Das Ruhrbarone-US-Wahl-Orakel

Dazu weiter unten mehr vom Kollegen Weiermann. ("Zeichnung": Sebastian Weiermann)
Dazu weiter unten mehr vom Kollegen Weiermann. („Zeichnung“: Sebastian Weiermann)

Ein neuer Commander in Chief für die USA wird gewählt. Vier Männer und zwei Frauen treten für dieses Amt an, das sicherlich eines der wichtigsten Ämter des gesamten Erdenrundes ist. Als aussichtsreichste Kandidaten gelten – und jeder Ruhrbarone-Leser weiß dies natürlich, und merkt spätestens jetzt, dass hier eine Einleitung aufgebläht werden soll – Hillary Clinton und Donald Trump. Und wie so oft, haben wir Ruhrbarone-Autoren auch hier unseren Senf und unseren Ketchup dazu zu geben.

Sebastian Bartoschek:
Hillary Clinton wird der 45. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Sie wird der erste weibliche US-Präsident werden; ich sage das, auch wenn mir das Geschlecht eines Politikers egal ist, weil es keine Aussage über die Qualifikation ist. Clinton wird eine durchschnittliche Präsidentin. Sie hat kein Charisma, sie hat keine Visionen, sie ist rhetorisch schwach. Und trotzdem wird sie gewinnen; eindeutig und klar.

Weil ihr Gegenüber Donald Trump ist – der im Alleingang die stolz Grand Old Party (GOP) der Republikaner zerlegt hat. Die GOP wird Zeit brauchen, um sich von Trump und seiner Politik des Hasses zu erholen. Clinton wird einstweilen hoffentlich wieder stärker auf die NATO setzen als zuletzt Obama.

Gerade derzeit brauchen Europa (im Westen wie im Osten) und Israel eine starke USA, die für Freiheit in der Welt eintreten, und sich weder einigeln noch auf der Nase rumtanzen lassen. Clinton steht dafür – ebenso wie sie für eine Fortführung einer gesellschaftlichen Integration spricht, die Barack Obama nach den Bush-Jahren der Spaltung des Landes einläutete.

Daniel Fallenstein:
Hillary Clinton liegt nach allen seriösen Vorhersagen vorne. Aber Donald Trump hat auch noch eine realistische Chance zu gewinnen. Spannender als die Frage nach dem Präsidenten ist da das Rennen um die Mehrheit in Senat und Repräsentantenhaus. Dort hat die Grand Old Party der Republikaner nämlich parallel zu Trump mächtig aufgeholt und die Prognosen sehen das Ergebnis hier wie folgt: Eine knappe republikanische Mehrheit im Senat und ein satteres Mehr im Repräsentantenhaus. Es weist zur Zeit also alles drauf hin, das der amerikanische Souverän Legislative und Exekutive gegeneinander ausspielt. Eine Präsidentin Clinton, die nach dem bewährten Prinzip der Checks and Balances mit einem republikanischen Kongress regieren muss, wäre jedenfalls die angenehmste Lösung für die USA – und den Rest der Welt. Zur Stunde und zum Glück ist es auch die wahrscheinlichste.

Felix Huesmann:
Ganz klar, Bob Dylan!

Michael Kolb:
Heute Morgen hörte ich im Radio, dass der US-Präsidentschaftswahlkampf nun schon handgestoppte 600 Tage dauert. Da kann man sich kaum vorstellen, dass in weniger als 24 Stunden alles vorbei sein soll, zu sehr hat man sich schon daran gewöhnt, beim Blick in die Morgenzeitung die Hände überm Kopp zusammenzuschlagen ob der neuesten Skandale, Bösartigkeiten, Unverschämtheiten usw. usf. Egal. Wir wollen, sollen tippen, wer morgen der Gewinner und wer der Verlierer sein wird. Nun, hätte ich irgendeine Expertise in Vorraussagen, ich wäre längst Wetterfrosch oder Lottogewinner. Und meine persönliche Weihnachtsgeschenkerfahrung sagt mir, dass ich nur selten das bekommen habe, was ich mir auch gewünscht habe, meist eher das Gegenteil. Von daher bin ich vorsichtig…

Trump oder Clinton… Wir leben in komischen Zeiten und bei beiden habe ich das Gefühl, dass, egal wer gewinnt, keiner von beiden es bis zum Ende der Legislaturperiode schafft. Man kann sich also die Frage stellen: Wer stellt bis zum Impeachment Verfahren am wenigsten an? Clinton kann hier relativ wenig kaputt oder falsch machen. Kongress und Repräsentantenhaus stehen gegen sie und auch sonst ist die Liste der Dinge lang, die sie erst einmal abarbeiten muss… z.B. die Möbel im Weißen Haus wieder dorthin rücken, wo sie hingehören… Trump auf der anderen Seite… da erscheinen Dinge möglich, die man sich lieber gar nicht vorstellen will.

