Bochum bekommt Gesundheitscampus

Es war ein Gerücht, aber nun hat auch die WAZ die Meldung: Bochum bekommt demnach den Zuschlag für den Gesundheitscampus. Neben der Ruhr Uni werden  eine neue FH und verschiedene Forschungseinrichtungen entstehen. Das Investitionsvolumen wird bei 75 Millionen Euro liegen. 500 neue Arbeitsplätze sollen nach Bochum kommen. Eine Expertenkommission hat sich gestern auf drei Standorte geeinigt – einer davon war der Favorit: Bochum.

4 FÜR 7 – Ein Festival-Special

Schön, wie sich hier auf dieser Seite manchmal Luxus- und Subkulturproletariat Schaukämpfe liefern. Bald wird die Revolution vollendet sein. Aber es müssen nicht unbedingt "Cars & Girls" her, um die männliche Klischee-Spezies aus dem Ruhrgebiet aus ihrem Haus zu locken. An verwegenen Tagen sind es auch diese nahezu magischen, irgendwie ätherischen und von vernebelndem Feingeist umhüllten Kulturfestivals, die dem Standardproll dann vor Ort aber nur allzu deutlich zeigen dass es nicht nur um Geld geht im Leben, sondern auch ein wenig um Geschmack, Feinsinn und vornehme Zurückhaltung. Und dann geht der Standardproll wieder brav und mit ordentlich Standesbewusstsein zurück saufen, zocken, ins Stadion und zur Arbeit – und eben erstmal drei bis zehn Jahre wieder nicht zu: tanznrw09, den Ruhrfestspielen, den Mülheimer Theatertagen und dem Internationalen Museumstag.

Die Ruhrfestspiele. Durchaus aus dem Geiste der kulturellen Aufklärung geboren und schon in Bezug auf die Intendantenfrage immer wieder gern genommener Anlass für kulturpolitische Auseinandersetzungen. Das dreht sich dann oft um Fragen wie: Zeit- und Jugendgemäßheit. Pop oder Standards oder aufgepoppte Standards. Was kann man um Himmels Willen einem Publikum in Recklinghausen überhaupt an Metropolendiskurs zumuten? Sollte man das überhaupt? (Denn die verwurschten das eh immer nur zurück in Richtung leidlich modernisierte Currywurstkultur, etc.) Und so ist 2009 das Pendel mal wieder in Richtung "ordentlich, aber nicht aufregend" ausgeschlagen. Um nicht zu sagen "leicht ZDF-kompatibel". "A World Stage" ist dann aber der Untertitel, obwohl vor allem Namen wie Münchner Lach- und Schiessgesellschaft, Fritz Eckenga, Sissi Perlinger, Hannelore Elsner, Eva Mattes, Piet Klocke und Hagen Rether ins Auge stechen. Stücke? Von Brel über Gynt, "Arsen und Spitzenhäubchen", etwas zu Kurt Cobain, Otto Sander ist auch da, "Wie es euch gefällt" und vieles mehr, auch mal in englischer Sprache. Liest sich, als hätte sich Festivalleiter Dr. Frank Hoffmann bemüht eine sichere Nummer abzuliefern – um das mal so richtig verständlich auszudrücken. Gerne genannt: Das integrierte Fringe-Festival in der City.

tanznrw09. Ebenfalls bereits angelaufen. Verteilt auf Düsseldorf, Essen, Krefeld, Viersen, Wuppertal, Bonn und Köln. Da zuckt der Kugelschreiber des gelegentlichen, regional bewussten Kreuzworträtsel-Lösers und will sofort "Pina Bausch" eintragen und weitermachen. Aber halt! Dem Schreiber sei noch kurz die Erwähnung einiger Highlights gestattet, so von Yoshie Shibaharas "World’s End Girlfriend" (Foto: Tessa Knapp) in Krefeld und "On Verra … Mal Sehen" von Jean Laurent Sasportes in Wuppertal.

Internationaler Museumstag. Am 17. Mai mit allein über 100 (!) beteiligten Museen in NRW. In Essen wird der Domschatz neu präsentiert, Krefeld zeigt sich mit einem Gemeinschaftsprojekt seiner 12 Museen, im Rest von Essen, in Dortmund und Duisburg macht man eher einfach eine Art "Tag der offenen Tür" daraus. (Kennt man ja, diese Art Engagement bei "von oben" ausgerufenen Festtagen.) Das Motto ist übrigens "Museen und Tourismus", und "International" bedeutet in diesem Fall Deutschland, Österreich, Schweiz. Ein ausbaufähiges Konzept.

Stücke. Die 34. Mülheimer Theatertage und direkt spannende, wenn auch bekannte Namen. Elfriede Jelinek, Sibylle Berg, Oliver Bukowski, Roland Schimmelpfennig. René Pollesch aus Wien, Lutz Hübner aus Hannover, Ulrike Syha aus Chemnitz. Dazu die KinderStücke, ein Gastspiel aus Uruguay, ein Symposium und mehr. Charmant.

Im Überblick:
Die Ruhrfestspiele Recklinghausen gehen noch bis zum 14. Juni.
tanznrw09 endet am 17. Mai.
Der Internationale Museumstag ist am 17. Mai.
Die 34. Mülheimer Theatertage gehen vom 15. Mai bis zum 2. Juni.

Der Aalhäcksler III: Hamburg hat gesprochen

Montage: Weserkraftwerk in Betrieb. Links die Turbinen

So, jetzt ist der Rechtsstreit mit Greenpeace zu Ende. Das ist die gute Nachricht.

Ich hatte seinerzeit über den Aalhäcksler geschrieben. Dieses Wasserkraftwerk in Bremen, dass von den Planern von Greenpeace Energy angeschoben wurde. Das Wasserkraftwerk liegt an einem Wehr in der Weser, abwandernde Aale werden hier nach Ansicht der Fischforscherin Adam durch die Turbine gezwungen. Hilfmaßnahmen, die von den Planern von Greenpeace Energy erdacht wurden, würden da auch nicht helfen.

Wie dem auch sei: Greenpeace fand sich in meinen Berichten zu Unrecht angegriffen und hat bei der bekannten Hamburger Pressekammer von Herrn Richter Buske geklagt.

Ohne mündliche Verhandlung, in denen ich meine Position hätte deutlich machen können, bekam Greenpeace in zwei von vier Punkten Recht.

