Barbarei im Hier und Jetzt: Kornél Mundruczós „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein“

„Gott, der du bist im Himmel. Dein eigen Fleisch und Blut,
hast du für uns gegeben. Doch wofür war das gut?
Dein Reich kommt nicht und dein Wille geschieht nicht.
Nicht im Himmel und auf Erden sowieso nicht. Nein!
Es ist nicht leicht ein Gott zu sein!…“ (Rammstein)

Die Grundidee von Religion, die Menschheit von „dem Bösen“ zu erlösen, scheitert. Ebenso ging es den totalitären Ideologien, die verschiedene Wege und Abwege für die Entwicklung des Menschen zum Vernunftwesen vorgesehen hatten. Die Sciencefictionwelt hat sich mit dem Thema spielerisch, hypothetisch auseinandergesetzt. Der Blickwinkel, aus dem so mancher Genre-Klassiker in ferne Zukunft blickt, ist ebenfalls längst Geschichte geworden. Der Roman der Brüder Strugatzki „Es ist nicht leicht, ein Gott zu sein“, lässt Angehörige einer perfektionierten Zukunft zurück in die überwundene „Gegenwart“ blicken, in ein fernes Szenario archaischer Barbarei.
Der ungarische Autor und Regisseur Kornél Mundruczó hat sich in mehreren Phasen mit Strugatzkis utopischem Stoff befasst. In seiner neuen Theateradaption unter gleichnamigem Titel rückt er eine düstere Gegenwart aufs drastischste in Rampenlicht. Genauer gesagt: Im zugigen, abweisenden Ambiente eines Essener Parkhauses sollte das Premierenpublikum der aktuellen Bühnen-Adaption aus jeder Form von behaglicher Konsumentenrolle heraustreten, sollte hinsehen und Zeuge werden. Und das fiel alles andere als leicht.
Um grenzenlose Abgründe vorzuführen, in denen Menschen das Bestialische mit ihren Artgenossen anzustellen in der Lage sind, braucht man sich nur bei zahllos dokumentierter Gewalt aus jüngerer Geschichte und Gegenwart bedienen – soviel wird deutlich bei der verstörenden Darbietung im Rahmen des – immer wieder ungewöhnlich den Pfad des Gängigen verlassenden – Theater der Welt-Festivals. Mundruczó verortet sein Exempel realexistierender Menschenverachtung in die anonyme Trostlosigkeit eines Sattelschlepper-Aufliegers. Es geht um Menschenhandel, irgendwo im unsichtbaren Niemandsland zwischen dem armen Osten und dem reichen Westen Europas. Verschleppten jungen Frauen wurde die goldene Zukunft in den Konsumhochburgen versprochen. Doch bald folgt Ausbeutung bis zur Versklavung, schließlich Zwangsprostitution, Entrechtung und sadistische Erniedrigung. In Gnadenloser, sadistisch ausgeübter Gewalt weidet sich das Bühnengeschehen im Essener Parkhaus. Die weiblichen Opfer werden von ihren Peinigern mit heißem Wasser verbrüht, lebendig in der Erde verscharrt. Eine der Gefangenen unternimmt verzweifelt-brutale Versuche eines Schwangerschaftsabbruches. Die „härtesten“ Momente sind großprojizierten Filmsequenzen vorbehalten – überhaupt liegt über allem der „Youtube“-Wahn nach filmischer Dokumentation eigener Gewalt-Handlungen. Auf mehreren Ebenen greift dieses harte Extrem-Theater somit reale Zustände ab, lässt jeden einzelnen die Frage stellen, ob solche Brutalität zu zeigen ist oder nicht. Mundruczo bejaht diese Frage eindeutig, wenn er mit Theater für die Wirklichkeit sensibilisieren will.
Der ungarischen Schauspieler-Truppe muss in der so bezwingend lebensnahen Darstellung des Hinzufügens und Erleidens menschlicher Qualen eine beängstigende spielerische Größe, ja –so zynisch das in diesem Zusammenhang klingt – Spielfreude attestiert werden. Verstörende Regieeinfälle geben dem Mahlstrom der Brutalitäten eine gewisse Stringenz, zeugen von der Dialektik zwischen schöner Oberfläche und gnadenloser Wirklichkeit. Da formieren sich Opfer und Täter regelmäßig zum Musikensemble, unterhaltsame Gesangseinlagen aus Pop oder Musical zum besten gebend.
Doch helfen solche Kontrapunkte nicht dem Umstand ab, dass die zugrunde liegende Rahmenhandlung, dieses intellektuelle Gedankenspiel über Moralität und Triebhaftigkeit über weite Strecken im konstruierten Nebulösen stecken bleibt. Ein Arzt, der ursprünglich zu dieser Bande gehört, lässt humane Regungen aufkommen, schafft schließlich gar die Überwältigung der Täter. Am Rande erfährt man, dass die Film-Inszenierungen, zu denen die geschändeten, gefolterten, besudelten Frauen als Menschenmaterial zynisch herhalten müssen, einer medialen Inszenierung dienen – wie der 11. September 2001 auch eine war! Einer der Haupt-Peiniger will damit eine Weltverschwörung herbeiführen, um sich für persönlich Erlittenes zu rächen. Ein stimmiger Bogen zwischen der unbequemen Vorführung realer Gewalt zu Strugatzkis philosophischen Gedankenspielen kommt aber nur bei sehr viel gedanklicher Anstrengung zustande. Und die gelingt wohl kaum einem Zuschauer bzw. „Zeugen“ in diesem Moment.