Da lohnt dann ein Blick auf die running mates, die potentiellen Vice Presidents. Wer würde im Falle eines Falles Kalif anstelle des Kalifen? Trump mag ein gefährlicher und #@’+er Mistkerl, Dummkopf und Rüpel sein, Mike Pence ist schlimmer. Aus purem Machtkalkül und wider besseres Wissen die ekelhaften Ausfälle und Unverschämtheiten seines Chefs schönzureden und zu relativieren macht ihn zu einem wesentlich gefährlicheren Menschen. Auf der anderen Seite steht mit Tim Kaine ein faktenbesessener Parteisoldat, sozusagen der Steinmeier von Virgina, an der Seite von Clinton. Der erinnert zumindest ein wenig an Jack Ryan… und der hat bisher auch alles hinbekommen…

Relativ ungefährdet kann ich jedoch prognostizieren, dass „Wikileaks“ der größte Verlierer sein wird und das schon vor der Wahl. Verkommen zum reinen Propaganda-Medium haben sie den letzten Rest ihrer Reputation verspielt. Aber das nur am Rande…

 

Stefan Laurin:
Ich glaube, Clinton wird es am Ende souverän schaffen. Aber sie wird – und das ist eines der bedenklichen Ergebnisse dieses Wahlkampfes – ein zutiefst gespaltenes Land regieren, dem eine halbwegs glaubwürdige Oppositionspartei fehlt, die Unmut in politisch rationale Bahnen überführt. Nach Tea Party und Trump bieten die Republikaner, die Partei Lincolns, ein trauriges Bild und man kann nur hoffen, dass sie sich wieder stabilisieren. Was ich spannend finde ist die Frage, wie Gary Johnson von der Libertarian Party abschneidet. Er war für mich der Kandidat des Herzens.

Ulrike Märkel:
Ich habe leider eine Blase im Kopf und kann nix schreiben. Ich finde Trump so komplett absurd, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass er morgen der winner sein wird. Aber das dachte ich auch schon bei Bush sen., bei Bush jun., ach kacke.

Anna Mayr:
Demokratie ist kein flauschiges Kissen. Wahlkampf hatte noch nie viel mit Fakten zu tun. Und nichts würde besser zu 2016 passen als ein Wahlsieg für Donald Trump. Ich möchte das nicht, aber ich rechne damit. Clinton ist Schulhofstreberin, Trump ist Alleinunterhalter. Die Masse trifft nur selten vernunftbegabte Entscheidungen.

Martin Niewendick:
Trump macht’s. Das linke Lager war am Ende doch zu frustriert über die vielen Patzer Clintons. Auch für eingefleischte Demokraten ist so eine FBI-Ermittlung nicht ohne. Sie hat es nicht geschafft, genug Sanders-Fans auf ihre Seite zu ziehen und ihre Stammwähler zu mobilisieren. Zudem klebt an ihr weiterhin der Stallgeruch Washingtons, was ihre Aufbruchs-Rhetorik konterkariert. America wird also demnächst wieder great gemacht. Nur ob der Trumpsche Mistgabel-Mob Clinton eigenhändig am Glockenturm aufknüpft, sie ins Gefängnis muss oder zur Strafarbeit an die Mauerbaustelle an der mexikanischen Grenze abkommandiert wird, ist noch nicht ausgemacht.

