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Begegnung mit Gott

Christuskirchen Foto: Ayla Wessel/Kulturagentür

Oooh Leute, ich glaube ich muss alles widerrufen. Unglaublich aber wahr. Ich habe, kurz nach dem mein letztes Posting hier geschaltet wurde, Gott getroffen. Oder sagen wir mal, ich bin ziemlich sicher, dass er es war. Er stand auf einmal in meinem Büro. Aus dem Nichts. Sehr elegante Erscheinung übrigens. Allerdings irgendwie androgyn. So ein bisschen wie Karl Lagerfeld, aber viel größer und ohne Sonnenbrille. Und noch viel eleganter, was ja eigentlich gar nicht geht.

Als ich mich etwas gefangen hatte, habe ich ihn spontan gefragt, ob er Gott sei. Er schien von der Frage nicht wirklich begeistert, aber er lächelte und nickte ganz leicht. So wie diese Italowestern Helden meiner Jugend, wenn sie auf die Bösen trafen und wussten, dass sie sie, obwohl die in der Überzahl waren, gleich komplett vermöbeln werden. Alleine. Einer gegen alle. Muss ein tolles Gefühl sein, Leute.

Ich hake nach. „ Wieso willst du ausgerechnet mit einem Ungläubigen sprechen?“ Ja, Leute, ich duzte ihn. Obwohl ich natürlich zuerst Sie sagen wollte. Es hätte ja auch ein Kunde sein können. Obwohl zu der Zeit. Äußerst unwahrscheinlich. Und diese Aura. Der ganze ästhetische Auftritt. Sein Style. Seine Moves eben. Es konnte einfach kein Kunde sein. Er hatte im wahrsten Sinne des Wortes zu viel Ausstrahlung. Sie war irgendwie überlegen aber auch freundlich. Irgendwie väterlich oder auch mütterlich, auf jeden Fall nicht arrogant sondern offen und herzlich.

Er lächelte erneut und sagt, zu meiner Überraschung leicht lispelnd, dass ihm die Gläubigen mittlerweile ziemlich auf die Nerven gehen. Er wolle einfach mal mit einem reden der keine vorgefasste Meinung, ja überhaupt kein Bild von ihm hat. Ohne diesen  Allmächtigkeitsquatsch. O.k.er hätte die Welt, ja das ganze Weltall, wirklich in einer Woche geschaffen, mit eingebautem Ausdehnungsfaktor. Was er, wie man ihm oder ihr ansehen konnte, auch noch im Nachhinein für einen klasse Einfall hielt. Und er wisse natürlich alles, sonst hätte er nicht vor ein paar Tagen mal wieder genauer auf das Ruhrbarone-Blog geschaut.

Aber er wollte, sprach er, endlich raus aus dieser Nummer. Er hätte einfach keine Lust mehr, für alles verantwortlich gemacht zu werden, was auf dieser elend kleinen Weltkugel passiert. Ich konnte ihn sehr gut verstehen. Ich bin Stadtplaner. Ok. ihn konnte natürlich keiner für seine Fehler belangen. Höchster Richter auf immer. Und Henker noch dazu. In einer Person. Das ist juristisch gesehen nicht zu toppen.

Langsam wurde mir klar, wieso er trotz des Lispelns so absolut cool rüberkam. Ihm konnten alle den Buckel runterrutschen. Wirklich alle. Aber er schien ernsthaft  aus der Nummer wieder raus zu wollen. Er hatte irgendwas Betrübtes an sich. Melancholisch und cool zugleich. Wie Alain Delon in seinen besten Schwarz-Weiß-Filmen. Ich muss zugeben, das machte ihn auf eine ganz bestimmte Art sympathisch. Obwohl er mir natürlich gnadenlos überlegen war. Für ihn war ich letztlich ein Nichts. Der Gedanke allerdings kratzte, bei aller Sympathie, dann doch  merklich an meinem Selbstwertgefühl.