Interessanterweise nicht in einem einzigen Punkt, der sich mit der Kernthese des Textes befasst hat. Nämlich damit, dass die Abwanderung geschlechtsreifer Aale, die vom Aussterben bedroht sind und von der EU besonders geschützt werden, durch das Weserkraftwerk behindert wird.

Greenpeace bekam nur in zwei Randaspekten Recht. Einmal in diesem:

Für das Wasserkraftwerk wurde ein neues Wehr quer durch den Fluss gelegt, damit die Turbinen laufen können. Damit wird der Zugang zum Meer versperrt. Kein Fisch kommt vorbei.“

Mit diesem Punkt kann ich gut leben. Denn wie ich bereits gesagt habe, hatte ich mich hier missverständlich ausgedrückt. Ich meinte mit dem „neuen Wehr“ das neue Wehr von 1993, das das alte Wehr von vor 100 Jahren ersetzt hatte. Am 93-er Wehr sollte damals schon ein Kraftwerk gebaut werden. Dies wird erst jetzt mit der Greenpeace-Energy-Anlage realisiert.

Der andere Punkt stinkt mir dagegen schon. Und zwar soll ich nicht mehr schreiben, dass

Planer von Greenpeace zusammen mit dem Stadtstaat Bremen das größte Wasserkraftwerk im Land errichten.“

Es stimmt, dass der Stadtstaat Bremen N U R die politische Unterstützung gibt, und mit dem konkreten Bau eine Firma Weserkraftwerk Bremen GmbH & Co. KG betraut ist. Und Greenpeace Energy N U R bis zu 50 Prozent der Anteile an der Weserkraftwerk KG als Anteile an einem Bürgerkraftwerk an Privatinvestoren ab einer Mindesteinlage von 2500 Euro verkaufen will.

OK, Planer von Greenpeace errichten also nicht das Weserkraftwerk. In dem Sinn, dass die mit der Schüppe an der Baugrube stehen. Das werde ich nicht behaupten und habe ich meines Wissens auch früher nicht behauptet.

Aber ich werde weiter sagen, dass die Greenpeace-Energy-Vögel bislang bis zu 50 Prozent der Anteile an dem Weserkraftwerk verkaufen wollten, um damit die Finanzierung und die Errichtung zu sichern. Und nebenbei auch von dem Ding zu profitieren.

Der Unterschied ist in meinen Augen semantischer Goldstaub, der auf einer prominenten gerichtlichen Waage abgewogen wurde. Sich dagegen weiter zu wehren, wäre töricht. Denn es geht um das Landgericht Hamburg. Jenes Gericht zu dem heute fast alle Konzerne gehen, wenn sie unliebsame Berichterstattungen kaputt schlagen wollen. Interessant, dass auch Greenpeace diesen Weg gewählt hat.

Die Ökopaxe wollen so tun, als hätten sie nichts mit dem Aalhäcksler in der Weser zu tun. Die Kritik Wale zu schützen, aber nicht Aale, trifft wahrscheinlich schon heftig.

Tatsächlich aber haben die Planer der Planet Energy GmbH aus Hamburg, einer Tochterfirma des Stromversorgers Greenpeace Energy eG, das Ding mitgeplant. Und Greenpeace Energy will Anteile an dem Kraftwerk verkaufen.

Und wenn Greenpeace jetzt so tut, als hätten die Umweltschützer nichts mit Greenpeace Energy zu tun, dann ist das schon dreist.

Deshalb kläre ich hier kurz die Verflechtungen zwischen Greenpeace und dem "unabhängigem" Ökostromanbieter Greenpeace-Energy auf.

Greenpeace Energy eG wurde auf Initiative des Greenpeace e.V. ins Leben gerufen. In einer Selbstdarstellung zur Gründung heißt es: Kein Energieanbieter könne die Greenpeace-Qualitätskriterien hinsichtlich „Versorgung, Transparenz und Neubau von Anlagen komplett realisieren. Es reift der Entschluss, die Sache selbst in die Hand zu nehmen und ein eigenes Unternehmen zu gründen, das den hohen Anspruch an eine zukunftsfähige Energieversorgung erfüllt.“

Sowohl der Verein als auch die Genossenschaft verwenden ein und dieselbe Marke. Rechtlich sind sie von einander getrennt. Aber man kann kaum sagen, dass Greenpeace Energy unabhängig von Greenpeace ist. Der Versorger wird nämlich ideologisch und geschäftlich von der Umweltschutzorganisation dominiert. Die Namens- und Logoverwendung durch die e.G. ist vertraglich vereinbart und soll aufzeigen, dass Greenpeace Energy die vom Greenpeace e.V. aufgestellten Qualitätskriterien für „sauberen Strom“ erfüllt. Die entsprechende Verpflichtung zum Abschluss eines Lizenzvertrages mit dem Greenpeace e.V. ist bereits in der Satzung der Genossenschaft unter Paragraph 2 „Zweck und Gegenstand“ der e.G. Absatz 4 definiert. Demnach darf sich die Firma nicht unabhängig von Greenpeace entwickeln, sondern ist den Zielen von Greenpeace verpflichtet.

Als Gründungsmitglied hält der Greenpeace e.V. heute einen symbolischen Anteil von 55 Euro an der Genossenschaft.

Auch personell sind Greenpeace und Greenpeace Energy eng miteinander verflochten.

Operativer Vorstand der Greenpeace Energy ist Robert Werner (*1967). Noch vor dem Studium der Geografie (Dipl.) und Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim arbeitete Robert Werner von 1990-1991 als Juniorcampaigner im Energiebereich von Greenpeace e.V. zum Thema Atomkraft. Im Jahr 2000 übernahm Robert Werner bei Greenpeace e.V. als Referent für Ökosteuer und Energiepolitik Aufgaben an den Hauptstadtstandorten Bonn und Berlin. Seit Juli 2001 ist er Vorstandsmitglied bei Greenpeace Energy eG und führt das operative Geschäft. Im Jahr 2002 trat er auch als Mitgeschäftsführer der Leitung von Planet energy GmbH bei und wurde im Jahr 2005 Mitglied der Geschäftsführung der Weserkraftwerk Bremen GmbH.

Der Aufsichtsrat der Greenpeace Energy besteht aus fünf Personen. Die Vorsitzende des Aufsichtsrates ist Brigitte Behrens, zugleich Geschäftführerin von Greenpeace e.V. Ihr Stellvertreter ist Volker Gaßner, zugleich leitet er in Personalunion den Bereich Presse, PR und NewMedia bei Greenpeace.

