
Als „Malweiber“ belächelt und nicht ernst genommen – so erging es vielen Frauen, die künstlerisch tätig waren, deren Werke aber übersehen oder vergessen wurden. Mit der Ausstellung „Künstlerinnen! Von Monjé bis Münter“ möchte der Kunstpalast Düsseldorf dies ändern und geht dabei durchaus selbstkritisch mit diesem Perspektivwechsel um.
Von der Gleichberechtigung wie wir sie im heutigen Verständnis kennen, waren die Malerinnen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts weit entfernt. Falls sie nicht das Glück hatten, innerhalb ihrer Familie künstlerisch lernen zu können, blieb ihnen nur der Privatunterricht als Ausbildungsmöglichkeit, denn die meisten Kunstakademien waren ihnen verschlossen. Zwar konnten Frauen bereits in den 1860er und 1870er Jahren an einzelnen Kunstgewerbeschulen studieren, die Ausbildung war jedoch auf die „angewandte“ Kunst beschränkt.
Die „freie“ Kunst, so wie sie an den Akademien gelehrt wurde, traute man damals vielen Frauen schlicht nicht zu. Auch die Düsseldorfer Kunstakademie ließ erst 1919 und dann auch nur sehr zögerlich, Frauen als Studentinnen zu. Bis zu diesem Zeitpunkt blieb den ambitionierten Frauen fast ausschließlich die Möglichkeit, sich privat ausbilden zu lassen; ein teurer Weg, der sich nur realisieren ließ, wenn man entsprechend finanziell und gesellschaftlich privilegiert war. Betrachtet man die Lebensläufe der in der Ausstellung vertretenen Künstlerinnen, fällt bei aller Verschiedenheit ihrer künstlerischen Ausrichtung als gemeinsames Merkmal auf, dass sie aus gut situierten Familien stammten, ihre Ausbildung konsequent verfolgten und zielstrebig ihren eigenen Stil entwickelten.
Ein wesentliches Element der Ausstellung liegt in der Verbindung in die nördlichen Länder Europas. Düsseldorf hatte einen sehr guten Ruf als Ausbildungsort und wurde zum künstlerischen Zentrum für eine Reihe von Malerinnen aus Skandinavien und Finnland, die teilweise mehrere Jahre hier am Rhein verbrachten. Auf der historischen Basis dieser skandinavischen „Community“ entstand die Kooperation mit dem Ateneum Art Museum / Finnische Nationalgalerie in Helsinki, welches bis August die Ausstellung „Crossing Borders. Travelling Women Artists in the 1800s“ zeigte, die mit mehr als 200.000 Besuchern sehr erfolgreich war. Einige der in Helsinki präsentierten Bilder sind jetzt als Leihgabe in der Düsseldorfer Ausstellung zu sehen.
„Wir schreiben Kunstgeschichte neu“
Mit diesem Leitsatz definieren die Kuratorin der Ausstellung, Kathrin DuBois, und der Generaldirektor des Kunstpalastes, Felix Krämer, den Anspruch, die vergessenen Künstlerinnen sichtbar zu machen. Der selbstkritische Blick auf die Vergangenheit, in der auch die Werke von Künstlerinnen beim Ankauf nur eine untergeordnete Rolle spielte, war ein wichtiger Anstoß für das Konzept dieser Ausstellung, deren Vorbereitung fünf Jahre in Anspruch nahm. Durch Recherche in Archiven, Ausstellungskatalogen, Adressbüchern und Datenbanken konnten über 500 Namen von Künstlerinnen ermittelt werden, die bis 1919 in Düsseldorf lebten und arbeiteten. Die Werke der 31 Künstlerinnen, die im Kunstpalast präsentiert werden, sind nach jahrelangen Nachforschungen, teilweise in restaurationsbedürftigem Zustand, gefunden worden und nun wieder sichtbar, im doppelten Wortsinn.

Bereits im 19. Jahrhundert waren zahlreiche der ausgestellten Werke auf namhaften Kunstausstellungen zu sehen, fanden auch mediale Resonanz und wurden auch durchaus verkauft, aber um die Jahrhundertwende ließ das Interesse an Düsseldorf als künstlerischer Ausbildungsort nach. So gerieten auch die Künstlerinnen aus dem Fokus, ihre Werke wurden nicht mehr erinnert und folglich auch bei Ankäufen für die Sammlung nicht berücksichtigt. Kunst als „männlich“ oder „weiblich“ zu definieren heißt auch, Kriterien an künstlerisches Schaffen anzulegen, die zu einer einseitigen Wahrnehmung führen. So wurde die Malweise von Emmy Lischke, die schnell und sicher arbeitete, von einigen Kritikern als „männlich“ beurteilt, ohne die Motive oder die künstlerische Qualität ihrer Arbeit zu berücksichtigen. Denselben Maßstab legte der ehemalige Akademiedirektor, Peter von Cornelius, an die Arbeit der Malerin Elisabeth Jerichau-Baumann an, die er aufgrund ihres Talentes und ihrer Zielstrebigkeit als „den einzigen Mann der Düsseldorfer Schule“ bezeichnete.
„Jede Schwierigkeit war mir ein neuer Ansporn“
So beschrieb Elisabeth Jerichau-Baumann ihre Studienzeit und lässt erahnen, mit welchen Widerständen Künstlerinnen im 19. Jahrhundert konfrontiert wurden. Ihre Vita ist besonders bemerkenswert, da sie sehr zielstrebig nicht nur ihre künstlerische Karriere verfolgte, sondern auch ein umfassendes Netzwerk aufbaute. In Polen geboren, in Düsseldorf ausgebildet, führte ihr Weg sie nach Rom, wo sie ihren späteren Ehemann, Jens Adolph Jerichau, kennenlernte. Bei der Auswahl ihrer Motive bewies sie ein gutes Gespür für den Geschmack der Zeit; so vermittelt die „Italienische Osteria“ (undatiert) mediterranes Lebensgefühl, während die „Ägyptische Fellachin mit ihrem Baby“ (1872) den in Mode gekommenen Orientalismus aufgreift. Neben ihrer rein künstlerischen Arbeit kümmerte sie sich auch noch um ihre große Familie, sie war neunfache Mutter, und sorgte für eine erfolgreiche Vermarktung ihrer Bilder, die europaweit ausgestellt und verkauft wurden. Elisabeth Jerichau-Baumann war fraglos ein Multitalent, ohne die Leistungen der anderen Künstlerinnen schmälern zu wollen. Sie alle hatten, trotz unterschiedlicher Lebenswege, eins gemeinsam, nämlich sich ernsthaft und professionell künstlerisch entfalten zu können, anerkannt und gesehen zu werden.

Mit der aktuellen Ausstellung „Künstlerinnen“ möchte das Team des Kunstpalastes ein Zeichen für das Sichtbar-Werden von Frauen in der Kunst setzen. Selbstverständlich kann auch die ausgewählte Präsentation von Kunstwerken nur ein Ausschnitt sein, wie Kathrin DuBois betont, denn „Geschichte ist immer eine Auswahl“. Diese Auswahl soll die Neugierde des Publikums wecken, den eigenen Blickwinkel auf die Kunst hinterfragen, um die vergessenen Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts wieder sichtbar werden zu lassen.
Denn, so Kathrin DuBois: „Der Weg ist noch nicht zu Ende“.
Die Ausstellung „Künstlerinnen. Von Monjé bis Münter“ ist noch bis zum 1. Februar 2026 zu sehen. Rund um die Ausstellung gibt es ein vielseitiges Rahmenprogramm, Näheres unter www.kunstpalast.de