Robin Patzwaldt:
Die USA wählen? Und ich soll dazu was sagen bzw. schreiben? OK, als großer Sympathisant dieses Landes müsste es mich ja auch stark interessieren und beschäftigen. Tut es diesmal aber irgendwie nicht. Im Jahre 2008 war das noch ganz anders. Damals war ich ein begeisterter Obama-Unterstützer, habe mich nach seinem Wahlerfolg richtig gefreut. Endlich waren die irgendwie peinlichen Jahre unter Bush Junior Geschichte. Obama hatte viel Ausstrahlung, sein Optimismus und seine Dynamik gefielen mir. Leider ist davon in den letzten Jahren längst nicht so viel rübergekommen wie ich mir ursprünglich mal von ihm erhofft hatte. Aus der Ferne betrachtet haben die USA somit zuletzt viel von ihrer Ausstrahlung eingebüßt, ist das Land in eine Art Stillstand geraten, sind viele erhoffte Signale und Entwicklungen verpufft. Viel mehr als der sympathisch wirkende Mensch Obama wird von seiner Präsidentschaft wohl leider nicht übrig bleiben. Und seine Nachfolge? Wird der Sieger der Wahlen am Dienstag die Situation verbessern können? Ich glaube nicht mehr daran. Zu eingefahren das System, zu wenig Begeisterung und Schwung in der Gesellschaft. Von der Logik her wünsche ich mir Clinton, war ich doch auch schon ein Anhänger ihres Mannes damals. Trump erscheint mir nicht wirklich geeignet für dieses Land, so wie auch Bush damals dem Ganzen nicht wirklich gewachsen schien. Trotzdem hat auch er es über zwei Legislaturperioden im Weißen Haus ausgehalten. Würde mich also auch nicht wundern, wenn wir es zukünftig mit dem ebenfalls ungeeignet erscheinenden Herrn Trump in diesem Amt zu tun bekämen. Wünschen würde ich mir das Gegenteil. Aber uns fragt am Dienstag ja keiner…

Igor Schwarzmann:
Ich fürchte, dass Trump den Diadochenkampf für sich entscheiden wird. Im postfaktischen Zeitalter wird er Hillary mit – wie Studien gezeigt haben – der Sprache eines Viertklässlers ein Schnippchen schlagen.

Thorsten Stumm:
Trump wird Präsident. Weil für Hillary es wegen der Wahlbeteiligung nicht reicht. Arme und Schwarze werden für sie sich nicht an einem Arbeitstag in die Wählerschlange stellen. Diese Wahl hält auch eine wichtige Lehre bereit. Wer über die Verlierer der Globalisierung und des Systems Häme wie „White trash“ und „Angry white man“ kübelt vergisst: Das sind in einer Demokratie nun mal auch Wählerstimmen. Und schon 20% radikalisierte Wähler zerstören die Demokratie von innen.

Arnold Voss:
Was ich von Anfang an gesagt habe: Hillary Clinton wird es. Ihr folgt Michelle Obama. Die Republikaner bekommen so die nötige Auszeit, sich grundlegend zu erneuern.

Sebastian Weiermann:
Der Wal ist ja nur so halb ernst gemeint. Hillary Clinton wirds wohl machen. Trump dürfte auch für viele US-Wähler nur als Provokation unterstützt werden. In vier Jahren wird Hillary dann durch einen seriösen Republikaner (Jepp Bush?) abgelöst weil ihre Präsidentschaft von Langeweile geprägt ist und sie nur als „kleineres Übel“ gewählt wurde. Aber möglicherweise kommt diese Einschätzung auch sehr aus deutscher Perspektive…

Elke Wittich:
Ich glaube, dass Clintons Wahlsieg sehr schnell feststehen wird. Und dass unter deutschen USA-Kritikern, die sich schon so auf Präsident Trump und viele apokalyptisches Gejammer gefreut hatten, umgehend großes Geschrei über die Lügenpresse einsetzen wird, die bloß künstlich Spannung und Einschaltquoten und Klicks erzeugen wollte.

Silke Zeidler:
Hillary Clinton wird gewinnen. Knapp. Falls nicht noch auf irgend einem russischen Server Emails auftauchen, die belegen, dass sie ein Hexenroboter ist.