Wenn Greenpeace abstreitet, etwas mit Greenpeace Energy zu tun zu haben, ist das falsch.

Ein Aal zwängt sich durch einen Rechen mit einer Spannweite von 20 Millimetern Foto: Adam

Was sollen Konzerne wie E.on oder RWE denn sagen, wenn Greenpeace dort Müll vor die Tür kippt? Sollen die sagen, wir haben gar kein Kraftwerk? Die Atommeiler gehören der Gundremmignen GmbH und CoKG? Aber nicht uns? Das soll einer glauben?

Ich betrachte Greenpeace, Greenpeace Energy und Planet Energy hier schon als Einheit von Mutter, Tochter und Enkel.

Warum also die Nervosität von Greenpeace und der Versuch, die Berichterstattung zu versenken? Vielleicht liegt es daran, dass der Verkauf der Bürgeranteile an dem Weserkraftwerk nicht voran kommt und damit der Profit von Greenpeace Energy in Gefahr gerät?

Zumindest wurde die Veröffentlichung des Prospektes für die KG im Dezember 2008 verschoben. Und bis jetzt nicht nachgeholt.

Ach. Und noch etwas finde ich an der Geschichte bedenkenswert: Ist das nicht eigentlich unlauterer Wettbewerb, wenn Greenpeace vor den Gebäuden der Stromkonzerne demonstriert und gleichzeitig einen bevorzugten Energieanbieter mit dem eigenen Logo bewirbt, von dem es in der Gründung heißt, kein Energieanbieter könne die Greenpeace-Qualitätskriterien hinsichtlich „Versorgung, Transparenz und Neubau von Anlagen komplett realisieren.“?

Versucht hier Greenpeace nicht mit unlauteren Mitteln der Konkurrenz zu Gunsten von Greenpeace Energy Kunden abzujagen?

Auch da sollte mal ein Jurist drüber nachdenken.

Ruhrpilot

Das Navigationssystem für das Ruhrgebiet

Darwinjahr: Streitfall Evolution…Bo Alternativ

Duisburg: Israelflaggen bleiben künftig…Jerusalem Post

Entscheidung: Wohin mit Gesundheitscampus?…Bild

Städtetag: Die Speisung der 1500 …Der Westen

Opel: Manager verkaufen GM Aktien…Spiegel

ThyysenKrupp: Autokorso gegen Stellenabbau…Der Westen

WestLB: Standorte vor der Schließung…Ruhr Nachrichten

Dortmund: Vibrationsalarm für die Kunst…Ruhr Nachrichten

Geld: Manager der öffentlichen Betriebe schweigen…Der Westen

TV: 3Min – Vorbote der Revolution?…2.0

TVII: Aus Premiere wird Sky…Pottblog

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„Governments of the Industrial World, you weary giants of flesh and steel“

1996 erklärte John Perry Barlow die Unabhängigkeit des Cyberspace. Der Anlass für diese Erklärung voller Poesie und Pathos war eine ähnliche Diskussion, wie wir sie im Moment in Deutschland wegen der Netzsperren führen.

John Perry Barlow Foto: eff

John Perry Barlow war früher einmal Texter von Greatfull Dead, gilt  libertärer Vordenker des Computerzeitalters, unterstützte mal die Republikaner und mal die Demokraten und hat zahlreiche  Unternehmen beraten und ist einer der Gründer der Electronic Frontier Foundation. Ein Lebenslauf wie der von Barlow wäre in seinem Facettenreichtum in Deutschland undenkbar. 

Mitte der 90er Jahre wurde Barlow auch in Deutschland bekannt. Damals  beschloss die Clinton-Regierung den Telecommunications Act der Regierung Clinton, zu dem auch der Communication Deceny Act gehörte. Der wollte vorgeblich den Zugriff auf pornographische Inhalte regulieren und Provider bestrafen, die solche und andere strittige Inhalte zugänglich machen. Das Gesetzt wurde nach einer langen Debatte komplett umgewandelt und schützt heute User und Provider vor willkürlicher staatlicher Verfolgung. 

Im Rahmen dieser Diskussion erklärte John Perry Barlow  in Davos die Unabhängikeit des Cyberspace. Perrs sah im Internet einen neuen Kontinent, der von Menschen bewohnt wird, die sich ihre eigenen Regeln geben und nicht mehr von "Laien regiert" werden wollen.

A Declaration of the Independence of Cyberspace

by John Perry Barlow 

Governments of the Industrial World, you weary giants of flesh and steel, I come from Cyberspace, the new home of Mind. On behalf of the future, I ask you of the past to leave us alone. You are not welcome among us. You have no sovereignty where we gather.

We have no elected government, nor are we likely to have one, so I address you with no greater authority than that with which liberty itself always speaks. I declare the global social space we are building to be naturally independent of the tyrannies you seek to impose on us. You have no moral right to rule us nor do you possess any methods of enforcement we have true reason to fear.

Governments derive their just powers from the consent of the governed. You have neither solicited nor received ours. We did not invite you. You do not know us, nor do you know our world. Cyberspace does not lie within your borders. Do not think that you can build it, as though it were a public construction project. You cannot. It is an act of nature and it grows itself through our collective actions.

You have not engaged in our great and gathering conversation, nor did you create the wealth of our marketplaces. You do not know our culture, our ethics, or the unwritten codes that already provide our society more order than could be obtained by any of your impositions.

You claim there are problems among us that you need to solve. You use this claim as an excuse to invade our precincts. Many of these problems don’t exist. Where there are real conflicts, where there are wrongs, we will identify them and address them by our means. We are forming our own Social Contract . This governance will arise according to the conditions of our world, not yours. Our world is different.

Cyberspace consists of transactions, relationships, and thought itself, arrayed like a standing wave in the web of our communications. Ours is a world that is both everywhere and nowhere, but it is not where bodies live.

We are creating a world that all may enter without privilege or prejudice accorded by race, economic power, military force, or station of birth.

We are creating a world where anyone, anywhere may express his or her beliefs, no matter how singular, without fear of being coerced into silence or conformity.

Your legal concepts of property, expression, identity, movement, and context do not apply to us. They are all based on matter, and there is no matter here.

