Apotheken vor Ort: Teuer, träge, überflüssig

Diese Apotheke am Rande des Ruhrgebiets gibt es inzwischen schon nicht mehr. Archiv-Foto: Robin Patzwaldt

Wer heute noch brav in die Apotheke um die Ecke stapft, bezahlt nicht nur zu viel – er hält auch an einem System fest, das längst überholt ist. Das habe ich seit August, als bei mir im örtlichen Krankenhaus eine kleine Operation mit anschließender medizinischer Nachbetreuung und Medikamentenversorgung notwendig wurde, am eigenen Leibe in den vergangenen Wochen immer wieder leidvoll erfahren müssen. Jetzt habe ich mich von den Apotheken vor Ort endgültig frustriert verabschiedet. Zu häufig habe ich mich nach meinen Besuchen dort in den vergangenen Wochen über diese geärgert.

Der Grund: Stationäre Apotheken wirken inzwischen vielfach wie museale Schaukästen: teuer eingerichtet, vollgestellt mit überflüssigen Kosmetikartikeln, aber wenn man etwas Konkretes braucht, heißt es erstaunlich oft: „Müssen wir erst bestellen.“ Ironischerweise also genau das, was Online-Apotheken sowieso besser können – nur ohne den Umweg über eine Ladentheke und den dazugehörigen Fahr- bzw. Zeitaufwand.

Wucherpreise für Standardware

Das Preisargument allein ist vernichtend. Während man lokal für eine simple Packung Schmerztabletten gerne mal acht Euro hinlegt, bekommt man sie online für vier. Vitaminpräparate, Nasensprays, Salben – alles zum Bruchteil des Preises. Die stationären Apotheken versuchen das mit Beratung zu rechtfertigen. Aber Hand aufs Herz: Wie oft hat dort jemand wirklich kompetent, individuell und ohne Verkaufsabsicht beraten? Meist läuft es auf ein knappes „Die da sind gut“ hinaus, begleitet von einem routinierten Griff ins Regal. Dafür soll man dann das Doppelte bezahlen?

Online ist schneller, einfacher – und ehrlicher

Online-Apotheken sind rund um die Uhr geöffnet, liefern (dank E-Rezept) auch rezeptpflichtige Waren inzwischen im Regelfall innerhalb von 24 Stunden bequem bis vor die Haustür und haben ein Sortiment, das jede lokale Filiale alt aussehen lässt. Kein Gedränge, keine Schlangen, keine eingeschränkten Öffnungszeiten. Da kann die Apotheke vor Ort im Regelfall nicht mithalten!

Wer abends merkt, dass das Nasenspray leer ist, klickt ein paar Mal – und spätestens zwei Tage später liegt es im Briefkasten. Die „persönliche Nähe“ der Vor-Ort-Apotheken besteht dagegen meist aus einer Plexiglasscheibe und einem angedeuteten Lächeln.

Alte Strukturen klammern sich an Privilegien

Viele Apotheken klammern sich an ihren Status, als wären sie ein unantastbarer Teil der Daseinsvorsorge. Doch während sie selbstgefällig über „Vertrauen“ und „Beratungskompetenz“ reden, hat der Onlinehandel längst geliefert – im wahrsten Sinne des Wortes. Digitale Rezeptannahme, Video-Beratung durch Fachpersonal, Bonusprogramme, automatische Nachbestellungen für Dauermedikamente: modern, effizient, kundenfreundlich. Alles kein Problem!

Notdienst ja – Alltag nein

Natürlich gibt es Sonderfälle: Notdienst, Akutfälle, Spezialrezepturen. Aber das sind Ausnahmen, keine Rechtfertigung für ein aufgeblähtes und längst überholtes Geschäftsmodell. Dafür würden wenige Anlaufstellen direkt neben Krankenhäusern oder großen Ärztehäusern reichen. Für den normalen Alltagseinkauf von Medikamenten ist die stationäre Apotheke inzwischen schlicht überflüssig. Wer heute noch dort einkauft, zahlt mit viel Geld und Nerven drauf – aus Bequemlichkeit, Gewohnheit oder falsch verstandener Loyalität.

