Premiere in Dortmund: Hell / Ein Augenblick

hell / ein Augenblick (Foto: Birgit Hupfeld)

Wer die Inszenierungen des Dortmunder Intendanten Kay Voges aus den vergangenen Jahren betrachtet, könnte sie leicht für das Alterswerk eines Regisseurs halten. „Das goldene Zeitalter“, „Die Show“ und „Borderline Prozession“ sind Arbeiten an der Conditio Humana und grundsätzliche Befragungen der Möglichkeiten und Bedingungen des Theaters. Sie alle kamen so fundamental daher, als fasse Voges in ihnen noch einmal zusammen, was er in seinem Leben im und für das Theater erfahren hat. Und nun das: „hell / ein Augenblick“. Eine zutiefst persönliche Meditation über die Erinnerung und die Auflösung. Ein radikaler Abschied, der unweigerlich an Derek Jarmans „Blue“ denken lässt.

Kay Voges ist 44 und also viel zu jung für sein Alterswerk. Bei „hell / ein Augenblick“ steht am Beginn die Frage nach einer Verbindung von Fotografie und Theater. Eine Verbindung, die erst geknüpft werden muss und letztlich zur Auflösung des Theaters führt, denn die Fotografie existiert im Theater eigentlich nur als Marketinginstrument, als Behelfsmittel, um das Publikum in die Aufführungen zu locken. Gelungen ist Theaterfotografie genau dann, wenn sie vermittelt, dass auf der Bühne etwas passiert, dass dort Bewegung ist, die ein Foto eigentlich nicht abbilden kann. Anders als der Film, der immer eine Reihung von Einzelbildern ist und zumindest theoretisch wieder in diese Momente zerlegt werden kann, ist das im Theater eben nicht möglich. Der Augenblick im Theater ist immer echt und nicht wiederholbar. Dem Theater ist das Vergängliche eingeschrieben, gegen das sich die Fotografie mit ihren Möglichkeiten anstemmt.

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Premiere in Oberhausen: Gefährliche Liebschaften

Gefährliche Liebschaften am Theater Oberhausen (Foto: Laura Nickel)

Choderlos de Laclos schrieb den berühmten Briefroman, Christopher Hampton schuf die Bühnenversion, Steven Friers verfilmte die Geschichte um die Marquise de Mertheuil und den Vicomte de Valmont, die sich als ehemaliges Liebespaar in der Kunst der Verführung üben und einen skrupellose Wette um die Unschuld von Cecile eingehen. Doch dann gelingt es ihnen nicht, das wahre Gefühl aus ihrem Spiel heraus zu halten und zuletzt zerbrechen alle Beteiligten an der wahren oder nur vorgetäuschten Liebe.

In Oberhausen inszeniert nun Lily Sykes den Text. Friederike Meisel hat dafür in den Malersaal ein Podest in die Mitte des Raumes gebaut und mit halbtransparenten weißen Vorhängen zu

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Premiere in Oberhausen: Faust 1

Faust , Theater Oberhausen, Jürgen Sarkiss, Michael Witte | Foto: Klaus Fröhlich

Goethes Faust ist Abiturstoff. Das ist durchaus eine relevante Information, die nicht nur erklärt, warum Faust derzeit in verschiedenster Form auf Spielplänen zu finden ist, sondern auch die Inszenierung am Theater Oberhausen stilistisch rechtfertigt. Im Gegensatz zu vielen Inszenierungen der vergangenen Jahre, die sich mühten, den verquasten zweiten Teil des deutschen Großdramas auf die Bühne zu hieven, beschränkt sich Regisseur Pedro Martins Beja gezielt auf den ersten Teil. Da steckt ja auch schon genug Arbeit drin, denn auch wenn der Faust Goethes wohl bühnentauglichstes Werk ist, zuviel Gedankenschwere und zu wenig Lust am originär Dramatischen haften auch ihm an, auch wenn Goethe im

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Premiere in Dortmund: Furcht und Elend des dritten Reiches