Our identities have no bodies, so, unlike you, we cannot obtain order by physical coercion. We believe that from ethics, enlightened self-interest, and the commonweal, our governance will emerge . Our identities may be distributed across many of your jurisdictions. The only law that all our constituent cultures would generally recognize is the Golden Rule. We hope we will be able to build our particular solutions on that basis. But we cannot accept the solutions you are attempting to impose.

In the United States, you have today created a law, the Telecommunications Reform Act, which repudiates your own Constitution and insults the dreams of Jefferson, Washington, Mill, Madison, DeToqueville, and Brandeis. These dreams must now be born anew in us.

You are terrified of your own children, since they are natives in a world where you will always be immigrants. Because you fear them, you entrust your bureaucracies with the parental responsibilities you are too cowardly to confront yourselves. In our world, all the sentiments and expressions of humanity, from the debasing to the angelic, are parts of a seamless whole, the global conversation of bits. We cannot separate the air that chokes from the air upon which wings beat.

In China, Germany, France, Russia, Singapore, Italy and the United States, you are trying to ward off the virus of liberty by erecting guard posts at the frontiers of Cyberspace. These may keep out the contagion for a small time, but they will not work in a world that will soon be blanketed in bit-bearing media.

Your increasingly obsolete information industries would perpetuate themselves by proposing laws, in America and elsewhere, that claim to own speech itself throughout the world. These laws would declare ideas to be another industrial product, no more noble than pig iron. In our world, whatever the human mind may create can be reproduced and distributed infinitely at no cost. The global conveyance of thought no longer requires your factories to accomplish.

These increasingly hostile and colonial measures place us in the same position as those previous lovers of freedom and self-determination who had to reject the authorities of distant, uninformed powers. We must declare our virtual selves immune to your sovereignty, even as we continue to consent to your rule over our bodies. We will spread ourselves across the Planet so that no one can arrest our thoughts.

We will create a civilization of the Mind in Cyberspace. May it be more humane and fair than the world your governments have made before.

Davos, Switzerland

February 8, 1996

 

Eine Übersetzung findet ihr bei Telepolis.

Für eine heile Welt – Porsche Day am Tag der Arbeit

Die Welt von Porsche ist die Welt im Kleinformat. Es gibt die Malocher, die ihr Leben für einen Sitz im Sportsessel opfern, es gibt die Typen, die ihren Arsch von Vati vergolden lassen. Es gibt Champagner, Bier und Streuselkuchen. Ein bisschen Porsche ist jeder. Glauben Sie uns. Wir haben es erlebt – auf dem weltgrößtem Porschetreffen in Dinslaken. Ein Erlebnisbericht von Herrn Schlange und Herrn Joswig.

„Hey!“ Ein kleiner, dicker Typ schmeißt sich Herrn Schlange und Herrn Joswig in den Weg. „Ihr könnt hier nicht durch. Falscher Eingang. Hier ist nur für Porschefahrer.“
Joswigs Halsschlagader pocht. Es ist heiß. Der erste Mai in Dinslaken ist ein herrlicher Tag. Joswig macht einen Ausfallschritt Richtung Ordner. Schlange greift ein.
„Nein, nein. Ist schon okay. Presse. Wir sind akkreditiert.“
„Oh, das ist was anderes.“
Der Securitymann lächelt die zwei Journalisten an. Joswig schnaubt. Schlange greift nach seinem rosafarbenen Poloshirt und zieht den wütenden Hitzkopf hinter sich her, wird beinahe von einem Porsche überfahren. Schöner Luxus-Tod.
Die Sonne brennt.

Fast einen Kilometer hatten sich die zwei Freunde zur Trabrennbahn geschleppt, zum „8. internationalen Club-Day der Porschefreunde“. Die Stadt ist zugeparkt. Golf, Corsa, Fiesta und Corolla säumen die Straßenränder.
Direkt vor dem Eingang hatte den beiden ein Möchtegern-Porsche, ein silberner Mazda, den Parkplatz geklaut.
Ein Wagen scherrte aus. Knapp hundert Meter entfernt. Joswig setzte den Blinker und drückte das Gaspedal durch, fuhr dabei fast einen kleinen Jungen im Rollstuhl über den Haufen, der von seinen Eltern zum Porschetreffen geschoben wurde. Zentimeter vor dem Ziel zog der Mazda in die Lücke.
„Ey!“
Der Typ ließ die Scheibe runter. „Was denn? Das ist meine Seite.“
Joswigs Finger krallten sich in das Lenkrad seines Berlingos, währenddessen splittern in Berlin die ersten Schaufenster.
Ein zehnjähriger Rotzlöffel in dem Wagen hinter dem Prekariats-Porsche schiebt seinen Kopf durchs Seitenfenster.
„Ha ha!“ Das Nelson-Imitat gibt Joswig den Rest. Simpsons um diese Uhrzeit? Seine Zähne knirschen. Doch die Reporter halten still.
Der Parkplatz-Dieb hat ein beeindruckendes Kreuz, auch sein Beifahrer ist eine Kante. Memo für den Rückweg: In die Lüftung pissen.

——————————-ZUR FOTOSTRECKE——————————-

Die Arena der 140 Millionen

Fast 6000 Menschen tummeln sich auf der Trabrennbahn. Schlange und Joswig kochen. Der feine Sand wabbert in dicken Wolken über der Rennstrecke. Ozon, Feinstaub und Bierdurst liegen in der Luft.

Über 2400 Wagen sind geparkt, 140 Millionen Euro im Rondell. Die Wirtschaftskrise blieb in der Waschanlage. Hier ist die Welt noch in Ordnung. Besucher picknicken und sonnen sich, Präsentationsstunde und Ersatzteilhandel. Baseballkappen, mit den Logos berühmter Automarken, werden verkauft: Mercedes, VW, Bentley, BMW je acht, die Porschekappe zehn Euro.

Joswig lockert seinen türkisen Schal über dem rosa Shirt – original C&A, Schlanges Brust schwillt unter seinem weißen Lacoste Hemd – made in Abu Dhabi. Der gemeine Porschefahrer trägt Polohemden, Ralph Lauren, Hilfiger, Lacoste und Porsche himself – Original natürlich.

Die Reporter verschaffen sich Überblick: Um eine Schnecke im schulterfreien Top scharrt sich der Society-Nachwuchs. Der Blick der beiden Oberschichten-Touris bleibt zwischen ihren Schulterblättern hängen. Zwei Engelsflügel sind auf die zarte Haut gestochen. Joswig rammt seinen Ellenbogen in Schlanges Seite.
„So stell ich mir ne Porsche-Perle vor!“
Die reichen Jungspunde drehen sich um und schauen finster. Zu laut. Schlange und Joswig lassen sie zurück – obwohl die Jungs kleiner sind als die Parkplatzdiebe.

