Georg Elser und die Männer des 20. Juli

Georg Elser. Foto: Schweizerisches Bundesarchiv Bern Signatur: E. 4320 (B) 1970/25
Georg Elser. Foto: Schweizerisches Bundesarchiv Bern
Signatur: E. 4320 (B) 1970/25

Sowohl die Männer des 20. Juli, als auch Georg Elser versuchten Hitler zu töten. Ihre Motive aber waren sehr unterschiedlich.

In seinen „Unfrisierten Gedanken“ schreibt Stanisław Jerzy Lec: „Viele, die ihrer Zeit vorausgeeilt waren, mußten auf sie in sehr unbequemen Unterkünften warten.“

Der Arbeiter Georg Elser war einer davon. Schon Ende September 1938 erkannte er, dass Hitler einen neuen Krieg plante und beschloss ihn und die gesamte NS-Spitze mit einem Bombenattentat aus dem Weg zu räumen. Am 8. November 1939 scheiterte er um 13 Minuten. Die nächsten 6 Jahre verbrachte er im KZ und wurde noch kurz vor Kriegsende auf Hitlers Befehl ermordet.

Fünf Jahre nach Elser, als sich die Niederlage abzeichnete, fiel auch einigen wenigen unter denen, die bis dahin mitgemacht hatten, auf, dass Hitler doch nicht so cool ist. Vor 75 Jahren versuchten auch sie Hitler in die Luft zu sprengen. Auch sie scheiterten.

Heute gedenkt man ihrer in Deutschland. Ich möchte Georg Elser gedenken. Sowohl Elser als auch die Leute des 20. Juli wollten das Richtige, nämlich Hitler zu töten. Aber Elser entschied sich Hitler zu töten, damit er nicht gewinnt. Die Männer des 20. Juli wollten ihn töten, weil er nicht gewann. Und das ist ein Unterschied ums Ganze.

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thomas weigle So
thomas weigle So
4 Jahre zuvor

Ein wahrer Held ist Georg Elser. Schön, dass hier am 20. Juli seiner gedacht wird.
Eine Einschränkung: einige Widerständler waren schon lange vor 44 dabei, Hitler zu entmachten oder zu beseitigen. Herr Staufenberg gehört aber sicher zu denen, die des Verlauf des Krieges wegentätig wurden. Noch Anfang 42 lehnte er es ab, sich konspirativ zu betätigen

discipulussenecae
discipulussenecae
4 Jahre zuvor

An Georg Elser zu erinnern ist sicherlich richtig. Und Angela Merkel hat heute zurecht bemerkt, daß an diesem Tag auch der anderen Widerstandskämpfer gedacht werden muß.

Zur historischen Einordnung des Attentats vom 20. Juli empfehle ich dringend zu lesen:
Joachim Fest, Staatsstreich: Der lange Weg zum 20. Juli

Thorsten Stumm
4 Jahre zuvor

Für mich sind die Geschwister Schol, Georg Elerl oder Dietrich Bonhöfer die wahren Helden……sie waren bereit ihr Leben zu geben..um den Rad in die Speichen zu fallen…..

Waldemar Pabst
4 Jahre zuvor

“Fünf Jahre nach Elser, als sich die Niederlage abzeichnete, fiel auch einigen wenigen unter denen, die bis dahin mitgemacht hatten, auf, dass Hitler doch nicht so cool ist. Vor 75 Jahren versuchten auch sie Hitler in die Luft zu sprengen. Auch sie scheiterten.

Heute gedenkt man ihrer in Deutschland. Ich möchte Georg Elser gedenken. Sowohl Elser als auch die Leute des 20. Juli wollten das Richtige, nämlich Hitler zu töten. Aber Elser entschied sich Hitler zu töten, damit er nicht gewinnt. Die Männer des 20. Juli wollten ihn töten, weil er nicht gewann. Und das ist ein Unterschied ums Ganze.”

Elsers Tat kann nicht geschmälert werden. Er ist der absolute Held, der Eigenbrötler mit der unerschütterbaren Erkenntnis des absoluten Bösen, das Hitler repräsentiert. Ihn aber zu benutzen, um zwischenzeilig die Tat anderer zu schmälern, wird auch ihm nicht gerecht. Es blendet nur völlig aus, dass der 20. Juli eben nicht ein einzelnes Aufbegehren kurz vor Ladenschluss war, sondern der Schlusspunkt einer sich ständig ändernden, sehr kleinen Gesellschaft von Hitlergegnern, die sich bereits 1933 bildete und aus den verschiedensten politischen Lagern, wie Schichten stammten. Es gibt Menschen wie Hans von Dohnanyi und Hans Oster, deren Widerstand vom ersten Tage der Herrschaft Hitlers bestand, es gab die zahlreichen Sozialdemokraten, die Leuschners, Lebers, Mierendorffs, die nie wankten und für das demokratische System standen, die Zentrumsleute Hermes, der die CDU gründen sollte, als er aus der Todeszelle befreit wurde, von Hassel, Wirmer, die von den Klaviersaiten in Plötzensee erdrosselt wurden, sie können gar nicht aufgezählt werden. Es gab skeptische Militärs, viel zu wenig, es gab zunehmend mehr, die sahen, wohin Hitlers Kurs führen würde. Es gab eine Verschwörung, die realistisch war, aber scheiterte, weil sie sich von den Ergebnissen der Verhandlung um die Einnahme des Sudentenlandes machten, statt aus Empörung zu handeln. Das alles geschah weit vor dem Krieg. Ein getriebener Oster bemühte sich noch nach Kriegsbeginn, einen Putsch zu befördern, er scheiterte daran, dass er einer von ganz wenigen war und der Generalstabschef Halder Panik bekam. Es ist eine bittere Ironie der Geschichte, dass der stille entschlossene Bastler Elser, der sich sagte, Hitler muss sterben, alles andere würde sich finden, darin Recht hatte, weil der Plan zum Putsch bei Halder zur selben Stunde vorlag, dem der Mut fehlte, zu handeln, geschweige denn zu töten.

