Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Ruhr2010: Loveparade gesichert…Der Westen

NRW: Rent a Rüttgers…Spiegel

Städte: Essener Signal…Recklinghäuser Zeitung

Geburtstag: Aldi-Gründer wird vielleicht 90…FAZ

Ruhr2010 II: Design-Kioske…Der Westen

JPMorgan: 2Big2Fail…Frontmotor

Digital: ZugErschwG: Warum ein Aufhebungsgesetz so wichtig ist…Netzpolitik

Ruhr2010 III: La cultura del Ruhr…Hometown Glory

SPD: Gabriel im Interview…Der Westen

SPD II: Für Kraft geht es um die Wurst…Wir in NRW

Müntefering: Comeback im Sauerland…Zoom

Ruhr2010 IV: Bochumer Programmbuch…Ruhr Nachrichten

SPD: Supercooler Gesprächskreis Netzpolitik

spd_waehlenIm vergangenen Sommer war die SPD noch in der Regierung. Da hat sie zusammen mit der CDU die Netzsperren durchgesetzt. Nun hat sie den Oppositionsmodus eingeschaltet und installiert den Gesprächskreis Netzpolitik. Und wir dürfen uns was wünschen.

Jetzt, wo die SPD in der Opposition und die Politik billig ist, haben die Sozialdemokraten die Netzpolitik wieder entdeckt. Ein Gesprächskreis Netzpolitik soll die Partei beraten, den alten Online-Beirat ersetzen und für Credibility sorgen. Gesetzte Mitglieder: Sascha Lobo, der immer dabei ist und vor allem überall. Nico Lumma, der ein eher langweiliges Blog macht (10 Twitter-Tipps), sich aber beschwert, das Blogs langweilig sind und natürlich Brigitte „Was sind jetzt nochmal Browser?“  Zypries. Die war als Bundesministerin eine Anhängerin der Netzsperren, und ist stolze Trägerin des Big Brother Awards – verliehen für ihren Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung. Klar, ein paar, die schon damals mopperten, gehören auch zu dem Gesprächskreis: Thorsten Schäfer-Gümbel oder Björn Böhning.

Aber es gibt einen guten Grund, warum ich glaube dass der Gesprächskreis nicht viel mehr als eine ziemlich plumpe PR-Aktion ist und dieser Grund hat zwei Namen: Steffen Reiche und Wolfgang Wodarg. Die gehörten zusammen mit Tauss zu den drei SPD-Abgeordneten, die gegen die Netzsperren stimmten.  Reiche  und Wodarg, sind  heute nicht mehr im Bundestag – Tauss ist auch nicht mehr in der SPD. Er hat nach Kinderporno-Vorwürfen und der Zustimmung der SPD zu den Netzsperren die Partei verlassen und ist mittlerweile in der Piratenpartei.

Hätten die Sozialdemokraten Reiche oder statt Zypries in diesen Beirat gesetzt, es wäre ein Zeichen gewesen. Immerhin, der Mann hat ein Rückgrat. Haben sie aber nicht. Weil dieser Gesprächskreis nicht anderes machen soll, als der SPD dabei helfen, gut auszusehen. Und dabei sollen wir alle helfen:   Heute noch haben wir die Möglichkeit als „Community“, drei Personen vorzuschlagen, die in dem Kreis mitmachen dürfen. Damit es noch besser aussieht – so mit „wir sind ein Teil der Generation C64/Atari/VC20 oder irgendein anderer, alter, schangeliger Rechner.“ OK. Wenn man mich fragt, antworte ich: Meine Vorschläge für den SPD-Gesprächskreis lauten Wolfgang Schäuble, Ursula von der Leyen und Stephanie zu Guttenberg.

Ich habe auf vorwärts.de auch noch kommentiert, nachdem ich dort meine drei Helden vorgeschlagen hatte. Nichts wildes: Nur dass ich die  drei vorgeschlagen habe und finde, dass wenn die dabei sind, zusammen wächst was zusammen gehört. War wohl für die Genossen etwas zu viel. Der Kommentar wurde erst nicht freigeschaltet. Mittlerweile ist er es – meckern hilft ja manchmal. Ach, die Spezialdemokraten sind schon supercool im Netz unterwegs.