Der Onlinehandel ist nicht die Zukunft, er ist längst die Gegenwart. Und wer das ignoriert, macht sich selbst zum Sponsor eines Systems, das ohne staatliche Regulierung wahrscheinlich schon vor Jahren kollabiert wäre.

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Benthe Hendricksen
Gast
Benthe Hendricksen
30 Tage zuvor

Der Beitrag ist echt unterkomplex. Wer liefert die Arzneimittel, die sofort benötigt werden (zB Antibiotika), liefert Arzneimittel die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen? Wer ist für Aufgaben für das Gemeinwohl zuständig (Notfall-Arzneimittel die die öffentliche Apotheke gzwungen ist vorrätig zuhalten) Und das alles für 6,80 pro Rezeptregel bei GKV-Verordnung bzw 8€ bei PKV-Versicherten. Die öffentliche Apotheken. Natürlich sind die freiverkäuflichen Produkte teurer dort teuer, sie können sie gar nicht zu Bedingen einer Versandapotheke einkaufen. Diese verkaufen diese Produkte meist ohne Gewinn. Wie soll eine öffentliche Apotheke da mithalten? Ich arbeite btw nicht in einer.

Zuletzt bearbeitet am 30 Tage zuvor von Benthe Hendricksen
Benthe Hendricksen
Gast
Benthe Hendricksen
30 Tage zuvor

Btw würde mich die staatliche Regulierung interessieren? Welche soll das sein? Denken Sie wirklich öffentliche Apotheken werden durch staatliche Leistung unterstützt? Ausser der Bezahlung der Arzneimittel zu Lasten der GKV bzw PKV zu einer lächerlichen Summe gibt es da nichts. Das ist echt Bullshit.

Bibiane Strömer
Gast
Bibiane Strömer
30 Tage zuvor

Sehr einseitiger Bericht/Kommentar zum Thema Apotheke. Ohne gründliche Recherche geschrieben und lediglich auf eine einzelne Notwendigkeit (eigene OP) begründet.
Klar ist es nervig wenn das erforderliche Arzneimittel nicht sofort zur Verfügung steht. Allerdings liegt dies an den Veträgen der Krankenkassen. Jede Krankenkasse schließt selektive Verträge mit einzelnen Herstellern ab. Da bekommen dann auf einmal neue Player wie 089 Pharm statt ratiopharm den Zuschlag und die Apotheke muss sich neu bevorraten. 
Ohne diese Verträge könnte der Patient sofort versorgt werden. 
Für Akute Versorgungen (z.B. Antibiotika) können die Apotheken auch mal eine Erklärung an die Krankenkasse senden. Denn eine Abweichung vom Rabattvertrag bestraft die Krankenkasse mit einer Vollabsetzung. Um solche Dinge sowie Formfehler, die der Arzt macht aber die Apotheke übersehen hat (z.B. fehlender Vorname des verordnenden Arztes) aufzuspüren, beschäftigen die Krankenkassen extra Zentren. 
Klar ist es chic sich die Arzneimittel billig von den Pickern in NL zusenden zu lassen. Da braucht es schon kein Fachpersonal mehr. Einer genügt zum drüberschauen. Steuer ist natürlich auch günstiger im Ausland. Die hier sogenannte angestaubte Apotheke ist ein Einzelbetrieb mit einem hohen Anteil an Frauen, die so auch öfters in Teilzeit arbeiten. Sie haben hier einen soliden Beruf erlernt, zahlen hier Steuern und leisten auch sozial einen wichtigen Beitrag für die ältere Generation. Die Apotheke ist außerdem eine kostenlose niederschwellige Anlaufstelle für Beratungen in Gesundheitsfragen. 
Das alles zu opfern für den Kick 1€ auf ne Paracetamolpackung zu sparen und den CO2 Ausstoß zu erhöhen für die Lieferungen ist wahrlich kurzsichtig. 

Marco Voß
Gast
Marco Voß
28 Tage zuvor

Lieber Herr Patzwaldt,

Ihr Beitrag ist zweifellos pointiert und bringt eine persönliche Erfahrung auf den Punkt, doch genau darin liegt auch das Problem: Sie übertragen eine individuelle Momentaufnahme auf das gesamte Apothekensystem und ziehen daraus ein pauschales Urteil.

