
Die SPD beginnt langsam, sich aus den Fesseln der grünen Ideologie zu lösen. Nachdem die Bundespartei vor einem Klimaschutz warnt, der zur Deindustrialisierung führt, beginnen die Sozialdemokraten in NRW, sich vom Dogma des grünen Wasserstoffs zu verabschieden.
Die Zeiten, in denen Sozialdemokraten und Gewerkschaften Seite an Seite das hohe Lied des grünen Wasserstoffs sangen, sind vorbei. Nachdem Eon und RWE zahlreiche Wasserstoffprojekte eingestellt haben und ArcelorMittal sich trotz Subventionszusagen in Milliardenhöhe von den Plänen verabschiedet hat, seine Werke in Bremen und Eisenhüttenstadt auf klimaneutrale Produktion umzustellen, und auch Thyssenkrupp beim Umbau der Hütte in Duisburg auf die Bremse tritt, ist offenbar auch den Sozialdemokraten klar geworden, dass es kein grünes Wirtschaftswunder geben wird.
In einem Eilantrag zum am morgigen Donnerstag stattfindenden Stahlgipfel fordert die SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, dass die Rahmenbedingungen für den Aufbau klimafreundlicher Produktionsverfahren und die Umrüstung von Anlagen flexibilisiert werden müssen, um das Ziel der Klimaneutralität mit fortbestehender Industrie zu erreichen. „Der Wasserstoffhochlauf stockt, und die Kosten für grünen Wasserstoff sind bisher wirtschaftlich für die Unternehmen nicht darstellbar.“ Das Ziel der grünen Wasserstoffnutzung in den 2030er-Jahren könne nur erreicht werden, wenn die Dekarbonisierung der kohlebasierten Stahlproduktion zunächst mit dem nur halb so CO₂-intensiven Erdgas und sodann mit grauem und blauem Wasserstoff vorangetrieben wird, „bis die Wirtschaftlichkeit von grünem Wasserstoff gesichert ist.“
Wann dies geschieht, ist vollkommen offen – und das dürfte den Sozialdemokraten bewusst sein.
Auch die Wirkung der CO₂-Bepreisung des europäischen Emissionshandels sei für den Sektor der energieintensiven Industrie zu bedenken, stellt die SPD in ihrem Eilantrag fest: Die Emissionssenkungen seien im Bereich der Industrie im Gegensatz zu anderen Sektoren wie Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft bereits deutlich erfolgt. „In dieser Notlage braucht es daher temporäre Spielräume, damit Investitionsmittel für die Transformation frei werden, statt dass der zusätzliche Kostendruck die Unwirtschaftlichkeit der Produktion verstärkt und letztlich zur Schließung der Produktionsstätten führt.“
Um das zu erreichen, wird sich aber auch die Subventionspolitik der EU ändern müssen. Noch klaffen Förderrecht und Realität so weit auseinander, dass man inzwischen Erdgas „klimaneutral färben“ muss, um den Industriestandort zu retten.
Ob der Antrag im Landtag eine Mehrheit findet, ist fraglich. Denn noch halten die schwarz-grüne Landesregierung und ihre Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) am grünen Wasserstoff fest. Auf Anfrage dieses Blogs zu einem verheerenden Bericht des Bundesrechnungshofes zur Wasserstoffstrategie teilte das NRW-Wirtschaftsministerium mit, dass grüner Wasserstoff existenziell für den „Erhalt des Industriestandorts Deutschland“ sei.
Die Grünen kommen mit einer solchen Haltung bei ihrer schrumpfenden Klientel durch. Bei der CDU, die auch in Nordrhein-Westfalen gerne mit ihrer Wirtschaftskompetenz wirbt, wird das kaum der Fall sein. Für die Christdemokraten könnte es unangenehm werden, wenn sich die SPD zunehmend von grünen Ideologien löst und sich daran erinnert, wessen Interessen sie als Partei zu vertreten hat. Dass die AfD die Partei mit den meisten Wählern aus der Arbeiterklasse geworden ist, scheinen die Genossen nicht mehr kampflos hinnehmen zu wollen.

Grüne Ideologie? Der ganze Wasserstoffschwachsinn trotz wissenschaftlich belegter Ineffizienz kam doch wegen der „Technologieoffenheit“ von FDP/CDU/rechtsaußen/konservativer Seite?
Grüne Technologie ist billiger für die Menschen. Kohle und rückwärtsgewandte Politik von CDU/SPD/FDP und AFD macht das Leben der Menschen teuer und uns maximal Abhänig von fossilen Quellen (auch Uran) und damit von Despoten und Tyrannenstaaten, (auch das gilt für Uran/Atomenergie).
Gut, Macher verabschieden sich von dem Projekt, führt der Autor u.a. als Argument an, weil u.a. zu teuer. Kann ich nachvollziehen. Für diec Atomenergie lässt der Autor diese Argumente nicht gelten, wie wir wissen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
To: JP H
Das Fragezeichen zeigt bereits, dass hier Grundlagenwissen fehlt. Die ersten politischen Konzepte zur Wasserstoffnutzung im Kontext der deutschen Energiewende stammen aus der rot-grünen Bundesregierung vor rund 20 Jahren – lange bevor „Technologieoffenheit“ zum Schlagwort wurde.
Das ist eine Behauptung, die einem Realitätscheck nur teilweise standhält – selbst bei PV- und Windstrom, wo Kosten unter Idealbedingungen zwar niedrig sind, aber Systemkosten (Backup, Netzausbau, Speicher, Redispatch) gerne ignoriert werden. Fingerpointing (CDU etc.) hilft da wenig.
Ein zentrales Problem bleibt: Deutschland kann seinen Energiebedarf nicht zu 100 % aus variablen erneuerbaren Energien decken. Dafür sind sowohl unsere geografischen Bedingungen als auch die technisch-wirtschaftlich erreichbaren Ausbaugrenzen von PV und Wind entscheidend. Auch 2030–2040 werden wir deshalb fossile Anteile brauchen – schon allein, weil Überschüsse aus VEE nicht ausreichen werden, um die nötigen Wasserstoffmengen zu produzieren. Die Alternative wäre teurer Import von grünem Wasserstoff – inklusive neuer Abhängigkeiten –, oder der Einsatz von Erdgas bzw. grauem H₂, der zwar ebenfalls abhängig macht, aber kurzfristig günstiger ist und im Übergang weniger CO₂ verursacht.
Hinzu kommt: Andere Länder bauen PV und Wind ebenfalls massiv aus; wir liegen insbesondere bei Offshore-Wind seit Jahren hinter den eigenen Zielen zurück.
Und selbst wenn wir rein hypothetisch ab etwa 2045 zu 95 % „grünen“ Strom hätten, sagt das nichts darüber aus, wie hoch der grüne Anteil in Industrie, Verkehr, Gebäudeenergie oder Prozesswärme wäre. Dort liegen die eigentlichen Brocken.
Hth.