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Lesefreude für das Stayhome-Office-Sofa: Auf feindlichem Gebiet

Tja: Ein passenderes Bild gab es nicht ;-) in der Mediathek der Ruhrbarone
Tja: Ein passenderes Bild gab es nicht 😉 in der Mediathek der Ruhrbarone; Free picture (Israel paper texture) from https://torange.biz/fx/israel-paper-texture-168698

Heute mal kein Roman in der Lesefreude für das Stayhome-Office-Sofa. Bei den letzten Buchvorstellungen haben wir an dieser Stelle immer ein Foto des Autors verwendet: Das ist bei der heutigen Buchbesprechung – Auf feindlichem Gebiet – heißt das Werk, schwer möglich:

Der Name des Autors, Gerald Westerby („Kriegsname: Schoolboy“), ist nur ein Pseudonym. Ich glaube, er hat sein Werk – ich habe es nicht zur Hand – als „Crashkurs für Manager oder Firmengründer“ bezeichnet.

Ich konnte mich mit dieser Beschreibung nie anfreunden. Das Buch ist mehr: Ein spannender Blick auf den Nahost-Konflikt in der 70er, 80er und 90er Jahren.

DIE WELT: Lobende Worte für „Auf feindlichem Gebiet“

In der renommierten Tageszeitung DIE WELT wurde der heutige Corona-Shutdonw-Buchtip seinerzeit sehr gelobt.

Als Jugendlicher hab ich diverse Bücher über den BND, die amerikanischen Dienste etc. gelesen.

Diese waren alle interessant und, irgendwo, glaubwürdig. Das Sachbuch KGB (Oleg Gordiewski und Christopher Andrew), das aktuell bei Amazon für stolze 135 Euro angeboten wird (Ich wusste die Namen der Autoren nicht , mußte googeln und werde demnächst ein paar Bücherkisten entstauben!) wirkte in dieser Reihe recht glaubwürdig.

Zum israelischen Nachrichtendienst, für den ich mich thematisch auch interessierte, gab es nur das Standardwerk von Victor Ostrovsky: Ich konnte mich mit diesem Werk niemals anfreunden: Real beschreibt der Autor, der später mit internen Unterlagen zur Presse lief, nur seine Ausbildung und er schildert alle Operationen der Vergangenheit, als wäre er dabei gewesen.

Das er nicht erwähnt, wie er vor 2500 Jahren bei Jericho die Trompeten geblasen hat, verwunderte mich beim Lesen.

Seine Gründe, weshalb er die Ausbildung vorzeitig beendete erschienen auch zweifelhaft. Ich fand das Buch schlecht und unglaubwürdig. Beim zweiten Teil, dass er schrieb als er nicht mehr im Dienst war, schildert er die „Barschel-Ermordung“ – ebenfalls irgendwie unglaubwürdig, da er ja längst ausgeschieden war.

Auf feindlichen Gebiet, von Gerald Westerby (Oder wie auch immer er heißt: Bleiben wir mal einfachhalber bei diesem Namen!) hat diese Bildungslücke weitgehend geschlossen.

Der heutige Buchtipp, um den Corona-Shutdown entspannt und lesend auf dem heimischen Sofa zu verbringen!

Ein etwas andere Buch zum Thema „Mossad“: Unerwartet gut!

Auf feindlichem Gebiet; Foto: Amazon
Auf feindlichem Gebiet; Foto: Amazon

Es gibt natürlich Hollywood-Filme zum Thema Nachrichtendienste: In der 007-Reihe rettet James Bond, ewig cooler Fighter des MI6, seit Jahrzehnten das britische Empire. Filme über amerikanische Dienste gibt es ebenfalls, der russische KGB hat im Kino selbstverständlich ein Image-Problem.

Beim einzigen Hollywood-Blockbuster zum Thema Mossad, da fällt mir nur „München“ von Steven Spielberg ein, ist das – merkwürdigerweise –  ebenso.

