Iran: Die Rache des Regimes

Berüchtigtes Gefängnis Evin Foto (2008): Ehsan Iran Lizenz: CC BY-SA 2.0


Für Menschen im Iran bedeutet der Waffenstillstand nicht nur ein Ende der Bomben. Das Regime intensiviert nun die Repression gegen reale oder vermeintliche „innere Feinde“. Von unserem Gastautor Thomas von der Osten-Sacken.

Noch als die israelischen Bomben auf den Iran fielen, intensivierten die dortigen Sicherheitskräfte ihren Terror gegen reale oder vermeintliche innere Feinde. Jede und jeden, die dem Regime kritisch gegenübersteht, kann nun als „Spion des Mossad“ verhaftet werden.

Und wie die Menschenrechtsorganisation Hengaw berichtet, traf es alleine in Iranisch-Kurdistan in der ersten Woche des Krieges über dreihundert Menschen.

Und seit die Bomben nicht mehr fallen, sollen Verhaftungen noch einmal intensiviert worden sein, auch die ersten Hinrichtungen fanden schon statt.

Es heißt als „israelischer Spion“ muss jetzt auch Verfolgung fürchten nur wer sich während der Internetsperre in Starlink eingeloggt hat.

Das ist einer der Gründe, warum ich all den Aufrufen aus sicherer Distanz, die Iraner mögen doch jetzt bitte auf die Straße gehen und „Regime Change“ machen, bloß weil das einigen ein paar Tage lang politisch opportun schien, äußerst misstrauisch gegenüber gestanden habe.

Solange nicht klar war, ob der ganze Krieg nicht, wie sich jetzt auch herausstellt, in einem weiteren vermurksten Deal endet, war es ausgesprochen vernünftig, ganz besonders in Iranisch-Kurdistan, den Kopf gesenkt zu halten.

Anders nämlich, als uns all die „Krieg hat noch nie die Freiheit oder Demokratie“- Experten weis machen wollen, sind nicht die Regime Changes, die vorher als solche geplant und durchgeführt wurden, sondern die, zu denen nur verantwortungslos aufgerufen wurde, es aber nie so gemeint war, die bei weitem blutigsten in der Geschichte gewesen.

Hier seien nur zwei genannt: 1991 im Irak, als, ohne es je so zu meinen, nach Kriegsende die Bush Sr. Administration entsprechende Signale gab und Menschen im Süd- und Nordirak dies als Encouragement sahen, sich des verhassten Diktators zu entledigen. Im Süden schaute die anti-Saddam Koalition dann zu, wie die irakische Armee diese Aufstände mit unvorstellbarer Brutalität niedermachte. (Im Norden half man den Kurden erst, nachdem die ersten Aufstände ebenfalls eingestampft wurden und daraufhin eine riesige Flüchtlingswelle die Stabilität von Nato-Partner Türkei bedrohte).

Zur Erinnerung:

In their attempts to retake cities, and after consolidating control, loyalist forces killed thousands of unarmed civilians by firing indiscriminately into residential areas; executing young people on the streets, in homes and in hospitals; rounding up suspects, especially young men, during house-to-house searches, and arresting them without charge or shooting them en masse; and using helicopters to attack unarmed civilians as they fled the cities.

Das zweite Beispiel ist Syrien. Erinnert sich noch wer an die „Friends of Syria“-Koalition aus Europäern und USA, die so tat, als ginge es ihr um den Sturz Assads? Natürlich dachten Millionen Syrerinnen und Syrer die meinten es damit ernst und zahlten dafür einen unfassbar hohen Preis.

In diesem Zusammenhang müssen auch die Äußerungen von Kronprinz Pahlevi gesehen und kritisiert werden, der aus dem sicheren Exil „encouraged the people of Iran to rise up“.

Auch er müsste eigentlich die Faustregel aller abgerockten Tyranneien des Nahen Osten kennen: Je schwächer sie nach außen sind und je mehr klar wird, dass, wenn es ernst wird, hinter all dem martialischen Getöse nichts steckt, je brutaler rächen sie sich an wehrlosen „inneren“ Feinden. Darin sind sie alle große Meister und so werden sich nun, während die einen ihren Frieden haben, für den sie mit Flaggen des Regimes in europäischen Städten auf die Straße gingen, und die anderen irgend einen „big and beautiful“ Deal abschließen, die Gefängnisse im Iran weiter füllen. Die Schreie der dort gefolterten wird man natürlich nicht hören (wollen).

Siehe dazu auch diese Erklärung: Iran Is Taking Revenge for Its Defeats by Israel by Repressing the Kurdish People

Und: Iranian opposition leader: ‚People of Iran are more horrified of this ceasefire than of the war.”

 

Der Text erschien bereits in der Jungle World

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