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

ruhr2010losRuhr2010: Rubbell los mit dem Rubbelllos…Hometown Glory

NRW: CDU-Wüst sieht wenig Gemeinsamkeiten mit den Grünen…Zeit

NRW II: NPD macht auf Pro NRW…taz

Nazis: Von Dresden lernen…Bo Alternativ

Loveparade: Jetzt mit ohne Duisburger Geld…Der Westen

Online: Jugendmedienschutz-Staatsvertrag 3.0: War doch nicht so gemeint!…Netzpolitik

Steuer-CD: 572 Selbstanzeigen in NRW…RP Online

Dortmund: Stüdemann zum Kämmerer gewählt…Ruhr Nachrichten

Wirtschaft: Schlaue Füchse, die Metaller…Weissgarnix

Ruhr2010: Hans Werner Henze – Rosen und Revolutionen…xtranews

Wirtschaft II: Let the Greeks ruin themselves…Economist

Umland: Langweilige Linke…Zoom

IT: 20 Jahre Photoshop…Welt

Werbung
Werbung


Waldorf-Kritik: Wenn das Licht ausgeht

hackenSeit Monaten wird bei uns immer wieder über Waldorfpädagogik und Anthroposophie gestritten. Unser Gastautor Valentin Hacken ist Vorstand der WaldorfSV, der bundesweiten Schülervertretung der Waldorfschulen,  Schüler der Freien Waldorfschule Offenburg und widerspricht in seinem Beitrag denThesen unseres Stamm-Gastautors Andreas Lichte.

Rudolf Steiner hat mit der Entwicklung der Anthroposophie und den daraus entstandenen Bewegungen in Wirtschaft, Kunst, Medizin, Pädagogik, Landwirtschaft und Forschung erstaunliches angestoßen. Nach knapp hundert Jahren sind viele Ansätze immer noch bemerkenswert aktuell, sind zeitlos, während andere als Kind ihrer Zeit heute keine Berechtigung, keinen Sinn mehr haben.

Die Waldorfschulbewegung verantwortet also einen Teil des „anthroposophischen Erbes“, den Teil, welcher die ersten Entwicklungen der Waldorfpädagogik enthält. Der allgemeine Diskurs über die Anthroposophie oder Steiner ist an den Waldorfschulen falsch aufgehoben, genauso wie bei den biologisch-dynamischen Landwirten oder den Eurythmisten, der Diskurs über Anthroposophie ist am besten bei genuin anthroposophischen Einrichtungen, etwa der Rudolf-Steiner-Nachlassverwaltung oder der Anthroposophischen Gesellschaft verortet.

Die Auseinandersetzung mit Rudolf Steiner ist allein schon wegen der Ausmaße seiner Gesamtausgabe, über 300 Bände, keine einfache Aufgabe. Um sich dabei nicht auf querlesende Kritiker oder interne Untersuchungen verlassen zu müssen, beauftragte die Anthroposophische Gesellschaft in den Niederlanden eine Kommission unter Leitung des international renommierten Menschenrechtsanwalts Th. A. van Baarda mit der Prüfung der Rassismusvorwürfe. Quantitativ handelt es sich in über 89.000 Seiten um 67 nach Bewertung der Kommission diskriminierende Aussagen. In der Analyse des Gesamtwerkes kam die Kommission zu der Ansicht, dass Rudolf Steiner definitiv keine rassistischen Ansichten vertrat; entsprechende Äußerungen Steiners gibt es zur genüge.

Die Freien Waldorfschulen haben mit der Stuttgarter Erklärung klargestellt, dass sie sich gegen jede Form von Rassismus und Nationalismus stellen, auch in dem Bewusstsein, dass heute Passagen aus Steiners Werk dem nicht mehr entsprechen. Damit ist die Forderung, die Waldorfschulen sollten sich von Rassismus in Steiners Werk lossagen, haltlos.

Herrn Lichtes Kniefall vor einzelnen Personen wie etwa Herrn Ravagli, den er zum „Chefideologen“ stilisiert, will ich mich nicht anschließen. Ich erlebe als Vorstand der WaldorfSV einen kritischen, offenen Dialog der gerade davon lebt, ohne Chefideologen auszukommen. Dabei sind auch neue Entwicklungen wie etwa die Waldorflehrerausbildung in Witten-Annen oder die Ansätze Rüdiger Iwans zu nennen.

