
Ralf Stegners Interview im Cicero zeigt das intellektuelle Elend des größten Friedensstrategen aller Zeiten aus Bordesholm.
Hitler hatte sich erschossen, Goebbels und seine Frau ließen sich nach dem Mord an ihren Kindern verbrennen und Berlin hatte schon kapituliert, als am 7. Mai in den frühen Morgenstunden der Großadmiral Karl Dönitz, dem von Hitler eingesetzten Reichspräsidenten und Oberbefehlshaber der Wehrmacht, den Generaloberst Alfred Jodl bevollmächtigte, im Hauptquartier der Alliierten in Reims die Kapitulationsurkunde unterzeichnete. Der Zweite Weltkrieg war damit in Europa beendet.
Ein historisches Ereignis der Dimension wie es der Zweite Weltkrieg war, wirkt immer auch einladend auf alle, die sich mit kontrafaktischer Geschichte beschäftigen, die sich fragen, ob nicht auch alles ganz anders hätte kommen können – wenn Hitler als Oberbefehlshaber nicht so ein Versager gewesen wäre (Verlorene Siege, von Manstein) oder aber vor den Amerikanern die Atombombe besessen hätte. Letzteres treibt Ralf Stegner, die schlecht gekelterte rote Friedenstraube der SPD, um. Im Interview mit Cicero über das Peacenik-Manifest einiger SPD-Prominenter ließ er seinen Gedanken freien Lauf:
„Man könnte sich auch die Frage stellen, wie der Zweite Weltkrieg wohl ausgegangen wäre, wenn Hitler über Atomwaffen verfügt hätte. Dann wäre eine vollständige Kapitulation Nazi-Deutschlands wahrscheinlich nicht erfolgt. Und so könnte man auf die Idee kommen, dass der Weg, die Atommacht Russland zu besiegen, vielleicht auch nicht möglich ist; dass man also andere Wege finden muss, Russland davon abzuhalten, weiterzumachen mit militärischen Angriffen gegen Nachbarn.“
Ja, wie wäre der Zweite Weltkrieg wohl ausgegangen, wenn Hitler die Atombombe gehabt hätte? Es gibt zwei Möglichkeiten: Die USA hätten ihre erste Atombombe nicht auf Hiroshima, sondern vielleicht auf Ludwigshafen und Mannheim geworfen – wie es wohl auch einmal angedacht war. Vielleicht hätte die dritte Berlin getroffen – wer weiß.
Die Möglichkeit, die Stegner vorschwebt, hätte Hitler und der Wehrmacht sicher besser gefallen: Friedensverhandlungen. Versuche in dieser Richtung gab es während des Krieges immer wieder. Sie scheiterten daran, dass sich der britische Premier Winston Churchill und der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt 1943 in Casablanca darauf geeinigt hatten, dass es nur ein Kriegsziel gab: die bedingungslose Kapitulation. Wären die Alliierten von diesem Kurs abgewichen, weil Deutschland zum Beispiel gedroht hätte, London mit Atomwaffen anzugreifen, hätte man vielleicht verhandelt. Hitler mochte Verhandlungen nicht, aber gegen Ende des Krieges hätte er sich vielleicht dazu bereiterklärt. Seit November 1942, der Einkesselung der 6. Armee in Stalingrad und der Niederlage in El Alamein, war die Wehrmacht an allen Fronten auf dem Rückzug. Die Friedensbedingungen Hitlers wären klar gewesen: eine Bestandsgarantie für das nationalsozialistische Regime unter seiner Führung, Erhalt der eroberten Gebiete und sicher Straffreiheit. Den Frieden hätte er als Atempause verstanden, um sich auf die nächste Runde vorzubereiten. Die Ermordung der Juden wäre weitergegangen, und sein Ziel, Teile der Sowjetunion – vor allem die Ukraine und die Ölfelder im Kaukasus – zu erobern, hätte er langfristig nicht aufgegeben. Die nationalsozialistische Ökonomie war eine Raubwirtschaft und wäre ohne Eroberungen zusammengebrochen.
Aber es hätte, keine Frage, für eine Zeit lang „Frieden“ gegeben – an der Westfront vielleicht sogar über einen längeren Zeitraum. Die USA und Großbritannien wären geschwächt worden und hätten ihre Autorität verloren, Deutschland wäre Europas Hegemon geworden, und die Sowjetunion hätte aufgerüstet, um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten.
Folgt man Stegner, würde Russland seine Eroberungen sichern, Putin zum Hegemon Europas aufsteigen, und die USA würden Europa den Rücken kehren. Aber wer weiß – das sind ja vielleicht die Träume des größten Friedensstrategen aller Zeiten aus Bordesholm.