In diesem Film werden die Drahtzieher und Täter des Olympia-Attentats im Kreise ihrer Familie oder Liebsten gezeigt, bevor sie brutal und *Räusper* völlig grundlos aus dem Leben gerissen werden. Das handelnde israelische Team kommt vom Image her wesentlich schlechter weg als die beseitigten Terroristen: Der Film handelt von israelischen Killern mit Skrupel und israelischen Killern ohne Skrupel. Eindimensionaler geht es nicht.

Dieses Defizit in Sachen „nüchterner Blick“ auf Aktionen, der unterhaltsam beschrieben wird, schließt das Buch „Auf feindlichem Gebiet“.

Es soll ein Ratgeber für das Privat- und Geschäftsleben sein. Ich bin kein Fan von „Persönlichkeitsratgebern“ – ich hab mal einige Bücher von Rupert Lay gelesen, die ich ganz interessant fand. Mit Dale Carnegie kann ich genauso viel anfangen wie mit einem Rosamunde-Pilcher-Roman: Absolut nichts.

Was mir, komische Gestalten sehr oft in der Fußgängerzone an Persönlichkeitsratgebern mitgeben wollen, das verabscheue ich bereits, weil mir die Überbringer furchtbar unsympathisch sind: Einen Scientologen oder Zeugen Jehovas, möchte man ja nun wirklich nicht im häuslichen Umfeld haben.

Der einzige Ratgeber, aus den ich bisher irgendwelche Lehren, vielleicht erfolgreich, ziehen konnte ist das uraltes Werk „Die Kunst des Krieges“ des chinesischen Militärstrategen Sunzi.

Seine ultimativen Weisheiten, wie  „Wenn du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht untergehen.“ oder „Wenn du lange genug am Fluß sitzt, siehst du irgendwann die Leiche deines Feindes vorbeischwimmen.“ passen zu vielen Gelegenheiten und Problemlösungen des Alltags.

Kleiner Alltags-Tipp: Oft genug, in einer vollen U-Bahn, hintereinander gemurmelt, kriegt man meistens einen freien Sitzplatz.

Kommen wir zum zu „Auf feindlichem Gebiet“. Zur englischen Version, In Hostile Territory: Business Secrets of a Mossad Combatant kann ich nichts schreiben: Außer, dass diese wirklich schweineteuer ist und ich sie mir deshalb nie zugelegt habe.

Wissen und Praktiken des Mossad im Business nutzen

So lautet die Unterüberschrift des Buches. Vorab: Ein wirklicher „Crashkurs“ in Businessfragen ist das Werk nicht. Besonders mit Hinblick auf die deutsche Steuergesetzgebung und bürokratische Realität.

Der Autor, der jahrelang unter dem Deckmantel eines Geschäftsmanns geheim operiert hat (Beim Mossad nennt man diese Agenten wohl „Kombattanten“!), zieht hier Lehren aus seiner Ausbildung, die einem im Geschäftsleben als auch im normalen Alltag weiterbringen sollen: Finden wird man diese Ratschläge in diversen Ratgebern. Was den Reiz des Buches ausmacht – er baut diese „Ratschläge“ auf die Analyse erfolgreicher Operationen des israelischen Auslandsgeheimdienstes auf.

Und dem Motto des Autors (Er verrät übrigens seinen „Codenamen“: Schoolboy):

Was sich beim Mossad, umzingelt von Feinden, bewährt hat: Das klappt überall, kann man logisch irgendwie nur schwer widersprechen. In Duisburg fühle ich auf jeden Fall richtig safe.

Geduld, Vorbereitung und Beharrlichkeit.

Diese Eckpunkte des Erfolges betont der Autor immer wieder. Jede geheimdienstliche Operation, die im Buch nacherzählt wird, klopft der Autor auf diese drei Punkte ab und entwickelt daraus Handlungsweisen für das Business und das alltägliche Leben.

Was ich beim Lesen des Buches, als sehr ironisch empfunden habe: Der Autor ist kein besonders großer Fan von Victor Ostrovsky, dem Autor des Sachbuchs „Der Mossad“.

