Ferrostaal im Korruptions-Sumpf

Gestern haben Polizei und Staatsanwaltschaft in Essen die Zentrale des Anlagenbauers Ferrostaal durchsucht. Der Verdacht: die frühere MAN-Tochter soll Bestechungsgelder verteilt haben, um Aufträgen zu generieren. Konkret soll Ferrostaal beim Bau von Kraftwerken und der Lieferung von U-Booten vor allem Regierungen unter anderem in Südeuropa und Asien geschmiert haben. Warum mich das nicht wundert?

Weil wir bei den Ruhrbaronen am 1. Februar eine Geschichte über Ferrostaal gebracht haben unter dem Titel: „Besticht die Deutsche Wirtschaft im Ausland?“.

Darin haben wir ein Zitat des Ferrostaat-Chefs Matthias Mitscherlich aus einem Interview mit dem Handelsblatt analysiert. In den Gespräch hatte der Top-Manager zwischen den Zeilen gestanden, dass sein Konzern schmiert. Zur Erinnerung hier nochmal das Zitat von damals:

(es müsse jemand bezahlt werden, d. A.) der die richtigen Leute kennt. Der einem zum Beispiel sagt, mit wem man reden muss, um ein Projekt nach vorne zu bringen. Hier steht einer Leistung eine echte Gegenleistung gegenüber, deshalb sollte man solche Dinge nicht in die gleiche Ecke wie Korruption rücken.”

Für mich hört sich das an wie ein Beratervertrag mit der Tochter des Präsidenten. Man wird sehen, wie die Ermittler den Fall bewerten. Ich denke mal nicht so, wie es sich Mitscherlich wünscht.

Bottrop in der New York Times

Wenn Fremde an meine Heimatstadt Bottrop denken, denken sie nur an doofe Dinge, Klischees und blöde Witze. Selbst mit der Stanze, „Och, watt is dat grün hier“, muss man in Bottrop häufiger klar kommen, als anderswo. Aber was soll es. Nun hat es Bottrop als erste Stadt aus dem Revier im Kulturhauptstadtjahr bis in die New York Times geschafft. Wegen der Kulturhauptstadt? Nein, natürlich nicht. Sondern wegen des Kinderschänders im katholischen Priestergewand, der seit ein paar Tagen den Papst in Erklärungsnot bringt. Denn Benedikt XVI hatte in seiner Zeit als Münchener Bischof einen geweihten Kinderschänder versetzt, der seine kriminelle Karriere in Bottrop begann, ohne ihn der Justiz zu überantworten.

Zitat aus der NYT vom 24. März 2010:

Church authorities have also been alerted to two previously unknown potential victims in the northern town of Bottrop. “We have two tip-offs that are so conclusive that we must proceed under the assumption that these incidents took place,” said Ulrich Lota, spokesman for the diocese in Essen, where Father Hullermann was ordained, confirming that in both cases the victims were boys.

Father Hullermann was abruptly transferred from Bottrop to Essen in 1977, but, according to Mr. Lota, there are no references in his file to abuse from that time.

Two years later, three sets of parents told the priest in charge of Father Hullermann’s new church that he had abused their children, prompting his transfer to Munich for therapy, where he was returned to parish duties.

After just over two years in Munich he was transferred once again, this time to the nearby town of Grafing. There, he abused several boys, leading to his conviction in 1986, which resulted in a suspended sentence of five years’ probation and a fine.

He then spent one year working in a nursing home before he was sent to a parish in Garching.

Scheisse wa? Alles schöne Geld für die PR in Amerika umsonst verbrannt. Dort ist Bottrop jetzt als Kinderschändertown bekannt.

Dazu passend eine Story, die mir ein Kumpel erzählt hat. Dessen Opa hatte mitbekommen, wie ein Priester seiner Tochter zu nahe kam. Er hat ihr wohl an den Po gepackt. Der Opa nahm sich ein Kantholz, setzte sich an die Straße und wartete auf den Priester. Als der auf dem Rad vorbeifuhr, hat der Opa den Priester mit dem Kantholz verdroschen. Und gesagt, dass der seine Fottfinger von den Mädchen weglassen soll. Wenn er noch einmal was hört, wird es richtig weh tun.

Der Priester hat sich dann versetzen lassen. Ob die beiden Fälle zusammengehören, kann ich nicht sagen.

Protestwochenende gegen Rechts: Was, wann, wo…

Die Rechten an der Ruhr wollen es wissen: NPD und Pro NRW werden ab Morgen getrennt in mehreren Städten demonstrieren. Pro NRW zudem in Gelsenkirchen einen Parteitag abhalten.

