
Der Geruch von Kopiermatritzen liegt in der Luft und ich frage mich, ob mir nur davon schlecht ist oder ob es vielleicht an dem Umstand liegen könnte, daß ich gleich ins Lehrerzimmer muss. Wahrscheinlich ist es eine gute Mischung aus beidem. Von unserem Gastautor Sascha Bisley.
Das Lehrerzimmer in meiner Schule ist riesig. Jeder der Schüler war schon mal kurz drin oder hat zumindest einen kurzen Blick in die Spielerkabine des Kollegiums werfen können. Ein alter, holzvertäfelter Raum mit hohen Decken, an denen verqualmte Plastikkästen noch verqualmtere Neonröhren beherbergen. Regalanlagen zieren die Wände und es riecht, außer nach Bohnerwachs, nach schlechtem, starkem Kaffee. Ich sitze zusammen mit meiner Mutter auf der wahrscheinlich absichtlich unbequemen Holzbank vor dem Lehrerzimmer und warte auf meine Verhandlung. Der Bombenalarm, den ich vor 4 Wochen an der Schule ausgelöst habe ist immer noch in aller Munde und heute soll an mir ein Exempel statuiert werden.
Die Tür des Höllenlochs öffnet sich und meine Mom und ich werden herein gebeten. Meine Mutter vermittelt mir durch das Aufsetzen ihrer gefürchteten „Angela-Merkel-Mundwinkel“ wie sehr sie ihrem schwarzen Schaf dafür dankt, daß es sie in eine solche Situation gebracht hat. Einmal mehr kommt mir der Gedanke, ihr ein T-Shirt drucken zu lassen, auf dem steht „Was sollen denn die Nachbarn sagen?“
Drinnen angekommen kriege ich einen kleinen Vorgeschmack auf mein kommendes Leben denn das Mobiliar wurde so gestellt, daß es dem Aufbau eines Gerichtssaals ähnelt. Am Richtertisch sitzen der Rektor, der Conrektor und meine Klassenlehrerin, Rechts und links die Lehrerschaft und auf der Anklagebank sitzt neben Mutter Merkel und mir noch mein Verteidiger, Herr Teipel. Teipel ist der unkonventionellste und meistgehasste Lehrer an dieser Schule, ein Pedant, ein jähzorniger Geselle, der bekannt und berüchtigt ist für seine direkte und schonungslose Art, die er gerne in persönlichen Demütigungen und Sprüchen zur Schau stellt. Teipel sagt Sachen wie:
„Gabi, du musst mitarbeiten, sieh zu, daß du auf 5 kommst!“
…oder aber auch gerne Sätze wie:
„Thorsten…, das sind Einzelschicksale, die kann ich hier nicht berücksichtigen!“
Bei Teipel gab´s auch keinen Tittenbonus. Das lag nicht nur daran, daß außer meinem heimlichen Schwarm Katja, die Mädels in meiner Klasse zu dieser Zeit noch keine Titten hatten, es war einfach so, daß Teipel Kinder hasste. Mädchen genau so wie Jungs. Seinen Job allerdings liebte er, wenn man dieses Wort bei ihm überhaupt anwenden darf. Er sah den Lehrauftrag als eine Art Mission und kannte die allgemeine Schulordnung besser als jeder andere. Das wußte ich und wählte ihn deshalb zu meinem Verteidigungslehrer. Wenn jemand Schlupflöcher findet und sich in etwas verbeißt, dann Herr Teipel.