Auf der anderen Seite der Trabrennbahn startet ein Weltrekordversuch der neun-vierundsechziger Jubiläumsporsche. Jubi-Parade kurz gesagt. 66 der auf 911 limitierten Sondermodelle, Baujahr 83, fahren im Schritttempo durch die Arena. Ihre „viola-metallicfarbenen“ Karosserien glänzen schwarz in der gleißenden Sonne. Fanatisch schmeißen sich Porsche-Fetischisten wie Kriegsberichterstatter in den Staub. Joswig schnappt seine Nikon D 70, ist heute der offizielle Fotograf und läuft in die Schusslinie. Einem Konkurrenten liegt in James-Nachtwey-Stellung die halbe Ritze frei. Kriegsstimmung. Schlange ruft zu seinem Bilderschützen.
„Die Kimme will ich haben. Schieß die ab!“
Der Typ schaut verstört auf und zieht sich die Buchse hoch. Wieder zu laut. Undercover-Journalismus sieht anders aus.
Nach zwei Minuten verliert die Parade an Reiz. Schwarze Autos, Schritttempo und bedeckte Ärsche. Joswig und Schlange desertieren und machen sich auf dem Weg zum nächsten Bierstand. Der Durst obsiegt in der Schlacht des Lebens.

Eine Diva unterm Sonnenschirm, mondän auf einem Campingstuhl. Ein Pärchen kommt hinzu. Sie begrüßt die beiden.
“Schön Euch zu sehen, seid Ihr auch mit Eurem Porsche hier?“
„Klar, aber der steht draussen.“
„Riskant“, findet Joswig, schließlich ist 1. Mai.

German Gemütlichkeit

Szenenwechsel, Parallelwelt Porsche-Diesel, das Reservat der antiken Porschetrecker. Eingepfercht in Absperrband stehen in der Mitte der Trabrennbahn 69 Oldtimer. In einem Planwagen wird Bier gezapft, unter Gartenpavillions sitzen Kerle in Karo-Hemden und Blaumännern. Grillgut duftet und Frauen verkaufen selbstgebackenen Bienenstich und Cremetorten. Spielende Kinder machen die Dorf-Idylle perfekt.

Gerstensaft im Plastikbecher ein Euro. Eine echte Alternative zum Prosecco der Rennbahnschickeria. Schlange sorgt für Erfrischung.
Ein Typ mit Schnäuzer sitzt vor seinem Zapfhahn, reicht dem durstigen Journalisten zwei Bier. Kondenswasser perlt vom Plastik, unter den Fingernägeln des alten Knackers steht schwarz der Dreck. Der junge Bursche, der haldolgedämpft das Geld entgegen nimmt, hat genauso ranzige Pfoten. Als hätten sie einen Acker mit ihren eigenen Händen umgegraben. Schlange nimmt zufrieden die Becher und geht. Hier im Treckerland können Männer noch echte Männer sein.

Beim Bier unterm Pavillion, den Hinterm auf ehrlichem Holz, den Duft von Fleisch in der Nase kommen die Reporter ins Gespräch.
In den 50er- und 60er-Jahren stellte Porsche als „Porsche-Diesel Motorenbau GmbH“ Traktoren her. Nichts für Polohemden und Leinenschuhe. Die Liebhaber der Touren-Trecker engagieren sich auch sozial. Der Ortsverein Ennepetal restauriert mit „arbeitslosen Berufsschülern“ die antiken Zugmaschinen. Klasse.
Schlange und Joswig lassen am Planwagen ihre Becher füllen und ziehen weiter zum Hauptevent.

Im Datenrausch

Auf dem Weg zur ADAC-Bühne, dem Austragungsort der röhrenden Drecksschleudern, stoppen die zwei Schreiberlinge bei einem grasgrünen Ralley-Flitzer. Auf dem Dach prangt ein goldener Pokal, im Inneren schützen Überrollbügel und Drei-Punkt-Gurt. Autogrammkarten stecken in den Seitenfenstern. Ein blonder Typ, drahtig, Anfang vierzig, der neben dem Porsche auf und ab stolziert, lauert auf Autonarren. Ein Jäger. Eine Muräne in der Felsspalte – bereit augenblicklich zuzuschnappen.
Schlange und Joswig wechseln Blicke. Der Plan ist klar, der Mann wird eingetütet.

Joswig bewundert den Wagen: „Ein echter Prachtporsche.“
Schlange genervt – dieses Mal gewollt zu laut: „Komm jetzt. Das kannst du dir von deinem Fotografengehalt eh nicht leisten.“
Joswig mault, die freundliche Muräne lacht. Kontakt hergestellt.

Der Wagen habe Geschichte, sei Rennen gefahren, habe etliche Preise geholt. Vor zwei Jahren sei er dann für 100 Mille in seinen Firmenbesitz gegangen. Die zwei Autolaien werden mit Technik-Details überschüttet. Bremsen aus Alu oder Keramik oder Alu-Keramik-Porzellan, Leichtmetallfelgen, Doppelendrohr. Der Vortrag verliert sich immer mehr in einem angenehmen Rauschen. 272 Spitze, Sechs Zylinder, 280 PS bei einem Sauger. Die zwei Reporter zucken aus ihrer Trance. Sauger? Nicht alles scheint wie Wasser von ihrem KFZ-imprägnierten Verstand abzuperlen.

Keine Gnade – der Mann referiert weiter. Der Weg zum eigenen Porsche war lang und hart:
„Früher hatte ich einen 360 GTC.“ Er hebt bedeutungsvoll die Brauen und schaut in die Gesichter seiner Zuhörer. Keine Reaktion. Leere könnte nicht offensichtlicher sein.
Er setzt nach: „Ein Ferrari.“
„Ach, stimmt.“
„Das Problem war nur: Die Leute gönnen’s einem nicht. Bei Porsche habe ich das nicht mehr.“
Schlange und Joswig nicken verständnisvoll. Im Angesicht des Sozialneids muss man kleinere Brötchen backen.
Abschluss: Schlange darf Probesitzen, Joswig schießt Fotos, der Mann ist zufrieden.

