Gehen uns bald die Bäcker aus?

Brötchen vom Bäcker. Quelle: Wikipedia Foto: 3268zauber Lizenz: CC
Brötchen vom Bäcker. Quelle: Wikipedia Foto: 3268zauber Lizenz: CC

Es mag zunächst banal klingen, doch an der Frage ob uns schon bald eventuell die Bäcker ausgehen ist aus meiner Sicht mehr dran, als man vielleicht zunächst vermuten könnte.

Natürlich werden wir zukünftig auch nicht verhungern, jeder von uns wird sein Brot, Kuchen und Gebäck weiterhin in ausreichender Menge erwerben können. Doch jüngste Entwicklungen machen es deutlich: Die Bäckerei um die Ecke, eine wo der Bäckermeister u.a. noch selber den Teig knetet, die droht inzwischen zu verschwinden. Diese Entwicklung kann man bereits seit einiger Zeit klar und deutlich erkennen.

Ich erinnere mich noch an meine Kindheit in den 1970er-Jahren. Als Kind gehörte es zu meinen Aufgaben die Familie an den Wochenenden mit frischen Brötchen zu versorgen. Als Frühaufsteher war das für mich auch kein großes ‚Opfer‘. Während meine Eltern noch schliefen fuhr ich die paar hundert Meter zur nächsten Bäckerei. Das war damals, fast möchte man ‚natürlich‘ dazu sagen, ein Familienbetrieb. Dort stand der Bäckermeister noch persönlich am Ofen in der Backstube. Häufiger durfte ich kurz einen Blick hinein werfen, sah dabei zu wie die von mir mitzubringenden Backwaren dort frisch aus dem  Ofen kamen, sah wie der Teig manuell geknetet wurde usw..

Diese Zeiten sind vielerorts schon seit längerem weitestgehend vorbei. Zwar gibt es auch bei mir hier am Wohnort auch immer noch kleinere Familien-Betriebe, doch häufig werden auch dort die Brötchen vom Personal nur noch vor Ort aufgebacken. Brote werden per LKW angeliefert. Zeiten ändern sich halt. Auch immer mehr große ‚Ketten‘ sind inzwischen bereits unter den verbliebenen Bäckereien hier am Ort. Die Zahl der alteingesessenen Familienbetriebe reduzierte sich im Laufe der Jahre für jeden sichtbar.

Doch nun geraten auch diese verbliebenen Bäckereien offenkundig mehr und mehr in Schwierigkeiten. Konnte mein Wohnort vor wenigen Jahren noch fast an jeder Ecke eine Bäckerei vorweisen, hat sich die Zahl der Verkaufsstellen in den letzten Jahren doch deutlich reduziert. Sogar einige der Ketten geriet zuletzt in die Insolvenz. Ein örtlicher Bäcker, der mehrere Filialen betrieb, reduzierte die Anzahl der Verkaufsstellen innerhalb der letzten Jahre von vier auf aktuell zwei. Nun gab er bekannt, eine weitere Bäckerei in wenigen Wochen zu schließen. Auch ein Filialbetrieb aus einer benachbarten Großstadt zieht sich mit seiner Verkaufsstelle aus unserer Kleinstadt wieder zurück. Sieht nicht gut aus für die Bäcker und deren Angestellte.

Denkt man über eventuelle Gründe nach, dann stößt man bald auf die großen Lebensmittelmärkte wie Lidl und Aldi, welche seit einiger Zeit ja auch frische Backwaren in ihrem Sortiment anbieten. Und schaut man auf die Preise dort, dann wird einem auch klar, warum der Familienbetrieb von früher da wohl nicht mehr mithalten kann. 13 Cent kostet beispielsweise ein normales Weizenbrötchen im Discounter. In der örtlichen Bäckerei mindestens das Doppelte.

Vergleicht man die Qualität, dann kann man als Konsument häufig keinen nennenswerten Unterschied feststellen. Und seit die Bäckereien am Ort ihre ‚Backlinge‘ in der Regel halt auch nur noch in der Filiale aufbacken ist das ja auch kein wirkliches Wunder.

Der Konkurrenzkampf mit den Lebensmittelläden droht die Bäckereien von früher komplett zu verdrängen. Wer in seinem Wohnort mal kurz in die Vergangenheit zurückblendet, der wird vermutlich ähnliche Veränderungen beobachtet haben. Mir fallen da auch in den Nachbarstädten ähnliche Veränderungen auf.

