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‚Bayern-Dusel‘ oder Fehlentscheidung? Die Rückkehr der Diskussionen um den Videoassistenten

Foto: Michael Kamps

Gerade einmal rund 80 gespielter Minuten bedurfte es im Eröffnungsspiel der Fußball-Bundesliga zwischen dem FC Bayern München und der TSG Hoffenheim und der altbekannte Ärger über den Videoassistenten war bei Millionen von Fans im Lande zurückgekehrt.

Dabei bestand doch ursprünglich die vage Hoffnung, dass der Frust in dieser Spielzeit nach dem überraschend problemlos verlaufenen Einsatz dieses technischen Hilfsmittels bei der WM in Russland und einiger Nachbesserungen seitens der Schiedsrichtergilde hierzulande über den Sommer in dieser Saison womöglich deutlich geringer ausfallen könnte.

Doch Pustekuchen! Bereits nach der ersten gespielten Partie diskutiert die Fußballnation abermals über ‚glasklare Fehlentscheidungen‘, Handspiel und den Sinn oder Unsinn des im Vorjahr erstmals eingesetzten Videobeweises. Ein womögliches 1:1 verwandelte sich so am Freitagabend in der Schluss-Viertelstunde unter massiver Einflussnahme des eingesetzten Videoschiedsrichters noch in ein 3:1 zu Gunsten des Titelverteidiger. Sehr zur Verärgerung der Gäste und von Millionen von Fußballfreunden.

Nachdem Frank Ribery mit viel Zutun des Schiedsrichters Bastian Dankert rund 10 Minuten vor dem Ende des Spiels einen Elfmeter herausholte, den auch der VAR (Video Assistant Referee) im Anschluss nicht wieder einkassierte, obwohl es eindeutig kein Foul an dem Franzosen war, traf Robben im Nachschuss zum vermeintlichen 2:1 für die Hausherren (82.). Aus Köln kam in diesem Falle jedoch das Signal, dass der Torschütze zu früh in den Strafraum eingelaufen war. Der Treffer zählte nicht. Robert Lewandowski verwandelte die fällige Wiederholung des eigentlich unberechtigten 11ers diesmal direkt zur glücklichen Führung der zuvor spielerisch wenig überzeugenden Bayern.

Kurz darauf traf der zuvor eingewechselte Ex-Schalker Leon Goretzka dann scheinbar zum vorentscheidenden 3:1. Da der Ball jedoch offenkundig von Müllers Ellenbogen bzw. Hand aus den Weg in die Maschen fand, griff auch hier der vor dem Monitor platzierte Assistent ein und kassierte den Treffer wieder ein.

Von ausgleichender Gerechtigkeit kann hier sicherlich nicht gesprochen werden, da die Hoffenheimer durch den geschenkten Elfmeter für die Gastgeber unverändert mit 1:2 im Rückstand lagen, was sie unverändert mit Risiko auf den Ausgleich spielen ließ, statt ein 1:1 verteidigen zu können.

Dass die Begegnung dann letztendlich sogar noch 3:1 für München ausging, das war erneut Robben zu verdanken, der in der Schlussphase ungerührt all der zuvor geführten hitzigen Diskussionen auf und neben dem Platz zum Endstand einschoss (90.).

Hoffenheim-Coach Julian Nagelsmann kochte verständlicher Weise auch nach der Begegnung noch innerlich: Was mich einfach ärgert, man kann ja eingreifen, nur bei der entscheidenden Szene – beim Stand von 1:1 – greift keiner ein. Warum kriegen die es nicht hin, das in Köln zu entscheiden? Da muss der arme Schiedsrichter vor 77.000 pfeifenden Fans jedes Mal hinrennen und sich die Szene anschauen. Da brauche ich keine 14 Screens in Köln aufbauen. Dann sollen die daheim bleiben und wir bauen hier einen zusätzlichen auf. Ein Screen kostet viel weniger, dann schauen die sich hier die Szene im Stadion an. Dann müssen wir nicht immer hin- und herswitchen.“