Und überall wo sich NPD und Pro NRW am Wochenende zeigen, wird es Gegendemonstrationen geben. Sei es bei den „Mahnwachen“ von Pro NRW, der NPD Demo am Samstag in Duisburg, dem Pro NRW Parteitag in Gelsenkirchen oder in Duisburg-Marxloh, wo die Rechten am Sonntag demonstrieren wollen. An vielen Standorten sollen Blockaden die Veranstaltungen von NPD und Pro NRW stören. Hier ein Überblick, über die Termine der kommenden Tage, der uns von den Leuten von „Rechtes Märchenland zerschlagen“ aus Duisburg zur Verfügung gestellt wurde.

Freitag, 26. März

Oberhausen
Kundgebung von pro NRW | 10 Uhr vor DITIB Camii, Weißensteinstraße

Herten
Kundgebung von pro NRW | 10 Uhr Paschenbergstraße (10 Uhr Solidartätsaktion vor der blauen Moschee)

Mülheim
Kundgebung von pro NRW. Infos
12 Uhr – Sandstraße (Anlaufstelle 10 Uhr AZ Mülheim)

Bochum
Kundgebung von pro NRW Infos

Gelsenkirchen
pro NRW Kundgebung + Gegenaktivitäten
Treffpunkt: 10:30h – Moschee Horster Str. 156 Infos

Essen
Kundgebung von pro NRW | Infos
14 Uhr vor der Türkischen Moschee in Essen-Katernberg

Samstag, 27. März

Duisburg
Was: NPD-Kundgebung
Wo: Hauptbahnhof Duisburg, Vorplatz
Wann: NPD trifft sich um 11h, losgehen soll es um 12h

Gelsenkirchen
pro NRW Parteitag
27. März ab 7.3o Uhr – Schloß Horst Infos

Sonntag, 28. März

Duisburg
pro NRW Demo in Duisburg-Marxloh. Angemeldet von 11h bis 19h. Route: Warbruckstraße – Ecke Kreyenpothstraße bis Warbruckstraße – Ecke Feldstr.

NPD Demo in Duisburg-Marxloh. Beginn: 11h. Route: Aldenraderstraße – Ecke Friedrich-Ebertstraße —> Aldenrader str. —> Prinz-Eugenstraße bis entweder Prinz-Eugenstraße – Ecke Zechenstraße oder Ecke Warbruckstraße. Vorabtreffpunkt 10-10:30h. Ort noch nicht bekannt.

Panzertaktik trotz EU-Waffenembargo. Welche Rolle hatte Steinmeier?

Um den unsinnigen Afghanistankrieg zu führen, biedert sich die Bundesregierung jahrelang dem usbekischen Despoten Islam Karimow an. Im usbekischen Termes liegt die Unterstützungsbasis der Bundeswehr für den Einsatz. Deutschland riskierte dabei sogar den Bruch von EU Verordnungen.

Es steht fest, dass usbekische Soldaten auch im Zeitraum zwischen November 2005 und November 2009 während des EU Waffenembargos in Deutschland Panzertaktiken lernten. In diesem Zeitraum war Frank-Walter Steinmeier (SPD) Außenminister in Deutschland.

Der Grund für die EU Strafmassnahmen war das Massaker von Andischan.
Ohne Vorwarnung schossen die Sicherheitskräfte von gepanzerten Fahrzeugen auf flüchtende Männer, Frauen und Kinder. Es ist der 13. Mai 2005 als in Andischan usbekische Uniformierte die Menschenmenge attackieren. Das Ganze geschah von Panzerwagen aus. Nach Aussagen von Berichten von Menschenrechtsorganisationen sollen bei dabei über 500 Menschen getötet worden sein. Die usbekischen Machthaber setzten Schützenpanzer sowjetischer Bauart zur „internen Repression“ ein.

Als Folge des Massakers in Andischan verhängte die EU 2005 ein Embargo gegen Usbekistan. Die Bundeswehr setzte dennoch die Militärische Ausbildungshilfe (MAH) für usbekische Soldaten fort und schulte Mitglieder der usbekischen Streitkräfte. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigt auf Anfrage: „Im angefragten Zeitraum wurden 35 Angehörige der usbekischen Streitkräfte in den militärischen Organisationsbereichen der Bundeswehr ausgebildet.“

Bei der MAH mit Usbekistan, die seit 1994 durchgeführt wird, steht allerdings nicht nur die „innere Führung von Soldaten in einer demokratischen Gesellschaft“ auf dem Stundenplan. Die Soldaten aus Usbekistan übten bei der MAH trotz des EU Embargos in Deutschland auch den taktischen Einsatz von Panzern auch mit dem Schützenpanzer Marder.