Ganz ähnlich läuft die Sache aktuell ja wohl auch bei den Metzgern. Auch hier kann man in letzter Zeit deutlich leerere Fachbetriebe beobachten. Die Fleisch- und Wursttheken bei den Discountern werden dagegen immer größer.

Mag man auch ob der angeblich geringeren Frische und Qualität vielleicht zunächst einmal die Nase rümpfen, die angespannte Finanzsituation in vielen Privathaushalten lässt den Leuten häufig doch inzwischen auch gar keine andere Wahl mehr. Man muss sich das Leben halt auch noch irgendwie finanzieren können. Und wer zahlt für durchaus vergleichbare Leistungen schon gerne und freiwillig den doppelten Preis? Auch ich kaufe meine Brötchen daher inzwischen immer häufiger bei Aldi und Lidl.

Ein Teufelskreis, den wohl aktuell und in Zukunft auch viele weitere Bäckereien mit ihrer Geschäftsaufgabe bezahlen müssen.

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Michael Voregger
10 Jahre zuvor

Dazu passt diese Geschichte gut, die auch schon bei den Ruhrbaronen erschienen ist: https://www.ruhrbarone.de/mohnstrietzel-und-mutantentaschen-2/

Andreas Schmal
Andreas Schmal
10 Jahre zuvor

Man muss sich aber wirklich nicht wundern. Das Bäckerhandwerk hat sich stellenweise überflüssig gemacht. Vor 20 Jahren konnte ich in 4 Bäckereien Semmeln mit unterschiedlicher Konsistenz, unterschiedlichem Geschmack usw kaufen.
Teilweise habe ich Brote bekommen, die es heute nicht einmal mehr gibt.
Und heute? Fast überall die gleiche geschmacksreduzierte Pampe, nur beim Bäcker für 50 ct, beim Aldi für 10 ct.

Klaus
Klaus
10 Jahre zuvor

Drei Anmerkungen:

1) Das Bäckereinsterben hat schon vor 20, 30 Jahren angefangen und ist ein kontinuierlicher Prozess. Von „jüngste Entwicklungen“ kann man da garantiert nicht sprechen. Da das Sterben langsam und dezentral verläuft (im Gegensatz zu bspw. Opel), bekommt es nur kaum einer mit.

2) Backlinge sind überhaupt kein Qualitätsproblem. Auch der handwerkliche Bäcker benutzt Teiglinge (so heißen die richtig). Schließlich muss der Teig noch gären, bevor er gebacken werden kann. Wird er vor dem Backen noch eine Weile gekühlt, wird der Gärprozess unterbrochen, während sich noch Aroma entfalten kann. Ein Brötchen, bei dem der Teigling ein paar Stunden gekühlt wurde, kann also sogar besser schmecken, als eines, welches nach kurzer Gärung in den Ofen kommt.

3) Einer der Hauptfaktor für das Bäckereisterben ist die Ausbreitung der shop in shops in den Supermärkten. Der Kunde spart sich den zusätzlichen Weg zur Bäckerei.

68er
68er
10 Jahre zuvor

Einen „Vorteil“ haben die Billigbäcker ja, da können sich dann selbst die von Hartz IV lebenden arbeitslosen BäckereifachverkäuferInnen ab und an ein Brot oder Brötchen leisten.

Als Kind habe ich sehr gerne die Geschichte von Prinz Rappelkopf und den Sterntalern gehört, in der auf sehr anschauliche Weise das Grundprinzip unserer Wirtschaft erklärt wird. Wenn immer weniger Menschen Arbeit haben und keinen Beitrag für die Gemeinschaft leisten können und andere Leute sich die Taschen mit Geld vollstopfen, fehlt es irgendwann an allen Ecken und Enden.

Auch wenn die Tonqualität äußerst schlecht ist, empfehle ich das Hörspiel ausdrücklich. Eigentlich sollte es Pflichtstoff für das erste Semester in jedem wirtschaftswissenschaftlichen Studienfach sein.

