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Erst mal prüfen…

Schnell aber sorgfältig will Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz der Frage der verschwundenen Kassenbelege und der nicht korrekten Ausschreibungen nachgehen.
Ottilie Scholz Foto: Stadt Bochum
Irgendwo ist da diese Hoffnung, dass alles nur ein böser Traum ist, der sich in Nichts auflöst: "Es kann sein, dass auf die Stadt keinerlei Kosten zukommen. Wir werden alle Unterlagen prüfen und dann mit dem Regierungspräsidenten verhandeln, und ich strebe an, dass wir möglichst wenig zahlen, vielleicht sogar gar nichts. Aber erst einmal muss alles geprüft werden. Es ist noch viel zu früh von einem "Fall" zu reden."
Kurzfristig hatte Bochums Oberbürgermeisterin heute zu einer Pressekonferenz eingeladen. Thema: Die drohende Rückzahlung von Fördergeldern in zweistelliger Millionenhöhe an das Land. Der Rechnungshof hatte bei einer Überprüfung der Abrechnung einer Baumaßnahme aus den späten 80er und frühen 90er Jahren, der Westtangente, fehlende Kassenbelege und nicht korrekte Ausschreibungen bemängelt.
"Wir sollten uns alle überlegen, ob wir nicht mit Urteilen warten, bis wir wissen, wie die ganze Sache ausgeht", appellierte Scholz an die Journalisten im Zimmer 103 der getäfelten Oberbürgermeisteretage des Bochumer Rathauses. Und um zu wissen, wie alles ausgeht soll erst einmal geprüft werden: Warum sind die Unterlagen nicht da? Wer ist verantwortlich? Bei wem lagen welche Unterlagen? Um welche Summen geht es überhaupt? Der Bericht des Landesrechnungshofes ist für Scholz nicht viel mehr als die "Meinung eines einzelnen Prüfers" – und die Stadt, sagte die OB, könnte durchaus aus guten Gründen zu einer anderen Meinung kommen. "Am Ende werden wir mit dem Regierungspräsidenten verhandeln." Und wenn das zu nichts führt, müsse man weiter sehen. Weitersehen – das könnte eine Klage vor dem Verwaltungsgericht werden, wenn die Stadt mit der Summe, die eventuell zurückgezahlt werden muss, nicht einverstanden ist.
Alles, das wurde heute klar, wird noch sehr lange dauern: Es können noch Jahre vergehen, bis endgültig feststeht, ob und wie viel Bochum zurückzahlen muss. Und es werden noch Wochen vergehen, bis man Näheres zu den Vorfällen um die verschwundenen Akten weiß. Scholz: "Alles steht jetzt unter dem Eindruck des Wahlkampfes." Aber der ist in sechs Wochen zu Ende – unwahrscheinlich, dass bis dahin überhaupt irgendetwas klar ist. Wenn es aber soweit ist, will Scholz die Sache erklären und sich hinter niemandem verstecken: "Das habe ich nicht nötig."
Nötig hat aber wohl der Verwaltungsvorstand eine Art Gruppentherapie, denn miteinander geredet wird wohl nur selten und dann nicht allzu intensiv. Im November hat die OB erfahren, dass der Landesrechnungshof prüft, im Mai, dass es Diskussionsbedarf gibt – allerdings über wesentlich kleinere Summen: "Im Raum stand eine eventuelle Rückforderung von zwei bis drei Millionen." Bei einem Haushaltsvolumen von1,1 Milliarden Euro sah Ottilie Scholz keinen Grund den Rat ausser der Reihe zu informieren. Baurat Kratzsch hatte das in der vergangenen Woche auf einer Pressekonferenz anders erklärt. Der Westen: "Samt Zinsen, verlangt der Rechnungshof, müsste die Stadt weit über 30 Millionen Euro zahlen. Am Mittwoch hatte Stadtbaurat Dr. Ernst Kratzsch in einer Pressekonferenz berichtet, dass er im Frühjahr den Verwaltungsvorstand der Stadt vom Ergebnis der Prüfung unterrichtet habe."
Die OB will sich jetzt erst einmal prüfen lassen und sich selbst ein Bild über die Lage machen – auch über die nicht korrekt ausgeschrieben Aufträge. Denn die unkorrekten Vergaben fielen in eine Zeit, als Scholz noch im Kreis Recklinghausen arbeitete: "Viele der Mitarbeiter, die sich damals mit diesen Themen befasst haben sind heute gar nicht mehr im Dienst."
Interessantes Detail am Rande: Die Chefin des Landesrechnungshofes, Ute Scholle (SPD), ist die Ehefrau des Gelsenwasser-Chefs Manfred Scholle – und Gelsenwasser ist über die Stadtwerke kaum mehr als eine Tochter der Stadt Bochum. Auch über diesen inoffiziellen Weg gelang wohl keine Information an die Stadt.
Ottilie Scholz will jetzt erst einmal Ruhe: "Bochum wird jetzt schlechter gemacht als es ist. Das hat die Stadt nicht verdient."