„Das ist ein klarer Bruch des EU Embargos“, sagt Winfried Nachtwei. Er saß für die Grünen von 1994 bis 2009 im Bundestag und war bis 2009 deren Obmann im Verteidigungsausschuss. Katja Keul, Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag und Mitglied im Verteidigungsausschuss betont: „Die Aussetzung der MAH wäre eine deutliche und zwingende Botschaft an das usbekische Regime gewesen.“

Die amerikanische Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert eine Untersuchung. Die Chefin des Referats für Europa und Zentralasien von HRW Holly Cartner in New York reagiert scharf.

“We knew that Germany had acted contrary to the spirit of the sanctions rights from the beginning (giving Almatov a visa, for example), but the training of Uzbek soldiers in weaponry that could be used for internal repression appears to be a direct violation of the EU’s arms embargo. The EU and the German government should conduct an investigation to determine whether Germany did, in fact, violate the embargo and whether other members states of the EU were aware of any violation at the time. Human Rights Watch also calls on both the German and the European Parliament to deal with these serious allegations and ensure that any inquiries are transparent and credible.”

Das Verteidigungsministerium sieht in der MAH mit Usbekistan vor allem Demokratiehilfe: „Die MAH unterstützt die Entwicklung demokratisch orientierter Streitkräfte in Staaten und Regionen, deren Stabilität im deutschen Interesse liegt“, erklärt der Sprecher des Ministeriums, „sie dient zudem der Festigung vertrauensvoller Beziehungen zu Kooperationspartnern.“

Usbekistan ist aber keine Demokratie und dessen Präsident befehligte sogar zur Machtsicherung 2005 ein Massaker.

Bereits am 23 Mai 2005 verurteilte der Rat der Europäischen Union die in „Andischan erfolgte und Berichten zufolge übermäßige, unverhältnismäßige und unterschiedslose Gewaltanwendung durch usbekische Sicherheitskräfte aus Schärfste.“ Als Reaktion auf die Bluttat verhängte der Rat im Herbst 2005 Sanktionen gegen das zentralasiatische Land. Das darin beinhaltete Waffenembargo lief am 13. November 2009 aus. Embargos müssen aktiv verlängert werden, die nötige Einstimmigkeit dazu war nicht gegeben.

Die „restriktive Maßnahmen gegen Usbekistan“ in der Verordnung 1859/2005 sind eindeutig. Es wurde „ein Ausfuhrverbot für Ausrüstung, die zur internen Repression verwendet werden könnte, und ein Verbot der Bereitstellung technischer Hilfe“ verfügt.

Die EU-Verordnung definiert, was unter technischer Hilfe, die Usbekistan nicht bereit gestellt werden darf, zu verstehen ist. Sie „kann in Form von Anleitung, Beratung, Ausbildung , …erfolgen“. Weiter: „es ist untersagt, technische Hilfe im Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten … zu gewähren“.

Deutschland scherte sich darum nicht. Ein Sprecher des Verteidigungsministerium beschreibt die Ausbildung der Usbeken in Deutschland während des Embargos: „Im Bereich des Heeres besuchten 14 usbekische Offiziere im Wesentlichen mehrwöchige Lehrgänge, die auf eine Verwendung als Verbandsführer der Panzergrenadier- und Jägertruppe (Bataillonskommandeur) und Einheitsführer der Panzergrenadier-, Jäger-, Fernmelde- und Pioniertruppe (Kompaniechef) vorbereiten.“ Die Ausbildung der usbekischen Offiziere umfasste neben Schulungen zur „Innere Führung“ auch „die Taktik im Einsatz verbundener Kräfte“. Das ist Militärsprech für Manöver.

Den usbekischen Soldaten sei bei Manövern gezeigt worden, wie Panzerzüge im Feld entsprechend der gestellten Aufgabe auszurichten seien, so ein Sprecher des Heeres. „Insbesonders auf den unteren Führungsebenen schließt das die Übung mit dem Hauptwaffensystem einer Truppengattung (z.B. den Schützenpanzer Marder bei den Panzergrenadieren) ein“, beschreibt das Verteidigungsministerium die „Ausbildungsinhalte der Offiziersausbildung“.