Der einzige Punkt, der mir an „Auf feindlichem Gebiet“ nicht gefällt, ist der Grund aus dem ich Ostrovskys Buch in den 80er Jahren irgendwann nicht mehr weitergelesen habe:

Gerald Westerby beschreibt so viele Aktionen, von den 70er bis zu den 90er Jahren, wenn ich es richtig in Erinnerung habe: Er kann eigentlich unmöglich an all diesen Geschichten direkt beteiligt gewesen sein.

Die WELT betonte bei der Kritik (Diese ist am Ende des Artikels in Teilen zu lesen!) zum Buch lobend, dass „Schoolboy“ im Buch sich eher in eine Nebenrolle des Geschehens drängt.

Ich habe es damals anders empfunden und die Vielzahl von Aktionen die beschrieben wurden, erinnerten mich an meinen damaligen Grund, das Ostrovsky-Werk nicht bis zum Ende gelesen zu haben. Aber man kann ja nicht immer einer Meinung mit mit der WELT  sein.

Was mich über dieses „gefühlte Manko“ hinwegsehen lässt, sind die Stärken des Buches.

Westerby schreibt unheimlich locker. Das Buch lässt sich prima lesen. Es ist interessant: Hintergründe im Nahost-Konflikt werden nebenbei vermittelt. Sein Humor ist staubtrocken, vielleicht für einige Menschen gewöhnungsbedürftig: Mir gefällt seine Art zu schreiben. Alle paar Jahre, wenn ich über das Buch beim Aufräumen oder aus anderen Gründen stolpere, lese ich es erneut.

Was ich an besonders bemerkenswert finde, sind die „offenen Fragen“: So habe ich in Erinnerung, daß laut Westerby die ganzen früheren Rückruf- und Anrufbeantworterdienste ein Mittel waren, damit die Kämpfer der unsichtbaren Front ungehindert weltweit kommunizieren konnten. Oft Thema im Buch: Die BCCI – eine Bank, auf der die Bezeichnung „Bad Bank“ in jeder Hinsicht zuzutreffen scheint, wenn man den Ausführungen des Autors auch nur halbwegs Glauben schenkt.

In hostile Territory; Foto: Amazon

Öl ins Feuer gießen: Der Iran-Irak-Krieg – und die Rolle von Personalvermittlern

Dieses Kapitel habe ich –  weil es ebenso spannend, wie lustig und interessant ist – in bester Erinnerung. Der Autor startet mit einer Frage von Henry Kissinger, die er einen Satz später selber beantwortet: „Was ist Israels Interesse am Iran-Irak-Krieg? Das er ewig gegen sollte.“

Laut Westerby: Zahlreiche Arbeiten hinter den Fronten, sowohl bei den Iranern, als auch auf irakischer Seite, wurden von ausländischen Logistikfirmen erledigt. Eine französische Logistikfirma wird unterwandert – um Menschen, die den Streitkräften des Irak und des Iran nicht wohlgesinnten sind, in diese Zielländer zu bringen. Mit destruktiven Arbeitsanweisungen, wurde so das Gleichgewicht der beiden israelfeindlichen Staaten aufrechterhalten.

Diese Story ist die amüsanteste Handlung des Buches, weil die israelische Schlüsselperson (Albert: Ich glaube er war afrikanischen Ursprungs!), aufgrund seiner Herkunft von einem ruppigen rechtsradikalen Franzosen – beide teilten in diesem Kapitel ein Vorliebe für das Schrauben an Kraftfahrzeugen – für sowas wie sein „koloniales Erbe“ gehalten wird: Das Ass des Teams wird also rund um die Uhr bemuttert. Amüsant zu lesen!

Klar: In diesem Kapitel geht es um die Frage – für das wirkliche Biz eines sterblichen – wie man Personalfragen effektiv handhabt.

