Deutsche Annington: Eine „Heuschrecke“ will in die erste Liga

Vorstandsvorsitzender Rolf Buch: "Gleichzeitig halten wir an unserer Strategie fest: Das Wohl unserer Kunden steht im Fokus unseres Handelns“.
Vorstandsvorsitzender Rolf Buch: „Gleichzeitig halten wir an unserer Strategie fest: Das Wohl unserer Kunden steht im Fokus unseres Handelns“.

Die Deutsche Annington hat ihr Zwischenziel erreicht und ist im September in die zweite Spielklasse der deutschen Aktienwelt – den MDAX – aufgestiegen. Das Unternehmen mit Firmensitz in Bochum ist bundesweit für den schlechten Zustand seiner Wohnungen berüchtigt. In den MDAX werden nur Werte aufgenommen, die nach Marktkapitalisierung und Börsenumsatz zu den 60 größten Unternehmen hinter dem DAX zählen. In der ersten Spielklasse finden sich die 30 größten und umsatzstärksten Mitspieler wieder.

Damit das Unternehmen in den MDAX aufsteigen konnte, ist neben der Kapitalisierung auch ein entsprechender Anteil an Streubesitz erforderlich. Mit dem Streubesitz könnte vermutet werden, dass in Zukunft Kleinanleger die Geschicke in Bochum bestimmen. Ganz nach dem Motto: Die bösen Heuschrecken sind weg, die nur auf den schnellen Profit aus sind. Ganz so einfach ist es nicht und eine genaue Betrachtung kommt zu anderen Ergebnissen.
In der Sprache der Börsianer und vieler Medien wird Guy Hands gerne als Private Equity Legende bezeichnet. Weniger freundliche Einschätzungen sehen in ihm so etwas wie einen Anführer der Heuschrecken. Er ist der Chairman oder besser der Vorsitzende von Terra Firma Capital Partners in London. Hier findet sich auch der TFDA-Fonds, dem bisher die Deutsche Annington gehörte. Der Fonds verwaltet 2,1 Milliarden Euro und wird von 21 Investoren getragen. Das ist mit den Kriterien an den Streubesitz nicht vereinbar und deshalb wurden die Anteile an die Fondsanleger weitergereicht – ein durchaus ungewöhnlicher Vorgang. Damit steigt der Streubesitz des bisher im Kleinwerteindex SDAX gelisteten Unternehmens auf einen Schlag von rund 26 Prozent auf 90 Prozent.
Das Finanzierungsmodell von Private Equity ist einfach und die Anteilseigner stellen das Kapital für das laufende Geschäft. Die wirklich großen Summen werden auf dem Geldmarkt aufgenommen und in den Kauf weiterer Immobilien gesteckt. Für dieses Fremdkapital fallen Zinsen an und damit sich das Geschäft für die Anleger rentiert, müssen die Mieteinnahmen deutlich über den laufenden Zinszahlungen liegen. Da ist es nachvollziehbar, dass zuerst die Mieten steigen und Reparaturen nur zögerlich ausgeführt werden. Die Mieteinnahmen lagen 2014 im ersten Halbjahr bei 376,7 Millionen Euro.

Was die reine Zahl der Immobilien betrifft, ist das Unternehmen schon jetzt ganz weit vorne. Nach dem Kauf der ehemaligen Eisenbahnerwohnungen des Bundes und der ehemaligen Werkswohnungen der RWE hat die Deutsche Annington jetzt 210 000 Wohnungen in ihrem Bestand. „Wir freuen uns sehr über die Aufnahme in den Auswahlindex. Damit steigt erneut die Aufmerksamkeit institutioneller Investoren, die diesen Index als Vergleichsmaßstab wählen“, sagt Rolf Buch, Vorstandsvorsitzender des Konzerns. „Die positive Geschäftsentwicklung seit unserem Börsengang hat eine deutliche Botschaft: wir sind ein attraktiver und verlässlicher Partner unserer Investoren“.
Im letzten Jahr musste das Unternehmen Schulden im Volumen von 4,46 Milliarden Dollar refinanzieren. Umgesetzt wurde das durch ein Darlehen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro durch Morgan Stanley und J.P. Morgan. Abgesichert wurde die Transaktion durch ungesicherte Unternehmensanteile. J.P.Morgan ist mit einer Bilanzsumme von 2,3 Billionen Dollar die größte Bank der USA. Morgan Stanley hat im Jahr 2009 seine Broker-Abteilung mit der Citigroup zusammengelegt und herausgekommen ist Morgan Stanley Smith Barney mit über 20.000 Finanzberatern das größte Brokerhaus der USA. Seit letztem Jahr ist Rolf Buch Vorstandsvorsitzender bei der Annington und er hat bei Amtsantritt mitgeteilt, dass die beiden amerikanischen Finanzhäuser das Bochumer Unternehmen in strategischen Fragen beraten. Da wundert es nicht, dass Neil Green – Aktienanalyst von J.P. Morgan – regelmäßig zum Kauf der Aktie des Immobilienkonzerns rät.