Ein silberner Porsche mit dem Aufkleber: „Man gönnt sich ja sonst nichts“ fährt vorbei. Endlich ein Statement.
Weiter geht’s zur Bühne.

Partnerlook

Lagebesprechung unter gelben ADAC-Bannern. Veranstaltungsmoderator Volker Küster, Sendergesicht bei Hamburg TV, Sänger, Dichter und Allroundgenie. Infos werden eingeholt, die weitere Planung besprochen, Tipps getauscht.

2001 entstand die Idee zum Porschetreff, der erste Mai sei das ideale Datum gewesen. Soziale Unruhen interessieren auf der Trabrennbahn nicht. Dann, 2008, erreichte der Porsche Day seinen Zenit. Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde. 2325 Porsche in der längsten Parade der Welt. Legendär.

100 Kilo bayerisches Fleisch in ein grünes Polohemd gehüllt poltern plötzlich ins Gespräch. Er mit schwerem Dialekt: „Wie bekomme ich denn hier einen Pokal. Ich bin gerade angekommen.“
In Hamburg setzen Randalierer einen Porsche in Brand.
Küster: „Ähm, aber Sie haben einen Porsche?“
„Steht da hinten.“
Küster erklärt ihm das Prozedere: Vorfahren, Motorenkreischen, Pokal bekommen. Der Bayer verschwindet.
Menschen sammeln sich vor der Bühne, Digitalkameras werden ausgepackt, Kinder und BHs in Position gebracht. Der Höhepunkt des Events naht. Die ersten Nobelkarossen fahren vor. Trophäen werden inflationär verteilt. Die zwei Journalisten verlieren schnell den Überblick: ein Preis für die weiteste Anreise (laut Küster Schweden), ein Preis für die dicksten Schlappen, das dickste Endrohr, die dickste Frau.

Der Bayer mit dem grünen Polohemd ist zurück, steigt aus seinem grünen Porsche. Ein Sahneteil mit Liebe zum Detail, das Amaturenbrett überzogen mit Leder zieren karosserie-grüne Nähte. In bester Journalisten-Manier schnappt sich Schlange den Mann. Eine ehrliche Haut: 38, KFZ-Sachverständiger, arbeitet mit Porsche zusammen, hat sein Leben geschuftet, um in einem 150.000 Euro-Schlitten zu sitzen.
„Ist das Ihr Auto?“ Ingo Ruebener gesellt sich dazu. Der Bajuware nickt verwirrt. Ruebener , der Veranstalter des Events, ist ein freundlicher kleiner Zausel mit Catweazle-Bart und Steppjacke. Das zu tropischen Temperaturen. Absurd sich diesen Menschen hinter dem Lenkrad eines Nobelflitzers vorzustellen.
„Dann kriegst du gleich einen Sonderpokal.“ Der Kauz reckt seinen Daumen in die Höhe und verschwindet.

Das grüne Polohemd völlig durcheinander: „Wer war das denn?“
Schlange: „Der verteilt hier anscheinend die Pokale.“
„Hm ein ziemliches Alkoholproblem scheint der zu haben.“
Schlanges Atmung wechselt vom Mund zur Nase. Der Veranstalter scheint nüchtern. Soll er Ruebener reinreißen oder zur eigenen Fahne stehen? Er entscheidet sich für den Kollateralschaden.
„Kann gut sein“, presst er mit zusammengebissenen Zähnen hervor und dreht sich zu Joswig. Die Frau des Bayers tritt an die Seite ihres Mannes. Eine halbwegs attraktive Mittvierzigerin mit – selbstverständlich – grüner Bluse. Wie der Herr so’s Gescherr.

Der Fotograf im rosa Shirt fängt an den grünen Porsche zu knipsen, fragt über die Schulter: „Was ist das eigentlich für n Gefühl, so n Porsche?“
Markus Augen glänzen. „Wenn ich die Tür zu mache, lebe ich in einer anderen Welt, dann ist mir alles egal.“ Seine kleine grüne Fee steckt sich eine Kippe an. Er lächelt sie milde an. „Das ist einfach mein Laster. So wie andere Zigaretten rauchen.“ Die Ehefrau kichert: „Aber doch nur drei am Tag.“ Sie schauen zu Joswig und Schlange. Beide rauchen.

Schlange schnippt seine Kippe weg und hakt bei der Dame nach: „Ist bestimmt ein zeitaufwändiges Hobby. Braucht man da viel Verständnis?“
„Gar nicht: Mich hats ja auch gepackt. Ich fahr nen Cheyenne.“ Sie grinst. „Irgendwie müssen die Einkäufe ja nach Hause kommen.“ Recht so.
Schlange braucht Bier, bleibt jedoch hart. Nicht angebracht, lieber Imagepflege. Er zu Joswig – bewusst zu laut: „Ich könnte jetzt n Wasser vertragen.“ Joswig nickt und macht sich auf den Weg.

Den „Aristoclass“-Stand für „edle Pflegesysteme“ lässt er links liegen, rechts gibt’s nur Energydrinks der Marke „Kalaschnikow“. Joswig ignoriert den schwarzen Block. Es kippt die Stimmung in Berlin, am Kottbusser Tor fliegen Molotov-Cocktails. Dann, fünf Getränkestände später die Gewissheit. Porschefahrer leben gesund. Überall ist das Wasser ausverkauft. Verdammte Asketen.

Götterdämmerung

Joswig kehrt mit einem Becher Cola und einem Becher Saft zurück. Als er zu Schlange und dem grünen Pärchen stößt, gefriert die Zeit. Ein Götterwagen fährt vor. Den Zuschauern stockt ihr Atem. Autos ermatten. Martialisch lässt der Fahrer den Motor heulen, komponiert die eigene Siegeshymne zum Triumph. Sonnenstrahlen reflektieren auf seinen gebleckten Zähnen.
Die Reporter greifen zur Sonnenbrille.
Dicke Reifen, Karre im Seventies-Orange, schwarze Ralleystreifen, Carbon-Spoiler. Es ist Soundwettbewerb.

Der Fahrer, Ende zwanzig, Kai Diekmann-Frisur, Drei-Tage-Bart und Perlweiß-Grinsen, hält den Kopf aus dem Fenster. Müsste man sich den Chef der Bild-Zeitung vor 20 Jahren vorstellen, er wäre es. Der Mann schreit: „Hey, macht Platz! Wo ist mein Pokal?“
Er setzt ein selbstsicheres Grinsen auf. Der Mann hat ein Spitzbubengesicht mit viel zu kleinen Augen, sein Ralph Lauren-Hemd ist lässig aufgeknöpft.