Nochmal der Artikel 3 der EU Verordnung:

„Es ist untersagt technische Hilfe im Zusammenhang mit militärischen Aktivitätenund mit der Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung von Rüstungsgütern und damit verbundenem Material aller Art, einschließlich Waffen und Munition, Militärfahrzeugen und -ausrüstung, paramilitärischer Ausrüstung und entsprechender Ersatzteile, unmittelbar oder mittelbar für natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen in Usbekistan oder zur Verwendung in Usbekistan zu gewähren;“

Die Frage, ob Deutschland mit der MAH für Usbekistan gegen das Waffenembargo verstoßen hätte, konnte der Sprecher des Verteidigungsministerium bisher nicht beantworten.

Auch die Anfrage an die EU, ob nicht ein deutscher Bruch des Embargos vorläge, bleibt bisher unbeantwortet.

Die Bundesregierung beantwortete aber im Juni 2006 die Anfrage der Linke, ob „die Bundesregierung seit dem 14. Dezember 2005 technische und/ oder finanzielle Unterstützung für die militärischen Aktivitäten Usbekistans geleistet hätte“ mit „nein“.

Hat die Bundesregierung im Sommer 2006 die Unwahrheit gesagt? Oder zählt die Bundesregierung die MAH mit Usbekistan nicht zu der „technischen Unterstützung“?

Der Sprecher des Verteidigungsministerium kann sich nicht erinnern, dass die MAH während des Embargos auch nur zeitweise ausgesetzt wurde. Eine genaue Prüfung der Anfrage steht aber noch aus.

Die MAH fällt in den „Zuständigkeitsbereich des BmvgS“, sagt der Sprecher des Verteidigungsministeriums, aber die Schwerpunktsetzung werde mit dem Auswärtigen Amt abgestimmt. Diese Abstimmung bestätigt auch das Auswärtige Amt.

Von 2005 bis 2009 war Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der großen Koalition Außenminister.

Der Sozialdemokrat sammelte früh Erfahrung mit dem Unterlaufen der EU Sanktionen gegen Usbekistan. Wenige Tage nach der Verhängungen der EU Sanktionen, durfte trotz EU-Einreiseverbot der usbekische Innenminister Sokir Almatow im November 2005 aus „humanitären Gründen“ nach Deutschland reisen und sich in einer Privatklinik in Hannover behandeln lassen.

Almatow gilt als Hauptverantwortlicher für das Massaker von Andischan. Der Leiter und Direktor der Privatklinik in Hannover Madjiid Samii ist ein alter Bekannter des damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder und Steinmeier diente da noch als Kanzleramtsminister.

Die Frage, wieso Deutschland den Verstoß gegen die EU Verordnung zugelassen habe, lässt Steinmeier bisher unbeantwortet.

Der Autor hat zu diesem Thema am Donnerstag, den 25 März 2010, in der Taz veröffentlicht.

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Der Ruhrpilot

NRW: Rüttgers setzt Regierung unter Druck…Focus

NRW II: Rüttgers erteilt Schwarz-Grün in NRW klare Absage…Welt

NRW III: SPD will Wahlfreiheit zwischen Turbo- und Normal-Abi…Der Westen

NRW IV: Rüttgers spielt den Obama…Spiegel

NRW V: NRW-Wahlkämpfer patzen im Internet…Spiegel

NRW VI: Rot-Rot-Grüner Vorreiter Duisburg?…Post von Horn

NRW VII: „Gelsen-Gate“ im NRW-Wahlkampf?…RP Online

Bochum: Stadt muss 5,1 Millionen Fördergelder zurückzahlen…Ruhr Nachrichten

Antisemitismus: Duisburgs Polizei weist Vorwurf zurück…RP Online

Dierkes: Links, Rechts, Duisburg, WTF?…Unkreativ

Dierkes: Linksaprtei Pankow setzt Antisemiten ab…Junge Welt

Dortmund: Stadtwerke haben Interesse am Duisburger Hafen…Der Westen

Zensur: EU-Ministerrat spielt Zensursula und fordert Stopp-Schilder im Internet…Netzpolitik

Die Bandbreite: Wojna bringt Ihnen Ihr Herz näher…xtranews

Landtagswahl: Fortschritte für das Ruhrgebiet nur mit SPD und Grünen

Als FDP und CDU vor fünf Jahren in NRW an die Regierung kamen, stand auch das Ruhrgebiet ganz oben auf der Agenda: Aus fünf Regierungsbezirken und zwei Landschaftsverbänden sollten drei Regionalbezirke und Ruhrgebiet nicht mehr von aussen regiert werden. Heute ist in den Programmen von Union und FDP nichts mehr von dem damaligen Reformeifer zu spüren. Nur noch SPD und Grüne  wollen die Strukturen im Ruhrgebiet verändern.

