
Mit einer halben Million Förderung hat die lit.Ruhr an vier Tagen 80 Veranstaltungen rund um die aktuelle Literatur-Szene aus der Taufe gehoben. Dabei wurden viele große Namen, wie Nick Hornby, Sven Regener oder Donna Leon, in die Ruhrmetropole Essen gelotst. Ein besonderes Highlight war der Vortrag von Kraftwerk-Musiker Karl Bartos – aber es gibt auch kritische Bemerkungen bezüglich der lit.Ruhr. Von unserem Gastautor Peter Hesse.
Während vornehmlich die Automarken BMW und Mercedes, sowie ein paar SUV-Modelle auf dem Parkplatz der Zeche Zollverein aneinanderreihen, ist beim ersten Blick schon klar, dass die lit.Ruhr keine Kleinkunst-Veranstaltung für darbende Hipster-Studenten ist. Nein, hier trifft sich der gesunde Mittelstand und taucht ein in die Welt der vorgetragenen Lesungen. Als Folgeschäden des Sturmtiefs „Xavier“ können einige Vorleser nicht anreisen. Zum Beispiel Schauspieler Joachim Król kann genau so wenig erscheinen, wie die Autorin Ulla Hahn.
Geldgeber der lit.Ruhr sind die Brost-Stiftung, die RAG-Stiftung, die Krupp-Stiftung, die Innogy-Stiftung und die Stiftung Mercator. Böse Kritiker gehen sogar noch einen Schritt weiter und bekleben die lit.Ruhr mit dem Etikett eine kulturpolitsche Love-Parade zu sein. Das kommt nicht von ungefähr, denn unter anderem haben sich die Organisatoren der Kulturhauptstadt 2010 für dieses künstliche Literatur-Konstrukt stark gemacht: der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen, sowie der Kulturmanager Oliver Scheytt.
Dennoch ist der Freitag gut besetzt. Während Sven Regener in Halle 12 vor fast ausverkauften Stuhlreihen zu Eintrittspreisen von 23 Euro liest, ist es bei Kraftwerk-Mitglied Karl Bartos in Halle zwei (die Tickets kosten hier 21 Euro) nicht viel anders: nur ganz wenige Plätze bleiben unbesetzt und pünktlich um 21 Uhr erscheint der 66jährige Bartos mit 1Live-Moderator Klaus Fiehe an seiner Seite. In den nächsten zwei Stunden liefern sich die beiden Musik-Liebhaber eine Unterhaltung, die an ein hoch spannendes Tennis-Match erinnert. Klaus hat die unglaubliche Faktendichte von der Bartos-Biografie „Der Klang der Maschine“ quasi inhaliert, dass der Kraftwerk-Musiker mehrfach bemerkt, dass Fiehe sein Leben quasi besser kennt als er selbst. Dieser Wälzer ist 600 Seiten dick, im Eichborn Verlag erschienen und aufgeteilt 16 Kapitel. Mit Sicherheit ist es eines der interessantesten Musiker-Biografien aus der jüngeren Vergangenheit.



