R.I.P. CompuServe
Tja, ich habe es fast nicht mitbekommen: CompuServe ist offline. Von 94 – 98 war ich Kunde. Am Anfang weil die Datenbanken toll fand (Unvergessen: Magazine Database Plus!) und keinen Web-Zugang über die Uni bekam sondern nur einen Gopher Zugang – am Ende, weil ich immer wieder vergessen hatte zu kündigen. Also: Rest In Peace CompuServe.
Generation Atari!
Ich kann das ganze Gerede von der Generation C64 nicht hören. Das einzige Commodore-Gerät dass ich jemals in meinem Besitz hatte war ein schnöder Taschenrechner. Lange vor dem C64 leuchtete uns hell der Stern von Atari.
Bochum: Alles verjährt?

Beim Bau der Westtangente in Bochum wurden nach Ansicht des Landesrechnungshofes in den 90er Jahren Aufträge in Millionenhöhe nicht ordnungsgemäß ausgeschrieben. Rechtliche Konsequenzen wird das nicht mehr haben.
Denn nach Auskunft der Bochumer Staatsanwaltschaft ist die eventuelle unrechtmäßige Vergabe verjährt – die Vorfälle fanden in den 90er Jahren statt. Im Moment ermittelt die Staatsanwaltschaft nach Angaben ihres Sprechers, Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek, nicht in diesem Fall. Bislang wurde die Staatsanwaltschaft auch nicht vom Landesrechnungshof informiert.
Anders könnte die Sache bei der Löschung der Akten aussehen: Sollten sie absichtlich gelöscht worden sein, könnte das noch rechtliche Konsequenzen haben. Dieser Vorfall ist noch nicht verjährt.
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Nazis wollen gegen Dortmunder Demo-Verbot klagen

Der Dortmunder Polizeipräsident hat die von Neonazis geplante Demonstration am 5. September verborten. Die wollen nun gegen das Verbot klagen.
Die Polizei hatte die für den 5. September geplante Nazi-Demo verboten, weil in den vergangenen Jahren zunehmend als militant eingeschätzte "Autonome-Nationalisten" an rechten Aufmärschen in Dortmund teilgenommen haben. Die wollen nun gegen das Verbot klagen und kündigen auf ihren Internetseiten auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Polizeipräsident Hans Schulze an.
Schulze war in der Vergangenheit oft für seine liberale Genehmigungspraxis bei rechten Aufmärschen kritisiert worden. Erst nach den Krawallen vom 1. Mai, als Neonazis eine DGB-Demo in Dortmund angriffen, kam es zu einem auch von der Politik massiv geforderten Kurswechsel von Schulze.
?Die SPD hat ihre Basis verloren?

Für Forsa-Chef Manfred Güllner stehr fest: Die SPD hat gute Gründe der Kommunalwahl am 30. August mit Sorge entgegen zu sehen. Der Partei fehlen die Kümmerer, die sie einst groß machte.
Rurbarone: Am 30. August finden in NRW Kommunalwahlen statt. SPD-Landeschefin Hannelore Kraft erhofft sich von dieser Wahl ein Aufbruchsignal. Wie schätzen sie die Perspektiven der SPD ein?
Manfred Güllner: Das Problem der SPD ist, dass sie das Vertrauen vor Ort verloren hat. Sie war in NRW stark, weil die Wähler ihr in den Städten vertraut haben. Das lokale Vertrauen war die Basis des Erfolgs der SPD im Ruhrgebiet und in NRW auch bei Landtags und Bundestagswahlen. Das ist heute völlig anders. Bei den Bundestagswahlen schneidet die SPD in NRW noch ganz gut ab, aber bei den Kommunalwahlen ist der Vertrauensverlust spürbar. Das wird auch das Problem der bevorstehenden Kommunalwahl sein. Wir müssen uns dabei aber jede Stadt sehr genau anschauen – die Unterschiede sind sehr groß.
Leidet die kommunale Ebene der SPD in NRW nicht unter dem schlechten Ansehen der Bundespartei?
Nein, das versucht die SPD sich einzureden. Die Entfremdung zwischen der SPD und ihrer Klientel begann in den 70er und 80er Jahren, als sich die Partei akademisierte und anfing, Kommunalpolitik ideologisch zu betrachten. Anstatt sich darum zu kümmern, dass kein Dreck auf den Straßen lag oder die Schulen in gutem Zustand waren, rückte eine Symbolpolitik immer mehr in den Mittelpunkt. Da wurden Städte zu atomwaffenfreien Zonen erklärt und jeder wusste, dass das Nonsens ohne jede Bedeutung war. Oder das immer knapperer Geld wurde nicht mehr für soziale Projekte oder Wohnungsbau ausgegeben, sondern für Konzerthäuser oder wie in Köln in überdimensionierte Müllverbrennungsanlagen. Das wollten die SPD Wähler nicht. Die SPD ist auch heute noch stark, wo sie die Kümmerer hat, die die vielen Sorgen der Bürger vor Ort ernst nehmen und sich für sie engagieren. Ein Problem ist, dass es von diesen Kümmerern immer weniger gibt, ein anderes, dass die SPD viel zu spät gemerkt hat, dass sie Probleme an ihrer kommunalen Basis hat.