2005 konnte der damalige Verkehrsninister und heute CDU-Ruhr-Chef Oliver Wittke vor Kraft und Optimismus kaum laufen: „Wir werden noch in dieser Legislaturperiode die fünf Regierungsbezirke und die beiden Landschaftsverbände zu drei Regionalbezirken zusammenschließen – einen für Westfalen, einen für das Rheinland und einen für das Ruhrgebiet. Im letzteren wird auch der Regionalverband Ruhr aufgehen.“ Heute klingt das alles ganz anders:. Fragt man Wittke danach, wann denn der Ruhrbezirk kommt, verweist er darauf, dass der Regionalverband Ruhr unter Schwarz-Gelb seine Planungskompetenz zurück bekommen hat und nun erst einmal zeigen müsse, dass er damit umgehen kann.

Auch im Landesprogramm der CDU wird nicht mehr über moderne Strukturen für das Land und das Ruhrgebiet gesprochen: Die Luft soll sauberer, die Kinder schlauer und die Arbeitsplätze mehr werden. Ausser Worthülsen nicht konkretes mehr zur Zukunft des Reviers.

Beim kleinen Koalitionspartner FDP sieht es noch düsterer aus. Die Liberalen sprechen sich für eine verstärkte Zusammenarbeit der Städte und Kreise im Ruhrgebiet aus, betonen dabei allerdings die Freiwilligkeit. Der RVR verkommt bei ihnen zu einem Moderator.

Für die Linkspartei sind sowieso alle staatlichen Strukturen sakrosant. Stellenabbau darf es ja schon aus ideologischen Gründen nicht geben. Für sie bedeutet Ruhrgebietspolitik vor allem mehr Förderprogramme und der mittelfristige Erhalt des Bergbaus.

Nur SPD und Grüne versprechen in ihren Programmen, die Strukturen des Ruhrgebiets zu verändern. Auch bei ihnen spielt ein Ruhrbezirk keine Rolle mehr. Wie in allen Parteien hat sich in dieser Frage auch bei ihnen die westfälische Gummistiefel-Fraktion durchgesetzt.  Aber immerhin: Beide wollen sich für mehr direkte Demokratie im Ruhrgebiet einsetzen, die Grünen haben sogar die Direktwahl des Ruhrparlaments in ihrem Programm. Und die SPD will das RVR-Gesetz in enger Kooperation mit allen Parteien weiterentwickeln. Immerhin, besser als gar nichts.

Die Zeiten in denen die CDU der Motor der Ruhrgebietspolitik war sind vorbei. Fortschritte für das Ruhrgebiet  wird es nur mit SPD und Grünen geben. Eine Aussage, die man vor kurzem noch für unmöglich gehalten hätte.

Die Krise des Sozialstaats – Eine Krise des gesamten Systems?

Nach Gastautoren von Grünen, SPD und Linkspartei nun ein Text aus der CDU. Christian Hallmann (links) Stellvertretender Vorsitzender der Jungen Union Dortmund und Fabio Borggreve, Kreisgeschäftsführer der Jungen Union Dortmund über die Zukunft des Sozialstaates.

„Wir müssen den Sozialstaat nach dem Prinzip der Leistungsgerechtigkeit neu erfinden“. Guido Westerwelle (FDP):

Die von Westerwelle angestoßene Debatte über das Arbeitslosengeld II sog. „Hartz IV“ offenbart vor allem Eines: Deutschland muss neue Lösungen für alte Probleme finden und darf dabei keinen seiner Bürger im Stich lassen. Das gilt sowohl für die Ärmsten der Armen als auch für die Leistungsträger dieser Gesellschaft. In der Debatte haben sich offensichtlich zwei Lager gebildet: Die Einen fordern einen allumfassenden Wohlfahrtsstaat, der die Bürger unabhängig von ihrem eigenen Beitrag finanziell umsorgt und sehen sich durch das Hartz IV Urteil des Bundesverfassungsgericht  bestätigt. Die Anderen fordern eine radikale Umkehr zum Prinzip der Leistungsgerechtigkeit und wollen den Missbrauch staatlicher Hilfe mit aller Härte sanktionieren. Vorschläge kommen aus allen Richtungen, doch dringen sie leider selten zum Kern des „sozialstaatlichen Dilemmas“ vor.

An dieser Stelle soll nun einmal versucht werden, einige neue Lösungsansätze zu präsentieren, ohne dabei in die bekannten klischeehaften Muster zu verfallen.