Halder schied aus und führte Hitlers Blitzkriege, mit ihm andere feige Mitmacher, neue kamen hinzu, Tresckow, der auch nie Hitler erlag, Gerstorff, Männer, die nun in den Stab der Heeresgruppe Mitte aufrückten und versuchten gegen den Kommissarbefehl und den noch verbrecherischen Gerichtsbarkeitserlass ihren Oberbefehlshaber von Bock zu gewinnen, vergebens. Nach dem Rausch des Frankreichfeldzuges und dem noch größeren der ersten Monate in Russland war es wahrscheinlich tatsächlich aussichtslos, gegen den Führer eines ihm hysterisch folgenden Deutschland vorzugehen. Tresckow blieb unbeirrt, führte einerseits befehlsgemäß Hitlers Ostkrieg und organisierte auf der anderen Seite im März 1943 Hitlers Besuch bei der Heersgruppe in Smolensk, wo er den Führer der Volksgenossen durch Offiziere des Stabes erschießen wollte, was sein Oberbefehlhaber von Kluge verbot, der in alle Pläne involviert war und doch nie tätig wurde. Tresckow schmuggelte beim Rückflug eine Bombe in Hitlers Flugzeug, die nicht explodierte, weil der Zünder eingefroren war. Gerstorff versuchte ein Selbstmordattentat, das scheiterte, weil Hitler schneller durch die Räume des Zeughauses rannte, als der Säurezünder funktionieren konnte. Die Gruppe um Oster und Canaris versuchte alles, um Kontakte zu vergrößern und flog kurz danach auf, nicht völlig, aber genug, dass Dohnanyi und Bonhoeffer verhaftet wurden und Oster abgesetzt, Canaris entmachtet. Stauffenberg in der Tat stammt aus der elitären Gruppe Stefan Georges, war sicher anfällig und Antisemit, aber ihn nur nach seinem Brief aus Polen zu beurteilen, wird ihm auch nicht gerecht. Auch hatte er dazu gelernt, wohl hauptsächlich 1942, wo er das Verbrechertum der deutschen Besatzungspolitik in einer Stabsposition sehr detailliert kennenlernte und auf die Frage, wie man Hitler zur Vernunft bringen könnte, “töten”, antwortete, ein Jahr bevor er zum Kreis der Widerständler stieß. Natürlich gab es Schuldige, Opportunisten und Feiglinge im Kreise dieser heterogenen Gruppe, die nie wirklich eine Organisation war. Es gab aber auch die Kreisauer, die sich trafen und künftige Systeme nach Hitler überlegten, was allein bereits tödlich sein konnte und auch war. Sie bestanden nicht nur aus Militärs und Konservativen, sie bestanden auch aus Politikern Weimars aller Seiten, aus aufgeklärten Denkern, Empörten, Aufgewachten. Und vor allem gab es junge Offiziere, die zur Tat schreiten wollten. Eberhard von Breitenbuch, der als Adjutant den Nazifeldmarschall Busch zu Hitler begleitete, mit der Pistole in der Tasche und entgegen aller vorherigen Usancen nicht zu Hitler vorgelassen wurde, Axel von dem Bussche der ausdrücklich aus Empörung darüber bereit war, sich mit Hitler in die Luft zu sprengen, dass er 1942 eine Judenerschießung auf dem alten Flugplatz in Dubno miterlebt hatte, er scheiterte im November 1943, weil er Hitler Uniformen vorführen sollte, die vorher verbrannten und er kurz vor der zweiten Chance schwer verwundet wurde, Ewald von Kleist, der an seine Stelle trat, kam ebenso nicht zum Zuge, weil die Termine abgesagt wurden. Es gab noch mehr Versuche Hitler zu töten, erst der 20. Juli gelang. Es war der letzte aus einer schier endlos scheinenden Reihe von Verschwörungen und Versuchen seit 1938.

