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Sieg für die Demokratie in NRW

Der grüne Landtagsabgeordnete Reiner Priggen hat ein Urteil vor dem NRW-Verfassungsgerichtshof gegen die Landesregierung erstritten, an dem wir alle im Land noch viel Freude haben werden. Und zwar hat Priggen es geschafft, die Auskunftsrechte der Parlamentarier zu stärken. Die Regierung darf nicht einfach Informationen zurückhalten und dies mit Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen begründen. Bislang wurden mit diesem Totschlag-Argument so ziemlich alle wichtigen Anfragen abgebügelt. Sei es in den PFT-Fällen im Ruhrverband oder in Sachen LEG. Das Gericht hat entschieden, dass die Landesregierung weitgehend Auskunft geben muss über Unternehmen, für die der Steuerzahler zahlt. Egal welche Rechtsform sie haben.

Konkrekt ging es darum, dass die Landesregierung nicht einfach den Mantel des Schweigens über die Finanzen der RAG werfen darf. Diese Firma steht laut Gericht nicht im Wettbewerb und ist von Staatsknete abhängig, also muss die Landesregierung mit der Wahrheit rausrücken.

Das Gericht stellte fest: "Die Landesregierung hat den verfassungsrechtlichen Informationsanspruch des Landtagsabgeordneten Reiner Priggen verletzt." Ich ziehe den Hut, Herr Priggen. Ein schöner Erfolg. Priggen selbst sagt: "Ich habe sehr schön gewonnen. Die grundsätzlichen Rechte der Parlamentarier in NRW wurden gestärkt."

Priggen hatte die Landesregierung im Vorfeld von Entscheidungen über die Kohle-Subventionen gefragt, wie die konzerninterne Erträge der Ruhrkohle Aktiengesellschaft (RAG AG) strukturiert sind, wie hoch der Finanzbedarf für Altlasten ist , wie hoch die sogenannte Ewigkeitskosten des Steinkohlebergbaus sind, wie die Haftung der RAG-Gesellschafter sortiert ist, wie die Förderkosten berechnet werden und wie Investitionsplanungen der noch aktiven Bergwerke aussehen.

Kurz: Priggen wollte, dass die RAG die Hosen runterläßt. Das war bis heute in NRW undenkbar, denn bekanntlich bricht ja Bergrecht alles. Sprich, die RAG zählt mehr als der Staat. Das ist jetzt anders.

Das Gericht urteilte: Im Einzelfall kann auch ein privates Unternehmen Gegenstand einer parlamentarischen Anfrage sein, über die die Landesregierung auskunft geben muss, "wenn der Staat mit ihm (dem Unternehmen) im eigenen Interesse intensiv zusammenarbeite und einen entsprechenden Einfluss ausübe. Dies sei hinsichtlich der RAG AG der Fall, da zwischen den Geschäftsinteressen des Unternehmens und den energiepolitischen Belangen des Staates eine enge funktionale Verzahnung bestehe, die u.a. in der Höhe der dem Unternehmen gewährten Subventionen zum Ausdruck komme."

Anders gesagt, wenn der Bürger die Zeche bezahlt, darf er auch wissen, was mit seiner Kohle geschieht. Zumindest dürfen dies die Abgeordneten wissen.

Mal sehen, wie die Unterhosen der RAG aussehen. 🙂

Bei einem so eindeutigen Sieg wundern mich auch nicht die Stellungnahmen von FDP und Landesregierung:

Die FDP-Abgeordnete und Vizepräsidentin des Landtages, Angela Freimuth, sagt:  Diese Entscheidung gebe "gerade auch der Regierung" einen Leitfaden an die Hand, was sie sagen dürfe. Und dann bedauert die Freimuth die Regierung, die ja eigentlich immer alles sagen wolle, aber eben "unter dem Damokles-Schwert der Strafbarkeit" auch schon mal entscheidende Informationen "unter Verschluss" halten muss. Nun aber könne die Landesregierung ja offener werden.

Und die Landesregierung selbst bleibt zunächst bei ihrer bekannten Abwiegelhaltung: Die Staatskanzlei schreibt im Namen des Wirtschaftsministeriums, zunächst scheine "ein erheblicher Teil der Kleinen Anfragen des Abgeordneten ausreichend beantwortet zu sein", um dann wenigstens ein klein wenig vor dem Gericht zu kuschen: "Klar scheint aber auch schon jetzt, dass durch das Urteil und seine Be­gründung in oft sehr schwierigen Abwägungsfragen zwischen dem In­formationsanspruch des Parlaments einerseits und dem Schutz der Ge­schäftsgeheimnisse von Unternehmen, hier der RAG AG, andererseits wichtige Leitlinien für das zukünftige Verwaltungshandeln geschaffen werden. Das Wirtschaftsministerium wird selbstverständlich die Verwal­tungspraxis den Anforderungen des Urteils anpassen und den Informa­tionsansprüchen des Parlaments im Lichte der jüngsten Rechtspre­chung des VGH NRW genügen."

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