Das oberste Ziel der Vorschläge ist es, das offensichtlich aufgeblähte Sozialsystem zu entlasten. Hierfür bedarf es jedoch einer umfangreichen Betrachtung, weil viele Faktoren mit hineinspielen, die bei einem pauschalen Blick nicht gesehen werden:

Ohne eine Arbeitsmarktreform kann es keine Entlastung der Staatskasse geben.

Die Position der Industrienation Deutschland als reiner Produktionsstandort hat sich seit den 70er-Jahren dramatisch verändert. Die Produktionsstätten der Welt haben sich wegen der vielfach geringeren Lohnkosten zum größten Teil von den westlichen Industrieländern in den asiatischen Raum verlagert. Eine steigende Arbeitslosigkeit im Produktionssektor war die Folge. Hiervon hat sich Deutschland bis heute nicht erholt. Seit dem Jahre 1992 unterschritt die Arbeitslosenquote nicht mehr die 7 Prozent-Marke. Hinzu kommt, dass die Dunkelziffer aufgrund der statistischen Korrekturmöglichkeiten weitaus höher liegt. Letztendlich belasten die Kosten für das soziale Sicherungssystem den Bundeshaushalt überdurchschnittlich stark.

Die staatlichen Ausgaben können nur gesenkt werden, wenn die Arbeitslosigkeit zielgerichtet bekämpft wird. Dazu braucht es ein ausgereiftes Wachstumsmodell der klassischen Wirtschaftslehre. Nur mit einer Bildungsoffensive kann man eine Wachstumssteigerung erreichen. Bereits Abraham Lincoln sagte, dass Investitionen in Bildung den besten Zins geben. Die Investition in Bildung führt zu einem entscheidenden Effekt. Die benötigten Fachkräfte für den  Arbeitsmarkt werden qualifizierter ausgebildet und steigern die Produktivität von allen Unternehmen und Dienstleistern. Am Ende steht der Wirtschaftsstandort Deutschland mit einer hohen Produktivität und einem starken Wirtschaftswachstum.

Parallel dazu ist ein Schwerpunkt der Investitionen in Forschung und Entwicklung notwendig, um einen Technologievorsprung zu erzielen. Dies bietet zusätzlichen Raum für die Entstehung neuer Arbeitsplätze und transformiert Deutschland in eine Wissensgesellschaft. Durch seine hohe Innovationskraft bleibt Deutschland als Standort weltweit konkurrenzfähig.

Unter diesen Rahmenbedingungen entsteht eine höhere Arbeitsnachfrage, die vom Arbeitsmarkt gedeckt werden muss. Die Arbeitslosigkeit sinkt und die Einzahlungen in das Sozialsystem steigen.

Die Schlussfolgerung lautet: „Wohlstand und Wirtschaftskraft durch Wachstum und Innovationen“.

Gute Bildung schafft Wohlstand für Alle.

Eine Bildungsoffensive in Deutschland setzt ein Bildungssystem voraus, das dies leisten kann. Die ideologisch motivierte Reformwut hat jedoch zu einem ineffektiven und ungerechten Schul- / Bildungssystem geführt. Das Nebeneinander von Gesamtschulen und dem dreigliedrigen Schulsystem, mit dem eine konsequente Entwertung der jeweiligen Abschlüsse einherging, hat die Hauptschule zu einem Sammelbecken für Perspektivlose gemacht. Indem man sich lange den internationalen Standards im Bereich Bildung verwehrte, provozierte man die alarmierenden Ergebnisse der Pisa-Studie.

Bei den Hauptschulen hat diese Entwicklung zusammen mit einer Verschärfung der sozialen Verhältnisse zu dramatischen Ergebnissen geführt, die allwöchentlich die Boulevardblätter zieren. Kriminalität wird oft von Betroffenen genannt, um der Arbeitslosigkeit und der Bedürftigkeit  entfliehen.

Zudem könnten die Verhältnisse in den Bundesländern ungerechter nicht sein. Die südlichen Bundesländer erzielen aufgrund frühzeitig angezogener Leistungsanforderungen bessere Ergebnisse in den Vergleichsstudien.

Ähnlich desaströse Zustände zeigen sich an den deutschen Hochschulen. Eine dilettantisch umgesetzte Reform der einst wertigen und international anerkannten deutschen Abschlüsse hat zu einem Bildungschaos geführt. Die Proteste der Studenten sind berechtigt. Leider werden von den Verantwortlichen der Hochschulen nur zögerlich Konsequenzen gezogen.