Dass es längst zu spät war, das wussten alle, die Ostfront war zusammengebrochen, im Westen stand es bevor, es gab nur die Kapitulation, es war auch aussichtslos. Jedem Beteiligten war bekannt, dass er Teil einer an Winzigkeit schwer zu unterbietenden Gruppe war, dass eine Befehlskette funktionieren musste, an deren Enden nahezu überall Nazioffiziere saßen. Sie handelten, wie Tresckow sagte (als man ihn fragte, welchen Sinn es überhaupt noch machen würde, wäre es nicht besser, den Dingen ihren Lauf zu lassen und Hitlerdeutschland bis zum bitteren Ende die selbsteingebrockte Suppe auslöffeln zu lassen), um der Welt zu zeigen, dass es einen deutschen Widerstand gab, der den großen Wurf gewagt hatte. Egal aus welchen Motiven sie taten, was sie meinten tun zu müssen, sie wussten, dass Folter und grausamstes Sterben auf sie warteten. Wer in den bitteren Tod in den Drahtschlingen ging, dessen Furchtbarkeit zu schildern ich mir sparen möchte, entzieht sich nach meiner Ansicht auf seine Weise selbst dem berechtigten Zeigefinger der Nachwelt.

Die der ersten Stunde, die schon entmachtet waren, kamen als letzte dran, als der Gestapo das ganze Ausmaß klar wurde, sie aber keine Prozesse wollte, bei denen zur Sprache kommen würde, dass schon vor dem Krieg die Opposition bestand. Sie kamen in die KZ, erst im April 1945 erinnerte sich Hitler ihrer und befahl die Ermordung. Dohnanyi, Oster, Canaris und Bonhoeffer starben am selben Tag, dem 9. April 1945, wie Georg Elser. Jener an Großartigkeit nicht zu überbietende kleine Mann aus der Provinz, der im Alleingang Hitler zu beseitigen suchte, ebenso haarscharf scheiterte, wie so viele nach ihm und dem erst niemand anderer als Helmut Kohl die Ehre erwies, die er verdiente.

Gerd
Gerd
4 Jahre zuvor

"Die Männer des 20. Juli wollten ihn töten, weil er nicht gewann. Und das ist ein Unterschied ums Ganze."

Welch zutiefst widerwärtige und verachtenswürdige Geschichtsklitterung.

Michael
Michael
4 Jahre zuvor

@5

Es gab zwei Nazi-Fraktionen (siehe Eingangsbeitrag Robert Herr). Der 20. war eine reine Nazi- vs. Nazi Veranstaltung.

Ehre gebührt Georg Elsner nicht den Leuten vom 20.

Jenna
Jenna
4 Jahre zuvor

Es macht mich überaus traurig, mitansehen zu müssen, wie wenig Bedeutung dem Andenken an den 20. Juli heute noch beigemessen wird: Viele wissen nicht einmal mehr um die Ereignisse vor 75 Jahren und nicht wenige Politiker versuchen diese in erster Linie für ihre eigenen Zwecke zu instrumentalisieren. Andere widerum nutzen den heutigen Tag, um die moralische Integrität Stauffenbergs und seiner Mitverschwörer in Frage zu stellen oder sie gar als NS-Nutznießer zu brandmarken. Stattdessen sollten wir uns an Graf Stauffenberg und seine Unterstützer als Helden erinnern, die es durch ihr mutiges und entschlossenes Handeln beinahe geschafft hätten, Deutschland von Hitler zu befreien und dem millionenfachen, sinnlosen Sterben auf den Schlachtfeldern des Zweiten Weltkriegs ein Ende zu setzen, und dafür letzten Endes mit dem Leben bezahlten.

Michael
Michael
4 Jahre zuvor

*7

Sie Können eine eigene Meinung haben, jedoch keine eigene Fakten. Das waren keine "Helden". Das waren Leute die dem deutschen Militarismus/Faschismus jahrelang treue Dienste beim Morden und Totschlagen leisteten. Hätte Ihre "Helden" Hitler getötet, dann wäre eine von denen an die Macht gekommen. Geändert hätten sich an den Deutschen und ihrem Staat nichts. Sie wären einfach das geblieben, was sie waren, lange noch blieben und zu einem nicht geringen Teil heute noch sind – Nazis.

thomas weigle So
thomas weigle So
4 Jahre zuvor

Einige von den sehr spät berufenen militärischen Widerständlern erinnern mich an Unterbosse in einer Bande hochkrimineller Verbrecher, die nun nach erfolgreichen Raubzügen von überlegenen Polizeikräften eingekesselt ist. Was also tun, um die eigene Haut zu retten? Man versucht also, den capo di tutti capi zu beseitigen, um so vielleicht die eigene Haut zu retten.
Und man darf auch nicht vergessen, dass Hitler und seine Bande auch oder sogar nur deshalb an die Macht kamen, weil die RW-Oberen um v. Blomberg im Jänner 33 ihr OK zur sog. Machtergreifung gaben. Und keiner der uniformierten Herren hatte was einzuwenden als Hitler in 2/33 den Spitzenmilitärs seine Raubpläne vorstellte.
Und gerade zu begeistert waren die Herrschaften als ihnen Hitler die SA um Röhm vom Halse schaffte und die RW zum alleinigen Waffenträger bestimmte. Die Herren in der Militärführung hatten nämlich nix übrig für Röhm und für dessen Pläne einer SA-Volksmiliz, die das Heer in die zweite Reihe stellten.

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