Wie das Unternehmen selbst einräumt, fließen Investitionen vor allem in wertsteigernde Modernisierungen, die dann Mieterhöhungen erlauben. Laut dem aktuellen Zwischenfinanzbericht gingen die tatsächlichen Ausgaben für Instandhaltungen im ersten Halbjahr 2014 gegenüber dem Vorjahreszeitraum weiter zurück. Der Stern hat im August darüber berichtet, dass Mieteranfragen kommunikativ begegnet werden soll, was nichts anderes bedeutet, als berechtigten Forderungen nach Instandhaltungen abzuweisen.
Mit Wohnungen und Vermietungen lassen sich auch Geschäfte machen, wenn eine Stadt mit Leerständen kämpft und viele Bürger ohne Arbeit sind. Derzeit befinden sich 8800 Wohnungen in Gelsenkirchen im Besitz der Annington und das macht das Unternehmen zu der größten Wohnungsgesellschaft der Stadt. Gleichzeitig stehen im Stadtgebiet 15 000 Wohnungen leer und das macht das Vermieten zu einem schwierigen Geschäft. Die Annington kooperiert hier mit den Wohlfahrtsverbänden. Es werden Räume kostengünstig oder gar mietfrei überlassen, man stellt Ansprechpartner bei Problemen und es wird auch regelmäßig Geld gespendet. Das verhindert Kritik aus dem Bereich der Quartiersarbeit an der Wohnungsbaugesellschaft und ist auch gut für das eigene Image. Außerdem hilft es den Leerstand im eigenen Wohnungsangebot in Grenzen zu halten. Auf der facebook-Seite „Deutsche Annington – Aufstand der Mieter“ berichten die Bewohner über ihren Ärger mit dem Wohnungsbaukonzern, Klagen über marode Wohnungen, zu hohe Nebenkostenabrechnungen und unberechtigte Mieterhöhungen.

Das Ziel der Deutschen Annington ist der DAX mit den 30 umsatzstärksten Unternehmen. Dazu wird man in Bochum an der bisherigen Strategie festhalten und das sind keine guten Aussichten für die Mieter.

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Arnold Voss
9 Jahre zuvor

Nachdem sogenannte unterbewertete Firmen und Betriebe lange Zeit der präferierte Kaufgegenstand der Investitionsfonds waren sind es seit gut 2 Jahrzehnten vermehrt auch unterbewertete Wohnungsbestände. Sie wurden deswegen auch massenhaft aufgekauft, um ein entsprechendes Aufwertungsvolumen zu schaffen.

In der Regel werden sie dann nach der gelungen Aufwertung, sprich Erhöhung des Verkehrswertes durch dauerhaft höhere Mieteinnahmen, weiter verkauft. Da dies natürlich bei möglichst geringem Investitionsaufwand geschehen muss, führt zu einer ebenso massenhaften Verschlechterung der Mietbedingugen im Verhältnis zu den Miethöhen. Mit einem Satz: Für viele ihrer Bewohner steigen die Reproduktionskosten während gleichzeitig die Löhne und Gehälter nicht entsprechen wachsen, ja sogar geringer werden.

Die Menschen die zur Miete wohnen werden so von der Kapitalseite von zwei Seiten in die Zange genommen und sind diesem Treiben relativ schutzlos ausgeliefert. Handelt es sich dabei um vormals städtischen oder gemeinwirtschaftlichen Wohnbesitz, findet dabei noch eine weitere Form der Umverteilung statt: Das ehemals öffentlich kontrollierbare Wohnungsvermögen wird ausschließlich privaten Profitkriterien überlassen.

Das führt bei den Mietern, die auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind, auf Dauer auch zu höheren Transferleistungen durch den Staat. Der Investitionsfond wird auf diese Weise doppelt staatlich subventioniert. Zum einem weil er grundsätzlich aus den Mietern mehr herausholen darf als der öffentliche oder gemeinnützige Vermieter und zum anderen weil der Staat diese Mieterhöhungen teilweise auch noch über höhere Transferzahlungen mitfinanziert. Da ist es nicht verwunderlich, dass auch noch ein paar soziale Spenden für den Stadtteil übrig sind, in denen so ein Fonds seine Geschäfte betreibt.

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