Die hinterherhinkenden Bundesländer müssen die Widersprüche in ihren Schulsystemen abbauen. Die Anforderungen müssen erhöht und die Dauer der Schuljahre verkürzt werden, um dem internationalen Bildungswettbewerb stand zu halten. Gleichzeitig müssen mehr und besser ausgebildete Lehrer eingestellt werden. Außerdem muss das Konzept der vorschulischen Ausbildung im Kindergarten weiter und effektiv ausgebaut werden. Schließlich ist eine ganztägige Betreuung in der Schule zu ermöglichen, um vor allem Kindern aus sozialbenachteiligten Familien Zugang zu mehr Bildung im Anfangsstadium zu verschaffen. Kindern, die wegen ihrer Herkunft der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sind, kann durch interkulturelle Kindergärten (ausgewogener Anteil an deutschen und ausländischen Kindern in einem Kindergarten) und gezielte Sprachförderung im Kindesalter geholfen werden. Hier kann das Kölner-Modell Vorbild sein.

Die Einheitsschule stellt bei allen interessanten pädagogischen Erwägungen ein weiteres Experiment auf Kosten der Bildungssicherheit junger Menschen dar. An eine Einführung ist jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu denken, wenn nicht zuvor die Widersprüche und Probleme im bestehenden Schulsystem behoben werden.

Was die deutschen Universitäten und sonstigen Hochschulen anbelangt, muss eine weitere Straffung und Vereinheitlichung der Bachelor- und Masterabschlüsse von den jeweiligen Bundesländern eingefordert und unterstützt werden. Die Studiengebühren dürfen nicht abgeschafft werden. Stattdessen müssen finanzielle Nachteile von Studenten durch ein weitreichendes, effektives und gerechtes Stipendiensystem ersetzt werden. Wenn Bildung nicht umsonst ist, wird der Leistungsgedanke in den Mittelpunkt gestellt.

Eine geordnete Zuwanderung entlastet das Sozialsystem und erleichtert Integration.

Das Sozialsystem in Deutschland wird auch durch Zuwanderung beeinflusst. Die ideologisch überlagerte Diskussion um Deutschland als Einwanderungsland hat die Situation am Arbeitsmarkt zusätzlich verschlechtert. Anstatt ehrlich zu bekennen, dass man qualifizierte und arbeitsmarktorientierte Zuwanderung aufgrund der demographischen Entwicklung braucht, hat man nur eine ineffektive Kompromisslösung geschaffen: Das Zuwanderungsgesetz. Die damit verbundene Debatte über die sog. Einbürgerungstests hat einen unwichtigen Nebenkriegsschauplatz eröffnet, an dem sich nach wie vor die Gemüter erhitzen.

Wie eine vor wenigen Monaten veröffentlichte Studie des Bundesarbeitsministeriums zeigt, gibt es nach wie vor eine Einwanderung in das deutsche Sozialsystem. Das Familiennachzugsrecht spielt dabei eine entscheidende, von der Politik immer wieder ignorierte, Rolle. Eine echte juristisch praktikable Begrenzung wurde von der rot-grünen Regierung aus ideologischen Gründen abgelehnt. Das Ergebnis ist, dass die zweckentfremdete Nutzung des Familiennachzugsrechts in keiner Weise reduziert werden konnte. Andere EU-Länder wie Frankreich haben das Problem erkannt und mittlerweile entsprechende Begrenzungen auf den Weg gebracht. Amerika und Kanada haben einen Großteil ihrer ökonomischen Erfolgsgeschichte auf einer gezielt gesteuerten Einwanderungspolitik aufgebaut.

Das gesamte Zuwanderungsrecht muss unter dem Leitbild einer menschlich würdigen und ökonomisch sinnvollen Steuerung der Zuwanderung geregelt werden. Das sinnvolle und unkomplizierte kanadische Punktesystem bei der Einwanderung kann hierbei Vorbild sein. Hierbei werden Punkte in wichtigen Kriterien wie Alter, Bildungsstand, Sprachkenntnis u.v.m vergeben. Die Anzahl der Punkte entscheidet dann über die Zuwanderung.

Man würde damit auch den in Deutschland lebenden Migranten endlich Ruhe verschaffen, weil die von den rechten Parteien polemisierte Überfremdungsangst unbegründet würde. Es muss der Öffentlichkeit deutlich gemacht werden, dass diese Thematik von existenzieller Bedeutung für Deutschland ist.

Familienpolitik in Deutschland muss die Steigerung der Geburtenrate als oberstes Ziel definieren.

