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Görlitz-Wahl: Alles, nur kein Grund zur Freude!

AfD-Mahnwache gegen Extremismus in Waltrop. Foto: Robin Patzwaldt

Die Erleichterung bei vielen Zeitgenossen war am Sonntag groß: Octavian Ursu heißt der neue Rathauschef von Görlitz. Der CDU-Mann setzte sich bei der Stichwahl knapp gegen Sebastian Wippel von der AfD durch.
Bei näherer Betrachtung ist der Wahlerfolg des von einem breiten Parteienbündnis unterstützen Ursu jedoch alles andere als ein Erfolg. Es ist, streng genommen, ein echtes Alarmsignal!

Wie weit muss es in einigen Regionen unseres Landes gekommen sein, wie gering muss das verbliebene Vertrauen in die bewährten politischen Kräfte dort inzwischen sein, wenn nur unter Aufbietung aller verbliebenen Kräfte ein AfD-Bürgermeister in der ostdeutschen Provinz noch verhindert werden kann?

Ich persönlich erinnere mich noch recht gut an die Zeiten, als kurz nach der Wende die SED-Nachfolger von der Linken in Ostdeutschland regelmäßig die heimlichen Wahlsieger waren. Das erschien seinerzeit verständlich, schließlich produzierte die Wiedervereinigung Deutschlands in den neuen Bundesländern viele Verlierer, die den alten Zeiten hinterher trauerten. Hinzu kamen noch die verbliebenen Anhänger des alten Systems.

Logisch, dass sich eine politische Ordnung in einer dermaßen stark im Umbruch befindlichen Region nicht von einem Tag auf den anderen neu ausrichtet. Inzwischen jedoch sind rund drei Jahrzehnte vergangen. Aus der früheren Linken-Hochburg droht eine Ecke der Rechtsextremen zu werden.

Es ist den politischen Kräften dieses Landes offenkundig auch in dreißig Jahren nicht gelungen die Menschen im Osten im ausreichenden Maße mitzunehmen. Das Heer der Frustrierten und Unzufriedenen ist, wie diese Wahlergebnisse zeigen, nicht kleiner geworden. Eher im Gegenteil. Zudem hat es offenbar komplett die Lager von einem Extrem zum anderen verlagert.
Das sollte eigentlich sehr nachdenklich stimmen.

Stattdessen freuen sich in diesen Stunden jedoch viele in der Öffentlichkeit, dass es gelungen ist einen Bürgermeister, der am rechten Rand beheimatet gewesen wäre, zu verhindern.

Das greift deutlich zu kurz! CDU, SPD, Grüne, FDP und auch die Linke sollten sich lieber einmal fragen warum ihnen in dreißig Jahren dermaßen viele Unterstützer abhanden gekommen sind bzw. sie diese nicht finden konnten, so dass es schon eines maximal breiten Parteienbündnisses bedarf um die AfD zu stoppen. Ein Grund zur Freude ist das jedenfalls ganz bestimmt nicht.

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Paul Möllers
Paul Möllers
4 Jahre zuvor

Diese Verlagerung von einem Extrem zum anderen besorgt mich auch. Aber an dieser Stelle muss ich nachfragen: "Ein Bürgermeister, der am rechten Rand beheimatet gewesen wäre" – Also nicht "rechts", im Sinne von rechts-konservativ, sondern "am rechten Rand", im Sinne von rechtsextrem? Ich habe gehört, dass es sich bei Sebastian Wippel um einen sehr moderaten Mann handeln soll, der Positionen vertritt, die bis vor noch nicht allzu langer Zeit CDU-Mainstream waren. Ich würde mich freuen über Belege zu Wippers Position "am rechten Rand".

Wolfgang Wendland
4 Jahre zuvor

An Stelle widerwillig Soli zu bezahlen hätte man sich substantieller für die Städte in der ehemaligen DDR einsetzen müssen. Ein Beispiel war die Bewerbung zu Kulturhauptstadt Europas 2010. Die Endscheidung welche Stadt es wird fiel zwischen Görlitz und dem Ruhrgebiet. Görlitz hatte nicht nur das aktuellere Thema (Osterweiterung der EU) sondern der Titel hätte auch dort mehr bewirkt, als wieder mal im Ruhrgebiet was zum Strukturwandel zu machen und eine sonst verstaute Autobahn zu sperren. Natürlich ist eine Protestwahl in Richtung AfD durch nichts zu rechtfertigen, aber Protest entsteht auch nicht ohne Grund.

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