Logisch auch, dass man den Abend auf Seiten der Münchener mit den ersten glücklichen drei Punkten der Runde im Rücken etwas lockerer sah. So meinte Thomas Müller, der gefeierte Torschütze der 1:0-Führung aus der ersten Halbzeit, nach der Begegnung im Hinblick auf die Leistungen der Unparteiischen: „Es gab ein paar Situationen, die für den Schiedsrichter nicht ganz einfach waren. Die Handregel ist die weichste Regel im Fußball. Es ist keine Absicht, ich fälsche den Ball ab, ziehe sogar weg. Ich weiß nicht, ob man da abpfeifen muss. … Es ist immer knifflig für den Schiedsrichter.“

Die einen reden heute wieder vom sprichwörtlichen ‚Bayern-Dusel‘, die anderen kritisieren, dass sich der Videoassistent bereits im ersten Saisonspiel einmal mehr als völlig entbehrlich gezeigt hat. Die Diskussionen haben uns wieder.

Man fragt sich, wieso das bei der WM in Russland faktisch kein Thema war, hier in der heimischen Liga aber an nahezu jedem Spieltag?

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Ulrich
Ulrich
5 Jahre zuvor

"A Fool with a Tool is still a Fool".

Das Problem ist meiner Meinung nach nicht der Videobeweis an sich, das Problem ist die fehlende Kompetenz des Schiedsrichters auf dem Platz und des Video-Assistenten in Köln vor dem Monitor.

Den Elfmeter durfte man meiner Meinung nach nicht geben. Ribery hat ohne Berührung mit dem Abwehrspieler abgehoben wie jemand der vom Schwimmbad-Rand einen Bauchklatscher hinlegen will. Das hätte der Schiedsrichter eigentlich auch ohne Video-Assistent angesichts des völlig unnatürlichen Bewegungsablaufs erkennen müssen. Welcher Spieler springt denn mit beiden Beinen, den Armen nach vorne und breit vorgestreckter Brust so ab dass er bäuchlings auf dem Rasen landen muss?

Die Wiederholung des Elfmeters war rein vom Regelwerk her in Ordnung. Sowohl ein Bayern-Spieler als auch mindestens ein Spieler von Hoffenheim sind bereits vor der Ausführung des Elfmeters in den Strafraum eingedrungen. Nur passiert das wohl bei der großen Mehrzahl der Strafstöße. Wenn man dagegen vorgeht dann bitte in Zukunft konsequent und nicht nur einmal pro Saison.

Das wegen Handspiel abgepfiffene Tor hätte ich persönlich gegeben. Mein Eindruck war, Müller wollte dem Ball ausweichen und dreht sich deshalb weg. Allerdings ging dann sein Ellenbogen doch ein wenig heraus, eventuell ein Reflex. Deshalb war das für mich keine klare Fehlentscheidung sondern ein Grenzfall.

Ich halte es für sehr wahrscheinlich dass das Spiel ohne den Strafstoß unentschieden ausgegangen wäre. Nach der erneuten Bayern-Führung musste Hoffenheim aufmachen und die Bayern kamen zu weiteren Chancen. Aber trotzdem waren sie gegen überharte, jedoch nicht sonderlich gute Hoffenheimer keineswegs so überlegen wie das 3:1 suggeriert. Mein Tipp ist, die Bayern werden auch in dieser Saison Meister, aber keineswegs so unangefochten wie in den letzten Jahren.

Ulrich
Ulrich
5 Jahre zuvor

@Robin Patzwaldt: Genau diesen Elfmeter wollte ich eigentlich in meinem Beitrag erwähnen, habe es dann aber gelassen 😉

Allerdings meine ich, Sahin wäre der Schütze gewesen. Und ich bin mir sicher, als der im zweiten Anlauf vergeben hat sind vorher Hoffenheimer Spieler deutlich zu früh in den Strafraum gelaufen ohne dass dies geahndet wurde.