Fazit: Gut zu lesen! Hintergründe zum Nahen Osten und der Problematik des ewig andauernden Konflikts zwischen arabischen Staaten untereinander und zwischen arabischen Staaten und Israel werden nebenbei vermittelt. Auch so eine Art von Buch, das man abends im Bett oder auf dem Sofa gerne mal in einem Zug durchliest.

Auf bestimmte, alltägliche, Dinge hat man, nach der Buchlektüre einen anderen Blick: Urlaubsclubs, Personalagenturen, Unternehmen die für Fremdkunden Logistikdienste anbieten.

Wer sich für die Nahost-Politik der 70er, 80er  und 90er Jahre interessiert und diese „locker“ aufnehmen möchte – der heutige Tipp an Lesefreude für das Stayhome-Office-Sofa:

Auf feindlichem Gebiet –
Wissen und Praktiken des Mossad im Business nutzen

von Gerald Westerby (Oder wem auch immer!)

  • Gebundene Ausgabe: 288 Seiten (Die Hardcover-Version besitzt, wie ich finde, einen wunderschönen Schutzumschlag, der selbst schützenswert ist! Besser nochmals mit einem Umschlag sichern!)
  • Verlag: Econ (1999)
  • Sprache: Deutsch
  • ISBN-10: 3430196078
  • ISBN-13: 978-3430196079

„Der interessanteste und coolste Ratgeber – auch für die Postapokalypse.“
(Empfehlung: Lesefreude für das Stayhome-Office-Sofa)

Was die Tageszeitung DIE WELT zu dem Buch schreibt:

Aber „Westerbys“ Geschichten sind glaubwürdig und lesenswert. Er trifft den richtigen, locker-kumpelhaften Ton, der in Israels Geheimdiensten üblich ist. Er spielt sich nicht auf, gibt eigene Fehler und Schwächen zu und gesteht, dass er in einigen bekannten Mossad-Einsätzen nur eine Nebenrolle spielte. Er berichtet von einer Geheimdienstkarriere, die sich von den früheren siebziger zu den späten neunziger Jahren spannte, und liefert durchaus interessante Ergänzungen zu bekannten und weniger bekannten israelischen Geheimdiensteinsätzen – etwa zum Mordanschlag an vier palästinensischen Chefterroristen in Beirut 1973 oder zur Technikspionage gegen das irakische Atomprogramm und das syrische Chemiewaffenarsenal.

Seine Darstellungen ergeben ein sachliches, realistisches Bild des Mossad als einer durchaus menschlichen Organisation mit Stärken und Schwächen. Gekünstelt wirkt nur, dass „Westerby“, in seinem Management-Guru-Modus, aus den Mossad-Aktionen immer wieder Wirtschaftsweisheiten herausphilosophieren will. Diese sind zwar nicht banaler als im Business-Buch branchenüblich, entsprechen aber keiner besonderen Mossad-Management-Lehre. Zu Recht betont „Westerby“ etwa den Wert von „Geduld, Vorbereitung und Beharrlichkeit“ für den Geschäftserfolg – aber sind das spezifische Mossad-Einsichten?

Auf feindlichem Gebiet –
Wissen und Praktiken des Mossad im Business nutzen

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[…] in Lesefreude für das Stayhome-Office-Sofa: Der Lebkuchenmann von Joseph Andrew Konrath – oder kurz: J.A. […]

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[…] sollte es unnötig sein, den heutigen Buchtipp für’s Stayhome-Office-Sofa überhaupt vorstellen zu müssen. Aber den geplanten Lesetipp […]

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[…] „eigentliche Essenz“ aus diesem Werk wurde in dieser Reihe bereits empfohlen (Auf feindlichem Gebiet: Wissen und Praktiken des Mossad im Business nutzen) und bei der Suche im Ebook-Reader fiel mir ein anderes Werk ins Auge, das in keinem Bücherregal […]

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[…] – nun ja: bis zu meiner Wiederankunft im Ruhrgebiet im Jahre 2019 – absolutes „feindliches Gebiet„. Irgendwann, in meiner frühen Jugend, hat mich meine Mutter eindringlich darauf […]

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