„Hannelore Kraft ist eine sympathische Person“

Westfale und Ur-CDUler Laumann

Karl-Josef Laumann ist ein freundlicher Mann mit großen Händen und einer beeindruckenden Traktorensammlung in seinem Arbeitszimmer. Er ist neuer Chef der 67-köpfigen CDU-Fraktion im Düsseldorfer Landtag. Der 53-Jährige wird die Opposition gegen Hannelore Krafts rot-grüne Minderheitsregierung anführen. Als Vorsitzender der CDA steht er für den Arbeitnehmerflügel der Partei, spricht sich zum Beispiel für allgemein verbindliche Tarif-Mindestlöhne aus. Der gelernte Maschinenschlosser aus dem Münsterland ist ein bodenständiger und unterhaltsamer Typ, der bei Mitarbeitern einen sehr guten Ruf genießt.

Herr Laumann, wie finden Sie die neue NRW-Landeschefin Hannelore Kraft persönlich?

Karl-Josef Laumann: Sie ist für mich eine ernst zu nehmende, sympathische Person. Und ich habe großen Respekt davor, wie sie der SPD in NRW den vergangenen Jahren wieder Leben eingehaucht hat.

Trotzdem hat ihre CDU-Fraktion nach Krafts kurzer Regierungserklärung nicht geklatscht – obwohl dies so üblich ist. Sind Sie sauer auf die Frau, die ihnen die Macht entrissen hat?

Wir waren vor allem wehmütig. Vor fünf Jahren saß ich noch freudestrahlend auf der Tribüne und habe mich über Rüttgers als neuen Ministerpräsidenten gefreut, dieses Mal durften wir nur zuschauen. Das war kein schöner Tag. Und natürlich ist es bitter für uns, dass unsere gute Arbeit nun beendet ist.

Was war das Gute an ihrer Arbeit?

Rot-Grün hat vor 2005 gestritten wie die Kesselflicker. Wir haben mit schwarz-gelb eine Harmonie-Ehe geführt und gute Reformen beschlossen, zum Beispiel für die Betreuung von Kleinkindern, für den Hochschulstandort und wir haben auch Blockaden im Handwerk gelöst, da wurden viele Ausbildungsplätze geschaffen.

In der Minderheitsregierung haben Sie ja auch als Opposition die Möglichkeit, Gesetze mit zu verabschieden. Werden Sie der Einladung von Hannelore Kraft folgen?

Rot-Grün ist dabei, unsere Dörfer abzubrennen. Sie wollen alles zurückdrehen, was wir in fünf Jahren erreicht haben, Kopfnoten und Studiengebühren sofort wieder abschaffen. Sie zerstören unser Werk und wollen dann Kaffee mit uns trinken. Das ist doch keine Einladung. Die CDU wird inhaltliche und personelle Alternativen zur Regierung entwickeln. Und wir werden die SPD einladen, unseren Alternativen zu folgen. Einladung ist keine Einbahnstraße.

Sie werden also keinem rot-grünen Gesetz zustimmen?