Küster bleibt freundlich, geht um den Wagen und hält das Mikro an den Auspuff. Der Wagen brüllt. Der König ist da und lässt die Savanne erzittern.
Küsters Kommentar: „Unmessbar. Liebes Publikum, ihr werdet es nicht glauben der Sound hier sprengt jede Dezibel-Skala.“
Das junge Diekmann-Double strahlt, spitzt die Zunge und zieht sie genüsslich über die Schneidezähne, tastet jede Kerbe im gebleachten Zahnschmelz ab.
Schlange zu Joswig: „Spitzentyp. Der gehört uns. Wir müssen ihm nur n bisschen die Eichel putzen.“

Küster ist wieder hinter der Auspuffwolke aufgetaucht und hält einen Pokal in der Hand.
Diekmann springt aus dem Wagen. Zwei zehnjährige Mädchen überreichen den Preis. Charmant gibt er der ersten rechts und links einen Schmatzer auf die Wange. Ein echter Gentleman. So viel Herzlichkeit überfordert die Kinder. Das Mädchen bleibt verstörrt zurück, die andere macht einen Satz nach rechts. Keine Chance. Diekmann schnappt sie. Dann reckt er den Pokal über den Kopf und strahlt in die Menge. Tosender Applaus.
Eine aufgestylte Porschetouristin steht verzückt vor seinem Wagen und knipst ein Foto nach dem anderen.

Mit röhrenden Motor verlässt Diekmann den Platz. Der Fotohase hinterher. Kurzer Plausch am Seitenfenster. Casting ohne Besetzungscouch. Diekman kurbelt die Scheibe hoch. Die Maus senkt den Kopf – kein Recall. Schlange und Joswig würden sich gern ihrer annehmen, doch der Job geht vor. Der Wagen ist beinahe verschwunden. Die Haudegen nehmen Fährte auf. Am Rennbahnausgang stellen sie den anspruchsvollen Frauenheld.
„Wir schreiben übers Event. Hasse n Moment für n paar Fotos.“
Seine Zungenspitze wischt über die Lippen. „Na klar, Jungs. Ich fahr da vorne ran.“
Keine Nachfrage, kein Interesse, Hauptsache Fotoshoot. Echte Egos setzen Prioritäten.

Ein zweiter Porsche hält neben Diekmann, seine Mundwinkel zucken, er reagiert sofort.
„Fahr mal weiter. Hier geht s nur um mich.“
Die Rollen sind verteilt: Joswig fotografiert, Schlange wird investigativ:
„Ne geile Karre. Echt super.“ Schlange grinst. „Aber komm, das Ding ist doch n Perlenmagnet. Die Schnecken sind ja vorhin förmlich durchgedreht.“
Die Zunge schnellt wieder raus.
„Ja, hier war gut. Aber das lag auch an mir.“ Der Typ grinst. Schlange nickt annerkennend.
Diekmanns Zunge berührt sanft die Oberlippe.
„In Düsseldorf, auf der Kö klappt das nicht immer. Da finden es die Mädels blöd, wenn ich mit dem Porsche vorfahre.“ Das Hollywood-Grinsen erstrahlt wieder. „Mit dem Golf meiner Mama ist das besser.“

„Ist das denn dein Wagen?“ fragt Joswig.
Die Zunge bleibt drinnen.
„Ähm, ist der Wagen unserer Firma. Wir fahren Rennen mit dem. Monacco, Spa. Letztens sind wir in Spa gefahren.“
„Cool. Die Farbe ist echt der Hammer.“
„Auf jeden Fall.“ Diekmann lacht. Er schaut Schlange an und streicht mit der Hand über die Mundwinkel. „Obwohl du mit deinem Schnäuzer hier auch gut reinpassen würdest.“
„Och, ich bin eher der Manta A-Typ.“
Diekmann gnädig. „Auch nicht schlimm, auch nicht schlimm.“ Auch? – Selber!

Joswig hat die Bilder im Kasten, Diekmann den Tag gerettet. Ohne dieses blasierte Arschloch wäre der Termin nur halb so gut gewesen.
Man verabschiedet sich und er düst von der Trabrennbahn.

Epilog

Die Story ist rund – es geht nach Haus. 479 Polizisten werden in Berlin verletzt, einer hat während der Unruhen die Seiten gewechselt und seine Kollegen vertrimmt. In Dinslaken bleibt die Welt in Ordnung. 2418 Porsche sind in die Geschichte eingegangen. Schlange und Joswig holen an der Tanke eine Flasche Billigwodka (10,99 Euro) und beim Griechen zwei Gyrosteller mit einer Extraportion Tzatziki.

Man gönnt sich ja sonst nichts, Ihre Wattenscheider Schule.

 

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Die Labyrinth-Höhle des Minotaurus auf Kreta

Griechenland und vor allem Kreta ist nicht umsonst das Land der Mythen und Sagen. Von der Sage des Minotaurus, des Ungeheuers halb Mensch, halb Tier mit dem Stierkopf der vom Kretischen König Minos in eine Höhle gesperrt wurde, hat fast jeder schon mal gehört. Seit der Ausgrabung des Palast von Knossos durch Evans ist die Labyrinth-Höhle jedoch in Vergessenheit geraten. Dann gab es noch die Höhle, in der die Nazis bei der Besetzung von Kreta eine Munitionsdepot einrichteten. Aber wo genau liegt diese Höhle und was ist dran am Mythos des Minotaurus?

Bis weit in die 90er Jahre hinein entsinne ich mich nachts an den Stränden der Südküste der Insel Kreta dumpf durchdringende Explosionen zu Hören. Begleitet von kretischen Fischern, die am frühen Morgen mit Keschern die tot an der Oberfläche schwimmenden Fische einsammeln. Noch im Sommer letzten Jahres wurde ein befreundeter Taucher am gleichen Ort gewarnt und aufgefordert, das Wasser schnellstens zu verlassen, da man mit Dynamit fischen wolle. Damals wie heute fragte ich mich, woher diese Fischer das Dynamit haben.