Meine tief sitzende Skepsis kam wieder in mir hoch. Wer konnte mir eigentlich sicher sagen, dass er Gott ist. Er konnte mir doch einfach nur was vor machen. Allerdings wenn, dann machte er das ziemlich perfekt. Ich fragte ihn in meiner Beweisnot also nach einem Wunder. Kein großes. Mehr ein spontanes kleines in meinem Büro. Aber doch etwas Unerklärliches. Z.B., dass mein Schreibtisch auf der Stelle leer und all die dort gelagerte Arbeit getan sei. Das war ein Fehler Leute. Ich  merkte es zuerst an seinem Gesicht, dann an seiner gesamten Köperhaltung. Er war auf einmal stinksauer.

Seine weiblichen Anteile ließen rapide nach. Ich glaube sogar, dass er ganz spontan seine Fäuste ballte. An den Händen war übrigens kein einziger Ring. Er trug überhaupt keinen Schmuck. Da war er das Gegenteil von Karl L., dem selbstverliebtesten  lebenden Bleistift seit Menschengedenken. Aber dann riss er sich zu meiner Verwunderung urplötzlich wieder zusammen. Der Typ hatte sich voll im Griff. Aber er litt doch sichtbar darunter. Es kam fast stöhnend,aber nichtsdestotrotz laut und deutlich, zwischen seine Lippen hervor: „Immer wollen die Menschen Wunder. Ich kann es nicht mehr hören.“

Ich sah  eine Chance aus der selbst gestellten Falle wieder rauszukommen. „Ich habe noch nie an Wunder geglaubt“ sagte ich etwas zu laut. Er stutzte, ich dachte: wieder ein Fehlschlag. Er dachte einen Moment nach und dann lachte er. Wirklich, er brüllte vor Lachen und strahlte dabei über das ganze Gesicht. Und dann kamen nur diese 3 Wörter. „Ich auch nicht“. Jetzt war ich von den Socken, Leute. Verdammt von den Socken. Ihr könnt das sicher verstehen. Der bekanntlich größte Wundertäter aller Zeiten glaubte selbst nicht dran.

Und dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Klar Leute, wer alles weiß, kann doch nicht an Wunder glauben.  Der weiß doch wie die Sachen wirklich laufen. Auch seine eigenen. Besser als wir alle zusammen. Der Kerl, obwohl, beim Lachen war er trotz der Lautstärke irgendwie wieder ganz weiblich, also dieser, ja was nun? Ok. Ich nenne ihn jetzt einfach mal Gott. Also   d i e s e r  Gott  hatte was Erstaunliches. Und andere kenn ich ja noch nicht.

Gott sei Dank – ich weiß, das klingt in dieser Situation wirklich etwas komisch – ich hatte auf jeden Fall die Kurve gekratzt. Ich traute mich endlich zu fragen, was er denn nun wirklich wolle, also speziell von mir wolle. „Einfach nur mal reden“, sagte er. „Ganz relaxt. Nicht immer dieser Glaubenskram.“ Ihm wäre es sowas von egal, ob Jemand an ihn glaubt oder nicht glaubt. Oder wie man ihn nennt. Er wäre doch letztlich eine Art „Staatenloser“. Er hätte keinen Pass, also auch keinen Namen. Er fand das anscheinend witzig. Offensichtlich kannte er keine richtigen Staatenlosen, oder sie interessierten ihn nicht.

Aber klar, er brauchte keinen Pass, dachte ich. Er kam so oder so überall hin. Ohne Stempel. Ohne Bürokratie. Ohne Kontrolle. Ohne Steuern und Gebühren  zu bezahlen. Klasse Leben. Natürlich war ihm egal ob man ihn liebt oder nicht. Gott, hat ausgesorgt. Und nicht nur bis zu seinem Lebensende wie unsere letzter Bundespräsident. Auf immer und ewig. Nein, Ihm konnte keiner was. Auch keine piefigen Hannoveraner Staatsanwälte.Aber bei mir müssen wenigsten meine Kunden an mich glauben. Sonst verdien ich nix und kann keine Steuern bezahlen. Aber Gott? Kundenbindung? Da steht der drüber. Sowas von weit drüber.

