
Normalerweise fällt beim Stichwort „Revierderby“ reflexartig der Name Borussia Dortmund. Schwarz-Gelb gegen Königsblau, das war jahrzehntelang das große Ding im Ruhrgebiet, elektrisierend wie kaum ein anderes Spiel in Deutschland.
Doch aktuell spielt der BVB Champions League und ganz oben in der Bundesliga – und Schalke? Schalke versucht sich gerade wieder in der 2. Liga neu zu sortieren. Klingt nach Langeweile? Mitnichten!
Wie das Topspiel der 2. Liga am Samstagabend Millionen von Fußballfans im Lande wieder einmal gezeigt hat, taugt das kleine Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und dem VfL Bochum für einen durchaus vergleichbaren Nervenkitzel, den man sonst nur vom ganz großen Klassiker kennt.
Und dafür gibt es gleich einige gute Gründe:
Erstens: Die Nähe. Bochum und Gelsenkirchen liegen auch nur rund 20 Kilometer auseinander, die Fanlager kennen sich, manche Familien sind gespalten, Nachbarschaften sowieso.
Zweitens: Die Ausgangslage. Während Schalke versucht, nach Chaosjahren sportlich und finanziell wieder festen Boden unter die Füße zu bekommen, kämpft Bochum darum, in Liga zwei, in die man gerade abgestiegen ist, nicht unterzugehen. Hier trifft also nicht „groß auf klein“, sondern „Krisenbewältigung gegen Existenzkampf“. Klingt weniger glamourös, ist aber emotional oft spannender.
Drittens: Der Fußball. Natürlich, spielerisch wird niemand Pep Guardiolas Notebook zittern lassen. Das war auch beim 2:1-Sieg der Schalker am Samstag so. Aber was es auf dem Rasen gab, war ehrlicher Pottfußball: Zweikämpfe, Kampfgeist, Grätschen auf glitschigem Rasen, manchmal mehr Herz als Hirn – und genau das macht für die Fans in dieser Region doch den Reiz aus
Und viertens: Die Fans. Schalke-Anhänger sind leidgeprüft aber treu. Bochumer gelten als nicht minder engagiert und leidensfähig. Wenn beide Kurven ihre Lieder schmettern, ist das keine Light-Version der großen Derby-Atmosphäre, sondern ein echtes Fest des Ruhrgebiets. Da spürt man als neutraler Beobachter, dass Fußball hier noch etwas Archaisches hat: ein kollektives Wir-Gefühl, das sich nicht durch Tabellenplätze oder Ligazugehörigkeit bemessen lässt.
Das ‚kleine‘ Revierderby zwischen Schalke und Bochum ist, bei aller Anerkennung, natürlich kein gleichwertiger Ersatz für BVB gegen Schalke – es ist gerade das ‚große‘ Derby, das den Pott am Laufen hält. Das Treffen in Liga zwei an diesem Wochenende hat aber gezeigt, dass es ehrlicher, direkter, manchmal auch dreckiger sein kann als das Original.. Und vielleicht passt das sogar besser zu einer Region, die sich selbst nicht über Glanz, sondern über Stahl, Schweiß und Leidenschaft definiert.
Schalke gegen Bochum ist aktuell also kein „Derby light“, sondern das einzig wahre Revierduell, das uns im Jahre 2025 die gewünschte Fußballromantik, Rivalität und Pott-Charme pur liefert. Das kann man schon auch einmal entsprechend wertschätzen, statt sich in erster Linie über den Zweitklassigen Fußball dabei zu beklagen.