Die Höhle des Minotaurus: Nur eine griechische Sage? Seit Generationen schwelt unter Archäologen der Konflikt, wo genau sich dieser Ort auf der Insel Kreta befindet. Als einer von drei möglichen Orten wird der große unterirdische Steinbruch auf der Südseite der Insel nahe der Stadt Mires angesehen. Aus diesem Steinbruch stammt ein Großteil des Baumaterials der Siedlung Gortys, die als eine der größten antiken Stätten Griechenlands gilt. Zur Römerzeit war Gortys die Hauptstadt von Kreta mit einer geschätzten Einwohnerzahl von 10.000 Menschen. Doch die Geschichte des Ortes reicht über eine Zeitdauer von 6000 Jahren und in ihren Mythen lassen sich Namen der Apostel Paulus und Titus wie auch der Götter Zeus, Europa, Demeter und des Gottkönig Minos und des Minotaurus finden.

Auf historischen Kretakarten wird die Höhle bis ins 19 Jahrhundert hinein als Labyrinth eingezeichnet. Erste dokumentierte Begehungen der Höhle nach der Antike stammen aus dem 15. Jahrhundert. Belegt werden sie mit den eingeritzten Jahreszahlen im „Salle Trapeza“, einem großen Raum der Höhle. Die älteste stammt aus dem Jahr 1415. Angebracht wurde sie von vom Venezianer Christoforo Buondelmonti, der auch den ältesten Plan des Labyrinths veröffentlichte. Weitere Jahreszahlen aus den folgenden Jahrhunderten zeigen die Popularität der Höhle bei den Reisenden aus dieser frühen Epoche der Tourismus. Entsprechend gibt es eine Anzahl von Reiseberichten über das Labyrinth. 

Mit der Ausgrabung von Knossos durch Sir Arthur Evans und seiner Interpretation des Palasts als Labyrinth des Minotaurus Anfang des 20. Jahrhunderts geriet die Höhle auf der Messara Hochebene jedoch in Vergessenheit. Die Gegend von Gortys mit den Überresten der Titus Basilika, der ersten christlichen Gemeinde außerhalb von Kleinasiens und ihren vielen häufig noch auf den Äckern herumliegenden antiken Fundstücken fasziniert mich seit meiner ersten Kretareise Mitte der 80er Jahre. Begeistert von der antiken Geschichte las ich in Paul Faures „Das Leben im Reich des Minos“ erstmals vom Labyrinth des Minotaurus. Seit 2001 unternahm ich verschiedene Anläufe den Eingang des Labyrinths zu entdecken. Doch erst durch den zufälligen Fund der Fotodokumentation des Schweizers Thomas Waldmann im Internet gelang es mir, den richtigen Weg den Berg hinauf zu finden. Seit mehr als zehn Jahren arbeitet er sich durch den Berg und erstellt eine umfassende kartografische Dokumentation aller Gänge und Räume des Labyrinths. Sein umfangreicher Bericht findet sich unter www.labyrinthos.ch.

Nördlich des halbverlassenen Dorfes Kastelli erhebt sich ein Hügel von gut 400 m Höhe, der von den Ortschaften Roufas, Ambelouzas, Moroni, Plouti eingekreist wird. Weit oben auf dem Hügel befindet sich die Labyrinth-Höhle, die aus einem weitverzweigten Netz von gut 2,5 Km langen Gängen und Räumen besteht. Die begehbare Fläche umfasst annähernd 9000m². Doch die Nutzung eines Teils der Höhle als Munitionsdepot durch die Wehrmacht im 2. Weltkrieg und dessen Sprengung beim Verlassen der Insel machte die Höhle zu einer Gefahr durch die bis heute dort lagernde Munition. Die Nazis ließen den drei Kilometer langen Weg bergauf von der Ortschaft Kastelli befestigen.

Die damals zur Begrenzung angelegten Randsteine sind heute zum Teil noch sichtbar. Während meiner abenteuerlichen Fahrt den Berg hinauf waren sie für mich ein Zeichen dafür, nach vielen Fehlversuchen diesmal auf dem richtigen Weg zu sein. Für westeuropäische Verhältnisse ist der Weg bergauf recht schlecht. Jedoch gibt es im Süden von Kreta häufig noch schlechtere Straßen. Wobei im August hat der kretische Sommer oftmals mehr als 45 Grad im Schatten hat. Genau den gibt es den Berg hinauf natürlich nicht. So gerät der Weg zur historischen Stätte in der Bruthitze extrem schweißtreibend und Nerven aufreibend. Vor allem die letzten 500 Meter, wo hohe Sträucher auf der Wegkuppe die Verlassenheit der Gegend deutlich anzeigten, waren eine Herausforderung für den geliehenen Renault Twingo. Im ersten Gang endlich oben angekommen, dankte er es mir mit einem dampfenden Motor. Von der Parkgelegenheit klettere ich knapp 50 Meter den kurzen Talkessel hinein. Plötzlich vor einer 15 Meter hoch aufragenden Felswand am Ende des Talkessels stehend, sehe ich, dass ich am Höhleneingang vorbei gelaufen bin. Dieser liegt ebenerdig hinter einem Olivenbaum von einigen größeren Felsbrocken umsäumt. Auf dem Gitter des Eingangs stehend, verspürt man deutlich den kühlen Luftzug, der dem Hades gleich aus der Tiefe emporsteigt. Warnschilder von denen berichtet wird sind im Sommer 2008 bis auf eines, das direkt auf dem Eingangsgitter liegt, verschwunden. Der Stacheldrahtzaun, der nach einer schweren Explosion mit mehreren Todesopfern im April 1961 um das Eingangsgelände angelegt wurde, ist gleichfalls bis auf wenige Reste nicht mehr vorhanden. Bei dieser Explosion innerhalb der Höhle kamen acht Einwohner der Dörfer Kastelli und Roufas ums Leben. Zwei der Leichen wurden bis heute nicht gefunden und sind wohl noch immer unter den Einbrüchen begraben, die sich an mehreren Stellen der Höhle befinden. 

Vom eigenen Einstieg ins Labyrinth ist abzuraten. Nicht etwa, weil der Weg hinaus zu schwierig ist. Gefahr droht von den dort immer noch offen herumliegenden Granaten aus dem 2. Weltkrieg. Auch Abbrüche des Gesteins in der Höhle geschehen recht häufig. Vermutlich entnehmen die Fischer der Gegend bis heute das Dynamit aus der Labyrinth-Höhle. Dies erklärt wieso Kreter, die in dieser Gegend aufgewachsen sind, noch heute nicht gerne über die Höhle sprechen und das Labyrinth des Minotaurus darüber immer mehr in Vergessenheit gerät.