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ichoderdu
ichoderdu
7 Jahre zuvor

Elke hat wie immer Recht. Sie ist eine von den guten. Erdbeertorte für alle(aber nur deutsche Erdbeeren).

trackback

[…] den Ruhrbaronen hat das Wahlorakel mit Mehrheit den Sieg von Hillary Clinton vorhergesagt. Arnold Voss legt sich sogar schon auf Michelle Obama 2020 […]

Marco
Marco
7 Jahre zuvor

Ich denke auch das Sebastian Bartoschek das realistischere Szenario abgegeben hat. Wobei ich vermute dass der Sieg zwar eindeutig aber nicht überzeugend ist. Die Wunden die der Wahlkampf hinterlassen hat wird sie vermutlich nicht heilen, dafür ist sie ein zu ideenloser Aparatschik.
Also wird es in vier Jahren vermutlich erneut eine Schlammschlacht geben, dann hoffentlich ohne Clinton und Trump.

Arnold Voss
7 Jahre zuvor

Marco, ganz so ideenlos ist sie nicht. Sie hat schon zur Präsidentenzeit ihres Mannes eine gesetzliche Krankenversicherung durchzusetzen versucht, ist damit aber an den Republikanern und dem Widerstand in der eigenen Partei gecheitert.

Klaus Lohmann
Klaus Lohmann
7 Jahre zuvor

Ohne einen einzigen gewonnenen oder verlorenen Wahl"mann" heult Trump jetzt schon wg. angeblicher Wahlmanipulation und defekter Wahlautomaten rum. Wirkt wie ein abschließendes Leberwurstcreme-Häubchen auf einem Haufen Donald-Wahlkampfscheiße.

Hillary gewinnt also mit deutlichem Vorsprung, das scheinen die Reps schon zu wissen (der Dow und seine Kumpel von der Nasdaq und von S&P steigen auch schon kräftig).

Rudi Böltsch
Rudi Böltsch
7 Jahre zuvor

Glückwunsch vor allem an Elke Wittch.

thomas weigle
thomas weigle
7 Jahre zuvor

In Zukunft wird im "Chez Donald" heißer gegessen als gekocht wurde.

ichoderdu
ichoderdu
7 Jahre zuvor

bum tusch Überraschung. Postfaktische Zeiten for the win.

Thorsten Stumm
7 Jahre zuvor

Ich hab es auch ja gesagt….

Arnold Voss
7 Jahre zuvor

So was will man einfach nicht kommen sehen. Da weigert sich der politische Verstand. Aber der ist heute Nacht in der wichtigsten Demokratie dieser Welt per Wahlen abgeschaltet worden. Ich kann es noch nicht fassen.

Walter Stach
Walter Stach
7 Jahre zuvor

Arnold,
ja , unfaßbar.

Nun wird damit begonnen werden, die Gründe für das Unfaßbare zu analysieren -in den USA und der gesamten übrigen Welt-. Nun wird damit begonnen werden, über die Folgen des Unfaßbaren zu spekulieren -in den USA und der gesamten übrigen Welt.
U.a. wird darüber diskutieret werden, ob und in wieweit das Unfaßbare nachhaltig das Fundament dessen, was die sog. westliche Welt in ihrem Innersten zusammenhält, zusammen zu halten schien, gravierenden Schaden nehmen könnte, nicht zuletzt die damit einhergehende Überzeugung der sog.wesstlichen Werte (!!)gemeinschaft mehr und mehr unglaubwürdig wird, die "bessere" Gesellschafts- und Staatsordnung zu haben und für deren Ideale und Prinzipien weltweit eintreten zu sollen.

Putin, Erdogan, Orban… und jetzt Trump und dann Le Pen………und dann……..

Der "Brexit" hat mich besorgt, aber nicht ratlos gemacht. Die Wahl Trumps entsetzt mich und macht mich rat- und bis auf Weiteres sprachlos.

Arnold Voss
7 Jahre zuvor

Ich habe das provinzielle Amerika – und das ist hier nicht abfällig gemeint – unterschätzt und seine Sehnsucht, sich endlich wieder aus der Weltpolitik rauszuhalten, d.h.nicht länger den Weltpolzisten zu spielen. Die Amerikaner waren mehrheitlich noch nie begeisterte Intervenitionisten und die diesbezüglichen Fehlschläge seid 9,11 haben sie aus gutem Grunde in ihrer Abneigung bestärkt. Für Europa wird das eine erhebliche Veränderung bedeuten, denn die Amerikaner werden sich unter Trump wahrscheinlich auch aus dem Nahen Osten zurück ziehen. Aber vielleicht sollte ich fürs erste auf jede Prognose verzichten, denn Niemand weiß, was dieser Mann wirklich machen wird.

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