Wer Zuwanderung steuert muss auch den Nachwuchs von Arbeitskräften in seinem Land im Auge behalten. Durch die sinkende Geburtenrate und die älter werdende Bevölkerung ergibt sich ein nie zuvor dagewesener demographischer Wandel in Deutschland. Weniger Erwerbspersonen könnten das Arbeitsvolumen zukünftig nicht mehr bewältigen. Wird weniger erwirtschaftet, steht auch dem Sozialsystem weniger Einnahmen zur Verfügung. Bei einer steigenden Anzahl von älteren und bedürftigen Menschen kommt dieser Entwicklung eine hohe soziale Sprengkraft zu.

Die Familienpolitik muss Deutschland deshalb endlich wieder kinderfreundlich machen. Es ist nicht hinnehmbar, dass ein Kind in Deutschland mit Arbeitsplatzverlust und sozialem Abstieg gleichgesetzt wird. Die Betreuungsplätze müssen massiv und öffentlichkeitswirksam ausgebaut werden. Wir müssen wechseln von einer staatlichen Zuschusspolitik hin zu einer steuerlichen Entlastungspolitik. Vor allem berufstätige Familien müssen massiv steuerlich entlastet und dadurch belohnt werden. Für Bedürftige muss es nach wie vor Zuschüsse geben. Nur so kann ein breiter Ansatz für eine Steigerung der Geburtenrate in Deutschland gesetzt werden. Auch wenn eine Mehrausgabe benötigt wird, so ist sie für Deutschlands Zukunft unverzichtbar.

Hartz IV-Missbrauch findet täglich in Deutschland statt und schadet der großen Mehrheit der redlichen Arbeitslosen.

Der nicht zu unterschätzende Missbrauch von Hartz IV-Leistungen schädigt den Staat, die Bedürftigen und die Arbeitsmoral der gesamten Nation. Der Missbrauch kann schon wegen der Überlastung der zuständigen Sachbearbeiter in den Arbeitsämtern nicht ausreichend bekämpft werden. Eine in ihrer Anzahl nicht zu unterschätzende Minderheit nimmt für sich ein Recht auf „bezahltes Nichtstun“ in Anspruch. Außerdem zeigen die Kriminalstatistiken eine erhebliche Anzahl von Straftaten, bei denen zu Unrecht Hartz IV Leistungen erschlichen wurden.

Die bereits verfügbaren Sanktionsmittel müssen endlich strikter angewandt werden. Bei Arbeitsunwilligkeit ist eine drastische Kürzung oder eine Streichung der Bezüge nur konsequent. Zusätzlich sind auch Modelle der Ersatzbeschäftigung in Betracht  zu ziehen. Hier muss jedoch im Einzelfall geprüft werden, welche Tätigkeiten sinnvoll sind und die Privatwirtschaft nicht schädigen. Die Priorität hat jedoch auf dem Wiedereinstieg in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu liegen.

Hierbei ist es vor allem notwendig eine Gesamtanalyse der Beschäftigungsperspektiven vorzunehmen, bevor Umschulungsmaßnahmen angeboten werden.

Wer den Sozialstaat retten will, muss ihn reformieren

Es zeigt sich, dass der Missbrauch von Hartz IV, wie er von Westerwelle und anderen angeprangert wird, bei weitem nicht das größte Problem unseres Sozialstaats ist. Vielmehr wird das einst fortschrittliche Modell unseres Sozialsystems durch die modernen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklungen in seiner Existenz bedroht. Hierbei greifen die oben genannten Missstände vielfach ineinander und verschärfen das Dilemma des Sozialstaats zusätzlich. Wer den Sozialstaat wirklich retten will, sollte die Bevölkerung endlich auf die notwendige Reform des gesamten Systems vorbereiten. Erst wenn die negativen Effekte in den Bereichen Arbeitsmarkt, Bildung, Zuwanderung, Familienpolitik und Hartz IV-Missbrauch ernsthaft bekämpft werden, kann man auch wieder eine ehrliche Verteilungsgerechtigkeit in Deutschland aufbauen. Der Weg zu mehr Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit wird eben nicht durch Klientelbevorzugung und Steuererhöhungen geebnet. Vielmehr muss der Staat die Voraussetzungen für eine echte Chancengleichheit in allen der oben angesprochenen Bereiche schaffen. Wenn er sich den oben angesprochenen Reformen noch weitere zehn Jahre verweigert, wird der Sozialstaat – im Gegensatz zu heute – nicht mehr zu retten sein.

Christian Hallmann & Fabio Borggreve

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