In der Waldorfschulbewegung vollzieht sich derzeit ein spannender Prozess, die Waldorfschulen können bald auf hundert Jahre Geschichte und Tradition blicken, von der Gründung der ersten Schule, Schließung durch die Nationalsozialisten, Neugründung und weltweite Expansion. Wer sich in der Waldorfbewegung auskennt, sieht die derzeitigen intensiven Bemühungen um eine Erneuerung der Pädagogik an Stellen, an denen Traditionen geistesgegenwärtiges Handeln ersetzt haben, um ein neues Greifen und Prüfen der pädagogischen Grundsätze, um eine erneuerte Waldorfschule, die ihren hundertsten Geburtstag ganz auf der Höhe der Zeit feiern kann.

Andreas Lichtes Behauptung, die wichtigste und einzige Qualifikation eines Waldorflehrers bestünde darin, Rudolf Steiner bedingungslos zu verehren ist Quatsch, der sich mit der Wirklichkeit der deutschen Waldorfschulen nicht deckt. Ich beobachte ein sich immer stärker kritisch differenzierendes Verhältnis gegenüber Steiner. Im Übrigen erstaunt es mich immer, außerhalb der Waldorfschule mehr über Steiner sprechen zu müssen als in der Waldorfschulbewegung, hier werden Debatten lieber über Pädagogik, Methodik und Umsetzung geführt.

Genauso wenig richtig ist die Behauptung, Eltern an Waldorfschulen würden nicht über den anthroposophischen Hintergrund der Schule informiert. Diese Information ist kein Geheimnis und in allen Publikationen zu finden, an den Schulen zudem Thema vieler Elternabende, allein schon unter dem Aspekt, dass Pädagogen in der Schule nichts ausrichten können, was nicht zuhause gelebt wird.

Um der Reihe der Richtigstellungen gleich einen weiteren Punkt anzufügen, nein, Anthroposophie wird an der Waldorfschule nicht unterrichtet. Diesen Vorwurf aus Heften zu konstruieren, welche zeigen, dass Waldorfschülern in den ersten Jahren Sagen und Mythen, aber auch das alte Testament erzählt werden ist reichlich unoriginell.

Dass sich die Prüfungen für Waldorfschüler in einigen Bundesländern minimal von den Prüfungen der staatlichen Schulen unterscheiden ist richtig, von einem einfacheren „Lex Waldorf“ zu sprechen hingegen falsch. In Bundesländern mit Zentralabitur legen dies auch die Waldorfschüler ab. Teils werden einige Inhalte, z.B. in den Realschulprüfungen dem Lehrplan der Waldorfschule auf einem gleich komplexen Level angepasst, hierüber wachen die zuständigen Ministerien.

Doch Herr Lichte unterstellt den Waldorfeltern nicht nur, ihre Kinder durch einfachere Prüfungen zu schicken, sie seien vor allem hinter dem „Vorteil“ der „ausländerfreien Zone“ her. Davon abgesehen, dass eine „ausländerfreie Zone“ nicht nur als Wort ein Anschlag ist, ist sie selbstverständlich kein Vorteil. Es ist, mit Verlaub, auch albern einer internationalen Schulbewegung mit solchen Argumenten zu kommen. Die Waldorfschulen mühen sich aktiv auch verstärkt pädagogisch wirksame Angebote für Kinder mit Migrationshintergrund zu finden, ein Beispiel hierfür ist die interkulturelle Waldorfschule Mannheim.

Wo es an Fakten fehlt scheint auch das Erfinden offenbar nicht weit, der Spruch den Herr Lichte „den Waldorfschülern“ in den Mund legt, „Und reicht es nicht zum Straßenkehrer werd ich eben Waldorflehrer“ begegnet mir hier das erste mal, vermutlich wird er von der gesamten Schülerschaft vor dem Bundesschülerrat geheim gehalten.