Frau Kraft will am Mittwoch mit den Linken die Studiengebühren abschaffen, am Donnerstag mit der FDP die Mittelstufe reformieren und am Freitag von uns das Ja zu einer Verwaltungsstrukturreform abholen. Das geht doch so nicht. Ich sehe nicht, das wir da irgendwo zusammen passen.

Während der Sondierungen zur Großen Koalition hat die CDU immer gesagt, es gebe viele Gemeinsamkeiten mit der SPD.

Das findet sich jetzt aber nicht im Koalitionsvertrag wieder. Wir hätten bestimmt gute Politik für die Kommunen machen können und auch einen Schulkompromiss gefunden. Aber dass die Linken für Kraft die schönere Braut waren schmerzt uns schon.

Wollen sie die eingezogene Partei die Linke jetzt jahrelang wie Aussätzige behandeln?

Diese Partei bleibt für mich indiskutabel. Mit Links-und Rechtsextremen arbeitet man nicht zusammen. Die CDU hat ihren Kasten nach rechts auch immer sauber gehalten, wir haben nie mit DVU oder Republikanern zusammen gearbeitet. Das darf die SPD auch mit den Linksradikalen nicht.

Rechtsradikale haben ein menschenverachtendes Parteiprogramm. Das von der Linken in NRW klingt wie ein Zusammenschluss aus Ideen von SPD und Grünen. Das ist doch nicht vergleichbar.

In der Linken sind immer noch viele, die die DDR verteidigen. Mit diesen Leuten ist keine Politik zu machen. Das regt mich persönlich einfach auf und das wird auch so bleiben.

Auch der Wähler hat eine linke Mehrheit bevorzugt. Was ist bei der CDU schief gelaufen?

Vieles. Diese so genannte Sponsoring-Affäre, die keine war, hat Jürgen Rüttgers extrem geschadet und aus der Bahn geworfen. Zweitens hat uns die Berliner Regierung unglaublich geschadet. Ich nehme es ihnen übel, dass sie streiten statt zu regieren. Aus meiner Sicht ist der Berliner Koalitionsvertrag so ungenau und unrealistisch formuliert, dass jetzt ständig gerungen werden muss. Das hätte bei den Koalitionsverhandlungen früher passieren müssen. Aber damals hat sich die Bundes-FDP auch mächtig überschätzt. Und wir schwitzen hier. Wir haben jetzt 330 000 Wähler verloren, die gar nicht mehr zur Wahl gegangen sind. Denen war die CDU schlichtweg gleichgültig. Die müssen wir wieder einfangen.

Sie kommen aus dem eher konservativen Münsterland. Glauben Sie, die CDU hat in NRW mit einem moderneren Programm ihre Stammwähler verschreckt?

Das ist immer der schwierige Spagat der CDU. Wir müssen die Großstädter und modernen Familien genauso ansprechen wie die Bauern auf dem Land. Die Leute wählen uns im stockschwarzen Bodensee und in Hamburg. Wir müssen das traditionelle Familienbild schützen und diejenigen, die anders leben, trotzdem nicht vor den Kopf stoßen.

Wo sehen Sie sich? Sind Sie der Gegenpart zu ihrem Parteifreund und Großstädter Armin Laschet, der bei der Wahl zum Fraktionsvorsitzenden nur knapp unterlegen war?

Das ist doch alles Quatsch. Ich wurde 20 Jahre lang als links tituliert und im Vergleich mit Armin bin ich plötzlich konservativ. So groß sind unsere Unterschiede gar nicht und mit Verlaub, Armins Heimatstadt Aachen ist nun auch nicht die Metropole. Gleichwohl sprechen wir emotional vielleicht unterschiedliche Typen an – Armin eher den Intellektuellen und ich eher den Handwerker.

Wird ihnen Jürgen Rüttgers fehlen?

Ich freue mich, dass Jürgen Rüttgers Mitglied unserer Fraktion ist. Er wird uns helfen, wo er kann. Ich will sein Erbe bewahren. Die Partei war zehn Jahre lang auf seine Person zugeschnitten. Rüttgers hat dieser Partei erstmals in NRW den Willen zur Macht eingeimpft. Das möchte ich auch. Meine Fraktion soll Macht wollen. Wir Christdemokraten wollen hier wieder regieren.

Pro NRW: Rechte Heuler in Dortmund

Pro NRW will in Dortmund Hörde demonstrieren. Das gefällt natürlich ausser Pro NRW niemanden.