Aber das kann man an Wahlergebnissen erkennen.
Nicht immer. Weil die Kommunalwahl 1994 mit der Bundestagswahl auf einen Termin fiel, bekam die SPD, außer in Städten wie Mülheim oder Gladbeck, wo die SPD sich zum Teil unmöglich verhalten hatte, noch sehr gute Ergebnisse. Als dann 1999 Essen, Gelsenkirchen und viele andere Städte an die CDU fielen, glaubten alle, es läge an Schröder. Das war aber zu einfach. Die SPD hat ihre Basis vernachlässigt.
Ist nicht die Politik der Agenda 2010 für den Niedergang der SPD gerade im Ruhrgebiet verantwortlich?
Nur indirekt. Die meisten Menschen, das zeigen Umfragen, haben eingesehen, dass es zur Agendapolitik keine Alternative gab. Aber die SPD stand nicht hinter dieser Politik und das hat sie geschwächt. Damit wurde unklar, wofür die SPD steht. Überall wo die Sozialdemokraten von der Agendapolitik abgewichen sind, haben sie, wie in Niedersachsen, schwere Niederlagen erlitten. Schröders Problem war also nicht, dass die Agenda 2010 in der Bevölkerung unbeliebt war, sondern der mangelnde Rückhalt in seiner Partei. Das war ja auch 2005 seine Begründung für die Neuwahlen.
Wer wird von der Schwäche der SPD profitieren?
Den großen Profiteur wird es nicht geben. Die meisten ehemaligen SPD-Wähler werden nicht zur Wahl gehen – das tun sie nun schon seit langer Zeit nicht mehr. Dadurch werden alle Parteien proportional gewinnen, denen es gelingt, ihre Klientel zur Wahl zu motivieren. Je schwächer die SPD, je niedriger die Wahlbeteiligung, umso wertvoller wird jede Stimme für eine andere Partei.
CDU und Linkspartei profitieren nicht von der SPD-Schwäche?
Güllner: Kaum. Die CDU hat es in NRW nicht geschafft, eine Volkspartei zu werden. Sie ist noch immer sehr stark in ihrer traditionelle klerikalen Klientel verankert – hat aber nur wenig Strahlkraft über dieses Milieu hinaus entwickelt.
Und die Linkspartei?
Im Osten hat sie die Kümmerer, die der SPD fehlen – im Westen hat sie die nicht. Das Personal der Linkspartei besteht hier oftmals aus stadtbekannten Querulanten oder ehemaligen K-Gruppen-Leuten. Für viele ehemalige SPD-Wähler ist das abschreckend.
Wäre die Welt für die SPD bei den Kommunalwahlen nicht einfacher, wenn die Bundespartei gut dastehen würde?
Das ist eine Binsenweisheit. Wenn die Stimmung für eine Partei gut ist, profitiert sie bei allen Wahlen davon. Aber die bundesweite Stimmung ist für die Kommunalwahl nicht entscheidend. Politiker neigen dazu, die Wähler zu unterschätzen. Die können sehr wohl die verschiedenen Wahl unterscheiden und handeln sehr bewusst, sowohl bei der Stimmabgabe als auch bei der Entscheidung, ob sie überhaupt zu Wahl gehen.
Müntefering hat die Nichtwähler unlängst noch als an der Demokratie uninteressiert beschimpft.
Damit macht er es sich zu einfach. Nichtwähler sind nicht automatisch an der Demokratie uninteressiert, sondern sie finden oft kein Angebot, das ihnen passt. Und bevor sie irgendwas wählen, wählen sie dann lieber nicht. Herr Müntefering sollte sich lieber fragen, wie ein Angebot für diese Wähler aussehen sollte, als sie zu beschimpfen.
Wie sehen sie die langfristigen Perspektiven der SPD? Hat sie noch das Personal, um wieder zur alten Stärke zu kommen? Steinmeier scheint ja als Kandidat nicht gut anzukommen.
Zu Steinmeier gibt es keine Alternative. Die SPD hat niemanden außer ihm. Aber das ist ein Problem. Die SPD ist personell ausgezehrt. Sie hat ab Anfang der 80er Jahre ein Nachwuchsproblem – viele eher linke junge Leute gingen damals in die Grünen. Heute, wo diese Generation die Spitzenpositionen einnehmen müsste, macht sich ihre Fehlen bemerkbar. Verschärft wird es auch dadurch, dass ehemalige Juso-Vorsitzender wie Andrea Nahles sich kaum um die Mitgliederwerbung gekümmert haben. Man konnte den Eindruck gewinnen, sie waren ganz froh, dass es nicht viel Konkurrenten um die Posten gab, sicherte das doch auch die eigene Karriere.
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