Die FIFA sorgt für Ausbeutung, Menschenverachtung und bauliche Millionengräber

Fifa-Chef Gianni Infantino und Katars WM-Chef Hassan Al-Thawad Foto (Ausschnitt): Palácio do Planalto / wikipedia / Lizenz: CC BY 2.0)

Die WM wird im Jahr 2034 in Saudi Arabien ausgetragen, der FC Bayern kleckert nicht mit Pleiten, Pech und Pannen – und auch für Schalke und Bochum wird es relativ eng. Nach ein paar Wochen Pause drehen Thommy Junga und Peter Hesse mal wieder am Udo-Lattek-Rhetorikautomaten und blicken auf das aktuelle Fußballgeschehen. Peter Hesse: Ich hatte wenig Lust in den vergangenen vier Wochen über Fußball zu schreiben. Die brutalen Angriffe und die Versorgungsblockade in Israel und am Gazastreifen sorgen für Not und Verzweiflung. Es mangelt an Strom, Wasser und Hoffnung. Auf brutalste Art und Weise werden Menschen abgeschlachtet. Und einer der größten Unterstützer und Geldgeber der Hamas-Terrororganisation ist Katar – übrigens WM-Ausrichter und sehr dem Fußball zugeneigt. Da kann man nur sehr ungenügend in den Alltagsmodus rüberswitchen. Wie geht es dir damit?

Thommy Junga: Der nächste frisch gekürte WM-Gastgeber ist Saudi-Arabien. So langsam fragt man sich wirklich in welche globale Richtung sich der einst so unschuldige Sport Fußball verschiebt. Ich möchte bereits an dieser Stelle die Armbinden-Diskussion aufmachen, damit der DFB nicht in zehn Jahren davon überrascht wird. Bis dahin werden Ausbeutung, Menschenverachtung und bauliche Millionengräber wieder in der Region ihren festen Platz haben. Die FIFA ist kalt wie eine Hundeschnautze und während in den Hinterzimmern gedealt wird was die Menschenrechte nur grob hergeben, fliegt uns der Gazastreifen erst humanitär und vermutlich auch bald wirklich um die Ohren. Manchmal möchte man einfach keine Ahnung mehr von irgendetwas haben oder irgendetwas mögen.

Thomas Tuchel wirkt beim FC Bayern angezählt | Foto: wikipedia / Sandro Halank / CC BY-SA 4.0

Peter Hesse: Der FC Hollywood schlägt mal wieder Kapriolen in Tsunami-Höhe. Drei Rote Karten und acht Tore in der Partie von Bayern München gegen den SV Darmstadt 98. Und Münchens Torhüter Manuel Neuer ist aktuell nur Nummer Zwei an der Säbener Straße, dazu das Pokal-Aus gegen Saarbrücken. Welches Theater-Kabinettstückchen wird als nächstes von Tuchel, Hoeneß & Co. aufgeführt?

Thommy Junga: Der Rekordmeister kommt so vorerst nicht zur Ruhe. Bayern-Moderator Tuchel wirkt angezählt und zerknirscht – nicht erst seit der jüngsten Pokalblamage im Saarland. Das erinnert an die Tuchel-Phase in Paris, als die Ergebnisse größtenteils passten, aber die Stimmung im Kader ihm gegenüber geradezu frostig war. Zum Verhängnis könnte ihm werden, dass die Münchner nach dem Wechsel von Nagelsmann zum DFB nun nicht mehr zwei der drei teuersten deutschen Übungsleiter komplett auf der Payroll haben. Der Winter mit Tuchel wird zudem wohl sehr teuer, mindestens zwei Unterschiedspieler sollen noch kommen. Die Trennung von Tuchel wäre da wohl günstiger. Nicht vergessen darf man zudem, dass durch den neuerlichen Ausfall von de Ligt wieder Boateng ein Thema zu sein scheint – da ist ebenfalls gute Laune und der eine oder andere PR-Stunt vorprogrammiert.