Die Rechtspopulisten von Pro NRW und ihr lispelnder Anführer Markus Beisicht sind die Heuler unter den Rechten: Jeder Muselmann lässt ihnen das Blut in den Adern gefrieren, sehen sie eine schwarze Jacke, erzittern sie vor einem Angriff der Autonomen. Aber auch Pro NRW will ab und an in die Medien und so hat die Gruppe für morgen eine Veranstaltung in Dortmund-Hörde angemeldet.  200 Mann sollen kommen. Unwahrscheinlich. Bei ihrer letzten „Großdemonstration“ in Duisburg-Marxloh brachten sie gerade einmal 150 Mann auf die Straße – und davon kamen viele aus Österreich und Belgien. Mal schauen wie viele es in Hörde werden. Protest gibt es auch.  Ebenfalls in Hörde ab 12.00 Uhr auf der Straße Am Clarenberg.

Eine Torte ist noch immer eine Torte

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit hat viele Gesichter.  Der Beitrag der Staatsanwaltschaft Bochum besteht offensichtlich aus dem Führen sinnfreier Prozesse. Beschäftigungstherapie auf Staatskosten.

Im Oktober 2008 illustrierten unsere Nachbarn vom Blog Bo-Alternativ einen Artikel über den Protest gegen eine Nazi-Demo in Bochum mit dem Bild einer Figur aus dem Computerspiel Super Bomberman (Frei ab 6 Jahren). Und diese Figur ist dabei eine Torte zu werfen.

Für die Staatsanwaltschaft Bochum war das ein Aufruf zur gefährlichen Körperverletzung. Im letzten Jahr traf man sich vor Gericht. Das Ergebnis: Freispruch für Martin Budich, der bei Bo-Alternativ im Impressum steht. Die Staatsanwaltschaft in Bochum, offensichtlich nicht ausgelastet, legte Revision ein, das OLG Hamm lies sie zu und am 21. Juli geht es vor dem Amtsgericht-Bochum weiter.

Mittlerweile haben sich zahlreiche Gruppen mit Bo-Alternativ und Martin Budich solidarisiert: Vom Bochumer Bündnis gegen Rechts über ver.di bis zum Labournet reicht die Liste der Unterstützer. Allein die Bochumer Lokalpresse hat sich des Themas noch nicht angenommen. Schade, es eignet sich so schön für Glossen.

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Der Ruhrpilot

Bochum-Total: Die Party hat begonnen…Der Westen

Ruhrgebiet: Metal im Pott: Ruhr-Thrash, Teil 2…Metal Hammer

NRW: Mit diesen NRW-Linken hat Kraft keine Chance…Welt

Bochum-Total II: Marcus Gloria über 25 Jahre Bochum Total…Ruhr Nachrichten

Loveparade: Der Weg ist (fast) geebnet…Der Westen

Duisburg: 20 Jahre Steinbruch…Xtranews

Bochum: „Hooters“ hat dicht gemacht…Der Westen

Bochum II: Live-Tour durch das Universum im Zeiss-Planetarium…Pottblog

Internet: Junge Union Berlin erklärt Idee ihres Pornographie-Verbotes…Netzpolitik

Umland: Briloner Umweltausschuss…Zoom

Gleichstand im Düsseldorfer Kabinett

Das erste paritätisch besetzte Kabinett Deutschlands steht: Einschließlich der frisch gewählten NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft werden der rot grünen Minderheitsregierung sechs Frauen und sechs Männer angehören. „Ich bin sehr stolz auf diese Gleichberechtigung, auch das ist ein Politikwechsel“, sagte Kraft bei der Vorstellung ihrer Riege am Donnerstagmorgen. Auch Krafts Einzug in die gläserne Staatskanzlei direkt am Rhein ist ein Novum. Die Ölgemälde an den Wänden der Regierungszentrale zeigen dies. Sie zeigen Männer wie Johannes Rau und Wolfgang Clement, ein Bild von dem faktisch erst gestern entmachteten CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers fehlt noch in der Galerie.

Bis zuletzt hatte Kraft die Namen der meisten Ministerinnen und Minister geheim gehalten. Viele der künftigen Ressortchefs sind Hausgewächse, wie zum Beispiel Thomas Kutschaty, einem 42-jährigen Juristen, der das schwierige Justizministerium übernehmen wird. Das traditionell wenig aufsehen erregende Ministerium avancierte in den vergangenen Jahren wegen zahlreicher Gefängnisausbrüche und Gewalt in den Zellen zur Achillesferse der schwarz-gelben Regierung.