Fiederike Tiefenbacher, Uwe Schmieder, Bettina Lieder, Frank Genser (Foto: Birgit Hupfeld)
Fiederike Tiefenbacher, Uwe Schmieder, Bettina Lieder, Frank Genser (Foto: Birgit Hupfeld)

Vergangene Spielzeit inszenierte Sascha Hawemann „Eine Familie“ von Tracy Letts am Dortmunder Schauspiel. Hawemanns aufgebrochene,  auf das theatral unfertige zielende Ästhetik und die manchmal allzu glatte Oberfläche des amerikanischen Well-made-Plays prallten hart aufeinander und die Reibung, die daraus entstand, ließ nicht immer Funken sprühen. Nun nimmt sich der Regisseur mit „Furcht und Elend des Dritten Reiches“, das am 10.12. im Megastore Premiere feierte, Bertolt Brecht vor. Dass in diesem Fall Autor und Regisseur in ihrem Theaterverständnis weitaus einiger sind, war abzusehen.

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Nachgeliefert: GB84 am Theater Oberhausen

"GB84" am Theater Oberhausen (Foto: Birgit Hupfeld)
„GB84“ am Theater Oberhausen (Foto: Birgit Hupfeld)

Schon einmal inszenierte Intendant Peter Carp einen waschechten Thriller in Oberhausen: „Waisen“ von Dennis Kelly war eine seiner besten Arbeiten. Bereits am 4.11. hatte „GB84“ Premiere. Ein Politthriller nach dem monumentalen Roman von David Peace über den Bergarbeiterkampf, der 1984 Großbritannien erschütterte. Rund drei Stunden Zeit nimmt sich Carp, um das Geschehen in mehreren miteinander verzahnten Handlungssträngen auf die Bühne zu bringen. Die Textfassung dazu erarbeitete Stefanie Carp – Schwester des Intendanten und designierte Triennale-Intendantin – aus dem 500-Seiten-Roman. Und erneut gelang Carp hier eine hochspannende Inszenierung. Das mag auch an den historischen Ereignissen liegen,

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Premiere in Dortmund: Mozarts Zauberflöte

Die Zauberflöte am Theater Dortmund (Foto: Björn Hickmann)
Die Zauberflöte am Theater Dortmund (Foto: Björn Hickmann)

Ein todsicherer Repertoirrenner, ein ewiger Kassenschlager – bei Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Die Zauberflöte“ stimmt einfach alles. Eine putzige Märchengeschichte, jede Menge bunte Gestalten, Tophits am laufenden Band. Da sieht man doch gern darüber hinweg, dass Schikaneders Fantasystory so einige logische Fehler aufweist, dass dem Librettisten zur Lösung von brenzligen Situationen meist nicht mehr einfällt als der alte Deus-Ex-Machina-Trick, das ganze vollgepackt ist mit einem haarsträubenden Frauenbild und die humanistischen Botschaften schockierend naiv daherkommen. Und auch musikalisch zeigt sich Mozart hier als gewiefter Bühnenkomponist, der die Trickkiste

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Premiere in Dortmund (2): Heimliche Helden

"Heimliche Helden" am Schauspiel Dortmund (Foto: Birgit Hupfeld)
„Heimliche Helden“ am Schauspiel Dortmund (Foto: Birgit Hupfeld)

Es ist der Abend des Rollkragenpullover des Schreckens. Alle tragen ihn, dieses fiese Teil in ekelerregendem, schleimartigen Grüngelb. Eine Farbe, die nur in reinem, billigen Polyester denkbar ist, die die Achselschweißflecken schon von Geburt an in sich trägt, genauso wie den Geruch. Kostümbildnerin Vanessa Rust hat alle gut zwanzig Gefangenen des Großraumbüros in dieses textile Folterinstrument gesteckt und es überwiegend mit braunen Hosen, Röcken und Jacketts kombiniert, die ihre wollene Kratzigkeit deutlich zur Schau tragen. Die fahle Blässe der Gesichter verschmilzt mit der Kleidung zu einer

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Premiere in Dortmund (1): Das Interview