Das Stadion vom VfL Bochum | Foto: Peter Hesse

Peter Hesse: Letzten Freitag kurvte der Mainzer Mannschaftsbus hier durch meine Heimatstadt Herne. Ich freute mich wirklich sehr auf das Kellerduell Bochum gegen Mainz mit Flutlicht und Nieselregen am Freitagabend. Manuel Riemann hielt bis zur 90. Minute (+6) so, wie ihn auch Ewald Lienen sieht: als Torhüter Nummer drei in der Nationalmannschaft. Dann fiel das 2:2 in der Schluss-Sekunde. Manchmal geizt der Fußballgott nicht mit seinen Shakespeare-Allüren – oder?

Thommy Junga: Die Bochumer stehen am Scheideweg, die derzeitige Saisonphase, geprägt von mehreren direkten Duellen gegen die ebenso gefährdete Konkurrenz, ist entscheidend. Siege kannst du nicht verschieben, die musst du jetzt eintüten. Diese Saison braucht’s du vielleicht 28 Punkte für den Klassenerhalt, da müssen jetzt aus den nächsten drei Spielen sechs Punkte her. Dann bist du wieder im Soll. Derzeit sind noch zu viele geduldete Ausreden im Umlauf, die fliegen dir dann im Februar um die Ohren. Jetzt gehört Erfahrung auf den Platz, jetzt muss es auch mal dreckig ausgespielt werden. Was Riemann betrifft, bin ich absolut bei Herrn Lienen! Der Bochumer Schlussmann würde die Nationalmannschaft emotional, kollegial und mentalitätsmäßig aufwerten. Und wie gut wäre es kurz vor dem Elfmeterschießen einen solchen Charakter mit dieser Elfmeterstatistik einzuwechseln?

BVB-Trainer Edin Terzic inmitten von Fans | Foto: Peter Hesse

Peter Hesse: Der BVB spielt gerade wie der FC Bayern zu Sören Lerby-Zeiten: nicht schön, aber am Ende sehr effektiv. Nach den ersten 25 Minuten beim 3:3 in Frankfurt dachte ich, dass die Schwarzgelben am Ende froh sein können, wenn es am Ende 4:1 steht. Doch ab Minute 55 kam das Terzic-Team besser zur Geltung und nahm einen Punkt mit nach Hause. Das Glück gehört immer den Tüchtigen – aber Meister wird man so halt auch nicht…

Thommy Junga: Die Dortmunder haben jetzt mehr Struktur drin als noch zu Saisonbeginn. Die erfahrenen Spieler, die derzeit auf dem Platz wieder mehr zur Geltung kommen, bilden eine lang vermisste Achse. Gegen tief stehende Gegner tun sich die Schwarz-Gelben immer noch schwer, aber mit Reus, Reyna und Brandt ist Dortmund nun besser in der Lage geduldige Lösungen zu finden. Der Wille ist fraglos vorhanden und wenn für eine Spitzenmannschaft oft die Partien auch noch zu eng sind, wird der BVB dieser Entwicklung folgend bis zum Schluss oben mitmischen.

Trinkhalle in Schalke-Nord | Foto: Stefan Laurin

Peter Hesse: Auch der FC Schalke 04 kann in Liga 2 etwas verschnaufen. Im Heimspiel gegen Hannover gelang der dringend benötigte Sieg – der erste unter dem neuen Trainer Karel Geraerts. Von Beginn an war ordentlich Tempo in der Partie, sowohl Schalke als auch Hannover fanden gut in die Zweikämpfe. Am Samstag müssen die Königsblauen zum Club nach Nürnberg – können sie dort ihr Punktekonto weiter ausbauen?

Thommy Junga: Die Nürnberger haben zwar eine Verlängerung aus dem DFB-Pokal in den Beinen, aber auch ein Erfolgserlebnis aus dieser Partie vorzuweisen. Der Trend bei den Franken geht unter Trainer Christian Fiel zuletzt eindeutig nach oben. Die Schalker hingegen haben auf St. Pauli ihr gewohntes Auswärtsgesicht gezeigt: mutlos, planlos, erfolglos. Geraerts muss jetzt nachweisen, dass Hannover nicht nur eine Eintagsfliege war. Immerhin passt der Kader nun besser zur Ausgangsposition bei Anpfiff, den das Spiel wirst du mit diesem Mittelfeld nie bestimmen. Wenn das der Plan bei der Kaderzusammenstellung gewesen sein sollte, dann muss man sich schon fragen, wie königsblauäugig da eingekauft wurde.

 

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