Die Behauptung, Vor-Ort-Apotheken seien „träge, teuer und überflüssig“, ignoriert, welchen Auftrag sie tatsächlich erfüllen: Sie sichern die Arzneimittelversorgung rund um die Uhr, stellen Rezepturen her, beraten zu Wechselwirkungen, begleiten chronisch Kranke und stehen im direkten Austausch mit Ärzten und Pflegeheimen. Das alles geschieht täglich meist unbemerkt, weil es einfach funktioniert.

Natürlich kann und muss sich auch die Vor-Ort-Apotheke weiterentwickeln: digitaler, effizienter, patientenorientierter. Aber sie ist kein Auslaufmodell, sondern ein Teil der kritischen Infrastruktur. Ohne sie gäbe es kein dichtes Netz an Notdiensten, keine unmittelbare Arzneimittelabgabe bei Akutfällen und keine fachliche Kontrolle, wenn ein Patient fünf verschiedene Medikamente von drei Ärzten bekommt.

Ihre Argumentation wirkt wie eine Einbahnstraße: persönliche Unzufriedenheit als Grundlage für ein strukturelles Urteil. Eine differenzierte Betrachtung wäre angebrachter, auch im Interesse der vielen Menschen, die auf persönliche Beratung und schnelle Hilfe vor Ort angewiesen sind.

Mit freundlichen Grüßen

Kai G.
Gast
Kai G.
28 Tage zuvor

Kurz dazu: meine Erfahrungen mit real-existierenden Journalisten: teuer, unflexibel (kann meist nur 1 Artikel am Tag) und noch dazu häufig inhaltlich falsch, weil man ja (verständlicher Weise) keine Lust mehr hat sich 8 Stunden mit einem Thema wirklich auseinander zu setzen. Die Alternative/Lösung ist schon da. Redakteure entlassen und die Aufgabe des Journalismus der KI überlassen – denn diese kann viel schneller, günstiger und besser recherchieren und natürlich mehrere Artikel am Tag erstellen. Nochdazu stimmt dann wenigstens die Grammatik und Orthographie. Journalisten sind doch ein altertümlichen Relikt längst vergangener Papierzeitungszeiten.

Aco Mitevski
Gast
Aco Mitevski
28 Tage zuvor

vielen Dank für Ihren ausführlichen Beitrag. Ich kann nachvollziehen, dass Sie sich nach Ihren Erfahrungen frustriert fühlen. Erlauben Sie mir dennoch, einige Aspekte zu ergänzen, die in der Diskussion um Online- versus Vor-Ort-Apotheken oft übersehen werden.
Digitale Angebote auch vor Ort
Was viele nicht wissen: Auch lokale Apotheken bieten längst Online-Bestellung mit Lieferservice an – häufig sogar noch am selben Tag per Botendienst. In puncto Geschwindigkeit sind sie damit dem Versand per DHL oft überlegen. Zudem verfügt ein Großteil der Apotheken über eine Versandhandelserlaubnis und kann bundesweit per Post liefern, genau wie die niederländische Konkurrenz. Leider fehlt den meisten Apotheken vor Ort das Marketingbudget, um diese Dienstleistungen so prominent zu bewerben, dass sie bei jedem Kunden ankommen.
Preisgestaltung differenziert betrachten
Bei rezeptpflichtigen Medikamenten gibt es tatsächlich keinen Preisunterschied – weder zwischen deutschen Apotheken noch im Vergleich zu niederländischen Versendern. Bei frei verkäuflichen Artikeln verhält es sich wie in anderen Branchen auch: Wer sich vor Ort beraten lässt, zahlt dafür entsprechend mehr. Wer keine Beratung wünscht, kann selbstverständlich auch bei der lokalen Apotheke online bestellen.
Wirtschaftliche Strukturen und Versorgungssicherheit
Ein wichtiger Unterschied: Die großen niederländischen Versender sind Aktiengesellschaften, die auf Shareholder Value ausgerichtet sind. Leistungen, die sich nicht rechnen, werden dort nicht erbracht. Benötigen Sie einmal ein sehr teures Arzneimittel (über 10.000 Euro) oder eine individuelle Rezeptur, erhalten Sie häufig die Antwort: „Nicht lieferbar.” Diese Versorgungslücken füllen lokale Apotheken – oft ohne, dass es der Öffentlichkeit bewusst wird.
Langfristige Perspektive
Wenn die lokale Apothekenlandschaft durch Verdrängung verschwindet, sollten wir uns die Frage stellen: Was passiert dann mit den Preisen im Onlinehandel? Ohne Wettbewerb und mit Monopolstrukturen dürfte die heute so gelobte Preisersparnis schnell Geschichte sein.
Ich hoffe, diese Perspektive hilft, das Bild etwas abzurunden. Natürlich steht es jedem frei, dort einzukaufen, wo es am besten passt – aber es lohnt sich, alle Facetten zu kennen.