Einen anderen Spruch, wenn auch nicht sehr vornehm, teilen sich Waldorfschüler und Schüler aller anderen Schulen, „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Klappe halten!“

Wenn ich mich recht erinnere war es eine Sequenz des Films „Wie gut sind Waldorfschulen wirklich“ in dem eine Mutter berichtete, sie sei ganz entsetzt gewesen, was mit ihrem Kind geschieht, sie dachte das wäre eine „normale Schule“ nur mit ein bisschen Tanzen zusätzlich. Die Waldorfschulen wecken als stark idealistische, andersartige (doch gleichwertige) Einrichtungen immense Erwartungen welche in Mischung mit Unkenntnis erhebliche Falltiefe an Enttäuschung und Wut erzeugen können. Dem gilt es mit stärkerer Kommunikation pädagogischer Konzepte, aber auch mehr Verantwortung auf Seiten der Eltern entgegen zu wirken.

Als Schüler und Vorstand der WaldorfSV – Bundesschülerrat der Freien Waldorfschulen erwarte ich einen verantwortungsvollen Dialog zu Bildungsfragen mit fachkundigen Beteiligten. Bildungsfragen sind Freiheitsfragen, Waldorfpädagogik im Dialog mit den Erziehungswissenschaften ist für mich ein wichtiger Beitrag zu einer menschenwürdigen Pädagogik welche die Person mit all ihren Ebenen wahrnimmt.

Andreas Lichte disqualifiziert sich mit seinen Argumentationen, welche keiner Korrektur in einem Deutschunterricht standhalten würden für diese zukunftswichtige Aufgabe selbst.

Westerwelle Streit: Kein brauner Sumpf in Sicht

westerwelle_public_domainNoch blöder als Karneval ist kein Karneval. Und kein Karneval fängt am Aschermittwoch an. Den gibt es selbstverständlich auch in der Politik, wo er – wie sinnig – politischer Aschermittwoch heißt. Die ganze Veranstaltung kommt aus Bayern. Das Copyright für diesen Event hat eigentlich die CSU, in Person des unvergessenen Franz-Josef Strauß. Von unserem Gastautor Werner Jurga

Im Laufe der Zeit hat sich die Bierzelt-Politik epidemisch auf die anderen Parteien ausgebreitet, teilweise sogar auf Orte außerhalb des bajuwarischen Freistaates. Allerdings: die Top-Veranstaltungen aller Parteien finden auf bayrischem Boden statt. Und die besten, weil die eigentlichen und unerreichbaren, sind nun einmal die Christsozialen.

Horst Seehofer, als ihr Vorsitzender sozusagen der Statthalter Franz-Josefs auf Erden, hatte dann auch den Volltreffer des Kein-Karneval-Auftakttages, als er das Palaver, das seit einer Woche die politische Debatte des Landes zu beherrschen scheint, einordnete als „Kein Tsunami, nur eine Westerwelle“. Kein Karneval scheint doch nicht so schlecht zu sein.

Man empörte sich nach Kräften über Westerwelles Gastbeitrag in der „Welt“ zur Altweiberfastnacht. Am letzten Donnerstag, also den 11. Februar 2010, gab der FDP-Vorsitzende zum Besten: „Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.“ Dies ist der meist zitierte Satz aus dem auch ansonsten abgrundtief langweiligen Beitrag.

Ich wurde jedoch den Eindruck nicht los, diese Weisheit wie auch jeden anderen Baustein aus diesem die Republik in ihren Grundfesten erschütternden Dokument schon einmal irgendwie, irgendwo und irgendwann von Deutschlands Freiheitskämpfer Nummer Eins vernommen zu haben.

Spiegel Online war jetzt so freundlich, einen Blick in die Archive zu werfen; und siehe da:

■ Westerwelle im September 2003 in der „Welt am Sonntag“: „Die deutsche Politik trägt mittlerweile Züge der Dekadenz. Auf der ganzen Welt werden die Wohlstandschancen verteilt, das Wirtschaftswachstum ist höher als bei uns. Und wir gewähren Viagra auf Sozialhilfe.“

■ Im November 2003 im „Focus“: „Die deutsche Politik – die Politiker und die Meinungsmacher – hat mittlerweile einen ordentlichen Schuss Dekadenz.“

■ O-Ton Westerwelle in einem Interview mit der „Wirtschaftswoche“ im Dezember 2006: „Die deutsche Politik hat Züge von Dekadenz. Anstrengungsloses Einkommen den Menschen und anstrengungslosen Wohlstand der Nation vorzugaukeln, war schon der Grund für den Untergang des Römischen Reiches.“