Hörspiel Teil 1:

https://www.youtube.com/watch?v=THzhTGJRVJk

Hörspiel Teil 2:

Stefan Laurin
Admin
10 Jahre zuvor

Die leckersten Brötchen bei uns im Viertel hat Malzers – und die sitzen im Edeka 🙂

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
aber es gibt sie noch, die handwerklich aktiven Bäcker in mehr oder weniger kleinen privaten Bäckereien.
In meiner unmittelbaren Nachbarschaft gibt es eine, wo samstag und sonntags zwischen 8.30 Uhr und 10.00 Uhr die Menschen schlangestehen -und auch an den anderen Wochentagen morgens immer „Betrieb ist“. Dort werden X verschiedene Brötchensorten angeboten, offensichtlich heiß begehrt; es kommen sogar Menschen aus Datteln, CAS-R, Lünen-Brambauer vorbei, um in „ihrer“ Bäckerei Brötchen zu kaufen.
Ich habe aus vielerlei Gründen nicht den Eindruck, daß das bald ein Ende haben könnte.
(Aber auch die Malzer-Brötchen -bei REWE- schmecken mir!)

Martin Kaysh
10 Jahre zuvor

@Robin. Ach so, die Weihnachtssachen kommen immer früher in die Läden.

Diese Bäckerdiskussion ist nachweislich mindestens 39 Jahre alt. Damals noch mit Stil geführt und Günter Lamprecht.

https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Brot_des_B%C3%A4ckers

Freidenker
Freidenker
10 Jahre zuvor

Ein unhaltbarer Zustand, das muss dringend geändert werden. Ich empfehle Mindestpreise für Brötchen, Subventionen für das Bäckerhandwerk, Marktzugangsbeschränkungen für Lebensmittelmärkte oder Verkaufsverbote! Da lässt sich doch sicher über die örtlichen Politiker eine Initiative starten…

Und wenn sich das in nationalen Entscheidungsgremien nicht durchsetzen lässt, wird das sicher in Brüssel gern auf die Liste weiterer Gängelungen gesetzt.

Walter Stach
Walter Stach
10 Jahre zuvor

Robin,
Dein Kommentar hat an ein allgemein bekanntes „Grundproblem“ der heutigen Gesellschaft erinnert,wie der jetzige Disk.stand zeigt.

Da gibt es die Einen, die finanziell in der Lage sind, die handwerklich hergestellten Brötchen in einer kleinen,aber feinen privaten Bäckerei kaufen, dabei unter X Sorten auswählen und dafür bezahlen zu können.

Da gibt es die Anderen, die ihre Brötchen beim Discounter kaufen müssen so wie alle anderen Lebensmittel auch.

Und hier in Waltrop sehen wir z.B. tagtäglich, daß gutsituierte Menschen aus ganz NRW in großer Zahl -meistens in „teuren“ Autos- „nach altem Handwerk“ Hergestelltes bei Manufactum kaufen , dh. in der Regel auch relativ teure Waren.

Einerseits freue ich mich darüber, daß es hier in Waltrop z.B. noch die „besonderen Bäckerei nebst Konditorei“ gibt, daß Manufactum seinen Hauptsitz nebst Verkauf in den Gebäuden der alten Zeche Waltrop hat, daß das auch zu tun hat mit einem im regionalen Vergleich überdurchnittlichen Einkommen pro Kopf und einer entsprechend Kaufkraft, anderseits zeigt das Stadtbild hier in Waltrop wie überall im Revier, wenn auch graduell unterschiedlich, daß die Zahl der Menschen aus sog. sozialschwachen und bildungsfernen Schichten weiter wächst -einhergehend damit der Wegfall zahlreicher kleinerer privater Geschäfte in der Innenstadt und die Zunahme der Discounter. Ende offen!!

Frank
Frank
10 Jahre zuvor

@Robin: Danke für das Thema! Ja, ich erinner mich auch dran: Doppelläden, links der Metzger mit Bauarbeitermarmelade, rechts der Bäcker. Und die Zeitung gab es nebenan. Nichts ging am Samstagmorgen über Mettbrötchen mit Zwiebeln und dem Spielbericht über das BvB-Freitagsspiel in den Ruhrnachrichten. Ach ja..

Aber nicht nur die Anzahl der Bäckerläden schrumpft, auch die Qualität der Brötchen – finde ich. Hängt das zusammen? In Berlin halten Bäcker Wiedemann und Butter Lindner die Fahne hoch. Was früher ein normales, gutes Brötchen war und nicht nach einem halben Tag zu Gummi geworden war, heißt heute „Altdeutsch“ oder „Meisterbrötchen“. Und kosten 40, 50 Cents. Ok, größer als früher sind sie auch, aber ein paar Meister haben noch die Rezepte von früher.

Man kann nur Uwe Steimle zustimmen: „Ein Brötchen besteht aus vier Zutaten: Mehl, Wasser, Salz und Hefe. Was ist daran eigentlich so schwierig?“

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