Das Verhältnis zwischen Stark und dem BVB war allerdings auch vorher schon schlecht. Mein Eindruck war, er hat gerade im Westfalenstadion versucht sich durch übertrieben autoritäres Auftreten Respekt zu verschaffen und dabei regelmäßig überdreht hat.

Der Tiefpunkt war seine Rote Karte gegen Schmelzer einige Jahre später obwohl der einen Ball eindeutig nicht mit der Hand, sondern mit dem Oberschenkel abgewehrt hatte. "Hängt sie auf, die schwarze Sau!" oder ähnliche Sprechchöre hatte ich seit den Achtzigern nicht mehr in einem Stadion gehört, und das auch noch nie in der Lautstärke wie an dem Nachmittag. Stark durfte danach längere Zeit keine BVB-Spiele mehr leiten. Und als er dann auswärts in Paderborn wieder ran durfte ahndete er ein ganz übles Knochenbrecher-Foul an einem BVB-Spieler das eigentlich zwingend mit Rot zu bestrafen gewesen wäre nur mit einem Freistoß.

Für mich ist ein Schiedsrichter ein Dienstleister der dafür sorgen muss dass ein Fußballspiel ordentlich abläuft. Bei Wolfgang Stark hingegen hatte ich immer wieder den Eindruck, er hielt sich für den eigentlichen Star auf dem Platz, die Spieler und die Assistenten waren nur die Statisten die ihm seinen großen Auftritt ermöglichen sollten.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
5 Jahre zuvor

Trotz aller Lügen der DFB-Verantwortlichen über die angebliche Akzeptanz und die "gehobene Gerechtigkeit durch Technik", trotz aller "Transparenz!"-Schwüre und trotz aller Tests und Übungsspiele in den letzten 12 Monaten ist das Ding "Videobeweis" weiterhin niemals angekommen, unfertig, fehlerbehaftet und eben so richtig "menschlich", weil letztlich weiter Menschen die eigentlichen Vor-Entscheidungen zum Einsatz der Technik treffen – und das, wie oben in der Diskussion über strafraumstürmende Spieler während eines Elfers schon bewiesen, halt mal so und mal so.

Dass sich Schiedsrichter überdies in ihrer Selbstdarstellung auf dem Platz öfters gründlichst verirren, wenn sie ein Bayernspiel – gegen wen auch immer – pfeifen müssen, ist eine der Merkwürzigkeiten, die Fußball trotz Videobeweis-idiotie manchmal halt doch erlebenswert macht;))

Ulrich
Ulrich
5 Jahre zuvor

Sarkastisch könnte man bemerken dass Wolfgang Stark so eine Rampensau ist dass er sich auch von Köln aus in den Mittelpunkt drängt 😉

Wobei das erste Foul bei genauerer Betrachtung in der Tat übel war. Mit den Stollen voraus auf das Knie des Gegners, das ist zweifellos Rot. Die zweite rote Karte war aber alles andere als eine offensichtliche Fehlentscheidung. In meinen Augen war das kein unkontrollierter Stolperer, der Wolfsburger geht gezielt in seinen Gegenspieler hinein. Man hätte es weil er nicht mit dem Kopf voraus in den Gegner geht sondern "nur" die Schulter einsetzt bei Gelb belassen können, aber Rot war deutlich naheliegender. Deshalb durfte man die Entscheidung meiner Meinung anch nicht zurücknehmen.

Gerhard Otto
Gerhard Otto
5 Jahre zuvor

<strong>Die Rückkehr der Diskussionen um den Videoassistenten</strong>

Eventuell mal den Videoassistenten durch ne Videoassistentin ersetzen … – und wieso sitzt das "Entscheidergremium" eigentlich in einem Kölner Keller?

Man kennt sich, man sieht sich … – Et hätt noch emmer joot jejange.???

Sorry, diese VAR-Nummer kann nur noch satirisch begleitet werden.

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