"Das Interview" am Schauspiel Dortmund (Foto: Birgit Hupfeld)
„Das Interview“ am Schauspiel Dortmund (Foto: Birgit Hupfeld)

Katja und Pierre treffen sich in Katjas Wohnung zu einem einstündigen Interview. Katja ist eine kommerziell erfolgreiche Schauspielerin. Pierre ist Journalist. Das ist die schlichte Ausgangangssituation des Stückes „Das Interview“, das Theodor Holman nach dem Film von Theo van Gogh geschrieben hat und das am 22.10. im Dortmunder Megastore Premiere hatte.

Jan P. Brandt baut dafür in die kleinste Spielstätte des Megastores ein ebenso einfaches wie schlüssiges Setting. Vor raumbreitem Glitzervorhang markiert ein großer wollweißer Berberteppich die Spielfläche. Zwei Barcelona Chairs und die dazugehörige Liege zeigen neureichen Stil. Stefan Gimbel platziert auch hinter dem Spaghettivorhang zwei Scheinwerfer, deren Licht die Spielfläche mit wandelbaren grafischen Schattenmustern überzieht, die sowohl den Verlauf der Tageszeit wie wechselnde Kräfteverhältnisse im Gespräch aufscheinen lassen. Merle Wasmuth als Katja gefährlich sexy in ultrakurzer rosa Samthose, durchsichtiger Bluse, mit Netzstrümpfen und Highheels und Carlos Lobo als Pierre im grauen Anzug betreten die Arena.

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Premiere in Oberhausen: Deportation Cast

Foto: Dirk Gobelny
Foto: Dirk Gobelny

Nach dem Abkommen zwischen Deutschland und dem Kosovo von 2010 wird eine Roma-Familie abgeschoben. Teenager Elvira lebt dort nun mit ihren Eltern und dem behinderten Bruder Egzon auf einer Müllkippe. Dosen im Müll sammeln ist die einzige Einkommensquelle, den Vater zieht es immer mehr zurück in die Vergangenheit, hin zu dem Dorf, in dem sie vor der Flucht nach Deutschland lebten und das im Kosovo Krieg einfach niedergebrannt wurde. Er hofft, dort Antworten zu finden. Die Mutter kämpft darum, Geld für die Medikamente des behinderten Sohnes zusammen zu kratzen. Und Elvira versucht, den Kontakt nach Deutschland aufrecht zu erhalten. Dafür

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Premiere in Dortmund: Kasimir und Karoline

Julia Schubert und Ekkehard Freye (Foto: Birgit Hupfeld)
Julia Schubert und Ekkehard Freye (Foto: Birgit Hupfeld)

Im neongrünen Kleid steht Julia Schubert an der Rampe und fragt, ob hier das anatomische Institut sei. Ihre Leiche will sie verkaufen, weil sie Geld braucht. „Glaube Liebe Hoffnung“ heißt das Stück von Ödön von Horvath, doch dessen Premiere steht am 18.9. im Dortmunder Megastore gar nicht auf dem Programm. Es ist das erste Wochenende des Oktoberfestes und im Bühnenhintergrund steht ein aufblasbares Festzelt. Und Julia Schuberts Rolle heißt nicht Elisabeth, sondern Karoline. Beide Stücke entstanden 1932 und in beiden geht es um junge Frauen, die durch die prekären Verhältnisse ihre Lebensgrundlage schwinden sehen und nicht wissen, wohin mit ihrem Lebenswillen und- Hunger. Denn auch wenn der Titel „Kasimir und Karoline“ heißt, so ist doch die Karoline die heimliche Hauptrolle des Stückes. Und sie ist bei Julia Schubert (das konnte man sich schon vor diesem Abend denken) in besten Händen. Bei dieser Aussage würde sich den meisten Österreichern zwar der Magen umdrehen, da Schubert eine wohlgepflegte ostdeutsche Sprachfärbung mitbringt, aber das soll uns in Dortmund nicht stören. Sie ist eine Meisterin der einfachen Mädchen,

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