■ In der „Bild“-Zeitung im Juni 2007: „Es ist dekadent, der Bevölkerung vorzugaukeln, es gäbe Einkommen ohne Anstrengung.“

■ Im Mai 2008 in der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich halte es für dekadent, dass in unserer Gesellschaft das Soziale mit dem Staatlichen gleichgesetzt wird, und dass nur derjenige als mitfühlender Mensch gilt, der für staatliche Umverteilung ist.“

Noch nicht im „Welt“-Text hat sich der Gedanke befunden, dass diejenigen, die arbeiten, mit anderen Worten: die „Mittelschicht“ die „Deppen der Nation“ seien. Den hat Westerwelle in den folgenden Tagen dann noch draufgelegt. Den Gedanken, sollte es sich dabei um einen handeln. Gedanke oder nicht – egal: auch dieser Spruch ist alles andere als neu. Ich hatte ihn bereits vor zwei Jahren vernehmen können.

Zeit Online bringt eine dpa-Meldung, derzufolge der SPD-Vorsitzende über die CDU-Vorsitzende gepoltert habe, Merkel sei eine «Biederfrau bei den Brandstiftern», weil sie Westerwelle Benzin habe ins Haus tragen lassen und sich nun wundere, dass der Dachstuhl brennt.

Man möchte meinen, es müsse am Bierzelt von Vilshofen liegen, dass Sigmar Gabriel in der Wahl seiner Metapher so grässlich daneben liegt. Dass er in der zurückliegenden Woche wiederholt meinte, sich in dieser Sache auf Max Frischs Klassiker beziehen zu dürfen, muss nicht unbedingt dagegen sprechen. Es war ja die ganze Woche Karneval; da hat er gewiss nie die Einladung zum Bier so einfach ablehnen können.

Hannelore Kraft, Vorsitzende und Spitzenkandidatin, wusste freilich gleich, was die Stunde geschlagen hat. Frischs Brandstifter stehen metaphorisch für die Nazis. Nur: so verschwurbelt, wie es der Sigmar bringt, kapiert das mal wieder bestimmt kein potenzieller Wähler an Rhein und Ruhr. Also gibt Hannelore, die Wahlkämpferin, gleich einmal so richtig die Kante: Westerwelle fischt im „braunen Sumpf“. Das sitzt.

Frau Kraft ist also der Auffassung, Westerwelle habe in seinem Gastbeitrag für die „Welt“, wie man heute so sagt: „rechtspopulistische“ oder, wie ich sagen würde, faschistoide Thesen vertreten. Nun gut, es handelt sich nicht um einen Geheimtext; noch mal: Sie finden ihn hier.

Sollten Sie sich dieses Westerwellersche Standard-Gelaber nicht antun wollen, was ich verstehen könnte, lassen Sie es sich gesagt sein: da ist mittendrin dieser eingangs zitierte Satz. Davor und dahinter dieses seit Jahren bekannte neoliberale Zeug. Was da nicht ist: irgendetwas Braunes. Irgendetwas, das nur entfernt Assoziationen an Blut und Boden, an Deutschtümelei oder Herrenrasse zuließe. Nichts, gar Nichts.

Westerwelle ist bekennend lebender Schwuler, Westerwelle hat die Revanchistin Steinbach in ihre Schranken gewiesen, Westerwelle hat mit dem Rechtspopulismus nichts zu tun. Was sollen also diese unqualifizierten Andeutungen?

Seit wann wird im „braunen Sumpf“ der Kapitalismus über den grünen Klee gelobt? Westerwelle und seine FDP sind fest im Westen verankert; dort, wo er die USA kritisiert hat, befand er sich im Einklang mit den Sozialdemokraten. Dass er vor Jahren Möllemanns antisemitische Hetze laufen ließ, ist wahr. Aber eben auch: Vergangenheit. Außenminister Westerwelle hat seinen ersten Staatsbesuch in Israel absolviert, und zwar einwandfrei.