Überraschend nominiert wurde Angelica Schwall-Düren, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Münster. Die Vize-Fraktionschefin wird Berlin verlassen und für Europa und Medien zuständig sein und auch „die Stimme in Berlin sein“, sagte die vielsprachige 63-Jährige. Die dem konservativen Seeheimer Kreis zuzurechnende Politikerin hat es sicherlich eher mit einem unideologischen Kabinett zu tun, das nicht in Strömungen zu pressen ist. Schließlich hat sich auch Hannelore Kraft immer gegen das „links-rechts-Schema“ gewehrt.

Die weiteren Ministerinnen kennen rot-grüne Regierungszeiten noch aus alten Tagen – damals allerdings noch von dem Alphamännchen Wolfgang Clement angeleitet. Barbara Steffens zum Beispiel hat sich als grüne Landesvorsitzende kräftig mit der damaligen SPD gestritten. Die lange Zeit als Fundi geltende Technische Assistentin wird dem Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter vorstehen. Privat war sie ausgerechnet mit einem CDUler liiert – das schwarz-grüne Experiment scheiterte allerdings. Svenja Schulze wird als Wissenschaftsministerin die Studiengebühren wieder abschaffen. Sicherlich ein harter und auch bürokratischer Kampf mit den Universitäten, denen die millionenschweren Ausfälle allerdings sofort ersetzt werden sollen. Ähnliche Großaufgaben stehen dem Grünen Johannes Remmel vor: Ganz früher einmal war der Umweltexperte emanzipierter Hausmann und Familienvater, nun wird er der bundesweit erste Minister für Klimaschutz. Er wird in einem Land arbeiten, in dem rund ein Dutzend neue Kohlekraftwerke geplant sind.

Eine Minderheitsregierung stelle auch „besondere Herausforderungen an die Minister“, sagte sie. Sie setze in ihrem Kabinett auf eine „gute Mischung aus Erfahrung und politischem Nachwuchs“. Den neuen Chef der Staatskanzlei will die Ökonomin an diesem Freitag benennen.

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Im Tal der E-Pluslosen

Wie schusselig kann eine Firma eigentlich sein? Verdammt schusselig, wenn sie denn E-Plus heißt.

Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Ich bin Kunde bei dem Laden und seit Dienstag vergangener Woche funktioniert das Netz an meinem Wohnort nicht mehr. Warum ich nicht telefonieren kann, kann mir keiner bei dem Mobilfunker sagen. Liegt wohl daran, dass die ihr Netz an Alcatel ausgelagert haben. Arbeiten am Netz macht also eine andere Firma und irgendwo zwischen den Partnern geht die Information verloren, warum ich und viele andere Kunden nicht telefonieren können.

Um endlich mal eine ordentliche Antwort zu bekommen, habe ich freundlich um den Rückruf einer verantwortlichen Managers gebeten. Das hat der wohl auch probiert, aber nicht unter der von mir gegebenen T-Mobile-Telefonnummer. Er probierte es über meinen Anschluss bei E-Plus. Und oh Wunder, er kam nicht durch.

Also geht es auf den Postweg weiter. Ich bekam einen Brief von E-Plus, in dem ich darüber informiert wurde, dass man mich „leider mehrfach telefonisch nicht erreichen konnte“. Jetzt sollte ich anrufen und einen Rückruftermin vereinbaren.

Habe ich natürlich gemacht, will ja wissen, was mit dem Netz los ist. Oder besser gesagt, ich habe es versucht. Ging aber nicht, da die angegebene Service-Nummer nicht funktioniert. Die ist schon seit einiger Zeit nicht mehr in Betrieb. Schusselig.

A local Hero´s Diary II: Alles in vollem Gange

Unser Gastautor Carsten Marc Pfeffer berichtet wie seine Local Hero Woche in Bochum gelaufen ist.