Also redeten wir. Stundelang. Über alles und Nichts. Kein Wort über Religion, Glauben und ähnliches. Nicht religiös? areligiös? Neutral religiös? Antireligiös? schwer religiös? leicht religiös? Solche Fragen gingen ihm komplett am Arsch vorbei.  Also hatten wir einen klasse Abend. Er oder Sie trank eine Menge. Nur Öko-Wein allerdings. An dem Ökosiegel, Leute, muss wohl doch was dran sein. Aber der Kerl, sorry, der Gott, die Göttin, was auch immer, wurde einfach nicht betrunken. Ich dagegen war irgendwann komplett im Nirwana. Und als ich wieder aufwachte, war er, sie, wer, was auch immer weg. Kein Brief, kein Nichts. Nur leere Flaschen.

Ich wusste nicht mal mehr ob das alles stimmte, was ich da erlebt hatte. Aber, wie gesagt, Leute, es ist nie zu spät zu glauben, oder? Zumindest an sich selbst? Also mein letztes Posting, ich glaube wirklich, dass ich es widerrufen muss. Obwohl….davon hat er nichts gesagt. Nicht eine blöde Bemerkung zu den Ruhrbaronen. Außer, dass er ab und zu mal reinschaut. Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein. Das war in der Phase in der ich ihn nur noch verschwommen sah.

Da schaute er übrigens ein bisschen wie meine Mutter aus. Eine tiefgläubige Katholikin. Die schon, zumindest nach ihrer eigenen Auffassung, länger im Himmel ist. Was ich ihr aus vollem Herzen gönnen würde. Also Er, Gott meine ich jetzt wieder, hätte fast mal bei uns kommentiert. Aber dann hat er nicht gewusst unter welchem Namen und hat es gelassen. Obwohl, wer weiß. Vielleicht hat er ja doch…. unter Decknamen. Zuzutrauen wäre es ihm. Oder wer oder was auch immer es war, dass mir da erschienen ist.

Obwohl, wenn es jetzt doch ein Kunde war, der nur zum Scherz mitgespielt hat. Nicht auszudenken. Was sage ich dem, wenn der nochmal anruft?

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Frank
Frank
12 Jahre zuvor

Hmmm, bei der letzten Sichtung wirkte er auch etwas angespannt. Siehe Beweisfoto hier:
https://web.de/magazine/unterhaltung/comic/perscheid/index.html#/cid10929676/2

Hat er seine Nummer dagelassen?

Studentin
Studentin
12 Jahre zuvor

Schick den Typen doch mal an der Ruhr-Uni vorbei. By the way: Lasterhaft, ist das ein Alleskleber für Trucker?

Arnold Voß
Arnold Voß
12 Jahre zuvor

Könnte gut sein. Es gibt aber noch eine andere Bedeutung. Wenn ich jetzt z.B. wegen dieses Artikels in Haft genommen würde. Das wäre eine Lasterhaft und ich selbst wäre dann ein Lasterhäftling.

Obwohl, es gibt Länder in denen man für so einen Artikel wirklich ins Gefängnis kommt. Im Iran z.B.. Da gibts dann garnichts mehr zu scherzen.

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[…] ihr wisst Leute, hatte ich schon mal eine Begegnung mit Gott. Glaube ich zumindest.  Aber ich habe es bislang für völlig unmöglich gehalten, dass er noch mal auftauchen könnte. […]

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[…] wie er Gott traf und mit ihm plauschte. Er beschrieb ihn als irgendwie duales Wesen, mal war er elegant, wenn auch androgyne Erscheinung, mal war er eher abgerockt, nun ja, jeder hat mal eine harte Nacht hinter sich… […]

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