Westerwelle ist ein wirtschaftliberaler Politiker. Er hat die FDP auf seinen marktradikalen Kurs eingeschworen. Die gegenwärtig ungünstige politische Situation versucht er, durch eine Offensive der Sprüche zu „drehen“. In der Berliner Koalition droht die FDP auf zentralen Feldern zu scheitern. Fliegt sie aus der Landesregierung in NRW heraus, ist Westerwelle gescheitert. Schwarz-Grün erscheint als Schreckensbild am Horizont: die FDP droht zur Politsekte einiger kapitalistischer Radikalinskis zu werden.

Dass in dieser Situation führende Sozialdemokraten Westerwelle Vorwürfe machen, die vollkommen an der Sache vorbei gehen, gibt erstens kein gutes Bild ab und könnte sich zweitens bitter rächen. Denn es dauert noch eine ganze Weile, bis in NRW gewählt wird. Warum sollte es Westerwelle bis dahin nicht schaffen zu erläutern, dass seine Gegner hier wahlkampfgetrieben unsachlich „argumentieren“?!

In der Sache geht es um das Lohnabstandsgebot, das von niemanden in Zweifel gezogen wird. Diesem Gebot kann man dadurch gerecht werden, indem die Löhne erhöht oder aber die Hartz-Vier-Leistungen gesenkt werden. Oder indem flächendeckende Mindestlöhne eingeführt oder aber die Steuern gesenkt werden.

Westerwelle steht nicht mit leeren Händen da; er hat Zeit, und er weiß das. Daraus resultiert seine Unerbittlichkeit. Deshalb macht er Fehler. Ihm jetzt mit eigenen Fehlern zu antworten, ihm zu folgen auf dem Weg der Nervosität, der Verbissenheit und der dramatisierenden Propaganda, würde Westerwelle ziemlich früh die Umkehr zu seinem – neulich äußerst erfolgreichen – Steuersenkungs-Pop ermöglichen.

Westerwelle sagt es nicht offen; aber es ist klar. Und viele in der Union machen wenig Hehl daraus, dass sie es letztlich genauso sehen: die Hartz-Vier-Sätze sollen gesenkt werden. Im NRW-Wahlkampf sollte es um die Frage gehen, ob die Leute dies auch wollen. Oder ob sie das Lohnabstandsgebot durch flächendeckende Mindestlöhne und allgemein durch eine expansive Tarifpolitik gewährleistet wissen wollen.

Man lese und staune: die überwältigende Mehrheit ist gegen eine Politik der Steuersenkungen. Warum auch immer. Und dieser Mehrheit liegt auch das Lohnabstandsgebot sehr am Herzen. Hieran gilt es anzuknüpfen. Das Gerede über den „braunen Sumpf“, in dem sich Westerwelle angeblich bewege, geht auch insofern in eine völlig falsche Richtung. Und ganz unabhängig davon: es gehört sich nicht.

Ruhrpilot – Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

forum_mh Ruhrgebiet: Mentalitätswechsel durch Architektur?…Exportabel

Pleite: Kündigt Dortmund Sozialarbeitern?…Der Westen

Pleite II: Bochum hat gar nix mehr…Der Westen

Pleite III: Schlosstheater Moers vor dem Ende…RP Online

VRR: Streit um Bahn-Vertrag…RP Online

Film: Frauenwunder…Gelsenkirchen Blog

Kunst: Anton Stankowski…Hometown Glory

Social Media: Schelme wie wir…Blogbar

Ruhr2010: RuhrHochDeutsch…Ruhr Nachrichten

Online: Demo gegen Netzsperren…Netzpolitik

Dortmund: Langemeyer möchte nicht Alt-OB werden…Der Westen

Recht: Keine Kreuze im Gericht?…Law Blog

Internet: Studenten testen Apps…Ruhr Nachrichten

Werbung
Werbung


Apple kommt ins Ruhrgebiet

appleApple-Stores gibt es in Deutschland in Hamburg, München und Frankfurt  – und bald im Ruhrgebiet.

Denn offensichtlich plant Apple einen Store im CentrO in Oberhausen. Mitarbeiter werden schon gesucht. Ich hoffe der Store öffnet im Sommer – ich stelle es mir blöd vor, vier Nächte im Schnee zu schlafen, nur um die Eröffnung mitzuerleben.
Via Macwelt