Dienstag, 13. Juli Nun ist es amtlich: das wird meine große Woche. Da ist nicht nur mein Bochum-Total-Gig mit Boris Gott am Freitagabend im Zacher. Nein, am Sonntagmorgen werde ich zudem im Freien Kunst Territorium an der Diekampstraße einige Gedichte aus meinem Amsterdam-Zyklus vortragen. Außerdem hat die Goldkante angerufen. Die beliebte Wohnzimmerbar befindet sich gegenwärtig in der Renovierung, gleichwohl haben die Betreiber einen Tisch für Sonntag auf der A40 zum Still-Leben Ruhrschnellweg gemietet und lassen nun höflich anfragen, ob ich nicht Zeit und Lust hätte, auf der Autobahn ein paar Songs zu spielen. Ehrensache. Vielleicht zusammen mit dem Liedermacher Unter anderem Max? Von mir aus gerne. Ich rufe Max an und wir verabreden uns für Sonntag um 13.30 Uhr am Tisch der Goldkante. Das läuft doch gut an.

Naturgemäß habe ich verschlafen und nicht die größten Ambitionen, einen Teller sowie ein Messer zu spülen, um mir ein Frühstück zu bereiten. So gehe zu El Toro und gönne mir ein Entrecôte. Was sind schon 20 €, wenn man mit 800 € im Dispo steckt? (Man kann es wenden, wie man will, er bleiben 20 €.) Nach der Hochrippe des Rindes bricht sich der Schweiß seinen Bann. Die ganze Stadt ist in Bewegung. Von überall strömen junge weibliche Fußballfans mit Trikot und Schminkset Deutschland herbei. Selbst die Vuvuzelas (auf Setswana auch gerne Lepatata genannt) ertönen wieder. Was ist hier los? Richtig, die FIFA U-20-Frauen-WM hat begonnen. 22.000 Menschen strömen in das Bochumer Stadium an der Castroper Straße und erleben ein fulminantes 4:2 im Auftaktspiel Deutschland-Costa Rica. Zudem spielen Revolverheld schon heute Abend ihr inoffizielles Eröffnungskonzert für Bochum Total am Konrad Adenauer Platz, wo bereits seit den frühen Mittagstunden die ersten Fans am Bühnenrand ausharren. Wohlfeil wird das Ganze von der Stadt unter dem Logo der Bochumer Local Heroes Woche präsentiert. Logo drauf und fertig. Das ist das Problem. Die Stadt ist pleite und hängt sich in dieser Woche an alles, was auch nur nach Kultur riechen könnte. Die Ordnung des Diskurses parasitär betrieben. Aber irgendwie auch sympathisch. Die Stadt ist pleite, ich bin pleite, beide reden wir über Kultur – so viel Nähe war selten. Es funktioniert. „Wegen des Gesamtpakets“, wie mir Tommyboy aus dem Medienhaus smst.
Schlimm dagegen, wie ich rumlaufe. Ich kann mir das gar nicht erklären. Im letzten Jahr bin ich fast ausschließlich in Anzügen aufgetreten, gerne auch mit Krawatte. Ja, ich hatte sogar einen kleinen Fetisch für Manschettenknöpfe entwickelt. Heute dagegen schleppe ich mich durch die City wie ein Waldschrat. Ich will gar nicht wieder von meinem Schamhaarbart anfangen. Es ist diese bescheuerte Cargo-Hose, die ich trage. Diese albernden Adidas-Sportschuhe mit Good-Year-Sohle. Diese völlig sinnentleerte Tätowierung auf meinem Unterarm sowie meine verfranzten und vom Sonnenlicht gebleichten Haare. Ich sehe aus wie ein Berufsjugendlicher. Ich könnte weinen. Ich trage ein T-Shirt von Nike, nicht von Fortuna. Bereits vor vier Tagen hatte ich es getragen. Ich bemerke es erst in der U-Bahn am Geruch. Da hilft auch kein Axe-Alaska mehr. Warum dauert Bahnfahren eigentlich immer so lange? Und warum kann ich auf meinem BlackBerry immer noch keine Mails empfangen? „Bei Kleist kippt es und bei Kafka fällt es um“, pflegte meine Deutschlehrerin zu sagen. Entnervt erreiche ich das Büro der BSZ.

Konsensorientierte Redaktionskultur

„Ich brauche unbedingt 6.000 Zeichen und ein Foto zur Bochumer Local Heroes Woche. Am besten die ganze Seite 4“, so platze ich mit einen kleinen Verspätung in die Redaktionskonferenz. “Gibt es nicht. Nächste Woche ist das Thema durch und außerdem ist das eh alles Murks“, entgegnet mir der Genosse Hauptsetzer. Um in diesem Klima einer konsensorientierten Redaktionskultur mein Thema doch noch durchboxen zu können, bedürfte es eines längeren Vortrages über die Hintergründe meines Begehrens. Ich habe die Energie und bekomme schließlich 4.500 Zeichen auf Seite 3. Okey dokey. Jetzt aber schnell nach Hause und das Set geprobt. Zuvor noch kurz ins Zacher, den Deckel von letzter Nacht zahlen.