Yvonne Mettner
Gast
Yvonne Mettner
26 Tage zuvor

Sehr geehrter Herr Patzwaldt,
auch die Vor-Ort-Apotheken können online. Da es verschiedene Apps auf dem Markt gibt, zum Beispiel „gesund.de“ können Sie Ihr e-Rezept online bestellen und zum genannten Termin abholen. Vielleicht ist Ihre Recherche nicht mehr uptodate? Mal drüber nachgedacht?
Aber wir Apotheken können mehr, wie meine Vorschreiber bereits erwähnt haben.
Erst mal recherchieren, dann schreiben und alle Seiten beleuchten 🫵

Till Oliver Becker
Redakteur
26 Tage zuvor

Ich empfinde die Argumentation als zu kurz gedacht. Abgesehen davon, dass die beliebten Online-Apotheken alle im Ausland sitzen und entsprechend dort Steuern zahlen, sparen die nunmal an der individuellen Beratung und – ich unterstelle das – am Knowhow. In meiner Apotheke vor Ort habe ich beides (tatsächlich nehme ich die Beratung immer wieder gern in Anspruch und empfinde sie als hervorragend), dazu weiß ich genau, dass ich mit meinem Einkauf dort deren Arbeitsplätze sichere. Schön zu wissen ist, dass auch mein Job dadurch sicherer wird, weil diese Menschen dann unsere Produkte kaufen können. Es ist eben ein Geben und Nehmen.

Letztlich sollten die erwähnten Cent-Einsparungen beim Kauf im Ausland kein Argument sein, um dieses Geben und Nehmen zu unterbrechen. In unserer Rolle als Konsument sind wir eben keine Insel, alles hängt mit allem zusammen.

Übrigens gilt das für mich generell auch für andere Online-Käufe. Wenn es geht, kaufe ich lokal. Wenn es mal etwas teurer ist, dann überlebe ich es schon. Außerdem kann ich das Produkt in der Regel gleich mitnehmen und einsetzen. Ich muss nicht erst warten, bis ein Paket kommt, dass ich dann sonstwo abholen darf, weil der Paketbote und ich vergleichbare Arbeitszeiten haben 😉

Letztlich schreibst Du aber eben eine Art Erfahrungsbericht. Der ist halt persönlich.Das Geld-Argument allerdings greift zu kurz. Wer online kauft, muss sich nicht wundern, wenn rundherum um ihn alles zumacht und seine eigenen Kunden nicht mehr zahlungskräftig sind. Das Maß macht es, und eine Bereitschaft, sich selbst nicht als Soloartist zu empfinden.

Übrigens ist das Internet ein beachtlicher Teil meines Arbeitsumfelds und ich bin ausgesprochen online-affin. Meine Haltung ist ein Resultat aus jetzt 30 Jahren aktiver Internet-Erfahrung.

Bernauso
Gast
Bernauso
22 Tage zuvor

Wenn man 100 Leute fragen würde die nicht in der Apotheke arbeiten oder dem Bestandsschutz nahe stehen, würden 90% zustimmen. Super Beitrag, spricht mir aus der Seele.

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