, aber nicht über-emanzipierte Edle (mit Kopftuch). Bei Magda und Nele ist nicht festzustellen, warum sie radikal wurden, sie „sind halt voller Hass“ und „auf Ärger aus“. Und bei Eisenheinrich und Randale ist es im Grunde ebenso. Warum in radikale Kreise geraten wird, das zu erklären müssen die jeweiligen „Problemkinder“ der einzelnen Folgen verkörpern – aber das gelingt nur bedingt.
Immer ist dazu übrigens die Schule da, Eltern tauchen nur einmal erklärend in Form von Ayshes Vater, eines demokratischen Muslims, auf. Faktisch verteilen die Rechtsextremen CDs und machen Straßen- und Gesinnungsterror – es siegt aber die Überzahl der Gesellschaft über die Aushilfsarier. Faktisch predigen die Islamisten „Gott über Gemeinwohl“ und machen Gesinnungsterror – es siegt aber der Familiensinn über die institutionelle Einmischung. Faktisch packen die Linksextremen die Jugendlichen bei ihrem Rebellionsgestus und machen Straßen- und Gesinnungsterror – es siegt aber die Einsicht, dass allzu stumpfer Anarchismus nur egozentrischer Sozialdarwinismus ist. Also immer happy end.
Wer aber davon ausgeht, dass auch ein Ministerium nur zu einem Diskurs beitragen kann, aber ganz bestimmt nicht „Wahrheiten“ in Umlauf bringt, wird mit diesen Materialien gut arbeiten können. Und alle sich einem extremistischen Lager zugehörig fühlenden der Leserschaft können auch locker-leicht an die Comics ran: Sie sind natürlich alle viel komplexer als geschildert, subtiler in ihren Methoden und härter bei der Durchsetzung ihrer Ziele. Resultat der Analyse also: Gut ausgegebene Steuergelder, ganz klar Gesellschaft stabilisierend, null elitär, ganz großes „Mainstream der Minderheiten“-Kino, gut in Szene gesetzt von manchmal leider etwas distanziert wirkenden Demokratie-Profis. Aber für Einzelschicksale mit mehr Sex, Drugs, Crime & Rock’n’Roll drin (oder mit mehr Blut und Ehre – oder allem) sind ja auch eher die bewegten Bilder zuständig. Und da wird ja denn auch manchmal besser dargestellt, warum da nicht so einfach herauszukommen ist – oder gar nicht gewollt. Die übersichtliche kleine Welt des Comics – welch idyllisch Plätzchen!
Der Autor dieser Zeilen hier fährt morgen mal für ein paar Tage nach Dresden. Und das ist ja die Stadt, die die Deutschen zur Kulturhauptstadt gewählt hätten, falls man sie gefragt hätte. Wie finden das die RRRuuuh!rrries eigentlich? Ein weiterer Grund, warum man sich schon vor knapp hundert Jahren besser von Restdeutschland hätte abkoppeln sollen – denn Volksabstimmungen in Deutschland bringen eh nur Ärger? Oder nur ein Zeichen dafür, dass es doch ganz gut ist wenn die hiesige Industrie mal ein bisschen Kohle springen lässt, um die wirklich relevanten Abstimmungen zu beeinflussen? Für Hierbleiber: Festland, Emiliana Torrini, Japanische Kampfhörspiele.

Ein Sneak-Preview in das Ruhrmuseum, ein Live-Bericht von der Generalprobe zur Kulturhauptstadteröffnung. Aus dem feinen Pressezentrum im Sanaa-Gebäude (Ex-Designschool), von der Kohlenwäsche (Ruhrmuseum) und der Kokerei (OpenAir-Probe) auf Zollverein. Mit Updates, chronologisch von unten nach oben zu lesen.
First of all I would like to welcome all non-native speakers to this site. (Please pardon my English.) This is a weekly contribution to the media overkill surrounding Ruhr.2010, trying to pick a few (mostly 3) events that may be of interest to the readers of ruhrbarone.de. As (unfortunately) most of you readers live in the Ruhr Area (which means about 6 million people), I will have to switch to the German language now. I hope that by using the offered links any of you will be able to find further information concerning the events I modestly recommend.