Hier finden sich am frühen Nachmittag so langsam alle wieder ein. Der DJ Renate von Rosen steht am Tresen und speist Audio-CDs in sein Laptop ein. „Schon mal Playlist machen, für die Kopfhörer-Party“, erklärt er. Kibi plant den Einkauf für das Wochenende und Tommyboy trinkt voller Wehmut einen Almdudler. Dr. Love schimpft über das Wetter. „Affenhitze!“ Schweigendes Einverständnis. „Von wem war noch mal Pogo in Togo?“, will Renate wissen. „United Balls, du Spacko“, hör ich mich sagen. Er tippt es in die Playlist. So langsam kommt Leben in die Bude. Renate erzählt, dass er und Dr. Love gestern im t.a.i.b. gewesen wären. In dieser „komischen Raupe vor dem Riff-Gelände“. Mit dieser Bambuskonstruktion sei dem Architekten Jonathan Haehn ein großes Symbol gelungen, so Tommyboy ohne von seinem Amldudler aufzublicken. „Langweilig!“, brüllt Dr. Love und kratzt sich am Bauch. Ich bestelle einen ersten Pastis. Allgemeines Kopfschütteln der Anwesenden. „Wir war es denn im t.a.i.b.?“ „Na ja“, fährt Renate fort, „viel Elektro-Gebrutze und leichtbekleidete Mädchen.“ „Dafür waren die Getränke auf Spendenbasis, hehe“, ergänzt Dr. Love. Der Ventilator zerhackt das Licht der Dachluke. Es hat sich etwas abgekühlt und langsam wird es Zeit, dass wir alle nochmal an die Arbeit gehen. Wir alle haben unsere besten Jahre verschenkt. Aber in dieser Woche sollte ein Local Hero fleißig sein.

Die Einsamkeit der Schildkröte

Die City scheint nun wirklich auseinanderbersten zu wollen. Sehr viele Touristen für einen Dienstag und überall passiert etwas. Als ich am Kurt-Schumacher-Platz vorbeikomme, empfangen mich vertraute Gospelgesänge, krawattentragende Schlauberger präsentieren direkt daneben irgendwelche Automobilmodelle. Charakterpanzer. Fürchterlich. Aber anscheinend unvermeidbar. Egal, ich muss nach Hause, das Set proben, an die Pforte klopfen. Doch heute generiert es sich mühsam. Vielleicht hätte ich den Pastis nicht trinken sollen. Kann mich kaum konzentrieren, fühle mich schrecklich einsam und verbraucht. Wie konnte mein Ausdruck nur so weinerlich werden? Wann war ich das letzte Mal verliebt? Warum kann ich nicht besser für mich sorgen? Blablabla. – Ich nehme jetzt diesen ganzen Seelenmüll und packe ihn in meinen Song. Egal ob C-Dur oder A-moll. Ein letzter Zweifel und dann singe ich: „Spürst du nicht auch diese Wut in dir? Sag, könnten wir das nicht transportieren. Ich würd dich so gern einmal kennenlernen. Ach komm, trockne meine Tränen in der Dunkelheit, schau dort stürzt der Turm jetzt ein. Und der Wecker klingelt um sieben.“

Die Greifhand schmerzt. Ich weiß noch, wie erschrocken Dr. Schröder nach der heutigen Redaktionskonferenz auf den Zustand meiner Fingerkuppen reagierte. „Das sieht aus wie abgefräst“, sagte er. „Einfach nur krank!“ Ich aber vergewisserte ihm, dass das ganz normal sei, wenn man viel probe. Schließlich spiele ich ja auf Stahlsaiten. Die Kunst verlange halt nach einem Einsatz, und wenn mir am Abend die Hand schmerzt und ich ganz in meinem sehnsüchtigen Verlangen nach Liebe aufgegangen bin, dann war es ein guter Tag. Für die Kunst. Vielleicht.

Teil I: Drei Akkorde weiter…Klick